Aschenputtel

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Z serii: MärchenLust
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Aschenputtel
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© 2012 BY ELYSION BOOKS GMBH, GELSENKIRCHEN

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UMSCHLAGGESTALTUNG: Ulrike Kleinert

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FOTO: © Fotolia/ Maksim Toome

FRONTISPIZ: Hanspeter Ludwig

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eISBN 978-3-945163-52-8

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Inhalt

Aschenputtel

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Aschenputtel

Susannas Stimme echote über den Hof. Wie gewohnt klang sie wenig freundlich und schrill. »Aschenputtel, was wird nun mit meinen Strümpfen und den Tüchern?«

Schnell nahm Aschenputtel das letzte Ei aus dem Stroh, legte es zu den anderen in ihre Schürze und verließ den Stall.

Susanna stand am Fenster ihres Zimmers und war verärgert, weil sie es überhaupt hatte öffnen müssen und nun fror. Sie schlang die Arme um ihren Oberkörper. »Habe ich dich nicht schon vor einer Stunde daran erinnert?«, nörgelte sie weiter. »Alles lässt du dir zweimal sagen. Bist du so vergesslich oder nur dumm?« Sie schlug das Fenster zu.

Aschenputtel eilte weiter in die Küche, legte die Eier in eine Schale und holte das Brot aus dem Ofen, damit es nicht zu kross wurde. Dann hob sie den bereitgestellten Wäschekorb an und war schon auf dem Weg in die Waschküche, da rief ihre Stiefmutter sie zurück. »Aschenputtel, das Feuer brennt herunter.«

Mit einem Seufzen stellte Aschenputtel den Korb ab und ging in die Stube. Sie nahm ein Scheit vom Stapel, den sie am Vortag neben dem Kamin geschichtet hatte, und legte ihn auf das herunterbrennende Holz.

»Du solltest von allein auf das Feuer Acht geben«, mahnte ihre Stiefmutter, die in einem Sessel saß und ein Taschentuch bestickte. »Du weißt doch, mir fehlt die Zeit, dieses ganze Haus zu beaufsichtigen.«

Aschenputtel fegte ein paar Flocken Asche auf. »Das weiß ich, Mutter«, murmelte sie. »Ich mache jetzt Susannas Wäsche. Hast du ebenfalls Stücke, die gereinigt werden müssen?«

Die Stiefmutter runzelte die Stirn. »Sprach ich nicht gerade vom Feuer und deiner Verantwortung?« Mit einer unwirschen Bewegung wies sie zum Kamin. »Siehst du dort irgendwo noch Anmachholz?«

Aschenputtel brauchte nicht nachsehen. »Es ist keines mehr da. Ich wollte morgen in der Frühe welches holen.«

»Morgen?« Der Beschäftigung überdrüssig warf die Stiefmutter das Nähzeug auf einen kleinen Tisch und nahm die Teetasse auf, trank jedoch nicht. »Sollen wir etwa frieren, bis du wieder da bist? Kommt nicht in Frage, du erledigst das sofort!«

Aschenputtel beließ es bei einem Nicken und ging, um sich den Mantel anzuziehen. Um ihren Hals schlang sie einen flauschigen Schal, den ihre Mutter für sie gestrickt hatte – ihre richtige Mutter, die sie geliebt hatte und vor einigen Jahren gestorben war. Nachdem sie in die passenden Handschuhe geschlüpft war, verließ sie das Haus, schulterte den Korb auf und machte sich auf den Weg.

Das Haus ihres Vaters befand sich, wie die meisten angesehenen Kaufmannshäuser, im inneren Ring der Stadt. Im mittleren Ring waren die Handwerksleute zu Hause, im äußeren die Künstler, Artisten und Armen. Hinter dem östlichen Stadttor begann der Wald, westlich davon, auf einem sanft ansteigenden Hügel, thronte die einzige Burg des Landes. Es war der Ort, auf den alle Menschen gerade mit Spannung schauten, denn in drei Tagen würde der Prinz dort oben seine Braut wählen.

Aschenputtel schlug den Weg in den Wald ein. Ihre Stiefel knirschten im frischen Schnee und hinterließen tiefe Spuren. Die klirrend kalte Luft stach in die Haut ihrer Wangen und Ohren, sodass Aschenputtel einen Teil des Schals über ihren Kopf zog.

Sie wusste, dass es kein Leichtes sein würde, einigermaßen trockenes Holz zu finden, denn das meiste würde vom Schnee bedeckt sein, doch mit einer Entschuldigung und einem leeren Holzkorb brauchte sie nicht nach Hause zurückzukehren.

Es gab Zeiten, da wollte sie nicht mehr zurückkehren.

Alles hatte so harmlos begonnen. Zwei Jahre nach dem Tod ihrer Mutter hatte Aschenputtels Vater, ein einflussreicher Kaufmann, der viel auf Reisen war, nach einer neuen Frau Ausschau gehalten. Er hatte nach einer mit einem freundlichen Wesen gesucht. Eine, die gut war zu seiner Tochter, die der Verlust der Mutter so sehr schmerzte, dass sie an kaum einem Tag keine Tränen vergoss. Die Witwe war die für ihn ideale Kandidatin gewesen, schließlich hatte sie selbst eine Tochter in Aschenputtels Alter. Dass sie lediglich eine hervorragende Schauspielerin war, hatte er bis heute noch nicht gänzlich herausgefunden.

Nur kleine Gefälligkeiten waren es anfangs gewesen, die Aschenputtel gern geleistet hatte, um ihrer neuen Mutter und Schwester eine Freude zu machen und ihnen die Eingewöhnung zu erleichtern. Mal hatte sie einen Kuchen gebacken, mal Tee gekocht, mal hatte sie Feuer im Kamin gemacht, wenn die Haushälterin und alle Burschen mit Anderem beschäftigt waren. Nicht lange und die Stiefmutter und Stiefschwester hatten begonnen, darum zu bitten. Sie hatten den Tee und das Gebäck gelobt und behauptet, dass diese Sachen kein anderer so schmackhaft zubereite. Inzwischen jedoch forderten sie es ein, als sei all das und vieles mehr selbstverständlich.

Gedankenverloren beobachtete Aschenputtel ein Reh, das zwischen den Baumstämmen davon sprang und senkte den Blick wieder auf ihre Schritte. Sie selbst hatte es eine Selbstverständlichkeit werden lassen. Sie wollte nur Frieden im Haus und ihrem Vater keine Sorgen machen, wenn er auf Reisen war. War er zu Hause, wunderte er sich zwar, warum seine Tochter so viele Arbeiten erledigte, doch sie ließ ihn glauben, dass es ihr Spaß machte. Was es prinzipiell tat – wäre es nicht verbunden mit dem Bewusstsein, dass es ihrer Stiefmutter und deren Tochter um die Genugtuung ging. Sie waren nicht dankbar, im Haus aufgenommen worden zu sein – auch das war für sie wohl eine Art Selbstverständlichkeit gewesen. Sie strebten nach Höherem und glaubten, dass es ihnen zustand. Die Haushälterin und Burschen sahen nicht gern, mit welcher Herablassung Aschenputtel von beiden behandelt wurde, doch sie hatten ihr Schweigen versprochen. Oft schickten sie ihr mitleidige Blicke, schüttelten traurig die Köpfe und murmelten: »Armes Aschenputtel«.

Armes Aschenputtel!, schnaubte sie jetzt im Stillen und stapfte von plötzlichem Ärger erfasst durch den Schnee. Sogar ihr Vater und die Bediensteten des Hauses nannten sie inzwischen bei diesem Namen – der doch gar kein wirklicher Name war. Und ihrer schon gar nicht.

Diese Bezeichnung stand für eine von vielen Boshaftigkeiten ihrer angeheirateten Verwandtschaft. Der Stempel war ihr aufgedrückt worden, als sie den Kamin gesäubert und die Asche zusammengefegt hatte und Susanna in die Stube gekommen war.

»Ist sie nicht ein niedliches kleines Ding, wie sie da in der Asche puttelt«, hatte sie gesäuselt.

Die Stiefmutter war hinzugetreten und hatte den Scherz ihrer Tochter aufgegriffen. »Sie ist halt ein richtiges Aschenputtel.«

Seit diesem Tag war ihr wahrer Name mehr und mehr in Vergessenheit geraten.

Der Korb auf Aschenputtels Rücken war zur Hälfte gefüllt, wurde schwer. Auch das Tageslicht schwand allmählich, und so machte sie sich auf den Rückweg. Als der Teich, an dem sie in Sommern wie Wintern so gern saß, zwischen den Bäumen in Sicht kam, beschloss sie, eine Rast einzulegen und verließ den Waldweg. Sie stapfte durch den hohen Schnee, war beinahe da und erkannte bereits die Spuren der Enten auf der Eisdecke, da durchfuhr sie ein jäher Schmerz. Sie stolperte, weil ihr Fuß in etwas gefangen war, und fiel der Länge nach hin. Alles gesammelte Holz polterte aus dem Korb und über ihren Kopf in den Schnee. Aschenputtel ächzte, schulterte den Korb ab, setzte sich auf und sah nach, was sie zu Fall gebracht hatte. Wie befürchtet steckte ihr linker Fuß in einer Tierfalle. Zum Glück war es keine so garstige mit Zähnen und ihre dicken Stiefel hatte eine schlimme Verletzung verhindert, dennoch war der Druck des Metalls enorm. Aschenputtel zog die Handschuhe aus und wollte die Spange öffnen, doch die gab kein Stück nach.

Immer verbissener versuchte sie es, ignorierte ihre Hände, die vor Kälte schon rot und starr waren, und war sich des schwindenden Tageslichtes nur zu bewusst. Die Nacht im Winterwald würde sie nicht überleben. Ihr trauriges Leben, so sagte sie sich, ging dann nicht weniger traurig zu Ende. In völliger Einsamkeit würde sie erfrieren und ihren Vater mit diesen beiden schrecklichen Frauen zurücklassen. Beim Gedanken an ihn kullerten erste Tränen über die Wangen, die sie ignorierte, wie auch ihre klappernden Zähne und ihren zitternden Leib. Ein neues Mal versuchte sie, die Falle zu öffnen, da vernahm sie vom See her ein Geräusch. Sie neigte den Kopf und lauschte, hörte das Trappeln von Hufen und das Schnauben eines Pferdes.

Wer auch immer dies war, dachte sie, sei es ein Kaufmann oder ein Räuber, sie musste ihn um Hilfe bitten. Vor Kälte kaum noch in der Lage, sich zu bewegen, rutschte sie ein Stück herum, um zu sehen, wer da kam, doch der Reiter musste sie zuvor entdeckt haben, denn er ritt auf sie zu, als würde er ahnen, dass es um ihr Leben ging – oder als wolle er ihrem Elend früher als erwartet ein Ende bereiten.

Da Aschenputtel inzwischen mehr Letzteres befürchtete, kroch sie, soweit die Kette es zuließ, ein Stück zurück und hob die Hände vor den Kopf, als der Reiter das Pferd so jäh zu einem Stopp zwang, dass der Schnee aufstob. Ihr Herz donnerte angstvoll in ihrer Brust, als sie ihn abspringen und durch den Schnee stapfen hörte. Gleich, dachte sie, gleich ist es vorbei! Mach’s gut, Welt! Auf Nimmer Wiedersehen!

 

»Habt keine Angst«, vernahm sie jedoch. Die Stimme war warm und freundlich. »Ich war auf der anderen Seite des Sees und sah Euch.« Sie spürte, wie er sich an der Falle um ihren Fuß zu schaffen machte. »Euer Glück, dass Ihr so dicke Stiefel tragt. Den Knochen hätte Euch das Ding sonst zermalmt.«

Sie ließ die Arme ein Stück sinken und linste an ihnen vorbei. Er war über ihren Fuß gebeugt und zerrte mit Kräften an der metallenen Spange. Einen grünen Mantel trug er, darunter einen ledernen Wams, ein dunkle Hose und lederne Stiefel. Eine Kappe mit Feder saß auf seinem Kopf. Sein Haar war blond; ein ähnliches Blond wie ihr eigenes, das sie zum Zopf geflochten unter dem Schal verbarg.

Mit einem Krachen sprang die Spange auf. Während Aschenputtel den Atem noch anhielt, stieß er ihn aus und blickte auf. Zu ihrem gestoppten Atem setzte nun auch ihr Herz ein paar Takte aus.

Nie zuvor hatte sie so schöne Augen gesehen – nicht bei einem Mann. Tiefbraun waren sie und von dichten Wimpern gerahmt. Ein paar blonde Strähnen waren davor gefallen, doch das kümmerte ihn nicht. Er betrachtete sie weiter, plötzlich so reglos wie sie und als hörte er es auch, dieses Knistern, als würde das Eis des Sees unter zu schnell aufgewärmter Luft brechen. Doch es war nicht das Eis, sondern etwas, das nicht greifbar war, und es wurde lauter mit jedem Moment.

»Welche Farbe ist das? Blau oder Grün?«, fragte er leise.

Erst nach einer im Schweigen gedehnten Weile begriff Aschenputtel, dass er ihre Augen meinte. »Grün«, antwortete sie, unfähig einen ganzen Satz zu formulieren.

Er blinzelte, wie um an sein Bewusstsein zu appellieren, murmelte: »Ihr zittert ja« und nahm ihre Hände in seine, um ihr auf die Füße zu helfen.

Kaum stand sie, wurde das Zittern stärker. Aschenputtel konnte nicht sagen, ob es noch von der Kälte verursacht wurde oder vom Schrecken oder von etwas anderem, das mit dem Reiter zu tun hatte. Sie schlang die Arme um ihren Körper, wollte ein Wort des Dankes an ihn richten und sich um das Holz kümmern, da kam er zu ihr, öffnete seinen Mantel, und ehe sie wusste, wie ihr geschah, war sie an seinen warmen Leib geschmiegt. Er zog den Mantel um sie und legte seine Arme in ihren Rücken.

»Lasst mich Euch wärmen. Danach bringe ich Euch nach Hause«, hörte sie ihn sagen, schloss die Augen und legte die Stirn an seine Brust.

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