Czytaj książkę: «Unternehmensnachfolge», strona 11

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e) (Nicht) befreiter Vorerbe im Unternehmensbereich

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Der Vorerbe ist durch die §§ 2113 ff. BGB in seinen Handlungsmöglichkeiten erheblich eingeschränkt. § 2119 BGB etwa bestimmt, dass Geld mündelsicher anzulegen ist. Die Vorschrift bezieht sich allerdings nur auf Geld, das nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft dauernd anzulegen ist. Laufende Betriebsmittel, die kurzfristig benötigt werden, fallen nicht hierunter. Nach § 2113 Abs. 1 BGB sind Verfügungen über ein Grundstück bei Eintritt des Erbfalls insoweit unwirksam sind, als sie das Recht des Nacherben beeinträchtigen. Dem Vorerben wird es daher unmöglich sein, an einem Betriebsgrundstück etwa eine Grundschuld zu bestellen. Unwirksam sind schließlich unentgeltliche Verfügungen, § 2113 Abs. 2 BGB. Eine unentgeltliche Verfügung liegt bereits dann vor, wenn Leistung und Gegenleistung nicht gleichwertig sind und dies dem Vorerben bewusst ist.[201] In diesen Fällen ist die gesamte Verfügung (und nicht etwa nur der unentgeltliche Teil) unwirksam.

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Zwar sind Verfügungen i. S. d. § 2113 BGB dem Nacherben gegenüber wirksam, wenn dieser zustimmt. Diese Zustimmung wird der Vorerbe aber bei minderjährigen Nacherben oder gar noch unbekannten Nacherben faktisch nicht erlangen. Zumindest in den Fällen, in denen der Vorerbe nicht nach § 2136 BGB befreit ist, ist die Anordnung einer Nacherbentestamentsvollstreckung gemäß § 2222 BGB also geradezu zwingend. In diesem Fall übt ausschließlich der Testamentsvollstrecker die Rechte des Nacherben aus, die Zustimmung etwa des Familiengerichts ist nicht erforderlich. Der alleinige Vorerbe kann allerdings nicht zum alleinigen Testamentsvollstrecker des Nacherben ernannt werden, weil eine Befreiung des Vorerben über die in § 2136 BGB vorgesehenen Möglichkeiten hinaus grundsätzlich nicht möglich ist.[202] Denkbar ist es hingegen, den alleinigen Vorerben als Mittelstamentsvollstrecker einzusetzen, wenn gewährleistet ist, dass der Wegfall des anderen Testamentsvollstreckers nicht zur Alleinvollstreckung des Vorerben führt.[203]

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Formulierungsbeispiel:

Zu Nacherbentestamentsvollstreckern gemäß § 2222 BGB ernenne ich den Vorerben und …, ersatzweise … Sie führen das Amt gemeinschaftlich.

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Der Erblasser kann den Vorerben von den Beschränkungen der §§ 2113 ff. BGB weitestgehend befreien, § 2136 BGB. Dies gilt jedoch nicht für das Verbot, unentgeltliche Verfügungen zu tätigen, § 2113 Abs. 2 BGB.[204] Möchte der Erblasser dem Vorerben ermöglichen, auch unentgeltlich zu verfügen, kann der Erblasser dem Nacherben mittels Vermächtnis auferlegen, nach Eintritt des Nacherbfalls bestimmten unentgeltlichen Verfügungen des Vorerben zuzustimmen.[205] Eine generelle vermächtnisweise Zustimmungspflicht des Nacherben zu allen unentgeltlichen Verfügungen des Vorerben ist jedoch nicht statthaft.[206] Denkbar wäre schließlich, dass der Erblasser anordnet, dass das ererbte Unternehmen aufschiebend bedingt durch die unentgeltliche Zuwendung an einen der Nacherben dem Vorerben als Vorausvermächtnis zugewandt gilt. In der juristischen Sekunde der unentgeltlichen Verfügung fällt das Unternehmen damit in das unbeschränkte Vermögen des Vorerben mit der Folge, dass § 2113 Abs. 2 BGB nicht mehr anwendbar ist. Noch weitergehend könnte der Erblasser dem Vorerben eine (postmortale) Vollmacht erteilen, die dem Vorerben auch unentgeltliche Verfügungen erlaubt.

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Praxishinweis:

Der wirtschaftliche Handlungsspielraum des Vorerben ist durch das Verbot unentgeltlicher Verfügungen erheblich eingeschränkt. In der Praxis werden Geschäftspartner trotz der vorstehend genannten Ausweichmöglichkeiten zumindest bei bedeutsameren Geschäften ein Gutachten über den Wert des Vertragsobjekts verlangen oder auf die Zustimmung des Nacherben pochen.[207] Auch Banken werden i.d.R. auf der Zustimmung des Nacherben bestehen, bevor sie einen unternehmensbedingten Kredit gewähren, da der Vorerbe den Nachweis einer entgeltlichen Verwendung der Kreditmittel kaum wird führen können.[208] Sofern nicht eine Nacherbentestamentsvollstreckung angeordnet wurde, führt die Anordnung der Vor- und Nacherbschaft damit faktisch zu einer Kreditsperre. Ein nicht dinglich wirkendes Vor- und Nachvermächtnis ist deutlich flexibler, vgl. hierzu Rn. 91 ff.

f) Herausgabe des Unternehmens bei Ende der Vorerbschaft

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Mit Ende der Vorerbschaft geht das Unternehmen auf den Nacherben über. Gemäß dem nicht dispositiven § 2111 BGB erfasst die Nacherbschaft auch Surrogate des Unternehmens (z.B. Verkaufserlös, Unternehmensbeteiligungen). Damit fallen dem Nacherben auch die etwa durch besonderen wirtschaftlichen Erfolg des Vorerben bedingten Wertsteigerungen des Unternehmens an.[209] Der Vorerbe bzw. dessen Erben haben insoweit keinen Ausgleichsanspruch gegen den Nacherben. Dies gilt auch dann, wenn der Vorerbe nach § 2136 BGB befreit war. Flankierend hat der Nacherbe Auskunftsansprüche gegen den Vorerben. Nach § 2121 Abs. 1 BGB kann der Nacherbe vom Vorerben die Erstellung eines Verzeichnisses verlangen. In dieses Verzeichnis muss der Vorerbe allerdings nur die Aktiva des der Vorerbschaft unterliegenden Nachlasses aufnehmen. Eine Bilanz mit Angabe über Nachlassverbindlichkeiten und Wertangaben muss der Vorerbe nicht erstellen.[210] Auch § 2127 BGB gewährt dem Nacherben keinen Anspruch auf Erstellung einer auch die Passiva darstellenden Bilanz. Danach kann der Nacherbe lediglich Auskunft über die in der Zeit der Vorerbschaft eingetretenen Veränderungen des Unternehmens verlangen. Das Ende der Vorerbschaft hat keinen Einfluss auf bestehende Mietverträge, § 2135 BGB. Der Nacherbe kann allerdings das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist kündigen (Verweisung auf § 1056 BGB), auch wenn ein Kündigungsrecht des Vorerben an sich nicht bestände.

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Praxishinweis:

Steht einem Mieter als Vertragspartner ein Vorerbe gegenüber, ist dies für Mieter durchaus mit Risiken verbunden. Soweit möglich sollte der Mieter auf einer Mitwirkung des Nacherben bestehen.

§ 2135 BGB wird analog für Arbeitsverhältnisse angewandt. § 613a BGB schützt die Arbeitnehmer nicht, da es an einem rechtsgeschäftlichen Übergang des Betriebs von Vor- auf Nacherben fehlt. Die im Unternehmen bestehenden Arbeitsverhältnisse gehen damit nicht etwa auf die Erben des Vorerben, sondern auf die Nacherben über.[211] Dies gilt sowohl für Arbeitsverhältnisse, die noch der Erblasser abgeschlossen hatte als auch für Arbeitsverhältnisse, die der Vorerbe begründet hat.

g) Haftung des Nacherben

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Was die Haftung des Nacherben betrifft, muss unterschieden werden: Der Nacherbe haftet bürgerlich-rechtlich für alle vom Vorerben stammenden Nachlassverbindlichkeiten, sofern diese Geschäfte einer ordnungsgemäßen Nachlassverwaltung entsprachen.[212] Daneben kann der Nacherbe handelsrechtlich für alle im Betrieb des Handelsgeschäfts begründeten Verbindlichkeiten des Erblassers und des Vorerben haften, wenn er das Unternehmen fortführt, §§ 25, 27 HGB. Dies gilt unabhängig davon, ob der Vorerbe die Verbindlichkeiten in Ausübung einer ordnungsgemäßen Verwaltung einging. Der Nacherbe kann die handelsrechtliche Haftung vermeiden, wenn er vor Ablauf von drei Monaten nach Kenntniserlangung von der Nacherbschaft die Fortführung des Unternehmens einstellt, § 27 Abs. 2 HGB, das Unternehmen mit neu gebildeter Firma fortführt oder (str.) einen entsprechenden Haftungsausschluss für Altverbindlichkeiten im Handelsregister eintragen lässt (vgl. oben Rn. 14 ff.).

h) Nutzungen und Verluste des Unternehmens

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Dem Vorerben (bzw. dessen Erben) verbleiben die Früchte und Nutzungen des Unternehmens, § 2111 BGB. Wie diese Nutzungen allerdings an einem einzelkaufmännischen Unternehmen zu berechnen sind, ist im Gesetz nicht bestimmt. Nach richtiger Ansicht steht dem Vorerben lediglich der nach Abzug der Steuern und sonstigen Abgaben ergebende Reingewinn zu, nicht also der Bruttogewinn.[213] Maßstab für den Reingewinn ist die nach kaufmännischen Grundsätzen aufzustellende jährliche Bilanz.[214] Teilweise wird dabei auf die Handelsbilanz, teilweise auf die Steuerbilanz abgestellt.[215] Die Höhe des Gewinns kann je nach Bilanz zu erheblichen Abweichungen führen. Idealerweise sollte der Erblasser dem Vorerben daher entsprechende Bewertungs- und Bilanzierungsvorschriften ausdrücklich vorgeben. Hält sich der Vorerbe nicht an diese Methoden, macht er sich gegenüber dem Nacherben wegen Verletzung seiner Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwaltung schadensersatzpflichtig. Erwirtschaftet das Unternehmen keinen Gewinn, kann der Erblasser dem Vorerben mittels Vermächtnis gestatten, eine Mindestversorgung aus der Substanz des Unternehmens zu entnehmen. Die Höhe dieses Betrags kann eine dritte Person, z.B. ein Testamentsvollstrecker, festlegen (Zweckvermächtnis i. S. d. § 2156 BGB). Sofern der Vorerbe im Unternehmen tatsächlich tätig ist, kann der Erblasser alternativ bestimmen, dass der Vorerbe vermächtnisweise einen angemessenen Betrag dafür erhält (z.B. Tarifgehalt einer entsprechenden Position).

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Formulierungsbeispiel:

Die Nutzungen des Vorerben aus meinem einzelkaufmännischen Unternehmen sind auf die sich nach der Handelsbilanz (Alt.: z.B. Steuerbilanz) ergebenden Gewinne beschränkt. Sollte dieser Gewinn zusammen mit dem sonstigen Einkommen des Vorerben nicht zu dessen standesgemäßen Versorgung ausreichen, darf der Vorerbe den jeweils nötigen Betrag der Substanz des Unternehmens entnehmen. Der Testamentsvollstrecker … soll die Höhe dieses Betrags festlegen.

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Der Vorerbe muss Verluste des Unternehmens mit späteren Gewinnen verrechnen, es sei denn, der Verlust ist durch frühere dafür gebildete Rücklagen gedeckt.[216] Hat der Vorerbe früher Gewinn ordnungsgemäß entnommen, muss er diese nicht zurückzahlen, um spätere Verluste auszugleichen.[217] Der Vorerbe muss allerdings Verluste des Unternehmens mit Gewinnen aus dem nichtunternehmerischen Nachlass des Erblassers ausgleichen (sog. horizontaler Verlustausgleich), es sei denn, das der Vorerbschaft unterliegende Vermögen beschränkt sich auf das Einzelunternehmen (vgl. hierzu Rn. 176). Anders ist die Situation beim befreiten Vorerben: Diesem sind auch Eingriffe in die Substanz des Unternehmens zum eigenen Verbrauch erlaubt (§§ 2136 mit 2131, 2133, 2134 BGB). Die strengen Grundsätze zum Verlustausgleich gelten für ihn nicht.[218] Der befreite Vorerbe kann demnach einen Gewinn auch dann entnehmen, wenn ein Verlust auszugleichen wäre. Der befreite Vorerbe muss mit Ende der Vorerbschaft nur das dann noch vorhandene Betriebsvermögen samt etwaiger Surrogate herausgeben, § 2138 Abs. 1 BGB, vorausgesetzt er hat den Wert des Unternehmens nicht in Benachteiligungsabsicht gemindert, § 2138 Abs. 2 BGB.[219]

i) Erhaltungskosten und Aufwendungen des Unternehmens

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Der Vorerbe trägt die gewöhnlichen Erhaltungskosten, § 2124 Abs. 1 BGB. Zu den gewöhnlichen Erhaltungskosten gehören bei einem Unternehmen die laufenden Betriebskosten (insbesondere Löhne, Werbungskosten, Steuern etc.).[220] Diese Regel wirkt sich für den Vorerben in zweifacher Hinsicht nachteilig aus: Zum einen muss der Vorerbe die gewöhnlichen Erhaltungskosten aus seinem neben der Vorerbschaft bestehenden Privatvermögen bestreiten; zum anderen reduzieren die Erhaltungskosten den (wie auch immer zu berechnenden, vgl. hierzu Rn. 191) bilanziellen Gewinn, der dem Vorerben als Nutzung verbleibt. Besonders nachteilig wirkt sich die Erhaltungspflicht bei Wirtschaftsgütern aus, die steuerlich abgeschrieben werden können. Die steuerliche Abschreibung führt wiederum zu einer Verminderung des bilanziellen Gewinns, auf der anderen Seite stehen die dadurch entstehenden stillen Reserven und das Wirtschaftsgut selbst dem Nacherben und nicht dem Vorerben zu. Richtigerweise sollte der Erblasser daher bestimmen, dass die laufenden Betriebskosten dem Nachlass entnommen werden dürfen.[221] Entsprechendes gilt für Erhaltungskosten, die bei einer normalen Expansion des Unternehmens anfallen.

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§ 2124 Abs. 2 S. 1 BGB bestimmt, dass der Vorerbe über die gewöhnlichen Erhaltungskosten hinausgehende Aufwendungen aus der Erbschaft bestreiten darf, sofern er sie nach den Umständen für erforderlich halten durfte (außergewöhnliche notwendige Aufwendungen). Im unternehmerischen Bereich lässt sich darunter z.B. eine erforderliche außergewöhnliche Umstellung oder Rationalisierung des Unternehmens subsumieren. Grds. zählen auch Kosten eines Rechtsstreits zu solchen Aufwendungen, sofern der Rechtsstreit den Bestand des Unternehmens berührt. Steht ein Rechtsstreit hingegen – wie wohl regelmäßig – lediglich im Zusammenhang mit dem erstrebten Gewinn, handelt es sich um Erhaltungskosten, die der Vorerbe aus seinem Vermögen zu bestreiten hat. Zahlt der Vorerbe Aufwendungen i. S. d. § 2124 Abs. 2 S. 1 BGB aus seinem Privatvermögen, hat er gegen den Nacherben einen Erstattungsanspruch, § 2124 Abs. 2 S. 2 BGB. Nimmt der Vorerbe zur Finanzierung derartiger Aufwendungen einen Kredit auf, dann muss er die dafür anfallenden Zinsen aus seinem Privatvermögen bestreiten.[222] Der BGH vertritt darüber hinaus die Ansicht, dass der Vorerbe auch einen Teil der Tilgung tragen muss.[223] Durfte der Vorerbe die Aufwendungen nicht für erforderlich halten (z.B. eine außergewöhnliche Betriebserweiterung), so hat der Vorerbe gegen den Nacherben Anspruch auf Ersatz dieser Aufwendungen nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag, § 2125 Abs. 1 BGB. Entsprachen die Aufwendungen nicht dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Nacherben und lagen sie auch nicht in Erfüllung einer im öffentlichen Interesse liegenden Pflicht (§§ 683, 679 BGB), steht dem Vorerben allenfalls noch ein Bereicherungsanspruch bzw. ein Wegnahmerecht nach § 2125 Abs. 2 BGB zu.

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Praxishinweis:

Hat der Vorerbe-Unternehmensnachfolger auch nur den geringsten Zweifel daran, ob eine von ihm geplante unternehmerische Maßnahme eine außergewöhnliche notwendige Aufwendung i. S. d. § 2124 Abs. 2 S. 1 BGB darstellt, sollte er – sofern erreichbar – die Zustimmung des Nacherben einholen. Aufwendungen, die der Vorerbe mit Einverständnis des Nacherben tätigt, darf er immer als erforderlich ansehen. Darüber hinaus ist der Vorerbe stets berechtigt, die für den Erwerb vom Erblasser etwa anfallende Erbschaftsteuer dem Nachlass zu entnehmen, § 20 Abs. 4 ErbStG. Führt diese Entnahme allerdings zu einer Überentnahme i. S. d. § 13a Abs. 5 S. 1 Nr. 3 ErbStG, kann dies zu einer Nachversteuerung des vererbten Unternehmens führen.[224]

j) Alternativen zur Vor- und Nacherbschaft im Unternehmensbereich

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Die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft ist mit etlichen Unwägbarkeiten verbunden. Insbesondere die fehlende Teilnahme des Vorerben an den Wertsteigerungen des Unternehmens, das Verbot, unentgeltliche Verfügungen vorzunehmen sowie die rechtlich schwierig Abgrenzung zwischen (vom Vorerben zu tragenden) gewöhnlichen Erhaltungskosten und (aus der Erbmasse zu entnehmenden Aufwendungen) lassen dieses Rechtsinstitut für den Bereich der Unternehmensnachfolge als wenig praktikabel erscheinen. Lediglich in Einzelfällen hat im unternehmerischen Bereich die Vor- und Nacherbschaft weiterhin ihre Existenzberechtigung, namentlich beim sog. Behinderten- und beim Bedürftigentestament.[225] Im Übrigen lassen sich die mit der Vor- und Nacherbschaft verfolgten Ziele regelmäßig auch mit anderen kautelarjuristischen Möglichkeiten erreichen:[226]

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Das Ziel, unter mehreren potentiellen Personen einen Unternehmensnachfolger zu bestimmen (vgl. oben Rn. 178), lässt sich durch ein Bestimmungsvermächtnis mit angeordneter Testamentsvollstreckung erreichen (vgl. Rn. 134 ff.). Das Bestimmungsvermächtnis mit angeordneter Testamentsvollstreckung wird sich insbesondere dann anbieten, wenn für die Zeit bis zur endgültigen Bestimmung des Unternehmensnachfolgers nur dritte Personen (z.B. der Prokurist) zur Verfügung stehen. Die Vor- und Nacherbschaft kann im Einzelfall vorzugswürdig sein, wenn ein Familienangehöriger das Unternehmen zwischenzeitlich führen und darüber hinaus dinglich abgesichert werden soll.

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Möchte der Erblasser die Substanz des Unternehmens sichern (z.B. für Enkel – „Generationensprung“), und gleichzeitig einer Person die Nutzung überlassen (z.B. dem überlebenden Ehegatten), kann dieses Ziel durch ein bloßes Nießbrauchsvermächtnis erreicht werden (vgl. oben Rn. 126 ff.). Will der Erblasser die Versorgung des Nießbrauchsberechtigten sicherstellen, könnte er darüber hinaus ein Rentenvermächtnis anordnen, das den Zugriff auf die Substanz des Nachlasses ermöglicht (vgl. hierzu Rn. 142 ff.). Nießbrauch und Vor- und Nacherbschaft sind ihren rechtlichen Wirkungen, was etwa die Nutzungen am Unternehmen (§§ 2111 Abs. 1, 1030 BGB) oder die Tragung der gewöhnlichen Erhaltungskosten (§§ 2124 Abs. 1, 1041 BGB) betrifft, sehr ähnlich. Das Nießbrauchsvermächtnis weist im Übrigen auch erbschaftsteuerliche Vorteile auf, da nur ein Erbfall besteuert wird und der kapitalisierte Wert des Nießbrauchs bei der Bemessung des Unternehmenswerts abgezogen wird. Der wesentliche Unterschied zur Vor- und Nacherbschaft besteht darin, dass der Nießbraucher nicht verfügungsberechtigt ist.[227]

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Traut der Erblasser seinen präsumptiven Nachfolgern lediglich vorübergehend nicht die Führung des Unternehmens zu, wird regelmäßig die Anordnung einer Testamentsvollstreckung genügen (vgl. hierzu Rn. 218 ff.).

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Möchte der Erblasser lediglich verhindern, dass pflichtteilsberechtigte Personen des Unternehmensnachfolgers Ansprüche am Unternehmen geltend machen können (z.B. nichtehelich Kinder), bietet sich ein auf den Tod befristetes Herausgabevermächtnis an (vgl. Rn. 91 ff.).[228] Der entscheidende Vorteil dieser Konstruktion ist, dass der Unternehmensnachfolger in der Verfügungsfreiheit über das Unternehmen nicht beschränkt ist. Darüber hinaus lässt sich das Herausgabevermächtnis wegen seiner nur schuldrechtlichen Natur den gewünschten Gegebenheiten deutlich flexibler anpassen (z.B. Herausgabe nur auf den Überrest). Möchte der Erblasser eine freie Verfügungsbefugnis über das Unternehmen gerade verhindern, kann er bestimmen, dass bei einem Verstoß gegen das Verbot, über das Unternehmen zu verfügen, dasselbe sofort einem Dritten zufällt (aufschiebend bedingtes Herausgabevermächtnis).

k) Beseitigung der Vor- und Nacherbfolge

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Hat der Erblasser eine Vor- und Nacherbschaft angeordnet, stellt sich oft die Frage, ob der Unternehmensnachfolger diese im Zusammenwirken mit dem Nacherben nachträglich noch beseitigen kann:

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Mit Eintritt des Erbfalls erlangt der Nacherbe ein Nacherbenanwartschaftsrecht. Dieses ist grds. abtretbar und vererblich ist.[229] Die Übertragung des Anwartschaftsrechts muss in analoger Anwendung des § 2033 Abs. 1 S. 2 BGB notariell beurkundet werden.[230] Der Nacherbe kann sein Anwartschaftsrecht dabei auch auf den Vorerben übertragen. Mit Übertragung geht das Anwartschaftsrecht durch Konfusion unter und der Vorerbe wird unbeschränkter Vollerbe. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass auch alle (ausdrücklich oder stillschweigend, § 2069 BGB) bestimmten Ersatznacherben zustimmen.[231] Für noch nicht vorhandene Ersatznacherben müsste hierzu ein Pfleger bestellt, § 1913 BGB, und die Genehmigung des Betreuungsgerichts eingeholt werden[232] – ein in der Praxis kaum gangbarer Weg. Der Erblasser kann dieses meist nicht gewünschte Ergebnis vermeiden, indem er anordnet, dass eine etwa angeordnete Ersatznacherbfolge dadurch auflösend bedingt ist, dass der Nacherbe seine Anwartschaft auf den Vorerben überträgt.

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Formulierungsbeispiel:

Die Nacherbenanwartschaftsrechte sind nur an den Vorerben veräußerlich, im Übrigen jedoch unvererblich und unveräußerlich. Eine ausdrücklich oder stillschweigend angeordnete Ersatznacherbfolge ist für den Fall auflösend bedingt, dass die Nacherbenanwartschaftsrechte auf den Vorerben übertragen werden.

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Eine an sich nach § 2113 BGB unzulässige Verfügung über einen Erbschaftsgegenstand (z.B. das ererbte Unternehmen) an einen Dritten ist wirksam, wenn alle Nacherben zustimmen. Die Zustimmung der Ersatznacherben ist nicht erforderlich, auch nicht bei unentgeltlichen Verfügungen.[233] Wenn aber schon die Verfügung an einen Dritten ohne Mitwirkung der Ersatznacherben wirksam erfolgen kann, muss dies sinnigerweise erst Recht für eine Übertragung an den Vorerben selbst gelten.[234] Die Zustimmung muss die für die Übertragung des jeweiligen Wirtschaftsguts notwendige Form einhalten. Bei Betriebsgrundstücken etwa muss der Nacherbe das Grundstück auf den Vorerben (in notariell beurkundeter Form) auflassen, obwohl der Vorerbe bereits als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist.[235] Der BGH und das BayObLG halten auch eine Erbauseinandersetzung zwischen Vor- und Nacherben für wirksam, ohne dass es einer Zustimmung der Ersatznacherben bedürfte.[236] Dogmatisch sauberer erscheint es, dem Nacherben eine echte Freigabemöglichkeit entsprechend § 2217 BGB zuzusprechen.[237] Die Freigabe ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem Vorerben, die sachenrechtliche als Verfügung zu qualifizieren ist.

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