Die Chroniken von 4 City - Band 1

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Die Chroniken von 4 City - Band 1
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Legende

Schlachtfeld

Prinzessin Love

Loves Talent

Die Entscheidung des Masters

Machtverhältnisse

Aurora

Lea

Katakomben

Fähigkeiten

Die Arena

Oberin

Sklaven

Ektoplasma

Verbündete

Der Master

Neue Gesetze

Urnen

Impressum

Über den Autor

Impressum neobooks

Manuel Neff

Die Chroniken von

4 City

Band 1

Legende

Bei einem wissenschaftlichen Experiment im 21. Jahrhundert ging etwas gewaltig schief. Dies war die Geburtsstunde »der Krankheit«, die wie eine Sintflut fast die gesamte Menschheit dahingerafft hat. Nur die gewaltigen Mauern, welche um die großen Städte erbaut wurden, schienen vor der Krankheit Schutz zu bieten.

Im 23. Jahrhundert, etwa 200 Jahre nach der »Großen Pandemie«, sind auf der Erde die gesellschaftlichen Systeme zerfallen. Die ursprüngliche Zivilisation teilt sich nun in vier Gruppen auf:

Schrottsammler: Menschen, die in Clans leben und für die nur ein Gesetz gilt: Der Stärkere überlebt.

Steamborgs: Wesen, halb Mensch halb kybernetischer Organismus. Unfähig selbst Entscheidungen zu treffen, erwarten sie die nächsten Befehle ihres Masters.

Synthetiks: 100% synthetische Lebensformen. Fähig sich selbst zu reproduzieren und in der Lage zu fühlen und zu empfinden.

Menschen: Sie leben im Zentrum von 4-City und genießen Dank der Kraft des Dampfes, Wohlstand und technische Errungenschaften.

Alle vier Gruppen leben in 4-City und kämpfen dort hinter der großen Stadtmauer um Macht und ums Überleben.

In der Karma-Reihe begegnen uns:

Prinzessin Love, Schrottsammlerin auf der Suche nach ihrer wahren Identität.

Karma und Myo, Wesen die keiner der vier Gruppen angehören und laut einer alten Prophezeiung dazu bestimmt sind, die Arche zu finden, die allen Erlösung verspricht.

Isabell, die in der Lage ist Æther aus Lebewesen zu extrahieren.

Ice, dem Master der Steamborgs, gefangen zwischen Liebe, Macht und Intrigen.

Reico und Ikumi, synthetische, empfindsame Wesen, die nichts weiter wollen, als ihren Platz in der Gesellschaft zu finden.

Stiff, ein Kämpfer aus dem Zentrum von 4-City, der sich hoffnungslos in Karma verliebt und zwischen alle Fronten gerät.

Und Aurora, die geheimnisvolle Wissenschaftlerin aus der Alten Welt.

Schlachtfeld

Drave, der Master der Schrottsammler schreitet an den qualmenden Überresten des Wracks vorbei, das einmal ein Zeppelin war. Seine Leute haben das dampfbetriebene Luftschiff mit Harpunen vom Himmel geholt und die Steamborgs zur Hölle geschickt. Er bezweifelt, dass es für Steamborgs so etwas wie ein Reich Gottes nach deren Ableben geben könnte, genauso wenig wie für seine eigene Rasse.

Himmelsgewölbe? Unterwelt?

Was spielt das für eine Rolle. Das, was für Drave zählt, ist das Leben in 4-City, so beschissen es auch manchmal sein mag. Alle Steamborgs, die es gewagt haben, in seinem Territorium zu wildern, wurden getötet. Gefangene zu nehmen, hat keinen Sinn.

Drave hebt den kahl geschorenen Kopf und erforscht die fremdartigen Schriftzeichen.

»Macht davon ein Lichtbild und bringt es meiner Tochter. Ich möchte heute Abend noch wissen, was das zu bedeuten hat. Sie hat sicherlich Spaß daran, es zu entschlüsseln«, befiehlt Drave und sofort beginnen ein paar Schrottsammler damit, den großen Apparat, den die Prinzessin rekonstruiert hat, aus dem Zeppelin zu wuchten. Niemand weiß im Grunde, wie er genau funktioniert, doch die Ergebnisse sind verblüffend. Ein Bild festzuhalten, das für gewöhnlich den Augen vorbehalten ist, ist etwas Besonderes in der beschränkten Welt der Schrottsammler. Vielleicht wäre es besser, die Symbole abzumontieren. Aber Drave besteht darauf, den Männern die neue Technik näherzubringen.

Der Master betritt die Abteilung drei. Die Spuren des Kampfes gegen die Steamborgs sind unübersehbar.

»Wer hat das riesige Loch hier rein geschossen?«

»Das waren die Steamborgs«, traut sich einer seiner Leute, das Wort zu erheben.

»Ich will auch so eine große Kanone«, sagt Drave mit rauer, tiefer Stimme, als hätte er die Töne aus dem Grund seines Brustkorbs ausgegraben.

Er geht weiter, kommt an dem Spalt vorbei, in welchem sich Myo, Karma und Reico, drei Frauen auf der Flucht, vor Stunden versteckt hielten, um von der Abtei und der Auseinandersetzung der verfeindeten Rassen zu fliehen. Drave entdeckt etwas und hebt es vom Boden auf. Ein abgerissenes Stromkabel, wie es den Anschein hat und wirft es in einen Einkaufswagen, wie sie in der Alten Welt in Supermärkten benutzt wurden. Der Schrottsammler, der den Wagen hinter seinem Master herschiebt, bedankt sich und folgt mit gebückter, demütiger Haltung dem Chef. Insgeheim verabscheut Drave das Buckeln der Männer, aber andererseits verleiht es ihm ein Gefühl von Macht.

Ein Dampfen, begleitet von einem qualvollen Stöhnen, erweckt seine Aufmerksamkeit, als er den vollkommen zerstörten Kontrollraum betritt. Leichen seiner Leute liegen aufgereiht und zugedeckt an der Wand. Getötete Steamborgs wurden auf einen Berg aufgestapelt. Von dort kommt das Geräusch. Drave nähert sich, ahnt, dass es Überlebende gibt und freut sich auf das, was er gleich tun wird.

Der Steamborg liegt in der zweiten Schicht. Über und unter ihm Tote seiner eigenen Rasse. Abgemurkst von den Schrottsammlern. Drave packt den Feind an einem Bein und zieht ihn aus dem Haufen. Unmengen von Schwaden steigen von dem Steamborg auf und braune Flüssigkeit, Schmierstoff oder Öl tritt aus einer Öffnung aus, wo vormals ein Arm war.

»Wen haben wir denn da?«, fragt Drave, dreht den Steamborg auf den Rücken und reißt ihm mit einem Ruck die lederne, mit Stahl und Kunststoff durchzogene Maske vom Kopf. Es kommt ein Gesicht zum Vorschein. Kein Vollständiges und doch ist noch gut zu erkennen, was er einmal gewesen sein muss, bevor er zu einem Steamborg wurde.

Ein Mensch. Die Augen sind weit aufgerissen, sind es nicht gewohnt, Tageslicht ohne Schutzglas zu ertragen. Die Haut ist blass und an manchen Stellen nahezu durchsichtig, sodass man die blaue Flüssigkeit darunter entlangströmen sieht. Ein Öl-, Blut-, Emulsionsgemisch, welche im Blutkreislauf des Steamborgs fließt. Kupferdrähte und dünne, aus schwarzem Plastik bestehende Röhren treten aus den Seiten aus. An den beschädigten Gelenken und den Schläuchen tritt braune, breiige Schmierflüssigkeit aus und verteilt sich neben dem Kopf des Steamborgs auf dem Betonboden. Das bizarre Wesen röchelt und Drave lehnt sich zu ihm hinab.

»Ja, was sagst du da?«

Nach Atem ringen. Dampfen. Blubbern.

»Tut mir leid, Kumpel, ich kann dich unglücklicherweise nicht verstehen«, sagt Drave, holt seinen Dolch seitlich aus dem Schaft im Stiefel, setzt ihn auf der Brust des Steamborgs an und schiebt ihn ganz langsam in ihn hinein. Die Augen des Feindes weiten sich, das Röcheln wird stärker, anschließend verstummt es vollständig. »Sucht nach übrigen Überlebenden und tötet sie alle«, befiehlt Drave und die Schrottsammler schwärmen aus. »Wartet noch! Falls ihr Bücher findet, dann nehmt sie mit!«

Mit dem Diener an seiner Seite, der den Einkaufswagen stoisch vor sich herschiebt, dringt Drave tiefer in die Abtei ein. Er könnte fasziniert sein, von den technischen Errungenschaften, über welche die Einrichtung verfügt. Blöderweise befürchtet er aber, dass diese Sachen den Horizont selbst seiner gerissensten Untertanen übersteigen würden. Nur seiner einzigen Tochter Love könnte er befehlen, die Geheimnisse zu ergründen. Ihr Verstand und die Fähigkeiten, Dinge aus der Alten Welt zu rekonstruieren, übertrifft den eines gewöhnlichen Schrottsammlers bei weitem. Leider lässt sie sich nicht die Bohne von ihrem Erzieher vorschreiben und bitten liegt nicht in der Natur von Drave. Ein Master bittet nicht. Er gebietet. Was für ein Dilemma. Kann die eigene Tochter nicht einfach ihrem Vater gehorchen und ihn unterstützen, noch mächtiger und grausamer zu werden?

 

Drave erreicht den Raum mit den Regenerationskapseln. Das Blut, das sich ausnahmslos überall befindet, ist selbst für Draves Magen entschieden zu viel. Dennoch behält er die Fassung und zeigt in Anwesenheit der Männer keine Schwäche. Er inspiziert die Leiche von Ikumi, Reicos Schwester. Eine Synth! Eine synthetische Lebensform, in der Lage zu fühlen wie ein Mensch.

»Das waren keine Steamborgs«, sagt er und lässt die behandschuhte Hand über die zerstückelten Überreste der Schrottsammler schweifen. »Und das hier, das war keiner von uns. Kein Schrottsammler hat sich je an einer Synth vergriffen. Es soll danach aussehen, dass sie von uns getötet und geschändet wurde, aber wer mich kennt, der weiß es besser. Niemand würde gegen meine Befehle verstoßen. Und mein Gebot lautet seit je her: Rührt keine Frauen und keine Synthetiks an oder ich hacke euch den Arm ab und schneide euch höchst persönlich die Eier ab!« Seine Männer lachen.

»Das war kein Scherz, ihr Hornochsen. Weiber und die Synthetiks sind heilige Geschöpfe. Unantastbar!«

Drave nähert sich der toten Ikumi und inspiziert sie. Er untersucht ihr, menschlichen Genitalien nachempfundenes, Geschlecht.

»Wusste ich es doch. Keiner hat sie entwürdigt. Es strebt jemand danach, uns das anzulasten. Eine Arglist von einem gerissenen Feind. Ich möchte wissen, was hier passiert ist und wer die Synth getötet hat. Und nichts, hört ihr! Nicht das kleinste Bisschen, was ihr hier seht, verlässt das Gebäude. Schweigt darüber!« Drave überlegt kurz, ob er den vier Schrottsammlern, die ihn begleitet haben, hier und jetzt doch besser sofort den Schädel einschlagen soll. Er würde dann selbst herausfinden müssen, wer ihm diesen Mord in die Schuhe schieben will. Schließlich lässt er den delikaten Gedanken fallen. Die Männer sind ihm treu ergeben. Er hat nichts zu befürchten. Sie werden seinen Befehlen gehorchen. Auf dem Boden erspäht er etwas. Ein zerrissenes mickriges Buch. Drave hebt es auf und entdeckt die handgeschriebenen Zeilen. Es ist zerfetzt, jedoch lesbar. Drave kann nicht gut lesen, aber er erkennt Zahlen. 2021. Eine Niederschrift aus der Alten Welt. Love, seine Tochter wird sich über ein Originalexemplar freuen, auch wenn es unvollständig ist.

Prinzessin Love

»Eines Tages verschwinde ich von hier endgültig!«

Prinzessin Love sitzt zwischen Kissen. Hat es sich auf einer, eigens für diesen Zweck hochgeschleppten Matratze, auf dem Dach des 13-stöckigen Hauses bequem gemacht. Einen Wolkenkratzer kann man den Machtsitz ihres Vaters nicht nennen, aber die Höhe reicht aus, um dem Gemisch aus Dunst, Qualm und Gestank, der unter ihr durch die Straßen zieht, kurzzeitig zu entkommen. Love blickt hinab und sieht überall kleine flackernde Feuer. Brennende Mülltonnen, um der Dunkelheit die Stirn zu bieten. Eine Windböe weht einen angeschwärzten Papierfetzen hoch. Er landet auf ihrer sauberen Jeans. Die Prinzessin trägt darüber einen Wollpulli. Ein Mitbringsel des Vaters.

»Und ich werde alle mitnehmen, die den Mief und das Plündern und Abmurksen überdrüssig geworden sind.«

»Also keine Sau«, sagt Lea, ihre dunkelhäutige Freundin, die im Kontrast zur Prinzessin in einen grauen, zerlumpten Stoff gewickelt ist, der einmal ein Kleid gewesen sein könnte.

Manchmal fragt sich Love, warum eigentlich nicht Lea die Prinzessin ist. Es würde so viel dafür sprechen. Ihre Hautfarbe ist dunkel, genauso wie die von Loves Vater. Loves Haut hingegen ist weiß. Fast so weiß wie Schnee. Lea ist mit Leib und Seele eine Schrottsammlerin und interessiert sich nicht für Bücher oder stellt solche seltsamen Fragen, was das Leben noch zu bieten hat. Im Grunde sind sich Lea und Loves Vater sehr viel ähnlicher, als sie selbst es ist. Vermutlich hat Love einfach mehr von ihrer Mutter in die Wiege gelegt bekommen. Schade, dass Love sie nie kennengelernt hat. Sie ist bei ihrer Geburt gestorben.

»Du und mein Vater ihr seid euch so ähnlich«, sagt Love.

»Dann sind wir also ein Paar, weil du einen Vaterkomplex hast?«, fragt Lea und stupst Love liebevoll zwischen die Rippen.

»Na warte, du kannst was erleben!«, droht Love und fällt mit einem Kissen über Lea her. Die entfachte Kissenschlacht endet in Gegacker, Umarmen und Kuscheln.

»Hör auf, dir solche Gedanken zu machen!«, sagt Lea sanft und streicht Love eine dicke Falte von der Stirn.

»Ich wüsste so gerne, wer sie war. Ob sie so aussah wie ich? Ob sie auch Bücher gesammelt hat.«

»Frag doch einfach deinen Vater.«

»Immer wenn ich ihn auf meine Mutter anspreche, dann schweigt er. Es ist ein absolutes Tabuthema.«

Die zwei schmusen wieder liebevoll miteinander, bis Lea aus heiterem Himmel einen älteren Gesprächsfaden aufgreift.

»Ich komme mit.«

»Wie meinst du das?«

»Wenn du abhaust. Dann komme ich mit. Aber die anderen Schrottsammler lieben diese Stadt, die Feuchtigkeit und den Mief. Das Töten gehört zu ihrem Alltag, genauso wie das Hungern. Und weiter als hundert Meter in die Ferne zu schauen, würde die meisten für den Rest ihres Lebens nur erschrecken.«

Love küsst Lea auf den Mund.

»Danke!«

»Nichts zu danken, du bist die Prinzessin. Und mein ein und alles.«

»Du bist so lieb. Ich will das umkrempeln. Will etwas verändern. So darf das nicht weitergehen.«

»Mich? Mit mir der was meinst du?«

»Quatsch. Du bist wundervoll, so wie du bist. Ich meine die Schrottsammler. Eines Tages werden sie das Sonnenlicht zu schätzen wissen. Sie werden etwas Höheres anstreben, als nur ein Zweibeiner zu sein, der isst, kackt, und für eine gewisse Zeit einen Platz in 4-City einnimmt. Sie werden ihre Kinder liebevoll aufziehen und auf Schulen schicken, auf denen sie Lesen und Schreiben lernen, anstatt sie in der Gosse im Dreck wühlen zu lassen.«

Lea legt ihre mokkafarbene Hand auf das Knie der Prinzessin.

»So werden die Kleinen aber schneller erwachsen. Die Gosse tut ihnen gut.«

»Du hörst dich an wie mein Vater. Was soll daran gut sein, wenn nur jeder dritte Säugling überlebt?«

»Du übertreibst.«

»Tue ich das wirklich?«

»Dir geht es doch gut, was kümmerst du dich so viel um die anderen? Es ist doch viel einfacher, sich nur um sich selbst zu kümmern«, sagt Lea nachdenklich.

»Nichts, für was es sich zu kämpfen lohnt, ist einfach. Und außerdem ist es mein Volk.«

»Das Volk deines Vaters.«

Love schaut ihre Freundin an. Sie hat es nicht begriffen. Sie weiß nicht, wonach sich das Herz einer Prinzessin sehnt. Hat nicht die Spur einer Ahnung, was Mitgefühl bedeutet. Lea ist keine typische Schrottsammlerin. Sie ist zumindest ein bisschen aufgeweckter als die meisten anderen, aber die Erziehung hat sie dennoch unverkennbar geprägt. Wer will es ihr verdenken? Es ist klar, dass Lea ihr folgen wird, dass Love in ihrer Beziehung den Ton angibt und Lea einfach nur versuchen muss, nicht gänzlich zu versagen.

»Lass uns das Thema wechseln«, sagt Love. »Ich will dir etwas zeigen.« Sie fasst neben sich, hält sich an Leas Schulter fest, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Sie greift sich die bunt eingefärbte Stofftasche, die sie bis zu diesem Moment rückseitig eines kniehohen Mauervorsprungs versteckt hatte.

»Du hast die Tasche noch«, quietscht Lea verzückt.

»Klar, was denkst du denn? Es sind die schönsten Farben der Welt.«

»Schmeichlerin. Das sind sie bestimmt nicht. Wenigstens habe ich mir einiges an Mühe damit gegeben, alle Stoffberge von ganz 4-City nach ihnen zu durchsuchen.«

»Du hast die Grenze des Clans doch noch nie verlassen.«

»Aber ich hätte es fast getan. Für dich.«

Love muss über so viel Süßholzraspeln lachen.

»Die Tasche ist wunderschön, weil du sie gemacht hast«, säuselt Love nun und streichelt Lea über ihr sanftmütiges Gesicht.

»Wenn du es sagst. Und was ist da drin? Was ist da eingepackt? Picknick?«, fragt Lea ungeduldig.

»Etwas noch Besseres.« Love holt einen schlichten Apparat aus dem Stoffbeutel. Er ist aus Metall, Kunststoff und Holz und in diesem Moment reißt wie ein Zeichen des Himmels die Wolkennebelwand auf und das rötliche Licht der untergehenden Sonne wird auf der, sich spiegelnden Linse des Geräts, reflektiert.

Ein seltenes Naturschauspiel, das die beiden Mädchen zum Schweigen bringt und verträumt hoch zum Firmament blicken lässt.

»Wow. Das ist so göttlich«, sagt Lea.

»Und doch ist es nicht halb so umwerfend wie du, meine süße Maus«, raunt Love. Lea kuschelt sich an die Prinzessin.

»Und was ist es? Was hast du dieses Mal erfunden?«, flüstert sie an Loves Schulter.

»Geduld. Lass dich überraschen!« Love zieht Lea noch ein Stückchen näher an sich heran und legt den linken Arm um sie. Mit dem rechten hält sie den Apparat von sich weg und dreht ihn so, dass die Linse ihnen zugewandt ist. Noch immer fällt das Licht auf ihre hübschen Gesichter und dann drückt Love ab. Das kleine Gerät gibt ein klickendes Geräusch von sich.

»Es ist ein Fotoapparat«, jauchzt Lea voller Erkenntnis. »So klein? Darf ich das Bild sehen.«

»Selbstverständlich. Sobald ich eine Dunkelkammer eingerichtet und alles beisammen habe, um die Abzüge zu entwickeln. Ich sagte doch, du musst dich gedulden.«

Lea staunt Bauklötze.

»Ich verstehe das nicht. Dunkelkammer? Entwickeln?«

»Ich erkläre es dir dann, sobald ich soweit bin. Bis dahin gibt es keinen anderen Weg, als zu warten. Du bist doch ausdauernd, was das Abwarten angeht?«

»Natürlich bin ich das. Logisch. Eine Engelsgeduld zu haben, ist eine meiner Tugenden«, verkündet Lea. Die Mädchen blicken zeitgleich nach unten auf Leas wild zappelnde Füße, die sie jedes Mal verraten. Sie lachen.

Love verrät Lea nicht, dass sie noch nicht die geringste Ahnung hat, wie so eine Dunkelkammer überhaupt beschaffen ist und wie der Entwicklungsprozess abläuft, jedoch ist sie sich sicher, dass es so kommt wie immer. Wenn sie sich felsenfest etwas vornimmt, dann wird es auch gelingen. Alles, was sie dazu benötigt sind mehr Informationen.

»Ein Buch über Fotografie wäre gut. Dein Vater könnte dir eins mitbringen«, meint Lea.

»Vielleicht von seinem aktuellen Feldzug.«

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