Czytaj książkę: «Unternehmensnachfolge», strona 15

Czcionka:

bb) Lebzeitige Zuwendungen an den Pflichtteilsberechtigten

277

Der Erblasser kann den Pflichtteilsanspruch auch durch lebzeitige Zuwendungen (z.B. von neben dem Unternehmen bestehenden Privatvermögen) an den Pflichtteilsberechtigten unter Anordnung der Anrechnung (§ 2315 BGB) verringern. Die Anrechnungsbestimmung muss vor bzw. spätestens bei der Zuwendung gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten erklärt werden.[363] Die noch im Regierungsentwurf zur Reform des Erb- und Verjährungsrechts ursprünglich vorgesehene Möglichkeit der nachträglichen Anrechnungsbestimmung durch Verfügung von Todes ist nicht Gesetz geworden.[364]

278

Praxishinweis:

Die nachträglich Anrechnungsbestimmung ist nicht möglich. Zweifelhaft ist auch, inwieweit der Erblasser sich die nachträgliche Anrechnung im Zeitpunkt der Zuwendung vorbehalten kann. Als Ausweichlösung bietet sich insofern an, die Anrechnung immer zunächst anzuordnen, um sie später durch Vermächtnis zugunsten des Zuwendungsempfängers wieder aufzuheben.[365]

279

Auch eine ausgleichungspflichtige Zuwendung nach §§ 2050 ff. BGB führt über § 2316 BGB zu einer Pflichtteilsreduzierung des Zuwendungsempfängers. Im Ergebnis werden allerdings die pflichtteilsreduzierenden Wirkungen einer Anrechnung stets höher sein als bei einer bestehenden Ausgleichungspflicht.[366] Möchte der Erblasser bei einer lebzeitigen Zuwendung den Pflichtteil des Beschenkten weitestgehend reduzieren, wird er demnach die Pflichtteilsanrechnung der Ausgleichung vorziehen.

cc) Lebzeitige Verringerung des Nachlasses

280

Den maßgeblichen Nachlasswert, § 2311 BGB, bereits zu Lebzeiten zu reduzieren, ist ein zentrales Gestaltungsmittel zur Minimierung von Pflichtteilsansprüchen. Sofern die lebzeitige Vermögensübertragung eine Schenkung i.S.d. § 2325 BGB darstellt, können dem nicht bedachten Pflichtteilsberechtigten jedoch Pflichtteilsergänzungsansprüche zustehen.[367] Sind seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes zehn Jahre vergangen, entfallen etwaige Pflichtteilsergänzungsansprüche, § 2325 Abs. 3 S. 2 BGB. Diese starre Zehn-Jahres-Frist wurde durch die Erbrechtsreform insoweit gelockert, als der ergänzungspflichtige Wert der Schenkung mit jedem seit der Schenkung verstrichenen Jahr um 1/10 reduziert wird, § 2325 Abs. 3 S. 1 BGB (sog. Abschmelzungsmodell).[368] Nach Art. 229 § 23 Abs. 4 EGBGB gilt dies auch für Schenkungen, die vor dem Inkrafttreten der Erbrechtsreform zum 1.1.2010 vollzogen wurden, solange nur der Erbfall nach dem 1.1.2010 eingetreten ist. Die Ausschlussfrist beginnt mit der „Leistung“ des Zuwendungsgegenstandes (bei Ehegatten sogar erst mit Auflösung der Ehe, § 2325 Abs. 3 S. 3 BGB). Dies erfordert nach BGH eine „wirtschaftliche Ausgliederung“ des Schenkungsgegenstandes.[369] Eine wirtschaftliche Ausgliederung wird verneint bei Vorbehalt des Nießbrauchs (anders bei einem Quoten- bzw. Bruchteilsnießbrauch),[370] ist umstritten bei Vorbehalt eines dinglichen Wohnungsrechts[371] und wird seit neuestem auch bei Vorbehalt von Rückforderungsrechten angezweifelt.[372]

281

Pflichtteilsergänzungsansprüche scheiden von vornherein aus, sofern und soweit keine Schenkung i.S.d. § 2325 Abs. 1 BGB vorliegt. Dies gilt für die Ausstattung nach § 1624 BGB, die allerdings über §§ 2316 i.V.m. 2050 Abs. 1 BGB zu einer pflichtteilsrelevanten Ausgleichung unter Abkömmlingen führt (auch nach Ablauf der Zehn-Jahres-Frist des § 2325 Abs. 3 BGB). Im Übrigen kann generell durch die Vereinbarung von Gegenleistungen das Entstehen einer Schenkung i.S.d. § 2325 BGB verhindert werden. Bei einer Abfindung für einen Erbverzicht hat der BGH entschieden, dass den anderen Abkömmlingen insoweit kein Pflichtteilsergänzungsanspruch zusteht, als „sich die Abfindung in dem Zeitpunkt, in dem sie erbracht wird, der Höhe nach im Rahmen der Erberwartung des Verzichtenden hält“.[373] Die anderen Abkömmlinge seien über die Erhöhung ihrer Pflichtteilsquote nach § 2310 S. 2 BGB ausreichend kompensiert. Die zusätzliche Gewährung eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs würde sie doppelt begünstigen. Diese Argumentation muss konsequenterweise dazu führen, dass die Abfindung für einen Pflichtteilsverzicht als ausgleichungspflichtige Schenkung betrachtet wird, da der Pflichtteilsverzicht zu keiner Erhöhung der Pflichtteilsquote der anderen Abkömmlinge führt.[374]

282

Steht dem Pflichtteilsberechtigten ein Ergänzungsanspruch zu, kann sich schließlich eine Reduzierung des Anspruchs nach dem Niederstwertprinzip des § 2325 Abs. 2 S. 2 BGB ergeben. Danach wird nicht generell auf den Wert des Zuwendungsgegenstandes im Zeitpunkt des Erbfalls abgestellt. Sofern der Wert des Geschenkes (inflationsbereinigt) im Zeitpunkt der Zuwendung geringer war als im Zeitpunkt des Erbfalls, wird der Wert vorbehaltener Nutzungen (z.B. Nießbrauch) abgezogen.[375]

dd) Verlagerung von Vermögen ins Ausland

283

Hinzuweisen ist auch auf die Möglichkeit, Vermögen ins Ausland zu verlagern. Kommt es nach IPR zu einer Nachlassspaltung bei Immobilien und kennt das ausländische Recht kein Pflichtteilsrecht, werden die entsprechenden Vermögenswerte nicht zur Berechnung des Pflichtteilsanspruchs herangezogen.[376] Unter Umständen kann ein solches Vorgehen jedoch einen Verstoß gegen den deutschen ordre public darstellen.

ee) Güterrechtliche Vereinbarungen

284

Im gesetzlichen Güterstand beträgt der gesetzliche Ehegattenerbteil ½ neben Abkömmlingen. Leben die Ehegatten in Gütertrennung beträgt der gesetzliche Erbteil des Ehegatten nach § 1931 Abs. 4 BGB bei einem Abkömmling ½, bei zwei Abkömmlingen 1/3 und bei drei und mehr Abkömmlingen 1/4, § 1931 Abs. 1 BGB. Sofern der Erblasser also die Pflichtteilsansprüche von Abkömmlingen reduzieren möchte, ist der gesetzliche Güterstand ab zwei Abkömmlingen gegenüber einer Gütertrennung vorzugswürdig.

285

Praxishinweis:

Wünschen die Beteiligten, dass im Scheidungsfall – entsprechend der Gütertrennung – kein Zugewinnausgleich vorgenommen wird, können die Ehegatten die Zugewinngemeinschaft dahingehend modifizieren, dass ein Zugewinn nur im Todesfall, nicht aber im Scheidungsfall gezahlt werden muss.[377] Dies führt neben erbschaftsteuerlichen Vorteilen, § 5 ErbStG, dazu, dass der Erbanteil des Ehegatten neben Abkömmlingen unverändert bei ½ bleibt.

Wechseln Ehegatten in den Güterstand der Gütertrennung, stellt die Erfüllung der dadurch entstehenden Zugewinnausgleichsforderung keine Schenkung i.S.d. § 2325 BGB dar.[378] Mangels Unentgeltlichkeit fällt auch keine Schenkungsteuer an, § 5 Abs. 2 ErbStG. Um die vorgenannten pflichtteils- und schenkungsteuerlichen Vorteile des gesetzlichen Güterstandes wieder zu erlangen, können die Ehegatten wieder in diesen zurückkehren (Güterstandsschaukel).[379] Ob die Güterstandsschaukel allerdings zu einer Reduzierung von Pflichtteilsergänzungsansprüchen führt, ist noch nicht abschließend geklärt. Bezwecken die Ehegatten mit der Güterstandsschaukel ausschließlich die Reduzierung von Pflichtteilsansprüchen, behandelt der BGH die Vermögensübertragung in Erfüllung der Zugewinnausgleichsforderung als ergänzungspflichtige Schenkung.[380] Indizien hierfür sind die kurze zeitliche Abfolge von zwei Güterstandswechseln (im entschiedenen Fall fünf Tage) sowie ein vorgefasster Gesamtplan. Ein solcher Gesamtplan kann widerlegt werden, wenn die Ehegatten andere Ziele (etwa die Altersversorgung des ausgleichsberechtigten Ehegatten oder Herstellung der wirtschaftlichen Parität zwischen den Ehegatten) darlegen können.

ff) Lebensversicherungen

286

Verträge zugunsten Dritter, insbesondere Lebensversicherungen, fallen nicht in den Nachlass, § 2311 Abs. 1 S. 1 BGB, da der Anspruch kraft Bezugsrecht originär in der Person des Begünstigten entsteht, § 159 Abs. 2 und 3 VVG.[381] Sie erhöhen damit nicht die pflichtteilsrelevante Bemessungsgrundlage, § 2311 BGB. Inwieweit eine Kapitallebensversicherung jedoch Pflichtteilsergänzungsansprüche auslösen kann, muss unterschieden werden:

Bei jederzeit einseitig widerruflicher Bezugsberechtigung seitens des künftigen Erblassers, § 159 Abs. 2 VVG, berechnet sich der Pflichtteilsergänzungsanspruch gemäß § 2325 Abs. 1 BGB weder nach der ausgezahlten Versicherungsleistung noch nach der Summe der vom Erblasser gezahlten Prämien.[382] Die Höhe des Pflichtteilsergänzungsanspruchs richtet sich vielmehr nach dem Wert, den der Erblasser durch eine Verwertung seiner Rechte aus dem Versicherungsvertrag zum Zeitpunkt seines Ablebens selbst noch hätte realisieren können. In aller Regel ist dabei auf den Rückkaufswert abzustellen (d.h. auf den Wert, den der Erblasser durch eine Kündigung ohne Weiteres hätte erzielen können). Gegebenenfalls kann auch ein höherer Veräußerungswert herangezogen werden, insbesondere wenn der Erblasser die Ansprüche aus der Lebensversicherung zu einem höheren Preis an einen gewerblichen Ankäufer hätte verkaufen können. Dabei ist der objektive Marktwert aufgrund abstrakter und genereller Maßstäbe entscheidend, individuelle Umstände bleiben außer Betracht. Die hohe Streitanfälligkeit der neuen Bewertungsmethode liegt auf der Hand. Da das Bezugsrecht erst zum Zeitpunkt des Ablebens des Erblassers entsteht, § 159 Abs. 2 VVG, kann naturgemäß auch die Zehn-Jahres-Frist des § 2325 Abs. 3 BGB nicht zu laufen beginnen.[383]

287

Räumt der Erblasser dem Begünstigten ein unwiderrufliches Bezugsrecht ein, ist die Schenkung mit Einräumung des Rechts bereits vollzogen. § 159 Abs. 3 VVG regelt hierzu ausdrücklich, dass ein „unwiderruflich als bezugsberechtigt bezeichneter Dritter (…) das Recht auf Leistung des Versicherers bereits mit der Bezeichnung als Bezugsberechtigter“ erwirbt. Pflichtteilsergänzungsrechtlich ist auf den fiktiven Rückkaufswert bzw. einen objektiv höheren Wert im Zeitpunkt der Bezugsrechtseinräumung abzustellen.[384] Wird die unwiderrufliche Bezugsberechtigung bereits bei Vertragsabschluss vereinbart, so wird der fiktive Rückkaufwert faktisch gegen Null tendieren. Die Zehn-Jahres-Frist i.S.d. § 2325 Abs. 3 BGB beginnt insofern mit der Einräumung des unwiderruflichen Bezugsrechts. Kommt es dem Erblasser also entscheidend auf den Beginn der Zehn-Jahres-Frist an, sollte er dem Begünstigten ein unwiderrufliches Bezugsrecht einräumen. Die später weiter vom Erblasser gezahlten Prämien (genauer: die durch die Prämienzahlung bedingte Wertsteigerung der Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag) stellen ihrerseits eigene ergänzungspflichtige Schenkungen dar, für die jeweils eine eigene Zehn-Jahres-Frist läuft.[385] Um aber nicht endgültig die Herrschaft über die Bezugsberechtigung aus der Hand zu geben, kann sich der Erblasser im Valutaverhältnis zum Begünstigten (i.e. Schenkungsvertrag) Rückforderungsrechte vorbehalten, etwa bei Vermögensverfall, Vorversterben, Scheidung des Beschenkten etc.).[386] Bei einem freien Rückforderungsrecht hingegen dürfte der Beginn der Zehn-Jahres-Frist wiederum zweifelhaft sein.

288

Ist für den eintretenden Versicherungsfall kein Bezugsberechtigter bestimmt, fällt die Versicherungsleistung in den Nachlass des Versicherungsnehmers und wird folglich mit ihrem vollen Auszahlungswert in die Bemessungsgrundlage von etwaigen Pflichtteilsansprüchen eingerechnet.[387]

289

Räumt der Erblasser ein Bezugsrecht auf den Erlebensfall ein und verstirbt der Erblasser innerhalb der Zehn-Jahres-Frist des § 2325 BGB nach Auszahlung der Versicherungssumme, können Pflichtteilsergänzungsansprüche wegen einer lebzeitigen Schenkung in Betracht kommen. Die Bemessungsgrundlage bestimmt sich parallel zu einer (un)widerruflichen Bezugsberechtigung. Wurde also eine widerrufliche Bezugsberechtigung vereinbart, gilt der fiktive Rückkaufswert in der juristischen Sekunde vor Eintritt des Erlebensfalls. Bei einer unwiderruflichen Bezugsberechtigung wird auf den fiktiven Rückkaufswert im Zeitpunkt der entsprechenden Vereinbarung abgestellt.[388]

290

Bei reinen Risikolebensversicherungen (keine Ansparkomponente, Leistung der Versicherung nur im Todesfall) ist der Verkehrswert des aufschiebend bedingten Anspruchs auf die Todesfallleistung sehr gering.[389]

291

Pflichtteilsergänzungsansprüche scheiden gänzlich aus, wenn nicht der spätere Erblasser, sondern der zu Begünstigende unmittelbar einen Lebensversicherungsvertrag auf das Leben des Erblassers abschließt (vgl. hierzu aus erbschaftsteuerlichen Gründen Rn. 386 ff.), § 150 Abs. 1, 2 VVG. Auf diese Weise gebühren die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag von vornherein vollumfänglich dem zu Begünstigenden. Es bedarf keines Zuwendungsaktes, der Pflichtteilsergänzungsansprüche auslösen könnte.[390] Allenfalls die durch den Erblasser gezahlten Prämien können Pflichtteilsergänzungsansprüche begründen, wobei man hier oftmals wird argumentieren können, dass die Versicherung der Altersabsicherung des Begünstigten dient. Problematisch ist freilich, dass der Erblasser die Kontrolle über den Lebensversicherungsvertrag verliert und keine Handhabe gegen Unwägbarkeiten auf Seiten des zu Begünstigenden (z.B. Insolvenz, Scheidung, Vorversterben etc.) hat. Um dem Erblasser hier eine der widerruflichen Bezugsberechtigung vergleichbare Rechtsposition zu verschaffen, kann sich der Erblasser die Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag aufschiebend bedingt abtreten lassen.[391]

292

Praxishinweis:

Durch seine Rechtsprechungsänderung hat der BGH die Attraktivität von Kapitallebensversicherungen als Mittel der Pflichtteilsreduzierung verringert. Während unter der alten Rechtslage lediglich die Summe der in den letzten zehn Jahren eingezahlten Versicherungsprämien ergänzungspflichtig war, wird nunmehr der höhere Rückkaufswert der Lebensversicherung nach § 169 VVG der Pflichtteilsergänzung zugrunde gelegt. Gleichwohl wird in vielen Fällen der Rückkaufswert bedeutend geringer sein als die auszuzahlende Versicherungssumme, so dass die Lebensversicherung weiterhin ein Instrument zur Pflichtteilsreduzierung darstellen kann.[392]

gg) Gesellschaftsrecht

293

Das Gesellschaftsrecht bietet zwei Anknüpfungspunkte, um Pflichtteilsansprüche zu minimieren: zum einen durch Aufnahme eines Dritten in die (gegebenenfalls neu zu gründende) Gesellschaft (nachfolgend unter Rn. 298), zum anderen durch Ausschluss eines mit dem Todesfall entstehenden Abfindungsanspruchs.

294

Nach h.M. kommt dem allseitigen[393] Ausschluss der Abfindung bei Ausscheiden eines Gesellschafters einer Personengesellschaft im Todesfall entgeltlicher Charakter zu, da nicht absehbar ist, wem der Abfindungsausschluss zugute kommt („aleatorisches Element“).[394] Jeder Gesellschafter trägt das Risiko, den eigenen Anteil abfindungslos zu verlieren, hat aber demgegenüber die Chance, einen anderen Gesellschaftsanteil hinzuzuerwerben.[395] Pflichtteilsergänzungsansprüche nach § 2325 BGB scheiden damit dem Grunde nach aus. Das gilt auch für Ansprüche nach § 2303 BGB (die gesellschaftsvertragliche Vereinbarung ist keine Verfügung von Todes wegen), § 2306 Abs. 1 (gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen sind nicht genannt) sowie § 2305 BGB (der Gesellschaftsanteil fällt nicht in den Nachlass).

295

Diese Ansicht erfährt jedoch zwei wesentliche Ausnahmen: (1) Der Abfindungsausschluss wird aufgrund einer bestehenden „Risikodisparität“ (z.B. großer Altersunterschied der Gesellschafter, schwere Erkrankung eines Gesellschafters, „Unsterblichkeit“ einer juristischen Person), vermutlich nur dem anderen Gesellschafter zugute kommen. In diesem Fall fehlt der Vereinbarung das vorbeschriebene aleatorische Element. Die Erhöhung der Beteiligung der anderen Gesellschafter aufgrund des Abfindungsausschlusses führt damit zu einer ergänzungspflichtigen Schenkung gemäß § 2325 BGB.[396]

296

(2) Bei einer rein vermögensverwaltenden Personengesellschaft führt der allseitige Abfindungsausschluss mit Anwachsung beim längerlebenden Gesellschafter im wirtschaftlichen Ergebnis zu einer bindenden gegenseitigen Erbeinsetzung.[397] Haben etwa Ehegatten gemeinsam Grundbesitz und setzen sich gegenseitig zu Alleinerben ein, würde diese Konstruktion selbstverständlich Pflichtteilsansprüche auslösen. Dies muss aber auch dann gelten, wenn die Ehegatten den gemeinsamen Grundbesitz in eine Personengesellschaft einbringen, deren alleiniger Zweck das Halten dieses Vermögens ist, und einen allseitigen Abfindungsausschluss mit Anwachsung beim längerlebenden Gesellschafter vereinbaren. Der Abfindungsausschluss bei vermögensverwaltenden Gesellschaften ist demnach als unentgeltliche Zuwendung zu werten.

297

Praxishinweis:

Derjenige, der einen Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend macht, hat darzulegen und zu beweisen, dass der allseitige Abfindungsausschluss und damit die Erhöhung der Beteiligung der verbleibenden Gesellschafter unentgeltlich erfolgt ist.[398] Dies wird ihm oftmals nicht gelingen. Daher wird bei einem ausschließlich aus nahestehenden Personen bestehenden Gesellschafterkreis einer vermögensverwaltenden Gesellschaft die Unentgeltlichkeit des Vorgangs vermutet.[399] Im Übrigen beginnt die Frist des § 2325 Abs. 3 S. 1 BGB nicht vor dem Tod des Erblassers.

298

Grundsätzlich löst die Aufnahme eines persönlich haftenden Gesellschafters in eine (gegebenenfalls neu zu gründende) Gesellschaft keine Ergänzungsansprüche nach § 2325 BGB aus. Das Entgelt wird in der Verpflichtung zum Einsatz der vollen Arbeitskraft sowie in der Übernahme der persönlichen Haftung, § 128 HGB (analog), gesehen.[400] Gleichwohl kann nach BGH bei einer Gesamtbetrachtung eine (gemischte) Schenkung vorliegen. Indizien hierfür sind das Haftungsrisiko (das bei einer rein vermögensverwaltenden Gesellschaft faktisch kaum besteht), der tatsächliche Arbeits-[401] und Kapitaleinsatz sowie eine Risikodisparität mit Abfindungsausschluss (vgl. oben Rn. 295). Vor diesem Hintergrund ist die Einräumung einer Kommanditbeteiligung mangels Haftungsübernahme und Pflicht zur Geschäftsführung stets als ergänzungspflichtige Schenkung einzustufen.[402] Anders mag dies sein, wenn der neue Kommanditist innerhalb der Gesellschaft besondere Pflichten, etwa im Bereich der Geschäftsführung, übernimmt. Dann kann trotz fehlenden Kapitaleinsatzes eine entgeltliche Zuwendung vorliegen.[403] Regelmäßig wird auch die Aufnahme als stiller Gesellschafter ein Schenkung i.S.d. § 2325 BGB darstellen.[404]

299

Wird danach die Aufnahme eines Gesellschafters in eine gegebenenfalls noch zu gründende Gesellschaft als Schenkung qualifiziert, ist fraglich, ob die Zehn-Jahres-Frist des § 2325 Abs. 3 BGB bereits mit Eintritt des Beschenkten in die Gesellschaft beginnt oder erst mit dem Tod des bisherigen Erblassers.[405] Entscheidend ist, ob der Schenker den (neuen) Geschäftsanteil wirtschaftlich aus seinem Vermögen ausgegliedert hat. Dies wird dann nicht der Fall sein, wenn, etwa bei einem Familien-Pool, der Schenker sich besondere Stimm- oder Gewinnrechte oder den Nießbrauch vorbehalten hat oder ein Abfindungsausschluss vereinbart wurde. In diesen Fällen beginnt die Zehn-Jahres-Frist erst mit dem Tod des Gesellschafters.[406]

8. Außergerichtliche Streitvermeidung

a) Schiedsgerichtsverfahren

300

Voraussetzung für die Entscheidung durch ein Schiedsgericht ist, dass die Angelegenheit schiedsfähig ist.[407] Schiedsfähig sind grundsätzlich nur vermögensrechtliche Ansprüche. Nicht vermögensrechtliche Ansprüche hingegen sind nur schiedsfähig, wenn über den Gegenstand ein Vergleich geschlossen werden kann, § 1030 ZPO. Nachlassstreitigkeiten, namentlich im unternehmerischen Bereich, beziehen sich regelmäßig auf vermögensrechtliche Streitigkeiten, so dass eine Streitübertragung auf Schiedsgerichte möglich ist.[408]

301

Dies gilt jedoch nicht für die Erbscheinserteilung.[409] Der Schiedsspruch hat nur Wirkung zwischen den Parteien, § 1055 ZPO. Die Wirkung des Erbscheins hingegen geht über diese Beziehung hinaus und betrifft den Rechtsverkehr im Allgemeinen, §§ 2365 f. BGB. Einschränkungen gelten auch für den Testamentsvollstrecker. Dieser kann die Annahme seines Amtes nur gegenüber dem Nachlassgericht, nicht auch gegenüber einem privaten Schiedsgericht erklären, § 2202 BGB. Gleichermaßen kann auch nur das Nachlassgericht einen Testamentsvollstrecker entlassen.[410]

302

Der Erblasser kann aufgrund einer Anordnung in einer Verfügung von Todes wegen, § 1066 ZPO, auch einseitig die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts verbindlich anordnen. Die Anordnung kann auch getrennt von einer Verfügung von Todes wegen erfolgen.[411] Noch nicht abschließend geklärt ist, für welche Personenkreise die Anordnung der Schiedsgerichtsbarkeit tatsächlich gilt.

303

Richtigerweise sind diejenigen Personen, die erbrechtlich bedacht werden (z.B. Erben, Vermächtnisnehmer), auch an die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts gebunden. Denn dieser Personenkreis könnte durch Ausschlagung die Bindung an die Schiedsklausel beseitigen. Demgegenüber können Streitigkeiten mit Pflichtteilsberechtigten und Nachlassgläubigern nur mit deren Zustimmung, §§ 1029 ff. ZPO, auf ein Schiedsgericht übertragen werden.[412]

304

Was das zuständige Schiedsgericht betrifft, kann der Erblasser zwischen einem ad hoc zu bildenden Schiedsgericht und einem institutionellen Schiedsgericht, § 1034 ff. ZPO, wählen. Als institutionelle Schiedsgerichte für erbrechtliche Streitigkeiten sind insbesondere bekannt die „Deutsche Schiedsgerichtsbarkeit für Erbstreitigkeiten e.V.“ (www.dvev.de) und der „Deutsche Schiedsgerichtshof“ (www.dnotv.de).[413] Der Erblasser kann auch den Testamentsvollstrecker als Schiedsrichter benennen. Dies gilt freilich nicht für Streitigkeiten, die sich auf dessen Stellung als Testamentsvollstrecker beziehen. Niemand kann Richter in eigener Sache sein.[414] Angesichts der auch im Übrigen bestehenden potentiellen Interessenkonflikte, die der Testamentsvollstrecker unterliegen kann, sollte von der Bestimmung des Testamentsvollstreckers zum Schiedsrichter nur vorsichtig Gebrauch gemacht werden.

305

Formulierungsbeispiel:[415]

Über alle Streitigkeiten zwischen Erben und sonstigen Nachlassbeteiligten über die heute getroffene Verfügung von Todes wegen entscheidet unter Ausschluss des Rechtswegs zu den staatlichen Gerichten ein Schiedsgericht. Das Schiedsgericht ist insbesondere zuständig für Streitigkeiten über


die Auslegung der heute getroffenen Verfügung von Todes wegen,
die Auseinandersetzung des Nachlasses,
die Entscheidung über Streitigkeiten zwischen Erben, Vermächtnisnehmern, Auflagenbegünstigten und sonstigen Begünstigten,
die Entscheidung über Streitigkeiten mit den Testamentsvollstreckern und zwischen den Testamentsvollstreckern,
die verbindliche Bewertung des Nachlasses oder einzelner Vermögenswerte,
die Ausübung von Bestimmungsrechten.

Das Schiedsgericht hat bei seinen Entscheidungen den Willen des Erblassers soweit möglich zu verwirklichen. Im Übrigen entscheidet es nach freiem Ermessen, § 1051 Abs. 3 ZPO. Das Schiedsgericht besteht aus drei Schiedsrichtern. Zu Schiedsrichtern werden bereits heute bestimmt: … Zu Ersatzschiedsrichtern werden bestimmt: … Die Schiedsrichter erhalten jeweils eine Vergütung i.H.v. … EUR zzgl. gesetzlicher Mehrwertsteuer. Das Schiedsverfahren ist nicht öffentlich. Anwaltszwang besteht nicht. Im Übrigen gelten für das schiedsgerichtliche Verfahren und für die Bestellung der Schiedsrichter die gesetzlichen Bestimmungen (insbesondere die §§ 1035 ff., 1040 ff. ZPO).

306

Praxishinweis:

Die Schiedsgerichtsbarkeit ist im Erbrecht wenig verbreitet. Gerade bei Unternehmertestamenten kann die Streitentscheidung durch private Schiedsgerichte allerdings etliche Vorteile bringen. Zu nennen sind nur die Vertraulichkeit durch Ausschluss der Öffentlichkeit, die regelmäßig kürzere Verfahrensdauer und die bei richtiger Auswahl hohe Sachkompetenz der Schiedsrichter etwa bei Fragen der Unternehmensbewertung.

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