Sommerliebe

Tekst
0
Recenzje
Przeczytaj fragment
Oznacz jako przeczytane
Sommerliebe
Czcionka:Mniejsze АаWiększe Aa

Lucy van Geldern

Sommerliebe

Kurzgeschichten-Sammlung

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

1Sommerliebe – drei schöne Liebesgeschichten

2Zartbitter – eine Liebesgeschichte

3Geliebter Dariell

4Tennis oder Liebe – das ist die Frage

5Kapitel

6Kapitel

7Kapitel

8Kapitel

9Kapitel

Impressum neobooks

1Sommerliebe – drei schöne Liebesgeschichten

Die warme Sommerluft strich um ihren Körper, liebkoste die vielen Flecken unbedeckter Haut. Nachdenklich saß Sarah am Strand und sah dem tiefroten Sonnenuntergang zu. Hinter ihr spielte in der hoteleigenen Disco eine Band zum ersten Tanz an diesem Abend auf.

Im fahlen Licht der Dämmerung beobachtete sie die verliebten Paare, die eng umschlungen dasaßen und nur mit sich selbst beschäftigt waren. Von dem wunderschönen Naturschauspiel bekamen sie nichts mit. Es kostete Sarah viel Mühe, ihre trüben Gedanken zu verdrängen. Sie wollte nicht mehr an Matthias und seine sehr altmodischen Ansichten denken.

Ein Lufthauch von der See trieb Tausende kleiner Sandkörnchen vor sich her. Sie prickelten auf ihrer Haut wie Sekt.

Entschlossen sprang Sarah auf und strich flüchtig über ihre Beine, um den Sand zu entfernen. Mit einem übermütig tanzenden Minirock, der jeden Augenblick mehr enthüllte, als er eigentlich durfte, ging sie in Richtung Disco. Ihre langen Haare bauschten und flatterten im Wind und umschmeichelten ihre zarten Schultern. Ein eng geschnittenes Top betonte ihre schlanke Figur und lies das Blumen-Tattoo um ihren Bauchnabel erahnen. Wäre Matthias jetzt bei ihr, hätte er sich über ihre schamlose Art aufgeregt und ihr zumindest noch eine Bluse aufgedrängt, damit Mann nicht alles sah.

Reges Treiben herrschte vor dem Eingang der Disco. Alle Gäste des Hotels schienen sich eingefunden zu haben. Neugierig blickte Sarah sich um, hoffte darauf, jemanden zu finden, der ihr half, ihre Einsamkeit zu vertreiben. Doch wohin sie sah, überall erblickte sie glückliche Paare.

Sie betrat den Tempel der Tänzer und Vergnügungssüchtigen. Ohne zu zögern, ging sie zur Bar und bestellte sich eine Cola-Rum. So gerüstet konnte sie den Trubel besser ertragen und vielleicht half es ihr auch, die bedrückenden Gedanken an Matthias zu vertreiben.

»Hallo Süße, wollen wir tanzen?« Erschrocken fuhr Sarah zusammen und drehte sich um. Vor ihr stand ein braun gebrannter, schlanker Traumtyp. Seine schwarzen Haare glänzten vor Pomade und der Schnauzer war akkurat gestutzt. Goldene Kettchen verstärkten den Eindruck eines Dandys noch. Bevor sie etwas antworten konnte, nahm er ihr das Glas ab und stellte es zurück auf die Theke.

»Ich bin Ramires. Wollen wir es einfach einmal miteinander versuchen?« Vertraulich blinzelte er ihr zu. »Ich liebe es, einsame Frauen glücklich zu machen.«

Warum nicht?, dachte Sarah und beschloss auf diese plumpe Anmache einzugehen.

»Das hört sich vielversprechend an.«

Ohne auf eine weitere Antwort zu warten nahm er sie an die Hand und zog sie in Richtung Tanzfläche. Seine muskulösen Arme umfassten sie herausfordernd. Sie spürte seinen warmen Atem und erkannte den verlangenden Blick in seinen Augen. Die Musik verlieh ihren Füßen Flügel und gemeinsam tanzten sie über das Parkett. Ramires war ein perfekter Tänzer und mit jeder seiner Bewegungen zeigte er ihr, wie begehrenswert sie war. Schon nach wenigen Minuten passte kein noch so dünnes Blatt Papier mehr zwischen sie. Die Nieten seiner Hose drückten sich in ihre Haut, und sachte erkundeten seine Finger ihren Hals.

Versonnen schloss Sarah die Augen und gab sich ganz seinen Bewegungen hin. Der Geruch von Schweiß und Alkohol erregte sie mehr, als sie zugeben wollte. Spielerisch presste er seine Hüfte gegen die ihre und herausfordernd spielten seine Finger am Top.

»Komm, du unbekannte Schöne.« Überraschend loste er sich von ihr und zog sie mit sich. »Ich zeige dir, wie traumhaft es draußen am Strand ist.«

Neugierig folgte sie ihm, obwohl sie genau wusste, dass er nur auf ein Liebesabenteuer aus war.

In einem dunklen Winkel der großen Hotelanlage blieb er stehen und drückte sie in die Ecke. Seine Hände schoben den Rock hoch und strichen begehrlich an ihren Oberschenkeln entlang. Genussvoll gab sie sich den Berührungen hin. Ramires Zielstrebigkeit verriet ihr deutlich, wie viel Erfahrung er mit den Frauen hatte. Ganz anders als Matthias. Ihr überaus fürsorglicher Freund, mit dem sie sich erst vor wenigen Tagen ganz gewaltig gestritten hatte. Matthias, er war in Liebesdingen so unerfahren, so sanft und vorsichtig. Matthias!

»Hör auf! Hör sofort auf«, fauchte sie den überraschten Ramires an. »Ich will nicht! Verschwinde!«

Völlig fassungslos musterte er sie. Er fühlte sich um ein schnelles Abenteuer betrogen. »Aber, aber warum bist du dann mit mir gekommen?«

Sein Charme war gänzlich verflogen und Sarah fragte sich, was sie überhaupt an ihm gereizt hatte.

»Ich habe es mir anders überlegt.« Betont cool zupfte sie ihren Mini zurecht. »Dennoch danke. Nun weiß ich, wen ich liebe.«

Mit hocherhobenem Kopf ging sie an ihm vorbei und steuerte die Rezeption an. Für heute hatte sie genug von Abenteuern.

Dort, direkt neben dem Lift stand Matthias. Verwirrt rieb sie sich die Augen und kniff sich in den Arm. Das gab es nicht! Sie musste sich täuschen! Nur weil sie vorhin an ihn gedacht hatte, war er noch lange nicht hier.

»Nein Matthias, bitte nicht. Das klebt doch so.« Vergeblich bettelte sie und versuchte ihre Hände aus seinem kräftigen Griff zu befreien.

»Doch. Strafe muss sein.« Genussvoll tröpfelte er Sekt auf ihren nackten Bauch, füllte den Nabel mit dem kühlen Nass.

Eine hauchfeine Gänsehaut bildete sich auf ihrer Haut. Sie fühlte sich wie auf Wolke Nummer sieben, genoss jede seiner Berührungen. Das war nicht mehr ihr unsicherer und schüchterner Freund. Nein, er schien die vergangenen Tage zum Nachdenken genutzt zu haben.

»Nein ...« ihre schwachen Protestrufe gingen im leisen Gekicher unter. Seine Zunge erforschte keck ihren Bauchnabel und verteilte klebrigen Sekt. Um nicht vor lauter Lust aufzulachen, hielt sie die Luft an. Aber auch das war unmöglich. Sie schnappte nach Luft und wand sich kichernd. Jede Faser ihres Körpers spürte sie. Und gleichzeitig verlangte es ihr nach mehr.

Endlich ließ er ihre Hände los und sie warf sich über ihn. Gierig knabberte sie an seinem Ohrläppchen und strich mit den Fingerspitzen über seine Haut. Deutlich konnte sie sehen, wie sehr ihn all das erregte.

Verliebt zerwühlte sie seine Brusthaare und genoss seine zärtlichen Streicheleinheiten zwischen ihren Beinen.

»Möchtest du?«

Warum fragte er noch?

Zustimmend nickte sie und fühlte voller Freude seine Entschlossenheit. Sie schloss die Augen und gab sich ganz seinen Bewegungen hin. Es schien eine Ewigkeit vergangen zu sein, bis sie erschöpft nebeneinanderlagen. Glücklich kuschelte sie sich an ihn und streichelte sein stoppeliges Kinn.

Nur flüchtig dachte sie an ihren heftigen Streit. Heute erschien ihr die Auseinandersetzung als etwas ganz Lächerliches. Wie hatten sie sich nur so verkrachen können?

»Frieden?«, fragte sie dennoch.

»Ach Mausi, natürlich. Schon, nachdem ich die Haustür zugeknallt hatte, war mein Zorn verraucht. Du kannst dir nicht vorstellen, wie verdattert ich war, als du dich nicht mehr gemeldet hast.« Er küsste sie sachte auf die Stirn. »Wusstest du eigentlich, was für eine tolle Schwester du hast? Sie gab mir die Anschrift vom Hotel und da war es nicht schwer, dir zu folgen.«

»Schön, dass du da bist.« Sie richtete sich ein wenig auf und suchte nach seinen Lippen. Dieser Kuss, der so sehr nach süßem Glück schmeckte, entschädigte sie für die unglücklichen Tage.

Zufrieden schaute sie ihr Spiegelbild an. Ihr Kleid, welches sie an diesem Abend trug, bestand aus einem hauchdünnen Stoff mit einem frechen Ausschnitt am Rücken. Sehr zu ihrer Überraschung hatte Matthias ihr es gekauft. Er schien endlich eingesehen zu haben, dass hochgeschlossene Kleider der Vergangenheit angehören. Sie steckte noch eine Hibiskusblüte in ihr Haar und lächelte ihrem Spiegelbild zu. Perfekt. Sarah freute sich auf ein paar unbeschwerte Stunden.

Dieses Mal konnte sie sich ebenfalls zu den Glücklichen schätzen, die mit Partner auf der Tanzfläche erschienen.

Die gute Stimmung in der Disco übertrug sich auf Matthias und Sarah. Die flotten Rhythmen gingen ihnen regelrecht ins Blut über und sie tanzten ausgelassen miteinander.

Doch da, Sarah zuckte erschrocken zusammen. Ramires schlenderte durch den gut gefüllten Saal. Suchte er sie? Mit klopfendem Herzen beobachtete sie ihn. Gerade jetzt wollte sie ihre Beziehung nicht durch den abendlichen Fehltritt belasten. Sie drückte sich eng an ihren Freund, schmiegte ihr Gesicht in seine Wölbung am Hals. Dennoch war ihr Versteckspiel vergeblich. Ramires erblickte sie und lächelte ihr zu. Seine Zunge strich langsam über seine Oberlippe. Sarah spürte, wie ihre Knie nachgaben. Aber zum Glück erblickte Ramires in dem Augenblick eine einsame Schönheit und verschwand im Gedränge. Aber einmal drehte er sich noch zu ihr um und seine Lippen formten ein »Viel Glück«.

 

2Zartbitter – eine Liebesgeschichte

Sollte sie, oder lieber doch nicht? Abschätzend betrachtete Anita die Tafel Schokolade. Iss mich, schien der Inhalt dieser Verpackung sie anzuflehen.

Länger konnte sie der Versuchung nicht widerstehen. Die Silberfolie knisterte, als sie die Schokolade auszog und in Stücke brach. Zart und süß, wie ein liebevoller Kuss, schmolz die Leckerei in ihrem Munde.

»Hallo Anita.« Ihre Arbeitskollegin Sophia stürmte herein und warf schwungvoll die Dokumentenmappe auf den Tisch. »Die Briefe sollten noch heute Abend hinausgehen. Schaffst du das?« Dabei wechselte ihr Blick ständig zwischen den Unterlagen und der angebrochenen Tafel Schokolade hin und her. »Schon wieder vom »Naschgespenst« befallen?« Sie strich über ihre schlanken Hüften, die von einem teuren Designerkleid in Form gebracht wurden.

»Möchtest du auch ein Stück?« Anita hielt ihr die Schokoladentafel direkt unter die Nase.

»Nein, lieber nicht. Das Kleid kneift eh schon. Habe in den letzten Tagen ein Pfund zugenommen.« Sophia seufzte gekonnt und warf mit einer lässigen Bewegung ihre Haare nach hinten. »Morgen Abend ist unser Sommerfest und ich will den Männern den Kopf verdrehen. Sei froh, dass du diese Probleme nicht hast. Obwohl, es ist schon interessant - unser Unternehmen verkauft Sportmode und du ...«

Genauso stürmisch, wie sie hereingekommen war, verließ Sophia das Büro wieder. Der Seitenhieb saß. Im spiegelnden Fenster betrachtete sich Anita. Stimmte schon, schlank war sie wirklich nicht. Unter ihrem T-Shirt zeichneten sich mehrere Fettringe ab und die Oberschenkel erinnerten in der Jeans an prall gefüllte Würste. Als Mollige musste man damit leben, seine Zeit als Single zu verbringen. Wer mochte schon ein Moppelchen in seinem Bett? Und so war es für Anita selbstverständlich, nur von einer Beziehung zu träumen.

In dieser Firma gab es zwar mehrere einsame Männerherzen, aber nur Frank, dem Chefdesigner fand Eingang in ihre Träume. Der Gedanke an Frank zauberte auf ihre Lippen ein Lächeln und sorgte für Herzklopfen. Doch außer kurzen geschäftlichen Gesprächen herrschte zwischen ihnen Funkstille. Gegen komplizierte zwischenmenschliche Beziehungen war ein Stück Schokolade wirklich handlich. Sie schmolz süß wie ein Kuss dahin; hinterließ aber keinen bitteren Nachgeschmack. Es tröstete sie darüber hinweg, dass sie nicht den Mut fand, ihn einmal anzusprechen.

»Was, du willst nicht zum Fest?« Sophia warf ihr einen entrüsteten Blick zu. »Warum denn nicht?«

»Ach, jedes Jahr das Gleiche. Es wird die neueste Sport-Kollektion vorgeführt und über den grünen Klee gelobt. Lauter schlanke Frauen die tolle, figurbetonte Mode vorführen und zeigen, wie sportlich man damit ist. Stell dir vor, wie ich darin aussehen würde. Und anschließend wird getanzt, gelacht und nochmals getanzt. Du glaubst doch nicht, dass ich mich auf dem Tanzparkett wohlfühle? Der Blamagefaktor ist hoch! Nein, da verbringe ich lieber einen gemütlichen Abend vor dem Fernseher.«

»Nun stell dich nicht so an! Schließlich bist du nicht die Einzige, die ein paar Pfunde zuviel herumträgt. Schau dich um: Hannes unser Chef, oder auch Frank - sie glänzen wahrlich nicht durch eine sportliche Figur. Der Firmenphilosophie zum Trotz. Ganz zu schweigen davon, was du später auf dem Tanzboden sehen wirst. Einfach grauenhaft, so als ob es keine Tanzschulen gibt! Keine Müdigkeit vorschützen. Heute Abend unternehmen wir einen Einkaufsbummel und kaufen dir ein schickes Kleid! Eines, das deine Formen umschmeichelt. Keine Wiederrede – wir sehen uns nach Feierabend.«

Gesagt, getan. Sophias Fröhlichkeit war ansteckend und bald standen sie kichernd im Modegeschäft. »Hier, das Kleid. Lauter schöne farbenfrohe Blümchen und an der Hüfte weit geschnitten. Der weich fallende Rock versteckt die kräftigen Oberschenkel. Also, hinein mit dir!«

Anita verschwand in der Umkleide und staunte über sich selbst, als sie sich im Spiegel sah. Gut, die Pfunde waren nicht verschwunden, aber das luftige Kleid zeigte wenigstens nicht, wo sie saßen. Beschwingt machte sie ein paar Tanzschritte und das Kleid umschmeichelte ihren Körper.

»Hei Sophia, du hast einen guten Blick! Das Kleid ist umwerfend. Ich hätte nie gedacht, dass mir so etwas stehen würde!« Noch einmal drehte sie sich um ihre eigene Achse. »Ob du es mir glaubst oder nicht, jetzt bekomme ich richtig Lust auf das Sommerfest.«

Die Modenschau entwickelte sich zu einem großen Erfolg. Anita, die die meisten der Geschäftskunden gut kannte, sah in deren Gesichtern helle Begeisterung und dass sie immer wieder Notizen in den Katalogen machten. In zwei bis drei Tagen konnten sie mit den ersten Bestellungen rechnen. Wie immer, denn schließlich war die Mode ihres Unternehmens bei vielen beliebt.

Am leckeren Büffet hielt sich Anita nicht zurück. Dazu lockten das Rostbeef, die gefüllten Eier und die Lachsschnittchen zu sehr.

»Hallo, darf ich mich zu dir setzen?« Frank, der Chefdesigner des Hauses hielt ebenfalls einen Teller mit Delikatessen in der Hand. »Jetzt, wo die Anspannung vorbei ist, habe ich großen Hunger.«

Anitas Herz klopfte einen Takt schneller und sie fühlte, wie ihre Hände feucht wurden. Mit diesem Glück hatte sie nicht gerechnet. Unauffällig musterte sie Frank im schummerigen Licht des Saals. Sein Gesicht war freundlich und ein paar Lachfalten zierten seine Wangenpartie. Deutlich erkannte Anita seine Erleichterung über die gelungene Modeschau. Er wirkte mit seinen knapp 190 cm nicht gerade klein und der maßgeschneiderte Anzug saß perfekt. Die paar Pfunde zuviel ahnte man nur.

»Ja, gern.« Sie rückte ein Stück zur Seite. »Die heutige Vorstellung war wieder allererste Sahne. Den zufriedenen Gesichtern der Kunden nach füllen sich in den nächsten Tagen die Auftragsbücher. Dein Erfolg, denn du entwirfst die Modelle.«

»Ach, nun übertreib mal nicht! Es gehört noch sehr viel mehr dazu. Es ist im Prinzip der Erfolg der gesamten Firma!«

Leise spielte die Musik auf und nach und nach strömten die ersten Tänzer auf die Fläche.

»Hast du auch Lust?« Frank schob seinen Teller beiseite und lächelte sie fragend an.

»Nein, lieber nicht. Es ist Ewigkeiten her, dass ich mal getanzt habe. Und außerdem habe ich mir meinen Knöchel verstaucht«, flunkerte Anita. Die Blamage dort oben, das wollte sie sich nicht antun. Ganz besonders nicht mit Frank, wo er ihr doch ausnehmend gut gefiel.

»Oh, treibst du Sport oder woher kommt die Verletzung?« Frank musterte sie mit großen Augen. Fast schien Anita es so, als ob sein Bedauern echt wäre und er es nicht nur aus Höflichkeit sagte. Wenn sie sich vorstellte, sich an Franks Brust anzulehnen, bekam sie feuchte Hände. Halt Stopp, bremste sie ihr Inneres ich. Als dicker Mensch hat man keine Chancen. Der Widerspruch des anderen ich’s »aber er ist ja auch dick« ging im Gefühlschaos unter.

»Nein, ich und Sport – alle unsere Anzüge würden aus den Nähten platzen. Es gibt ja keine ansprechenden oder gar schönen Anzüge für rundliche Menschen. Die ganze Kollektion ist doch total am Markt vorbei! Genial wäre es, wenn die Sachen figurbetont aber gleichzeitig Problemzonen `wegzaubern´ würden.« Anita stockte und erschrak über ihre Worte. Das kam ja fast einer Kritik an Frank und seiner Arbeit gleich! »Nein, ich bin nur das Tragen von Pumps nicht mehr gewöhnt. So selten, wie ich ein Kleid trage.«

»Ach, so ist das.« Dabei nahm sein Gesicht einen nachdenklichen Ausdruck an und er reagierte nicht mehr auf ihre vorsichtigen Kontaktversuche.

Sehr geknickt und enttäuscht über den unbefriedigten Verlauf des Abends ging sie frühzeitig. Zum Glück hatte sie in ihrer Handtasche noch eine Notration Schokolade. Für die paar lächerlichen Kilometer reichte die Tafel gerade mit Müh und Not.

»Anita, du sollst zum Chef kommen!« Sophia stürmte wie gewohnt in ihr Büro. »Was ist denn passiert? Alle tun so geheimnisvoll. Hast du eine Ahnung?«

»Nein«, Anita schüttelte den Kopf. »Am Sommerfest hatte ich mich mit Frank unterhalten und offensichtlich habe ich etwas Verkehrtes gesagt.«

Anitas Kopf sank ein Stückchen tiefer. »Wahrscheinlich hat er sich beim Chef beschwert. Von wegen unfähige Mitarbeiterin oder so ...«

Sophia lachte auf. »He, so schnell kann man Frank normalerweise nicht beleidigen. Er wirkte eben sehr zufrieden und stolz. Ich hatte eher das Gefühl, als ob die beiden etwas Neues aushecken. Nun aber los mit dir!«

Der Weg bis zum Chef kam Anita wie ein Spießrutenlauf vor. Ihre Finger gingen in ihren Taschen auf Wanderschaft und suchten verzweifelt nach einer Tafel Schokolade. Vergeblich, diese ruhten sicher verwahrt in der Schreibtischschublade.

Zaghaft klopfte sie an der Tür des Chefs. Keine Reaktion, nur das Lachen der beiden klang gedämpft an ihr Ohr. Notgedrungen klopfte sie noch einmal.

Diesmal ertönte umgehend ein »Herein!«

Mit gesenktem Kopf trat Anita ein. Maren hatte recht gehabt. Die Gesichter der beiden waren in keinster Weise ernst. Vielmehr sahen sie sehr zufrieden aus.

»Hallo Anita, schön, dass Sie gekommen sind. Wir wollten nämlich Ihre Meinung hören.«

»Ja, genau. Du hast mich während unseres Betriebsfestes auf eine geniale Idee gebracht. Sportmode für Mollige!« Frank sah sie mit einem gewinnenden Lächeln an. Anita spürte, wie ihre Knie anfingen zu zittern. »Hier, schau dir die Entwürfe an. Sportlich-bequem, aber gleichzeitig durch geschickten Schnitt und Farbauswahl die Problemzonen kaschierend.«

Frank hielt ihr die Zeichnungen hin. Das Erste, was sie bemerkte, war ihre Person auf dem Skizzenblock. Es gab keine Zweifel – die kurzen, braunen Haare, die zierliche goldgefasste Brille. Anita spürte, wie es eiskalt ihren Rücken hinunterlief. Ihr Herz schlug einen Trommelwirbel und eine innere Stimme rief voller Freude: Er mag dich!

Eindeutig. Frank hatte Sportmode für sie entworfen! Und was sie sah, das gefiel ihr. Sogar ausgesprochen gut. Ohne Mühe konnte sie sich vorstellen, darin im Fitnesscenter zu erscheinen.

»Genau, das ist genial! Unter solchen Umständen könnte auch ich noch Lust bekommen, Sport zu betreiben!«

Ihr Chef nickte zustimmend. »Wir haben eine Marktlücke entdeckt. Ihr Hinweis hat Frank auf neue Ideen gebracht.« Fast schien es so, als ob ihr Chef gleich aus dem Sessel springen würde, um sie zu umarmen. »Nun meine Frage – Anita, möchten Sie für Frank Modell stehen und unsere Kollektion der sehr verehrten Kundschaft vorführen? Selbstverständlich mit angepasstem Honorar und Freistellung von der Arbeit.«

Anita brauchte nicht lange zu überlegen. Die Welle der Begeisterung, die die beiden vor sich hertrugen, hatte auch sie erfasst. »Ja, klar! Da gibt es überhaupt kein Nachdenken für mich.«

»Hallo Anita, das war aber eine lange Besprechung. Um was ging es denn?« Sophia stand bei der Kaffeemaschine und griff nach einem Diät-Keks.

»Während wir ein paar Kekse knabbern, kannst du mir ja erzählen. Also ...«

Anita lachte glücklich und schenkte sich ebenfalls eine Tasse ein. »Also, unser Chef plant eine neue Kollektion und Frank und ich, wir heiraten.«

Anita und Sophia husteten im gleichen Augenblick los. »Nein, nein! Ich habe mich versprochen. Frank und ich, wir arbeiten zusammen an der neuen Kollektion und führen sie auch gemeinsam vor. Mode für Mollige.«

Nach Feierabend bummelte Anita langsam zum Parkplatz. Die warme Sommerluft empfand sie wie einen vielversprechenden Anfang. Sie lockte die farbenprächtigsten Blüten hervor und weckte bei ihr ein ungeahntes Gefühl von Glück. Glück darüber, dass es jemanden gab, der sie liebte und der ihre Gefühle erwiderte.

Vogelstimmen erklangen im Busch und Anita entdeckte eine Amsel, die fröhlich ihr Lied sang. Sie schloss ihren Wagen auf und stieg ein. Dabei schweifte ihr Blick an den gegenüberliegenden Häuserfassaden entlang. `Sportcenterエ stand in riesigen Buchstaben an der Wand. Früher war ihr das nie aufgefallen. Ohne lange zu überlegen, stieg sie wieder aus und ging hinüber. Kurz darauf hielt sie zwei Karten in den Händen. Genau so zielstrebig ging sie zurück in Franks Büro.

 

»Hallo Frank, ich habe eine Überraschung für dich!« Dabei hielt sie die zwei Karten hoch. »Seit fünf Minuten sind wir Mitglieder im Fitnesscenter. Damit wir unsere Mode auch gleich stilvoll ausführen können.«

Frank ging auf sie zu und umarmte sie erfreut. »Eine tolle Idee. Aber wir müssen aufpassen, sonst passt uns die neue Kollektion schon bald nicht mehr. Wäre doch schade oder?«

Sein gehauchtes »ich liebe dich«, ging in seinem zärtlichen Kuss unter, der irgendwie nach Zartbitterschokolade schmeckte.

To koniec darmowego fragmentu. Czy chcesz czytać dalej?