Czytaj książkę: «Die Wohngemeinschaft»

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Kathrin Noreikat

Die Wohngemeinschaft

Ankunft in New York

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Epilog

Impressum neobooks

Prolog

Mike lenkte den Zwanzig-Tonner auf den Highway Nummer 95. „Roger. Over and out“, sprach er in das Funksprechgerät. Ein Lebenszeichen an die Zentrale, dass er nun auf dem Weg nach Florida war.

Es würde eine ruhige Nacht werden. Mike liebte diese Nachtfahrten, weniger Pkws auf den Straßen. Er hatte einen Haufen Musik-CDs von seinem Kumpel ausgeliehen und wollte die kommenden Stunden Rock- und Popsongs hören.

Heute Nacht hatte er tiefgefrorene Bagels in seinem Truck geladen. Von New York nach Miami sollte die Tour gehen.

Gerade lief „Highway to hell“ von AC/DC aus den Lautsprechern der CD-Anlage als er am Straßenrand eine wild gestikulierende Person entdeckte. Seit einer Weile schon fuhr Mike auf einer Landstraße durch eine ländliche Gegend. Der Highway war wegen einer Nachtbaustelle voll gesperrt worden. Diese Umwege fuhr der Fernfahrer nicht ungern, denn so lernte er Schleichwege und mögliche Abkürzungen kennen, die ihm für spätere Touren vielleicht nützlich sein würden.

Die Person stand neben einem Fahrzeug, dessen Warnblinkanlage unentwegt aufleuchtete.

Ohne Zögern trat Mike auf die Bremse. Doch bis der schwere Lkw zum Stehen gekommen war, legte er ein ganzes Stück Landstraße zurück.

Endlich kam der Lastwagen zum Stehen. Mike stieg aus und ging zu der Gestalt und dem blinkenden Fahrzeug.

Schon von weitem rief die Person ihm etwas zu.

Als der Fernfahrer näher kam, erkannte er eine Frau, die der Hysterie nahe war.

„Helfen sie mir! Bitte!“

Mike versuchte die Frau zu beruhigen, doch sie zitterte am ganzen Leib. Vorsichtig um sie nicht noch mehr zu ängstigen, strich er ihr sanft über den Rücken.

„Ist schon gut“, sagte er. „Was ist mit ihrem Arm geschehen?“

Die Frau hielt sich den linken Unterarm. Der Ärmel der blauen Bluse war zerrissen. Der Stoff hing in kleinen Fetzen hinunter, das Blut aus der Wunde war bereits am Gerinnen.

Mike war entsetzt: „Was ist denn passiert?“

„Ein Platten, ich bin ausgestiegen und da war dieses...“, die Stimme der Frau versagte. Dann flehte sie abermals: „Bitte, wir müssen hier weg!“

Der Lkw-Fahrer ging zum Kofferraum des Fahrzeuges und suchte nach einem Ersatzreifen.

Jetzt erst nahm er die Umgebung wahr.

Die Landstraße führte an einem Wald entlang. Die hohen Tannen bildeten eine Mauer zwischen Straße und dem Waldinneren. Mike konnte nichts zwischen den Bäumen erkennen. Der Wald war dunkel und schwarz.

Der Vollmond blitzte zwischen den schnell dahin ziehenden Wolken ab und zu hervor.

Das Rauschen der Tannen ließ fast kein anderes Geräusch zu. Mike merkte wie er eine Gänsehaut bekam. Dies hier war kein guter Ort um einen Platten zu haben. Ein Heulen war aus dem dichten Wald zu hören. Ein Hund? Wer ging um diese Nachtzeit mit seinem Hund spazieren? Ein Wolf? Gab es in dieser Gegend Wölfe?

Er wusste es nicht. Er wusste nur, dass er hier und jetzt keinen platten Reifen wechseln wollte.

Ein erneutes Heulen, nun näher. Die Frau zerrte mit dem unverletzten Arm an seinem Hemd.

„Bitte, wir müssen hier verschwinden. Schnell!“ Mike nickte heftig: „Ja, Verschwinden wir!“

Die beiden eilten zum Truck. Die Angst hatte sich an ihre Fersen geheftet und ließ sie nicht mehr los.

War der Lkw immer so stockend angesprungen?

Endlich sprang der Motor an und der Fernfahrer drückte aufs Gaspedal. Mit jedem Meter den die beiden von dem liegengebliebenen Pkw zurück legten, reduzierte sich ihr Unbehagen.

Zwischen den hohen Tannen trat ein fellbesetztes Wesen hervor. Die langen Schneidezähne funkelten im Mondlicht. Zwischen den Krallen hatte sich blauer Stoff verfangen.

Kapitel 1

Kapitel 1

Es ist heiß, doch hier oben weht eine angenehme Brise.

Kelly sitzt auf einer Dachterrasse eines mehrstöckigen Hauses. Ihren Strohhut hat sie mit einem bunten Tuch um den Hals geknotet.

Ob die 40-Grad-Marke heute geknackt wird?

Seit Tagen wurde nur noch vom Wetter geredet: Radio, TV-Nachrichten, selbst in der August-Ausgabe „Jagd & Hund“, einem Magazin für Jäger, das ihr Mitbewohner Josh abonniert hat, drehte sich alles ums Wetter.

Kelly greift zu dem Glas Eistee und nippt daran. Die Eiswürfel klirren. Die kühle Flüssigkeit rinnt ihre Kehle hinunter. Das tut gut.

Sie muss heute noch unbedingt das nächste Kapitel für ihre Seminararbeit fertig schreiben. „Ansonsten sieht es düster für dich aus“, hatte der Dozent geurteilt.

Vor einem halben Jahr war Kelly von Chicago an die New Yorker Universität gewechselt.

Chicago war der Studentin zu windig geworden. Ihre langjährige Freundin Judith behauptete jedoch, sie solle nicht den Wind für den Weggang verantwortlich machen. Viel mehr hatte der Umzug mit der Trennung ihres Freundes zu tun gehabt.

Um nicht ständig an ihn erinnert zu werden oder ihm gar auf der Madison Avenue oder an der Uferpromenade des Lake Michigans zu begegnen, entschloss sie sich an die Ostküste zu ziehen. Also wechselte sie zum Wintersemester an die New Yorker Universität.

Neue Stadt, neues Glück.

Doch das Glück schien ihr nicht hold, denn die Wohnungssuche gestaltete sich äußerst schwierig. Die meisten Anzeigen boten ein Wohnklo mit Kochnische oder ein winziges Apartment mit einer Raumhöhe von nur 1,50 m unter dem Dach an.

„Warum ziehst du nicht in eine WG? Dann hast du Gesellschaft und sparst auch noch ein paar Dollar“, schlug Judith vor.

An der Universität klebten zahlreiche „WG-Zimmer frei“-Zettel an den schwarzen Brettern. Rief Kelly dort an, waren die Zimmer allerdings schon vergeben oder das Zimmer mit „Blick ins Grüne“ entpuppte sich als Abstellkammer mit Blick auf eine grün angestrichene Hauswand des gegenüberliegenden Gebäudes.

Beinahe wollte sie schon nach windy city Chicago zurück ziehen, da sie unter der Brooklyn Bridge auch nicht kampieren wollte.

Als sie den handgeschriebenen Zettel „Josh & Aidan suchen Mitbewohnerin“ auf dem Boden eines Seminarraumes fand, schöpfte die Studentin neue Hoffnung. Die Vorlesung über die Wiener Secession war interessant gewesen, aber dieser ungewöhnlich gestaltete Flyer nicht minder. Die Gestaltung und die Adresse machten sie stutzig. Totenköpfe am Rande des Blattes und eine Adresse in Greenwich Village.

„WG-Zimmer in Penthouse frei“ war in einer kunstvollen Schrift zu lesen.

Ob die beiden, Aidan und Josh, ein Paar waren? Künstler? Schließlich wohnten sie in Greenwich Village, dem Künstlerviertel von New York.

Da Kelly ihr erspartes Geld nicht dauerhaft im youth hostel, in dem sie momentan wohnte, ausgeben wollte, rief sie sofort unter der angegebenen Handynummer an.

„Erica?“ hörte Kelly eine aufgebrachte Männerstimme.

Einen Moment war sie verwirrt.

„Äh, nein. Hier ist Kelly. Ich rufe wegen dem WG-Zimmer an.“

Schweigen.

„Hallo? Sind sie noch dran?“

Die Stimme am anderen Ende der Leitung meldete sich wieder.

„Oh, ja. Tut mir leid. Erica ist meine... äh... Freundin und wir hatten gestern....“

„Hören Sie. Ich will nur wissen, ob das Zimmer noch zu haben ist“, unterbrach Kelly den Mann.

„Ach so, ja ja.“

Sie vereinbarten einen Besichtigungstermin am darauffolgenden Vormittag.

Am nächsten Tag war Kelly sehr gespannt, ob die angegebene Adresse in Greenwich Village stimmen würde. Die Typen machten sich bestimmt einen Spaß daraus eine falsche Adresse anzugeben. Wahrscheinlich würde sie vor einen Bauzaun geführt werden und die Typen standen an der nächsten Ecke und würden sich über sie lustig machen.

Die Studentin hatte sich zu recht gemacht, weil sie einen guten Eindruck machen wollte. Ihre langen rotblonden Haare hatte sie am Hinterkopf zu einem Dutt zusammen geknotet, einzelne Strähnen hingen absichtlich an der Seite heraus. Sogar ein wenig Rouge hatte sie auf ihr mit Sommersprossen gesprenkeltes Gesicht aufgetragen, was sie sonst nur selten tat. Das bunte Kleid von Desingual, das sie im Outlet erstanden hatte, war ihr bestes Stück. Es hatte ihr auch zu einer Zusage für einen Nebenjob verholfen. Vielleicht würde ihr das schicke Kleid nun ebenso eine Bleibe in einem Penthouse verschaffen.

Die Studentin stand vor der angegebenen Adresse in der MacDougal Street. Kein Bauzaun, sondern ein hohes Gebäude aus rotem Klinker fand sie vor.

Sie drückte die oberste Klingel, auf der der Name stand, den der Mann ihr am Telefon genannt hatte. Wenige Augenblicke später signalisiert ein Surren, dass die Haustür geöffnet wurde. Kelly nahm den Fahrstuhl in den obersten Stock und trat voller Neugierde aus dem Lift. Penthouse-WG, so wirklich glauben konnte sie es immer noch nicht. Doch sie wurde eines besseren belehrt.

Josh, der Mann mit dem sie telefoniert hatte, öffnete ihr die Wohnungstür. Er trug eine kakifarbene Hose und ein dunkelgrünes Hemd. Seine Augen waren rehbraun und die hellbraunen Haare waren strubbelig. Hinter ihm stand ein schlanker Mann, der ganz in schwarz gekleidet war.

„Bitte komm´ herein. Ich bin Aidan und das ist Josh“, sagte der Mann in schwarz. Seine Gesichtszüge waren scharf geschnitten und wirkten nicht besonders freundlich, aber er machte eine einladende Geste und lächelte.

Sie gingen durch einen breiten Flur und kamen an einer Garderobe und an mehreren Türen vorbei bis sie schließlich im Wohnzimmer standen. Der Raum war groß und hell. Die Frühlingssonne schien durch die Glasfront. Sie nahmen auf einem Sofa aus hellgrauem Leder Platz, fünf verschieden farbige Kissen waren dekorativ darauf platziert. Aus dieser Position konnte Kelly den Raum gut überblicken. Die wenigen Möbelstücke wirkten geschmackvoll und waren in einem modernen Design in schwarz und weiß gehalten. Der große Esstisch mit sechs Stühlen stand am anderen Ende des Zimmers. Darauf thronte eine schwarze Vase mit weißen Lilien darin. Einen Durchgang zur Küche konnte Kelly erahnen. Die begrünte Dachterrasse war durch die gläsernen Schiebetüren zu sehen, dahinter erstreckte sich das Panorama der Stadt.

Das Penthouse mit der Dachterrasse wirkte auf sie wie aus der Zeitschrift „Schöner wohnen“. Sollte sie das freie Zimmer tatsächlich bekommen, wäre es ein Glücksgriff.

Nach dem üblichen small talk zeigten die Männer ihr endlich das zu vermietende WG-Zimmer. Es befand sich gleich rechts neben der Wohnungstür. Ein eigenes Bad und einen Zugang auf die großzügige Dachterrasse, die sich um das Gebäude wand, ließen Kelly staunen. Wo war der Haken? fragte sie sich im Stillen. Der Preis war es merkwürdigerweise nicht, denn dieser war bezahlbar und für solch einen Komfort geradezu lächerlich gering.

Aidan ergriff das Wort: „Wie du siehst, ist das Zimmer voll möbliert.“

„Die Vormieterin hat einfach alles da gelassen als sie plötzlich verschwand,“ empörte sich der andere.

Aidan warf ihm einen erbosten Blick zu.

„Wie verschwunden? Warum ist sie denn ausgezogen?“ fragte Kelly neugierig.

Sie konnte sich nicht vorstellen, hier freiwillig wieder auszuziehen.

Als ob Aidan ihren Zwischenruf gar nicht gehört hatte, fuhr er fort: “Wir hoffen, dir sagen die Möbel und das Zimmer zu.“

Josh übernahm nun das Wort: „Wobei wir schon ein paar Bedingungen haben, die du erfüllen musst, wenn du hier einziehen willst.“

Begierig die Bedingungen zu erfahren, nickte sie.

„Die Wohnung hat eine zweite Etage, in der wir unsere Zimmer haben“, er wies mit der Hand auf sich und den schlanken Mann neben sich. „Es ist dir nicht gestattet dort hinauf zu gehen. Sollten wir bemerken, dass du es in unserer Abwesenheit dennoch getan hast, wird es schlimme Folgen für dich haben.“

Der Typ hatte wohl einen Hang zur Theatralik. Wahrscheinlich waren die Herren in ihren Gemächern chronisch unordentlich und wollten nicht jedem ihr Chaos präsentieren.

Nachdem die Studentin die anderen Bedingungen gehört hatte, zuckte sie mit den Schultern: „Wenn es weiter nichts ist. Also mir gefällt das Zimmer. Ich würde es nehmen.“

Die Männer schauten sich erstaunt an: „Okay. Wann kannst du einziehen?“

„Sofort. Ich bin erst vor kurzem aus Chicago hergezogen und habe nur ein paar Klamotten und Uniunterlagen mitgenommen. Sie sind im youth hostel“, antwortete sie.

Während Kelly zum youth hostel ging um dort ihre zwei Reisetaschen zu holen, saßen die beiden Männer auf der grauen Sofalandschaft im Wohnzimmer.

„Versau´ es nicht wieder“, mahnte Josh und warf ein Kissen zu Aidan „Kelly scheint ganz nett zu sein“.

Aidan ließ das Kissen an sich abprallen und antwortete zerknirscht: „Wie oft muss ich mich denn noch entschuldigen?“ Er legte die Zeitschrift zur Seite, die durch den Angriff mit dem Kissen in Mitleidenschaft gezogen worden war.

„Ich habe die Kontrolle verloren. Es wird nicht wieder passieren“, versprach er.

Josh stand auf. “Das hoffe ich für uns und vor allem für Kelly. Ich finde nämlich sie duftet erfrischend nach Lavendel und sieht ein wenig wie eine Fee aus, meinst du nicht auch?“

Aidan verdrehte die Augen und schlug die zerknitterte Zeitschrift wieder auf.

„Du wirst sicher keinen Hunger haben, aber ich wollte heute Abend für uns kochen. Damit Kelly einen guten Eindruck von uns beiden hat, wäre es klug, wenn du ebenso am Tisch sitzen würdest und wenigstens so tun könntest als ob du etwas essen würdest.“

Ein Aufstöhnen: „Na gut. Wenn es unbedingt sein muss“.

„Hier draußen auf der Terrasse“, ruft Kelly.

Ihre Mitbewohner sind zeitgleich nach Hause gekommen, was selten geschieht.

Josh hatte seine übliche „Ist jemand zu Hause“-Frage durch das Penthouse gebrüllt und die Wohnungstür geräuschvoll ins Schloss fallen lassen.

Sein ungestürmtes und temperamentvolles Verhalten war manchmal störend, denn mit seinem Gebrüll hatte er Kelly schon mehrmals aus der Konzentration beim Lernen oder Schreiben gerissen. Wie auch jetzt, obgleich Kelly bei der Hitze nicht behaupten konnte, konzentriert zu sein.

Sie tippte in ihr Notebook: „Der Künstler pflegte enge Beziehungen zu einigen seiner Auftraggeber. Er war nie verheiratet, hatte aber zu mehreren Frauen...“ als sie jemanden neben sich registrierte. Es war ihr Mitbewohner Aidan.

Er bewegte sich lautlos und Kelly hatte sein Kommen wie so oft nicht bemerkt.

Selbst das Betreten der hölzernen Treppe, das ihr untersagt war, war geräuschlos von ihm. Um so geräuschvoller waren Joshs Tritte. Er stampfte morgens um sechs Uhr die Treppe rauf und runter. Meistens ein paarmal hintereinander, denn dauernd vergaß er etwas.

„Möchtest du Eistee? Die Karaffe steht im Kühlschrank“, bietet Kelly ihrem Mitbewohner an, der in seiner schwarzen Sonnenbrille ziemlich smart aussieht.

„Nein danke“, leichtes Kopfschütteln.

Über Aidans sonst ernst wirkenden Gesicht huscht ein Lächeln.

„Ich vergaß“, erwidert sie „dann bleibt mehr für mich“, und sie kann das Grinsen nicht unterdrücken.

Wenig später steht er abermals neben ihr und reicht einen Teller mit Stücken einer frisch geschnittenen Melone ihr entgegen.

„Du solltest bei der Hitze viel Wasser zu dir nehmen“, bestimmt er.

Kelly ist überrascht und nimmt dankend an. Die frische Melone schmeckt köstlich.

Die Ess- und Trinkgewohnheiten ihrer Mitbewohner sind sehr unterschiedlich. Ihre Wunschvorstellung einer WG mit täglich gemeinsamen Mahlzeiten wurde nur am ersten Tag erfüllt. Meistens isst die Studentin alleine am langen Esstisch, der sich zwischen Küche und Wohnzimmer befindet. Durch den Schichtdienst von Aidan und aufgrund der zahlreichen Sportaktivitäten von Josh ist dies Alltag.

Außerdem isst und trinkt Aidan nichts oder zumindest nicht in Anwesenheit anderer Personen. Ob er magersüchtig ist? Das würde jedoch nicht zu seiner Figur passen, da er nicht hager oder dürr ist, sondern eher muskulös.

Josh hingegen isst für zwei, wobei er nicht übergewichtig ist. Sein Körper ist athletisch und durch das tägliche Joggen trainiert.

Das bisher einzige gemeinsame Abendessen war an dem Abend als Kelly einzog.

Sie hatte ihre wenigen Habseligkeiten aus dem youth hostel ins Penthouse gebracht. Das Einräumen in die vorhandenen Schränke war schnell geschehen.

Anschießend half sie Josh bei der Vorbereitung des „Willkommen-Essens“ wie er es nannte.

„Ich koche gerne“, erklärte er und goss die Nudeln in ein Sieb ab.

Josh zauberte ein 3-Gänge-Menue, das Kelly nicht so schnell vergessen würde.

Einmal, weil es sehr köstlich war. Dann, weil sie vergessen hatte ihren Mitbewohnern mitzuteilen, dass sie Vegetarierin sei.

Daraufhin musste Josh die zehn Würstchen und fünf Holzfäller-Steaks alleine vertilgen, den Einwand, er könne sie doch morgen noch essen oder gar einfrieren, ließ er nicht gelten. Aidan saß währenddessen gelangweilt am Tisch und kostete weder das Gemüse noch die Mango-Mascarpone-Creme, die es als Nachspeise gab. Auf ihre Frage, ob er denn keinen Hunger hätte, antwortete er: „Ich habe schon in der Krankenhauskantine gegessen.“

„Das tut er immer, wenn ich koche“, schmatzte Josh mit vollem Mund.

Um von der Essensfrage abzulenken, wie Kelly vermutete, fragte Aidan sie interessiert:„Was studierst du eigentlich?“

Kelly spießte ein Stück Tomate auf die Gabel: “Kunstgeschichte. Ich belege des weiteren Kurse in Malerei und Fotografie.“

„Wie wirst du die Miete bezahlen?“ erkundigte sich Aidan.

„Ich jobbe im MoMa“.

Joshs Gesichtsausdruck war ein Fragezeichen.

Kopfschüttelnd klärte der andere auf: „Das Museum of Modern Art.“

„Ach so.“

„Und ihr? Studiert ihr auch?“

„Nein, wir studieren nicht. Er ist Mathematik- und Sportlehrer an einer Highschool“, Aidan zeigte auf seinen kauenden Mitbewohner.

Josh schluckte und sagte: „Und Aidan ist ein Herzensbrecher“.

Jetzt war Kellys Gesicht ein Fragezeichen.

„Ich bin Kardiologe im St. Andrews Krankenhaus“.

Nach dem Abendessen machten die drei Bewohner den Abwasch. Es war fast Mitternacht, als die neue Mitbewohnerin gähnend das Licht in der Küche löschte. Der Arzt öffnete die Wohnungstür und war gerade im Begriff, hinaus zu gehen.

„Du gehst um diese Zeit noch weg?“ fragte Kelly erstaunt.

Aidan erwiderte: „Ich habe noch eine Verabredung. Gute Nacht Kelly und willkommen in unserer Wohngemeinschaft“, und er zog die Tür lautlos hinter sich zu.

Ihr fragender Blick zu ihrem anderen Mitbewohner wurde nur mit einem Schulterzucken beantwortet.

Kellys Glas Eistee ist leer.

Sie steht auf und will sich in der Küche nachschenken.

Die Karaffe ist nicht mehr im Kühlschrank, sondern am Mund ihres Mitbewohners Josh. Der letzte braune Schluck Eistee verschwindet soeben darin. Ein Rülpsen folgt.

„Ich hoffe, der Eistee hat geschmeckt“, ruft sie von der Küche zum Sofa hinüber, auf dem er liegt.

„Ja, danke.“

Vor Josh ist im Kühlschrank nichts sicher.

Er blättert in einem Buch über Wölfe in Nordamerika. Josh liebt Fauna und Flora, denn er liest ständig Pflanzen- und Tierbestimmungsbücher, obgleich er nicht Biologielehrer ist.

„Hast du gewusst, dass Wölfe meist direkt durch ihren Geruch ihre Beute finden?

Und seltener durch die Verfolgung frischer Spuren? Sie versuchen sich den Beutetieren dann unbemerkt bis auf geringe Distanz zu nähern.“

„Nein, wusste ich nicht“, antwortet Kelly beiläufig.

Ihrem Zimmer gegenüber befindet sich das so genannte Fernsehzimmer. Die Tür steht offen, der breite Flachbildschirm ist schwarz.

Wo ist Aidan? wundert sich Kelly. Sie kann ihn hier unten nirgends entdecken. Wahrscheinlich hat er sich in die obere Etage zurück gezogen. Ihr ist jedoch der Zugang dorthin verwehrt. Vermutlich ruht er sich von der Arbeit als Arzt im Krankenhaus aus. Wie sein Zimmer wohl eingerichtet ist?

Sie würde schon gerne ihre Neugierde befriedigen und in das obere Stockwerk gehen.

Doch ihre Mitbewohner ließen keinen Zweifel daran, dass ihre Bedingungen nicht handelbar waren. So freundlich und zuvorkommend sie ihr gegenüber waren, umgab die beiden eine geheimnisvolle und manchmal angsteinflößende Aura. Die Folgen einer Übertretung ihrer Bedingungen wollte sie dann doch lieber nicht erfahren.

Bereits die Türklinke ihres Zimmers in der Hand hört sie die Stimme des Lehrers: „Ach, bitte denk daran, dass in zwei Tagen Vollmond ist. Du musst heute noch das Zitronenbäumchen umtopfen.“

Kelly stöhnt. Auch das noch. Sie musste an der Seminararbeit weiter schreiben und konnte nicht den Nachmittag als Gärtnerin tätig sein. Doch die Pflege der Zimmer- und Balkonpflanzen im Einklang mit dem Mondzyklus war einer der unumstößlichen Bedingungen gewesen, um in diese WG einziehen zu können.

Sie hatte geglaubt, dass in einem bisher reinem Männerhaushalt wenig Pflanzen existieren würden und diese sicher nicht nach den Mondphasen zu versorgen seien.

„Warum habt ihr so dermaßen viele Pflanzen?“ fragte Kelly an dem Abend, als sie gemeinsam zu Abend aßen.

Aidan antwortete zögerlich, dass seien die Pflanzen von Melissa.

„Melissa? Die Vormieterin?“

„Ja, sie hat in einem Blumenladen gearbeitet“.

Somit hatte Melissa das Penthouse und die Dachterrasse in eine grüne Hölle verwandelt.

In dem von Kelly bezogenen Zimmer standen Orchideen in verschiedenen Farben auf der Fensterbank. Die Küche war zum Kräutergarten geworden und auf der Dachterrasse standen Töpfe und Kübel mit Bambus, Hibiskus, Polsterglockenblumen, Begonien und Petunien.

Das Zitronenbäumchen konnte demnach laut Mondkalender, der an der Wand im Flur aufgehängt war, nicht warten. Dass man eine wichtige Seminararbeit fertig schreiben musste, davon stand nichts im Mondkalender.

Anfangs hatte Kelly die Gartenarbeit nicht gemocht, doch mit der Zeit hatte sie Freude daran gefunden und somit war das Umpflanzen des Zitronenbäumchens keine wirkliche Belastung mehr.

Später sitzt sie am Schreibtisch und formuliert weiter am Text über den Maler Gustav Klimt. Ins Zimmer strömt angenehm kühle Luft durch den Schacht der Klimaanlage. Die Möbel, Kleiderschrank, Kommode, Bett und Schreibtisch, hatte Kelly von ihrer Vormieterin behalten. Es war nicht ganz ihr Einrichtungsgeschmack, aber aufgrund ihrer finanziellen Situation behielt sie die Möbel. Die Gardinen mit Blumenmuster hatte sie jedoch durch eine Schlichte ersetzt.

Aus Chicago hatte sie ihre Staffelei her schicken lassen und die Kunstdrucke ihrer Lieblingsmaler an die Wand befestigt.

Ihre Mitbewohner sieht sie an diesem Tag nicht mehr, nur abends hörte sie Josh das Penthouse verlassen.

Wo will er an diesem Sommerabend noch hin? Ein date mit Erica?

Was geht mich das Liebesleben meiner Mitbewohner an, denkt Kelly. Ein Liebespaar sind Josh und Aidan auf jeden Fall nicht, sondern die besten Freunde, die zusammen in einem luxuriösen Penthouse wohnen. Wie sie sich die Miete leisten können? Oder ist das Penthouse gar in ihrem Besitz? Was geht es mich an. Nur wissen würde ich es gerne, sinniert Kelly.

Als Kelly am nächsten Morgen zur Universität geht, kann sie am Kiosk die Schlagzeile der Tageszeitung lesen: „Hitzerekord nicht geknackt.“

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