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b) Auflage

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Mittels einer Auflage kann der Erblasser durch Testament seinen Erben oder Vermächtnisnehmer zu einer Leistung verpflichten, ohne einem anderen ein Recht auf diese Leistung zuzuwenden, § 1940 BGB. Dem durch die Auflage Begünstigten steht demnach kein einklagbarer Anspruch auf Leistung gegen den Beschwerten zu. Regelmäßig bietet sich daher die Anordnung einer Testamentsvollstreckung an,[93] um die Durchsetzung der Auflage sicherzustellen. Eine noch weitergehende Absicherung der Erfüllung der Auflage kann der Erblasser dadurch erreichen, dass die Erbeinsetzung auflösend bedingt durch die Nichterfüllung der Auflage ist. Die auflösende Bedingung führt jedoch zu einer konstruktiven Vor- und Nacherbschaft und sollte daher allenfalls in Ausnahmefällen verwandt werden (vgl. Rn. 70). Inhalt der Auflage kann jedes Tun oder Unterlassen sein, zu dem man sich schuldrechtlich verpflichten kann. Eine Auflage muss damit, im Gegensatz zum Vermächtnis, nicht zwangsläufig die Zuwendung eines Vermögensvorteils bezwecken. Verfolgt die Auflage die Begünstigung einer bestimmten Person, so kann der Erblasser noch freier als beim Vermächtnis dem Beschwerten oder einem Dritten die Wahl des Begünstigten und des Gegenstands überlassen.[94] Erforderlich ist lediglich die Angabe des Zwecks der Zuwendung, § 2193 BGB.

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Diese weitgehende Flexibilität macht die Auflage gerade im Unternehmertestament zu einem beliebten Gestaltungsmittel, um auch nach dem Ableben Einfluss auf die Unternehmensführung zu nehmen. Ein Einzelunternehmer verfolgt mit einer Auflage regelmäßig drei Ziele: die Erteilung von Vollmachten (etwa an den Testamentsvollstrecker), die Umwandlung des Einzelunternehmens in eine Gesellschaft (Gesellschaftsgründungsklausel) sowie die Pflicht, das Unternehmen nicht innerhalb einer bestimmten Frist zu veräußern, andernfalls eine Nachabfindung droht.[95]

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Formulierungsbeispiel Nachabfindung:

Zu meinem Nachlass gehört das von mir betriebene einzelkaufmännische Unternehmen …, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Memmingen unter HRA … Meinen Erben … belaste ich mit folgender Auflage: Für den Fall, dass der Erbe das vorgenannte Unternehmen innerhalb von fünf Jahren nach dem Erbfall veräußern sollte, hat er je ein Drittel der Veräußerungserlöse an meine Ehefrau und meine Tochter … abzuführen. Veräußert mein Erbe innerhalb des genannten Zeitraums mehr als 50 % der Vermögenswerte des Unternehmens nach Buchwerten (alt.: Verkehrswerten), hat der Erbe an die vorgenannten Personen einen Betrag in Höhe von je einem Drittel der erzielten Veräußerungserlöse (nach Steuern) zu zahlen.

Einer Veräußerung stehen alle Rechtsgeschäfts gleich, die einem Verkauf entsprechen, z.B. Einbringung, Tausch oder Umwandlungsvorgänge. Wenn der Erbe Sachleistungen für die Veräußerung erlangt, gilt der Verkehrswert der Sachleistung als Gegenleistung. Ist die Gegenleistung niedriger als der Wert, der bei einem Verkauf an einen Dritten hätte erzielt werden können, wird der Verkehrswert angesetzt.

Mein Erbe … hat meine Ehefrau und meine Tochter … über jegliche Veräußerung im vorgenannten Sinne zu informieren und auf Verlangen alle relevanten Unterlagen vorzulegen.

Ich ordne Testamentsvollstreckung (Abwicklungsvollstreckung) an und bestimme . . ., ersatzweise … zum Testamentsvollstrecker. Der Testamentsvollstrecker hat die Aufgabe, für die Vollziehung der angeordneten Auflage zu sorgen. Die Aufgabe des Testamentsvollstreckers endet nach der Erfüllung der Auflage.

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Mittels einer Gesellschaftsgründungsklausel möchte der Erblasser seine Erben verpflichten, eine Gesellschaft zu gründen, um etwa die Nachteile einer Erbengemeinschaft am Einzelunternehmen zu vermeiden. Eine erbrechtliche Anordnung, mittels derer unmittelbar mit dem Erbfall eine Gesellschaft zwischen den Erben entstehen würde, kennt das deutsche Erbrecht nicht. Eine solcher Zwangsgesellschaft würden im Übrigen auch gesellschaftsrechtliche Erwägungen entgegen.[96]

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Um Streitigkeiten zwischen mehreren Erben weitestgehend zu vermeiden, sollte der Erblasser die einzelnen Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags so detailliert vorgeben, dass z.B. ein Testamentsvollstrecker etwaige Lücken ausfüllen kann.[97] Ist nur ein Gesellschafter-Erbe vorhanden, macht die detaillierte Vorgabe des Gesellschaftsvertrags allerdings wenig Sinn, da der Erbe diesen (nach Abschluss einer etwaigen Testamentsvollstreckung) sofort ändern könnte. Zur Umsetzung der Gesellschaftsgründungsklausel empfiehlt sich regelmäßig die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers. Der Erblasser kann einen Testamentsvollstrecker aber nicht anweisen, ohne Zuziehung der Erben den Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft abzuschließen.[98] Die damit verbundene persönliche Haftung der Erben lässt sich mit der beschränkten Rechtsmacht des Testamentsvollstreckers nicht herbeiführen, §§ 2206, 2207 BGB. Zur Gründung einer bzw. Umwandlung in eine GmbH vgl. 3. Kap. Rn. 99.

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Was den Inhalt des Gesellschaftsvertrags betrifft, ist zu berücksichtigen, dass diesen der Erblasser vorgibt und nicht die Erben frei aushandeln. Der Gesellschaftsvertrag muss also in erster Linie an erbrechtlichen Maßstäben gemessen werden. Vor diesem Hintergrund sind Abweichungen möglich, die bei einem frei ausgehandelten Gesellschaftsvertrag möglicherweise nicht zulässig wären.[99] Zu nennen wären hier insbesondere der Abfindungsanspruch eines Erben-Gesellschafters, der im Rahmen einer erbrechtlichen Gründungsklausel ganz ausgeschlossen werden kann,[100] sowie das freie Hinauskündigungsrecht eines Miterben-Gesellschafters.[101] Diese Klauseln sind nicht als gesellschaftsrechtliche Sittenwidrigkeit, sondern als Beschränkung der Zuwendung, mithin Ausfluss der Testierfreiheit des Erblassers, zu werten. Schließlich hätte der Erblasser einen bestimmten Miterben auch gänzlich von der Unternehmensnachfolge ausschließen können.

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Formulierungsbeispiel Gesellschaftsgründungsklausel GmbH:

Mittels Auflage verpflichte ich meinen Erben …, mein einzelkaufmännisches Unternehmen …, vorgetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Memmingen unter HRA …, in der Rechtsform einer GmbH unter der bisherigen Firma fortzuführen. Die Umwandlung soll im Wege der Einzelrechtsnachfolge (alt.: im Wege der Sachgründung) erfolgen. (Bei mehreren Erben: Der Gesellschaftsvertrag soll gemäß der beigefügten Satzung beschlossen werden.) Zum alleinigen Geschäftsführer ist … zu bestellen. Es können ein oder mehrere weitere Geschäftsführer bestellt werden. Testamentsvollstreckung.

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Formulierungsbeispiel Gesellschaftsgründungsklausel OHG/KG:

Meine beiden Erben verpflichte ich mittels Auflage, unverzüglich nach meinem Tode eine offene Handelsgesellschaft zu gründen. Sofern ein Miterbe dies verlangt, ist eine Kommanditgesellschaft zu gründen und dem betreffenden Erben eine seiner Erbquote entsprechende Kommanditistenbeteiligung einzuräumen.

Errichten die Erben eine offene Handelsgesellschaft, sind sie beide als gleichberechtigte Geschäftsführer und zu gleichen Teilen an Gewinn und Verlust des Unternehmens beteiligt. Die Kündigung der Gesellschaft ist für zehn Jahre ausgeschlossen. Scheidet ein Gesellschafter aus, steht es dem verbleibenden Gesellschafter frei, das Unternehmen alleine weiter zu führen oder zu veräußern. Im Übrigen soll der in der Anlage beigefügte Gesellschaftsvertrag einer OHG von den Erben geschlossen werden. Im Falle der Errichtung einer Kommanditgesellschaft sind die Regelungen entsprechend anzuwenden.

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Formulierungsbeispiel Gesellschaftsgründungsklausel GmbH & Co. KG:

Mittels Auflage verpflichte ich meine Erben, mein einzelkaufmännisches Unternehmen … mit dem Sitz in …, vorgetragen im Handelsregister des Amtsgerichts … unter HRA …, in eine KG umzuwandeln, und zwar in der Weise, dass eine neu zu gründende GmbH die alleinige persönliche Haftung zu übernehmen hat (GmbH & Co). Die Beteiligungsverhältnisse der Erben an KG und GmbH entsprechen deren Beteiligung am Nachlass. Im Übrigen wird wegen der Ausgestaltung der Gesellschaftsverträge auf die Anlagen I und II zu diesem Testament Bezug genommen; diese Anlagen stellen einen wesentlichen Bestandteil der erbrechtlichen Verfügung dar.

3. Vermächtnis

a) Vermächtnisweise Zuwendung eines einzelkaufmännischen Unternehmens

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Das einzelkaufmännische Unternehmen stellt kein eigenes Rechtssubjekt dar. Es besteht vielmehr aus einzelnen Vermögensgegenständen, die im Erbfall im Wege der Gesamtsrechtsnachfolge auf den Erben übergehen. Der Vermächtnisnehmer hat demgemäß lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Herausgabe der einzelnen dem Unternehmen zugehörigen Vermögensgegenstände, nicht auf das Unternehmen als solches.[102] Der Erblasser muss also die Vermögenswerte, welche der Vermächtnisnehmer erhalten soll, sehr detailliert beschreiben. Alle Aktiv- und Passivposten müssen einzeln bezeichnet werden. Werden bestimmte Vermögensgegenstände nicht aufgeführt, droht eine steuerliche Entnahme, bei wesentlichen Wirtschaftsgütern sogar eine Betriebsaufgabe. Die Bezugnahme auf die Bilanz reicht nicht aus, da nicht alle Wirtschaftsgüter, die einem Unternehmen zuzuordnen sind, aus einer Bilanz ersichtlich sind.[103]

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Soll der Vermächtnisnehmer auch Verbindlichkeiten und Vertragsverhältnisse übernehmen, kann dies nur durch die Anordnung eines entsprechenden Untervermächtnisses zulasten des Vermächtnisnehmers erreicht werden. Die Übernahme der Vertragsverhältnisse und Verbindlichkeiten setzt die Zustimmung der Gläubiger und Vertragspartner voraus. Wird die Zustimmung verweigert, verbleiben die Verbindlichkeiten beim Erben, obwohl dieser die Aktivpositionen auf den Vermächtnisnehmer übertragen muss. Für diesen Fall sollte der Vermächtnisnehmer verpflichtet werden, den Erben im Innenverhältnis freizustellen.[104]

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Führt der Vermächtnisnehmer das Unternehmen unter der bisherigen Firma fort, kann die handelsrechtliche Haftung des § 25 HGB eingreifen.[105] Der Vermächtnisnehmer kann also für alle im Betrieb begründeten Altverbindlichkeiten haften, sofern er seine Haftung nicht beschränkt (vgl. Rn. 14 ff.).

Weiter stellt die vermächtnisweise Übertragung des einzelkaufmännischen Unternehmens einen Betriebsübergang i. S. d. § 613a BGB dar.[106] Sofern das Einzelunternehmen in der Regel mehr als 100 ständig beschäftigte Arbeitnehmer aufweist, haben die Erben als vorübergehender Unternehmer zudem den Wirtschaftsausschuss nach Maßgabe des § 106 Abs. 1 und 2 BetrVG zu informieren. Falls die Größe des Unternehmens keinen Wirtschaftsausschuss erfordert, ist zumindest der Betriebsrat entsprechend zu beteiligen.[107]

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Nicht zuletzt können etliche Vermögensgegenstände rechtsgeschäftlich überhaupt nicht übertragen werden, so z.B. Urheberrechte (§ 29 UrhG), Nießbrauchsrechte (§ 1059 S. 1 BGB), beschränkt persönliche Dienstbarkeiten (§ 1092 Abs. 1 S. 1 BGB) oder dingliche Vorkaufsrechte (§ 1098 Abs. 3 BGB).

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Formulierungsbeispiel:[108]

Vermächtnis

Meine Tochter T erhält im Wege des Vermächtnisses mein einzelkaufmännisches Unternehmen …, vorgetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Memmingen unter HRA …, derzeit betrieben in … Gegenstand des Vermächtnisses sind die nachfolgend beschriebenen Aktiva und Passiva:

1. Aktiva


a) Sämtliche zu dem Geschäftsbetrieb gehörenden Forderungen, insbesondere Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, geleistete Anzahlungen, Forderungen aus Darlehen, Forderungen gegenüber dem Finanzamt, sowie Schadensersatzforderungen, jeweils mit sämtlichen Zins- und sonstigen Nebenforderungen und allen eventuell zur Sicherung dieser Forderungen bestellten Rechten.
b) Sämtliche Bankguthaben bei allen Banken und Kreditinstituten mit Bezug zu dem Geschäftsbetrieb mit ihrem jeweiligen ausgewiesenen Bestand.
c) sämtliche gewerblichen Schutzrechte, insbesondere folgende Marke …, sowie die Internetdomain …
d) Sämtliche immateriellen Vermögenswerte des Geschäftsbetriebs, insbesondere die Firma, das Know-how und der gesamte Kundenstamm.
e) Sämtliche sonstigen Vermögensgegenstände, die zum Unternehmen gehören, auch wenn sie hier nicht aufgeführt sind.

Mit diesem Vermächtnis werden, soweit nicht ausdrücklich anders bezeichnet, sämtliche Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten des Unternehmens einschließlich der nicht bilanzierten sowie der nicht bilanzierbaren Vermögensgegenstände und Vermögensvorteile sowie sämtlicher Schulden und Verpflichtungen des Inhabers übertragen, auch soweit diese nicht ausdrücklich bezeichnet sind.

2. Übernahme der Verbindlichkeiten


a) Der Vermächtnisnehmer übernimmt im Wege der befreienden Schuldübernahme mit wirtschaftlicher Wirkung zum Stichtag sämtliche Verbindlichkeiten des Unternehmens. Dies gilt auch für Steuerverbindlichkeiten einschließlich solcher, welche aufgrund von Betriebsprüfungen entstehen.
b) Der Erbe und der Vermächtnisnehmer werden gemeinsam die für die Übernahme der Verbindlichkeiten erforderlichen Zustimmungserklärungen der Gläubiger einholen.
c) Sollte eine Zustimmung nicht erteilt werden, gilt die die Übernahme der Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt des Vollzugs des Vermächtnisses als wirksam vollzogen. Der Vermächtnisnehmer stellt den Erben im Innenverhältnis von einer Verpflichtung zur Leistung und von jedweder Haftung in diesem Zusammenhang frei.
d) Erbe und Vermächtnisnehmer haben alle Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzugeben, die zur Durchführung der Übernahme der Verbindlichkeiten und der Übertragung der Passiva erforderlich sind. Soweit der Erbe formal Partei eines Verfahrens (einschließlich steuerrechtlicher Verfahren) ist, hat er dieses Verfahren auf Weisung des Vermächtnisnehmers zu betreiben. Der Vermächtnisnehmer trägt die Kosten des betreffenden Verfahrens.

3. Überleitung der Vertragsbeziehungen


a) Der Erbe überträgt mit wirtschaftlicher Wirkung zum Vollzug des Vermächtnisses im Wege der Vertragsübernahme sämtliche Rechte, Ansprüche und Verbindlichkeiten aus den zu dem Unternehmen gehörenden Verträgen auf den diese Übertragung annehmenden Vermächtnisnehmer.
b) Der Erbe und der Vermächtnisnehmer werden gemeinsam die für die Übertragung der Verträge erforderlichen Zustimmungserklärungen der dritten Vertragsparteien einholen.
c) Sollte eine Zustimmung nicht erteilt werden, gilt die Übernahme der Vertragsverhältnisse zum Vollzug des Vermächtnisses als wirksam vollzogen. Der Erbe wird im Innenverhältnis aber ausschließlich für Rechnung und auf Weisung des Vermächtnisnehmers unentgeltlich tätig. Der Vermächtnisnehmer verpflichtet sich, alles zu unternehmen, um dem Erben die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen zu ermöglichen. Der Erbe tritt dem Vermächtnisnehmer für diesen Fall mit Wirkung zum Zeitpunkt des Vollzugs des Vermächtnisses alle Ansprüche und Rechte aus den übernommenen Vertragsverhältnissen ab.
d) Der Erbe muss spätestens zum Vollzug des Vermächtnisses alle Unterlagen und Informationen betreffend das Unternehmen an den Vermächtnisnehmer übergeben.

4. Arbeitnehmer


a) Der Vermächtnisnehmer wird nach § 613a BGB in alle Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Vollzugs des Vermächtnisses bestehenden Arbeitsverhältnisse mit den Arbeitnehmern des Unternehmers eintreten.
b) Der Erbe und der Vermächtnisnehmer werden in geeigneter Form die Arbeitnehmer gemäß § 613a Abs. 5 BGB unterrichten. In diesem Schreiben sind die Arbeitnehmer schriftlich aufzufordern, gemäß § 613a Abs. 6 BGB gegenüber dem Erben oder dem Vermächtnisnehmer innerhalb eines Monats nach Zugang des Unterrichtungsschreibens zu widersprechen, falls ihre Arbeitsverhältnisse nicht auf den Vermächtnisnehmer übergehen sollen.

5. Testamentsvollstreckung

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Praxishinweis:

Insgesamt ist die vermächtnisweise Zuwendung eines einzelkaufmännischen Unternehmens mit zahlreichen Nachteilen verbunden: Der Erblasser muss alle Gegenstände des Aktiv- und Passivermögens genau bezeichnen. Diese Aufstellung wird sich aber regelmäßig zwischen Testamentserrichtung und Todesfall noch ändern und löst damit einen ständigen Anpassungsbedarf aus. Weiter bedarf die Übernahme von Verbindlichkeiten bzw. Vertragsverhältnissen der Zustimmung der jeweiligen Gläubiger/Vertragspartner. Schließlich sind auf eine vermächtnisweise Übertragung eines Einzelunternehmens die haftungsträchtigen §§ 25 HGB, 613a BGB anwendbar.

b) Herausgabevermächtnis/Nachvermächtnis am einzelkaufmännischen Unternehmen

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Mittels eines Herausgabevermächtnisses wird der Erbe aufschiebend befristet durch seinen Tod verpflichtet, den gesamten ererbten Nachlass oder bestimmte Vermögensgegenstände an einen Dritten herauszugeben, § 2177 BGB. Einen Unterfall eines solchen befristeten Vermächtnisses stellt das Nachvermächtnis dar, bei dem nicht der Erbe, sondern ein Vermächtnisnehmer (i.e. Vorvermächtnisnehmer) seinerseits mit einem Vermächtnis beschwert wird, § 2191 BGB. Die folgenden Ausführungen gelten entsprechend.

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Der mit dem aufschiebend befristeten Vermächtnis Bedachte hat zwischen Erbfall und Vermächtnisanfall eine Anwartschaft. Diese Anwartschaft ist grds. frei vererblich, übertragbar, pfänd- und verpfändbar.[109] Dies wird der Erblasser regelmäßig nicht wünschen, so dass er den Ausschluss der Vererblichkeit und Übertragbarkeit unter gleichzeitiger Benennung von Ersatzvermächtnisnehmern regeln muss. Die Anwartschaft des Vermächtnisnehmers ist nach § 2179 BGB gesichert. Danach sind in der Zeit zwischen Erbfall und Anfall des Vermächtnisses die §§ 160 Abs. 1, 162 BGB anwendbar.[110] Dies bedeutet, dass Verfügungen des Erben über das ererbte Unternehmen zwar wirksam sind, aber einen Schadensersatzanspruch gegen den Erben nach § 160 BGB auslösen können. Gehört Grundbesitz zum Unternehmen, kann der Vermächtnisnehmer sein Recht sogar durch Vormerkung sichern lassen.[111] Damit wäre der Unternehmensnachfolger aber faktisch noch mehr gebunden als bei Anordnung einer Vor- und Nacherbfolge. Will der Erblasser dem Unternehmensnachfolger hinsichtlich der Unternehmensführung größtmögliche Flexibilität einräumen, muss er folglich den Anspruch des Vermächtnisnehmers nach § 2179 BGB ausschließen bzw. den Vermächtnisnehmer mittels Untervermächtnis verpflichten, auf etwaige Schadensersatzforderungen zu verzichten.

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Nach § 2185 BGB kann der Erbe für Verwendungen auf den Vermächtnisgegenstand (hier: Unternehmen) vom Vermächtnisnehmer Ersatz nach § 994 BGB verlangen. Dies erscheint zumindest im unternehmerischen Bereich angesichts der freien Verfügungsmöglichkeit des Erben als nicht sachgerecht, so dass kautelarjuristisch ein solcher Verwendungsersatzanspruch ausgeschlossen werden sollte. Gezogene Nutzungen sind bis zum Vermächtnisanfall nicht zu ersetzen.[112] Für schuldhafte Substanzbeeinträchtigungen vor dem Vermächtnisanfall hat der Beschwerte einzustehen, jedoch nicht für im Übermaß gezogene Früchte.

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Anders als die Nacherbschaft (§ 2111 BGB) kennt das Vermächtnisrecht keine dingliche Surrogation. Die vom Erben in Ersatz für das ererbte Unternehmen angeschafften Gegenstände gehören damit nicht zum Nachlass. Soll der Vermächtnisnehmer auch Surrogate des Unternehmens erlangen, lässt sich dies nur durch ein Verschaffungsvermächtnis erreichen. Dies sollte der Erblasser ausdrücklich anordnen, um die ansonsten eintretende Vermutung der §§ 2169 Abs. 1, 2103 BGB zu widerlegen.[113]

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Das Herausgabevermächtnis stellt eine vorrangig zu befriedigende Erblasserschuld des Unternehmensnachfolgers dar.[114] Das Herausgabevermächtnis ist damit vor Pflichtteilsansprüchen der gesetzlichen Pflichtteilsberechtigten des Unternehmenserben zu erfüllen. Die Anordnung des Herausgabevermächtnisses führt dazu, dass pflichtteilsberechtigte Personen des Unternehmensnachfolgers (z.B. uneheliche Kinder) keinerlei Ansprüche am Unternehmen geltend machen können und damit nicht am Unternehmenserfolg partizipieren.

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Die unter Rn. 90 dargestellten Probleme der vermächtnisweisen Zuwendung eines Einzelunternehmens (detaillierte Auflistung aller Vermögensgegenstände) lassen sich durch ein sog. Vermächtnis auf den Überrest vermeiden. Dessen Zulässigkeit ist allgemein anerkannt.[115] Durch dieses Vermächtnis wird der Unternehmenserbe verpflichtet, alles, was noch vom Nachlass des Erblassers übrig ist, auf bestimmte Personen (z.B. die Enkel des Erblassers) zu übertragen. Eine genaue Beschreibung aller Gegenstände des Unternehmens erübrigt sich damit.

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Formulierungsbeispiel:

1. Ich setze hiermit … zu meinem alleinigen Erben ein. Ersatzerben sind dessen Abkömmlinge zu gleichen Teilen nach Stämmen gemäß gesetzlicher Erbfolge.

2. Mein Erbe wird mit folgendem aufschiebend befristeten, mit seinem Tod anfallenden Herausgabevermächtnis zu Gunsten der vorgenannten Abkömmlinge zum Zeitpunkt des Anfalls des Vermächtnisses belastet: Alles, was nach dem Tod meines Erben noch von meinem Nachlass übrig ist, geht auf seine Abkömmlinge zu gleichen Teilen nach Stämmen gemäß gesetzlicher Erbfolge über. Die Anwartschaft der Vermächtnisnehmer ist weder übertragbar noch vererblich.

3. Mein Erbe darf auch unentgeltlich über meinen Nachlass verfügen, insbesondere über das im Nachlass befindliche Einzelunternehmen …, derzeit vorgetragen im Handelsregister des Amtsgerichts … unter HRA … Die Vermächtnisnehmer können Sicherheit für die Erfüllung des Vermächtnisses (z.B. Vormerkungen an Grundstücken) nicht verlangen. Die Vermächtnisnehmer erhalten jedoch alle Surrogate im Sinne von § 2111 BGB, soweit sie sich im Zeitpunkt des Todes des Erben noch in dessen Vermögen befinden (Verschaffungsvermächtnis). Mein Erbe hat keinen Anspruch auf Verwendungsersatz gegen die Vermächtnisnehmer.

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Praxishinweis:

Das aufschiebend befristete Herausgabevermächtnis kann einem Unternehmenserblasser eine durchaus interessante Gestaltungsalternative bieten: Wie bei der Vor- und Nacherbschaft kann der Erblasser die Weitervererbung des Unternehmens an ihm ungenehme Erben des Unternehmensnachfolgers verhindern, ohne aber den Unternehmenserben allzu sehr in seiner Dispositionsfreiheit über das Unternehmen zu beschränken (vgl. § 2113 Abs. 2 BGB). Gleichzeitig ist das Unternehmen vor Pflichtteilsansprüchen gesetzlicher Pflichtteilsberechtigter des Unternehmensnachfolgers geschützt.

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