Czytaj książkę: «Ludwig IV. der Bayer»

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Zum Buch

1328 wurde Ludwig IV. (1282 (?)–1347) in Rom zum Kaiser gekrönt – der Höhepunkt einer erstaunlichen Karriere des zweiten Sohns des Herzogs von Oberbayern.

Ludwig war der einzige Wittelsbacher, der es im Mittelalter auf den Kaiserthron schaffte; er war und ist ein wichtiger Bezugspunkt einer bayerisch-nationalen Identität. Als römisch-deutscher König lenkte er die Geschicke des Heiligen Römischen Reiches und stellte wichtige Weichen, als Kaiser führte er die jahrhundertealte Konkurrenz der römisch-deutschen Könige und Kaiser mit den Päpsten zu einem Höhe- und Endpunkt.

Diese Biografie zeichnet die Herrschaft Ludwigs von den Anfängen bis zum Tod nach und macht deutlich, wo sich Landesherrschaft und Reichsherrschaft ergänzten oder blockierten und wo die Auseinandersetzungen mit der Kurie die Reichsgeschichte beeinflussten.

Zum Autor

Martin Clauss, PD Dr. phil., lehrt Mittelalterliche Geschichte an der Technischen Universität Chemnitz.

Biografien machen Vergangenheit lebendig: Keine andere literarische Gattung verbindet so anschaulich den Menschen mit seiner Zeit, das Besondere mit dem Allgemeinen, das Bedingte mit dem Bedingenden. So ist Lesen Lernen und Vergnügen zugleich.

Dafür sind gut 100 Seiten genug – also ein Wochenende, eine längere Bahnfahrt, zwei Nachmittage im Café. Wobei klein nicht leichtgewichtig heißt: Die Autoren sind Fachleute, die wissenschaftlich Fundiertes auch für den verständlich machen, der zwar allgemein interessiert, aber nicht speziell vorgebildet ist.

Bayern ist von nahezu einzigartiger Vielfalt: Seinen großen Geschichtslandschaften Altbayern, Franken und Schwaben eignen unverwechselbares Profil und historische Tiefenschärfe. Sie prägten ihre Menschen – und wurden geprägt durch die Männer und Frauen, um die es hier geht: Herrscher und Gelehrte, Politiker und Künstler, Geistliche und Unternehmer – und andere mehr.

Das wollen die KLEINEN BAYERISCHEN BIOGRAFIEN: Bekannte Personen neu beleuchten, die unbekannten (wieder) entdecken – und alle zur Diskussion um eine zeitgemäße regionale Identität im Jahrhundert fortschreitender Globalisierung stellen. Eine Aufgabe mit Zukunft.

Dr. Thomas Götz, Herausgeber der Buchreihe, geboren 1965, studierte Geschichte, Germanistik und Philosophie. Er lehrt Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Regensburg und legte mehrere Veröffentlichungen, vor allem zu Stadt und Bürgertum in Bayern und Tirol im 18., 19. und 20. Jahrhundert, vor. Darüber hinaus arbeitet er im Museums- und Ausstellungsbereich.

Martin Clauss

Ludwig IV. – der Bayer

Herzog, König, Kaiser

Verlag Friedrich Pustet

Regensburg

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Angaben sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

eISBN 978-3-7917-6013-1 (epub)

© 2014 by Verlag Friedrich Pustet, Regensburg

eBook-Produktion: Friedrich Pustet, Regensburg

Umschlaggestaltung: Martin Veicht, Regensburg

Diese Publikation ist auch als Printprodukt erhältlich:

ISBN 978-3-7917-2560-4

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Kontakt und Bestellungen unter verlag@pustet.de

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  Ludwig wer? Eine Einführung

Im April 1782 besuchte Papst Pius VI. die Frauenkirche in München und feierte dort eine Messe. Gerard Führer, der Abt des Klosters Fürstenfeld, berichtet hierzu, dass der Papst trotz entsprechender Hinweise dem aufwändig gestalteten Grabmal Kaiser Ludwigs IV., des Bayern, keinerlei Aufmerksamkeit geschenkt habe.

Im Dezember 1973 – also 660 Jahre nach der Schlacht von Gammelsdorf – wurde in der Gemeinde Gammelsdorf (Landkreis Freising) der Schützenverein »Ludwig der Bayer« wiederbegründet.

Die Gestalt Ludwigs IV. – des Bayern polarisiert also: Der eine möchte sein Grab nicht einmal ansehen, die anderen stellen sich bewusst in seine Tradition. Beide Verhaltensweisen haben mit der historischen Person, aber auch mit dem jeweiligen Verständnis von Geschichte zu tun. Papst Pius wollte das Grabmal eines exkommunizierten Ketzers nicht zur Kenntnis nehmen; dessen Aufstellung in einer katholischen Kirche ist ungewöhnlich und nach katholischem Kirchenrecht eigentlich untragbar. Die Schützen suchten hingegen die Nähe zum Sieger von Gammelsdorf, mit dem sie der Ort der Schlacht und das Bayerische verbindet. Ludwig ist beides: verdammter Ketzer und verehrter Bayer.

Klärungsbedarf besteht schon allein beim Namen oder der Bezeichnung: Die einen kennen ihn als ›Ludwig den Bayern‹ – in der Zählung der römisch-deutschen Könige und der bayerischen Herzöge ist er ›Ludwig IV.‹. In zwei Urkunden – einer in lateinischer, einer in deutscher Sprache – aus dem Jahr 1333 führt er selbst folgende Titel, die sich inhaltlich entsprechen: Ludowicus dei gratia Romanorum imperator semper augustus und Wür Ludwig von gottes genaden Roemischer kaiser, zu allen zeitten mehrer deß reichs.1 Der Chronist Mathias von Neuenburg, ein Zeitgenosse Ludwigs, nennt ihn einmal: De Ludowico Bawaro Romanorum imperatore, also: »Über Ludwig den Bayern, den römischen Kaiser«.2

Die unterschiedlichen Bezeichnungen sind Ausdruck einer konfliktreichen Herrschaft und der modernen Rezeption dieses Wittelsbachers. Bawarus – das war im 14. Jahrhundert zunächst als Schimpfname gemeint. Dabei ging es nicht um ein Völkerstereotyp, das die Bayern als Gruppe abwerten sollte. Entscheidend war vielmehr, dass Ludwig mit dieser Bezeichnung seiner Titel und Würden entkleidet wurde: Er war nicht mehr Kaiser, König und Herzog, sondern lediglich ›der Bayer‹. Somit kombiniert der Chronist Mathias von Neuenburg – und mit ihm etliche moderne Historiker – zwei eigentlich gegensätzliche Namensbestandteile, wenn er Ludwig als ›Bawarus‹ und Kaiser bezeichnet.

Wenn nun die Gammelsdorfer Ludwig als ›den Bayern‹ bezeichnen, zeigt dies freilich nicht, dass die Gegner Ludwigs triumphiert hätten. Die Konnotation hat ihren Charakter geändert und sich ins Gegenteil verkehrt: Heute wird dieser Beiname nicht mehr abwertend, sondern als positiver Hinweis auf eine Gruppenzugehörigkeit gedeutet – es steht der landsmannschaftliche Zusammenhalt im Vordergrund. Ludwig ist nun Teil einer als bayerisch verstandenen Geschichte und Tradition, auf die man stolz ist.

Im Zentrum dieser Biografie steht also eine historische Person, der man sich unter verschiedenen Blickwinkeln nähern kann und deren Leben von zahlreichen Konflikten geprägt war. Vor diesem Hintergrund kann es nicht darum gehen, Partei zu ergreifen, sondern historische und moderne Wertungen zu kontextualisieren. Die neutrale Bezeichnung, die daher im Folgenden Verwendung findet, ist Ludwig IV.; ›der Bayer‹ soll unser Protagonist nur im entsprechenden historischen Kontext des 14. Jahrhunderts und bezüglich der bayerischen Memoria im 19. Jahrhundert genannt werden.

Auf etliche Fragen zu Ludwigs Leben können wir heute keine befriedigende Antwort geben, weil uns die entsprechenden Quellen fehlen. Jede geschichtswissenschaftliche Darstellung ist auf die Informationen angewiesen, die wir den Chroniken, Briefen, Urkunden, Traktaten, Gesetzen und Bildern der Zeit entnehmen können. Was nicht in den Quellen steht, können wir in gewissem Umfang erschließen; vieles bleibt aber unzugänglich. Dies betrifft auch Bereiche, die für ein modernes Verständnis von Biografie entscheidend sind, wie etwa das Innenleben Ludwigs. Wir haben keine Tagebücher, persönlichen Briefe oder eine Autobiografie, die uns unmittelbar Einblick in die Beweggründe unseres Protagonisten gewähren würden. Wir müssen in der Regel von der Handlung oder der öffentlichen Verlautbarung auf die Intention rückschließen. Dem sind freilich methodische Grenzen gesetzt. Der biografische Zugang verleitet zwar leicht dazu, die beschriebene Person mit einem Menschen unserer Zeit gleichzusetzen – hier muss man sich aber der Gefahr bewusst sein, die in der Annahme anthropologischer Konstanten liegt. Wir dürfen nicht unhinterfragt davon ausgehen, dass die Menschen des 14. Jahrhunderts in uns vertrauten Kategorien gelebt haben. Statt uns in Ludwig hineinversetzen zu wollen, müssen wir uns vielmehr der Zeitgebundenheit diverser Kategorien bewusst werden. Dies betrifft den menschlichen Bereich – Emotion, Charakter, Gläubigkeit – ebenso wie den politischen. So können wir etwa die Ehen Ludwigs nicht mit unseren Maßstäben von glücklicher Ehe und Privatheit messen, sondern müssen ihre Darstellung in den zeitgenössischen Quellen als Reflex auf ein politisch-dynastisches Verständnis begreifen.

Abb. 1  Grabmal Ludwigs IV. in der Münchener Frauenkirche – 1622 im Auftrag Kurfürst Maximilians I. gestaltet

Wie bei etlichen geschichtswissenschaftlichen Darstellungen ist Vieles vom Folgenden das Ergebnis eines Abwägungsprozesses und eher Meinung als Faktum. Dies gilt vor allem für Urteile und Interpretationen. Dieses Buch zeigt meinen Ludwig, weniger den Ludwig. Dabei werde ich der Quellenlage und den methodischen Schwierigkeiten auch dadurch Rechnung tragen, dass ich die eigene Sprachlosigkeit zulasse und Lücken in der geschichtswissenschaftlichen Konstruktion der Vergangenheit sichtbar mache. Das lässt Ludwig sicherlich weniger heroisch und sein Bild vielleicht auch weniger plastisch erscheinen; es regt aber hoffentlich zum Nachdenken über Ludwig und unser Geschichtsverständnis an.

Chancen und Grenzen historischer Biografien

Das Genre der historischen Biografie erfreut sich großer Beliebtheit, nicht zuletzt, weil man sich an der Seite einer historischen Person leichter in die Zeitumstände einfühlen kann. Mitunter meint man sogar, die Vergangenheit mit den Augen des Protagonisten zu sehen; man findet sich gewissermaßen wieder in einem Menschen, der Pläne schmiedet, Ängste aussteht und Erfolge feiert. Dieses Verständnis von Geschichte ist aber nicht unproblematisch, und das Genre ›Biografie‹ steckt für den Historiker voller Tücken. Diese gilt es am Anfang dieses Buches zu benennen, weil sich dessen Darstellung auch als Reaktion auf diese Probleme versteht.

Dem Genre liegen oftmals unhinterfragt einige Annahmen zu Grunde. Hierzu gehört die Vorstellung von einer persönlichen Entwicklung jedes Menschen, die in der Kindheit grundgelegt wird. Jugend und Erziehung lassen in dieser Lesart erahnen, wie der Erwachsene sich verhalten wird, und dienen als Erklärung. Oftmals greift hier das der Natur entlehnte Muster von Wachstum, Blüte und Verfall. Hinzu tritt ebenso häufig – und das erscheint zunächst paradox – die Vorstellung vom im Grundsatz unveränderlichen Charakter eines Menschen. Zumindest für den Erwachsenen wird die persönliche Disposition als ausschlaggebend für Entscheidungen und Verhalten angesehen. Ein Herrscher ist wankelmütig und ängstlich – und daher sein politisches Handeln sprunghaft und vorsichtig. Hierbei ist kaum Raum für Veränderung mitgedacht, und es besteht immer die Gefahr eines Zirkelschlusses: Schließen wir vom Charakter auf den Politikstil oder umgekehrt?

Der französische Soziologe Pierre Bourdieu hat in diesem Kontext von der »biografischen Illusion« gesprochen. Damit ist ein Phänomen benannt, das wir alle aus unserem Alltag kennen: Wenn wir unser Leben – etwa im Rahmen einer Bewerbung – präsentieren sollen, streben wir danach, einen im Sinne der Anforderungen stimmigen Lebenslauf vorzulegen: Zufälligen Entwicklungen wird bewusste Planung unterlegt, Lücken werden gefüllt oder verschleiert, und aus einer Vorher-Nachher-Abfolge wird eine kausale Entwicklung gemacht.

So wie der Lebenslauf aus einem Leben eine Karriere formt, steht die historische Biografie in der Gefahr, die Informationen über ihren Protagonisten zu einer abgeschliffenen, zwangsläufigen Entwicklung zu formen.

Zuweilen wird der Protagonist der Biografie obendrein zum idealisierten Helden, weil durch die Dauer der wissenschaftlichen Beschäftigung oder eine außerwissenschaftliche Komponente Nähe zwischen Autor und Objekt entsteht. Gerade bei ›unserem‹ Ludwig kann man eine bayerische von einer nicht-bayerischen Geschichtsschreibung unterscheiden. Erstere zeichnet sich oft durch große Nähe und Bewunderung für den Wittelsbacher, Letztere durch Desinteresse und große Kritikfreudigkeit aus. Auch der Schwerpunkt der Darstellungen kann variieren: Mal interessiert vor allem das Herzogtum Bayern, mal wird dieses kaum thematisiert. Jede historische Biografie bewegt sich also zwischen Perspektivität, Konstruktion und Illusion.

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  Ludwig der Mensch

Ein Biograf versucht in der Regel, Aussehen und Charakter seines Protagonisten so darzustellen, dass seine Persönlichkeit für die Leserschaft greifbar wird.

Dieses Anliegen gestaltet sich in unserem Falle schwierig: Weder Aussehen noch Charakter Ludwigs IV. sind zweifelsfrei zu ermitteln. Das liegt nicht nur an den Schwierigkeiten, die man bezüglich einer Charakterstudie bei jedem, auch einem modernen Menschen hat. Was macht den Charakter eines Menschen aus? Was ist Erziehung, was Veranlagung, wo greifen wir den Mensch, wo den Zeitgeist?

Für Ludwig treten Quellenprobleme sowie die Tatsache hinzu, dass seine Herrschaft von einem gravierenden Konflikt gekennzeichnet war, der jede seiner Handlungen überschattete: dem Kampf mit dem Papst um die Rechtmäßigkeit seines Königtums. Dieser führte nicht nur zu Ludwigs Exkommunikation, sondern auch dazu, dass letztlich alle Nachrichten, die uns zu Ludwig von Zeitgenossen vorliegen, Partei ergreifen. Sie loben den Herrscher und betonen seine Größe und Bedeutung – oder verdammen ihn als Ketzer und verweisen auf seine Defizite. Eine Trennung zwischen Person und Funktion nehmen die meisten Quellen dabei nicht vor; die Amtsführung wird immer auch als Charakterfrage verstanden, und dies hat erhebliche Auswirkungen auf unsere Informationen zum Menschen Ludwig.

Ludwig als Vater und Ehemann

Ludwig IV. war nicht nur Herzog, König und Kaiser, sondern auch Ehemann und Vater. In den Quellen treten uns seine Frauen und Kinder allerdings ausschließlich als Teil des politisch-öffentlichen Lebens des Herrschers entgegen. Wir wissen letztlich nichts über das, was wir heute das Privatleben Ludwigs nennen würden. Liebte er seine Frauen und seine Kinder? Machte er sich darüber jemals Gedanken? Ludwig hatte mit zwei Ehefrauen insgesamt 16 Kinder, von denen ihn zwölf überlebten. Als Herzog von Bayern heiratete er vor dem Jahr 1313 Beatrix von Schlesien-Schweidnitz aus der schlesischen Linie der Piasten. Über Beatrix erfahren wir aus den Quellen nur sehr wenig; vor ihrer Ehe mit Ludwig tritt sie nicht in Erscheinung und auch zur Herzogin und Königin bleiben die Nachrichten spärlich. In der Chronik von den Taten der Fürsten, die von einem Mönch des wittelsbachischen Klosters Fürstenfeld um 1330 verfasst wurde, finden sich gerade zwei Zitate zu Beatrix: »Mit diesen [Kämpfern] begibt er [Ludwig] sich unter großer Prachtentfaltung nach Aachen und wir hier mit seiner Gemahlin Beatrix von den ehrwürdigen Bischöfen von Mainz und Trier feierlich gekrönt.« und »Das Weihnachtsfest feierte er [Ludwig IV.] in München, wo nicht lange danach die gnädigste Königin Frau Beatrix einer Krankheit erlag und von Gott zu sich genommen wurde. Ihr wurde in der genannten Stadt im Münster der seligen Jungfrau Maria ein Grabmal errichtet, in dem sie unter den gebührenden Feierlichkeiten beigesetzt wurde.«3 Beatrix interessiert hier nur als Ehefrau Ludwigs, nicht als Person.

Das Paar hatte sechs Kinder, vier Töchter und zwei Söhne. Die Söhne folgten ihrem Vater in der Herrschaft und übernahmen Teile der wittelsbachischen Hausmacht. Der älteste Sohn wurde auf den Namen seines Großvaters und Vaters getauft und firmiert in der Forschung als Ludwig V., der Brandenburger (1315–1361). Zu Lebzeiten des Vaters war er Teil von dessen politischen Aktionen: 1323 machte sein Vater ihn zum Markgrafen von Brandenburg und damit zu einem der sieben Kurfürsten, 1324 wurde er mit Margarete von Dänemark verheiratet und nach deren Tod (1340) mit Margarete, der Gräfin von Tirol. Diese zweite Hochzeit brachte Tirol an die Wittelsbacher und zeigt deutlich, dass der Sohn den Wünschen des Vaters entsprechen musste: Zeitgenossen erzählen vom anfänglichen Unwillen Ludwigs V., sich in die Heiratspläne seines Vaters zu fügen, weil Margaretes erste Ehe von der Kurie nicht annulliert worden war. Auch wenn diese Anekdote eine Erfindung sein mag, zeigt sie doch, dass sich der Sohn dem Willen des Vaters zu beugen hatte.

Der zweite Sohn aus erster Ehe war Stefan II., der nach dem Tod seines Vaters die Herrschaft in Teilen Bayerns übernahm. Er wurde 1328 mit Elisabeth von Sizilien verheiratet. Beide Söhne wurden also mit Prinzessinnen vermählt, den Töchtern der Könige von Dänemark und Sizilien; hier werden die dynastischen Ansprüche des Wittelsbachers und die Tatsache deutlich, dass Ludwigs Königtum in Europa Anerkennung fand.

Über die Töchter aus der ersten Ehe Ludwigs wissen wir weit weniger als über die Söhne; in der patriarchalen Welt des Mittelalters lag das politische Interesse und damit auch der Fokus der Quellen auf den Männern. Für eine Tochter von Beatrix und Ludwig ist nicht einmal ein Name überliefert, zwei weitere – Anna und Agnes – starben sehr jung. Die älteste Tochter – das erste Kind – Mechthild heiratete 1328 den Markgrafen Friedrich II. von Meißen.

Nach dem Tod seiner ersten Frau 1322 heiratete Ludwig – inzwischen römisch-deutscher König – im Jahr 1324 die Tochter des Grafen Wilhelm von Holland und Hennegau: Margarete. Aus dieser Ehe, die bis zum Tod Ludwigs 1347 anhielt, gingen zehn Kinder hervor: Margarete, Anna, Ludwig VI. – nach seinem Geburtsort ›der Römer‹ genannt –, Elisabeth, Wilhelm I., Albrecht I., Otto V., Beatrix, Agnes und wieder ein Ludwig; der dritte Sohn dieses Namens ist kurz nach seiner Geburt verstorben. Politischen Einfluss gewann Margarete nach dem Tod ihres Bruders, der sie zur Erbin von Holland und Hennegau machte. Auch über die zweite Ehe Ludwigs lassen die Quellen keine Aussagen zu. Mitunter wird in der Forschung aus der hohen Kinderzahl auf den Zustand der Ehe geschlossen, was methodisch freilich fragwürdig ist.

Ludwig IV. und seine Nachkommen

Schwarze oder rote Haare? – Ludwigs Aussehen

Wir wissen nicht, wie Ludwig IV. genau ausgesehen hat. Zeitgenössische Abbildungen unterliegen immer dem Verdacht, die Wirklichkeit einem Ideal zu unterwerfen. Und selbst wenn man etwa das Ludwig-Portrait des Kanzleinotars Leonhard von München aus dem Jahr 1339 für realistisch halten will, vermittelt es doch nur einen sehr vagen Eindruck vom Aussehen des Kaisers.

Auch textliche Beschreibungen helfen nur bedingt weiter: »Es war aber der Kaiser Ludwig körperlich groß und wohlgestaltet. Ihn hatte die Natur zum Regieren geschaffen […]. Er war von geradem und hohem Wuchs und hatte einen biegsamen Nacken, der wie halb nach oben gereckt war. Die Stirn war breit und heiter, frei und offen, die Augen klar, groß, durchdringend und von anziehender Freundlichkeit, die Oberlippe aufwärts gebogen, Haupthaar und Bart reichlich lang, schwarz und kraus, die Gesichtsfarbe weiß und rot: Kurz, er war sehr schön am ganzen Körper, und liebenswürdig war sein Gesichtsausdruck.«4 Mit diesen Worten beschreibt Heinrich von Herford, ein Zeitgenosse Ludwigs, den Kaiser. Ob er ihn jemals mit eigenen Augen gesehen hat, ist ungewiss. Dieses Herrscherportrait macht uns die Zeitgebundenheit ästhetischer Deutungen und die enge Verbindung von Wertung und Beschreibung einer Person klar. Wir haben es hier also weniger mit einer objektiven Beschreibung denn mit einer Typisierung zu tun: Der gute Herrscher ist schön.

Seine zunächst positive Beschreibung Ludwigs verkehrt Heinrich von Herford am Ende seiner Schilderung sehr effektvoll ins Gegenteil: Er führt aus, Ludwig habe all seine guten Anlagen durch seine Ketzerei »vernichtet und inhaltslos« gemacht. Es geht hier also weniger darum, Ludwig zu beschreiben, als darum, sein Handeln zu bewerten.

Hinzu tritt der Umstand, dass es schwierig sein kann, aus einer textlichen Schilderung auf das tatsächliche Aussehen rückzuschließen: Was sollen wir uns unter einem cervix semisupinus, einem »wie halb nach oben gereckten Nacken« genau vorstellen?

Die Schilderungen Heinrichs decken sich zudem nicht in allen Punkten mit den Angaben anderer Zeitgenossen. Nach dem aus Padua stammenden Alberto Mussato hatte Ludwig rötliches Haar, nicht schwarzes. Beide Beschreibungen stimmen aber darin überein, dass Ludwig die körperlichen Voraussetzungen für einen erfolgreichen Kämpfer erfüllte. Dies wird mit einem durchsetzungsstarken Herrscher und Helden assoziiert und als Eigenschaft verstanden, die für einen König von Bedeutung ist. Es ist dabei letztlich nicht zu klären, was hier Darstellungskonvention, Beschreibung der Wirklichkeit oder literarische Freiheit ist. Wir können uns über diese Unklarheit damit hinwegtrösten, dass die Frage des Aussehens für eine geschichtswissenschaftliche Betrachtung Ludwigs IV. von nachgeordneter Bedeutung ist.

»Der große Adler« – Ludwigs Charakter

Was für das Aussehen gilt, trifft für den Charakter erst Recht zu: Jede Beschreibung ist Wertung und literarisches Konstrukt. Mathias von Neuenburg beginnt den Abschnitt seiner Chronik, der sich mit Ludwig auseinandersetzt, wie folgt: »Merke wohl auf, Geschichtsschreiber, nimm deinen Verstand zusammen; du hast eine schwere Arbeit, wenn du es unternimmst, den großen Adler zu schildern, welcher langsam und lange fliegt, in der Torheit weise, in der Gleichgültigkeit sorgsam, in der Trägheit wild, in der Trauer vergnügt, im Kleinmut starkmütig, den mit angebrannten Flügeln sich aufschwingenden und im Unglück glücklichen.«5

Dieser Auszug macht viele der Probleme deutlich, denen wir uns bei der Charakterisierung durch Zeitgenossen gegenüber sehen: Mathias geht es hier ganz offensichtlich in erster Linie darum, seine eigenen Fähigkeiten als Autor unter Beweis zu stellen. Die Charakterisierung Ludwigs ist literarisch gestaltet und basiert auf einer Aneinanderreihung widersprüchlicher Attribuierungen. Dem stellt der Autor einen Aufruf voran, der die Schwierigkeiten der Aufgabe thematisiert und damit implizit das eigene Schaffen lobt. Der Symbolwert des Adlers – der hier als kaiserliches Tier für Ludwig steht – wird mit der Anspielung an den Ikarus-Mythos kombiniert. Wie der Sohn des Dädalus der Sonne zu nah kam, so schwingt sich auch Ludwig zu unziemlichen Höhen auf und ist dabei doch vom Glück begünstigt. Das alles soll in erster Linie Mathias von Neuenburg als versierten Erzähler präsentieren. Insgesamt steht der Chronist Ludwig eher distanziert und kritisch gegenüber.

Unter den Zeitgenossen finden sich auch Anhänger Ludwigs; entsprechend positiv fällt ihre Wertung aus, wie etwa in der Chronik Kaiser Ludwigs IV.: »Im Jahr 1347 entschlief in Frieden der ruhmreiche Kaiser, Vater des Friedens, der Freund der Geistlichkeit und des Volkes, der äußerst glückliche Triumphator, der freigiebige, zuverlässige, weise, wahrhaft christlich gesinnte und rechtgläubige Fürst, den nie ein Feind überwand.«6

Dieser Darstellung, die offensichtlich Partei ergreift, können wir allenfalls die Kategorien entnehmen, die in den Augen der Zeitgenossen einen guten Herrscher ausmachten. Dieser sollte friedliebend, freigiebig, zuverlässig, weise, kriegerisch erfolgreich und gottesfürchtig sein. Für Ludwig IV. kann man diese Kategorien je nach Standpunkt sehr unterschiedlich bewerten. So nahmen er selbst und sein Parteigänger für ihren Kaiser in Anspruch, den Frieden gesucht und die Kirche geachtet zu haben, was etwa sein Gegenspieler Papst Johannes XXII. vehement verneinte.

Es sind in erster Linie die Funktionen Ludwigs, die in den Quellen ihre Spuren hinterlassen haben. Über den Menschen Ludwig und seinen Charakter wissen wir letztlich sehr wenig; sehr viel mehr können wir über den Herzog, König und Kaiser sagen.