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Czytaj książkę: «Florens Abentheuer in Afrika, und ihre Heimkehr nach Paris. Zweiter Band», strona 2

Czcionka:

Viertes Kapitel.
Ein alter Bekannter tritt wieder auf

Flore weinte also, aber denn doch mit Philosophie, das heißt, sie hörte nach einiger Zeit auf. Die Genugthuung behielt sie sich vor, einst dem Sultan zu erklären, sie habe keinen Theil an dem, was mit Osmann vorgegangen sei, und darauf zu bestehn, daß dem Unglücklichen ein stolzes Monument errichtet werde.

So vergingen mehrere Wochen, in deren Verlauf sich die Zeichen der Volksgunst abermals erweiterten. Von dem Ungewitter, das ihr vom Lager her drohte, fürchtete die arme Unwissende nichts.

Sie sollte zuvor aber noch mannichfach überrascht werden. Früher als sie es hatte erwarten können, wurde ihr ein schwarzer Sklavenhändler gemeldet. Sie ließ ihn vor, und es war der ehrliche Musa. Er hatte treulich Florens Auftrag vollzogen, und in Cairo Ring gesucht. Doch war dieser schon seit einiger Zeit von dort entfernt, denn er hatte nach seinem Beruf, den Truppen, die Syrien besuchten, folgen müssen. Und die Nachrichten, welche den Verlust bei dieser Gelegenheit aufzählten, waren noch bei Musas Anwesenheit in Cairo bekannt geworden – dort hatte er das Unglück gehabt, von den Türken gefangen zu werden. Durch einen Griechen, der im Umgang mit vielen Franzosen stand, war es dem Neger möglich geworden, über das alles Kundschaft einzuziehn.

Flore erschrack gar sehr, da die Gefangenschaft bei den Türken, wie man erfuhr, drückend genug sein sollte, indessen tröstete sie Musa, und sagte: Es findet sich doch auch mancher wackere Muselmann, und wenn man sich auf weitere Kundschaft legt, und Nachricht einzieht, wo er hingekommen ist, so wird er wohl loszukaufen sein. Ich verspreche meiner Bekannten Beistand, denn für mich selbst ist Syrien zu entlegen.

Jetzt zog der Neger noch einen Brief aus der Tasche. Diesen, sagte er, hat dein Frank in seiner Wohnung zurückgelassen. Er war für dich bestimmt, wenn du etwa nach Cairo zurückkämest, und weil ich davon hörte, mußte ihn mir der Grieche verschaffen.

Flore griff hastig zu, und ihr Herz erbebte, da sie die wohlbekannte Hand der Aufschrift sah. Mit frohem Zittern erbrach sie das Siegel. Ring schrieb:

Ich folge den Truppen, welche nach Syrien gehn, und theile ihre vielseitige Gefahr. Sollte das Glück wollen, daß du Verlorne während meiner Abwesenheit in Cairo einträfest, so wäre es dir lieb und nützlich, einen Brief von mir zu finden. Darum schreibe ich diese Zeilen nieder, so geringe auch die Hoffnung ist, daß sie in deine Hand gelangen. Den Schmerz dir zu malen, den ich empfand, da ich von den Pyramiden heimkehrte, und erfahren mußte, dich hätten Mamelukken geraubt, erlasse mir, ich würde nur meine Wunden aufreißen. Glaube auch, daß ich nichts unversucht ließ, deinen Aufenthalt zu erspähn. Doch Kosten, Briefe, da und dorthin, gefährliche Reisen, alles blieb unbelohnt. Kömmst du bei dem allen aber nach der Hauptstadt Egyptens, so erwarte mich aus Syrien. Hörst du von meinem Tode, so weine nach Gebühr, versage aber einem braven Franzosen, der um die Wittwe wirbt, deine Hand nicht, daß dir kein Beschützer mangle, dich ins Vaterland zu führen. Erfährst du etwa, ich sei gefangen, wird wohl nur Paris der Ort sein, wo wir uns wieder treffen. Sorge dann nicht um die Härte meines Schicksals, du weißt, ich habe den Kampf gegen das Leben bestehen gelernt, und es giebt keine Lage, in die ich mich nicht muthig und heiter zu fügen wüßte. Ich werde schon meine Masregeln treffen, daß es mir gelingt, Frankreich wieder zu erreichen. Schließe dich dann an meine Freunde, und suche mit dem ersten Schiffe, das nach Europa segelt, abzugehn. Hier hast du also Weisungen für mehr als einen Fall. Doch ist noch ein anderer übrig. Du könntest, niedlich, angenehm und verständig, Glück in eines vornehmen Muselmannes Harem finden, und dies Glück dir durch die Vorwürfe des Pflichtgefühls, die Erinnerungen der Treue gestört werden. Nein, dringt etwa dennoch dieser Brief zu dir, so glaube, daß ich dich um jeden Preis beruhigt wissen mögte. Der Nothwendigkeit muß man gehorchen. Bist du in einen Harem gesperrt, so verseufze das Leben nicht. Genieße, und denke nicht weiter an mich als an einen Freund, den man doch nie hoffen darf, wieder zu sehen. Ich dagegen liebe sicher keine andre, wenn ich dich nicht wieder finde. Das ist keine Tugend, kein Heroismus von Liebe und Treue, sondern beruht auf einer winzigen Kleinigkeit, mir gefällt keine wie du. Es ist weniger ein Wollen, wie ein Müssen, daß ich, sei es in Afrika, Asia oder Europa, ewig bin

der Deine.
Ring.

Groß-Cairo.

Flore war von diesem Briefe innig gerührt, noch stärker ward der Zug des Herzens nach ihm, noch lebendiger erwachte Rings Andenken in ihrer Brust. Weit entfernt, aus der einen Wendung des Briefes, eine Befugniß in Darkulla zu bleiben, für ihre Ueberzeugungen zu schmieden, sah sie in der Liebe, von welcher die Wendung ausging, nur ein heiliges Gebot, nach Befreiung zu streben. Wie wenig stand aber da in ihrer Macht? Sie herrschte in dem Inneren von Darkulla. Aber hätte sie es zu fliehen, zu verlassen gesucht, würde der erste Schritt aus dem engen Passe sie entdeckt haben, denn vor demselben lagerten Truppen, die auf alles was aus und einging, genaue Obacht führten. Zu einem solchen Vorhaben, hätten es auch die anderweitigen Schwierigkeiten und Gefahren ausführbar gemacht, konnte immer die gegenwärtige Zeit nicht gewählt werden.

Sie belohnte unterdessen Musa reichlich, und fragte gleich: in wie fern er würde ausmitteln können, wo Ring gefangen säße? Er antwortete: Schon dachte ich diesen Auftrag zu bekommen, und ließ meine Bekannten in Cairo nach Aleppo Damaskus und Smirna schreiben, denn die Sklaven werden bisweilen weit verführt. Ich denke, wenn ich mit der Caravane nach Fezzan komme, wohin ich bald abgehe, einen Brief dort vorzufinden, der mich benachrichtiget, was die Bekannten erfahren haben.

„Thue alles was du kannst, ihn loszukaufen, ich gebe dir das nöthige Gold gleich mit, und mehr wie du bedarfst, denn ich kann deiner Redlichkeit trauen.“

Musa nahm wieder das Wort: Sultanin, auch meine Knechte waren in dieser Zeit nicht müßig, ja noch glücklicher wie ich! Sie haben Mehemeds Fährte so rastlos verfolgt, bis sie ihn selbst erreichten. Eben da er über den Niger kam, denn er ist auch jenseit dieses Stromes gewesen, fingen sie ihn, und trafen mich auf der Reise hieher, da sie ihn zu mir brachten. Noch alle deine Kostbarkeiten fand ich auf seinen Kameelen, diese aber, gehören mir, wie du wohl einsiehst. Nichts veruntreue ich, doch das meinige lasse ich auch nicht gern fahren.

Behalte alles, rief Flore, ich bedarf dessen jetzt nicht, und kann ich einst Darkulla meiden, gebührt mir für das seinem Volke erwiesene Gute, auch nicht mit leerer Hand zu ziehn. Aber wo ist der betrügerische Mehemed?

Musa rief nach außerhalb, und zwei Neger brachten Perotti geführt. Hier, redete ihn Musa an, ist die Sultanin, sie wird die Strafe über dich verhängen.

Perotti blickte auf Floren, ließ einen Ausruf der Verwunderung hören, faßte sich aber schnell, und stimmte Frohlocken an. So hab ichs gewünscht, vorausgesehn, den Plan legte ich an, schrie er, und warf sich vor der Sultanin nieder.

Sie war sehr befremdet über diese unverschämte Herzhaftigkeit, der Italiener ließ sich aber nicht irre machen, sondern fuhr fort: Bei deiner Liebenswürdigkeit mußte dir in Afrika hohes Glück lächeln, darum kauft ich dich nicht los. Dein Vermögen wollt’ ich dir bewahren, da es ja doch der Sklavenhändler genommen hätte; sieh so ein redlicher Mann bin ich! Auch ist kein Rubin, kein Smaragd abhänden gekommen, was willst du mehr? Daß mich des Musa Knechte festhielten, dafür konnt ich nicht, aber ich wollte eben nach Darkulla kommen, dir deine Schätze auszuhändigen, denn so gebot es meine Gewissenhaftigkeit. Du darfst sie dem Neger nur abnehmen, und kömmst zu deinem Eigenthum. Hast du je eine bewährtere Treue gefunden?

Flore fiel ein: Buben fehlt es selten an Gegenwart des Verstandes. Du meinst doch nicht, ich soll deinen Worten glauben?

Perotti betheuerte von Neuem, und setzte noch hinzu: Wäre auch meine fürwahr engelreine Absicht, schwarz wie die Hölle gewesen, jetzt hättest du Grund, sie zu lieben, sie erhob dich auf den Thron von Darkulla.

„O dieser unglückliche Thron! Hättest du mich von Musa erstanden, vielleicht wäre es mir gelungen, nach Cairo zu kommen!“

Nimmer, nimmer, erhabene Sultanin! Zu keiner Zeit waren die Gegenden mehr mit Räubervolk überschwemmt!

„Mein Freund, dein Feind, fand hier schmähligen Tod. Das macht mir dies Negerland, so reizend es die Natur ausstattete, doppelt verhaßt.“

Dein Freund? mein Feind? Wer wäre das? Ich kenne Niemand, der mein Feind wäre. Ich zum wenigsten liebe die ganze Welt.

„Kennst du den Franzosen Coutances?“

Coutances, er war in Darkulla? Ohne Zweifel Isabellen zu suchen? Und den nennst du meinen Feind? Wir wetteiferten blos um den Besitz der Schönheit. Nie konnt ich ihn hassen. Mich freute vielmehr sein Witz, mich entzückte der verschlagene Sinn, und indem er ihn übte, erhöhte er auch mein Talent!

„Du bist ein Meister der Verstellung.“

Und dieser brave feurige Coutances wäre dahin? Verzeihe meiner Thräne! Sie muß ihm fließen.

Perotti weinte so natürlich, daß Flore beinahe getäuscht wurde. Wenigstens freuten sie die Thränen, welche Coutances geweiht waren. Der Augenblick ihrer Bewegung traf ein, und sie sprach: Sey ein Verräther, ein Heuchler, oder nicht, es ist dir verziehn! Was frommte mir deine Bestrafung? Geh frei aus!

Perotti warf sich von Neuem auf die Erde. Ich bin nicht strafwürdig, dabei blieb er, also kannst du mich auch nicht strafen. Aber was soll mir jetzt die Freiheit? Die Schwarzen raubten mir alles. Nimm mich in deinen Dienst, große Sultanin!

„Dich? ha ha ha!“

Keinen ergebneren, keinen treueren Knecht findest du.

„Ha ha ha!“

Fürwahr, ich kann dir brauchbar seyn. Auf meiner Reise habe ich die Sitten der Völker dieses Welttheils geprüft, und da ich tiefer in den Süden drang, wie noch nie ein Europäer, lernt ich auch klüger mich in den Menschen finden.

„O daran zweifelt bei Signor Perotti Niemand. Und wie fingst du es an, überall ungestört durchdringen zu können, da so mancher Andere früh umkehren mußte, oder seinen Tod fand?“

Auch ich machte den Arzt, wie es andre gethan haben, bediente mich aber lauter kräftiger flüchtiger Reize, die allenfalls im Stande waren, die Lebenskraft des Hinscheidenden noch für eine Stunde zurückzurufen. So machte meine Heilkunde oft Glück, so lange ich anwesend war, was nach meiner Abreise geschah, kümmerte mich nicht!

„O pfui!“

Was thut der Europäer nicht um die Weisheit! Nächstdem hatte ich einige chemische Apparate, einige Instrumente der Naturkundigen auf meinen Thieren. Ich hatte vorausgesehn, daß ich mir so den Ruf eines großen Zauberers und Furcht erwerben könne. Und es gelang mir damit.

Wirklich mögte man glauben, daß wenn ins Große getrieben würde, was Perotti wohl nur mit weniger Bedeutung that, die Naturwissenschaften einen unternehmenden Abentheurer gar wohl in Stand setzten, sich unter den Völkern in Afrika, vielleicht selbst in Asien, zum Religionsstifter zu erheben; das höchste was bis jetzt unter den Menschen erreicht worden ist, da die Namen Moses, Confutsee, Zoroaster, Fot, Mahomed u. s. w. die der großen Eroberer überdauern. Welche für solche Menschen unbegreifliche Erscheinungen könnte sie nicht hervorbringen, die ihnen unfehlbar Himmelswunder gölten, und göttliche Sendung urkundeten. Chemische Prozesse, Elektrizität, Luftschifferei, welche Hülfsmittel zu diesem Zweck. Vielleicht fällt noch ein ruhmsüchtiger Wagehals darauf. Noch interessanter ist aber der Gedanke an eine so hohe Stufe der Naturkunde, die selbst Völkern, wie die gegenwärtig gelehrtesten, Wunderglauben auferlegen könnte. Und doch wird sie gewiß einst erreicht, und muß wieder winzig dastehn, gegen das, was die von ihr weiter gehende Entwicklung offenbaren kann.

O, fuhr Perotti fort, wenn einige ruhige Stunden dazu günstig sind, dann werde ich erzählen, was ich alles unter diesen Völkern sah, und that. Aber am meisten werden meine Hörer staunen, wenn ich berichte, was mir jenseits der Gebürge zu Gesicht kam, die das Auge erst in blauer Ferne entdeckt, wenn der Pilger hundert Meilen über den Niger hinausdrang. Wisse, daß hier Nationen hausen, bei denen tiefe Wissenschaft und Künste mancher Art gar nicht fremde sind. Weiße wohlgebildete Nationen. Nachkommen der von den Römern vertriebenen Carthager, der vor Belisarius fliehenden Vandalen und Andere.

Darauf wäre ich wohl begierig, versetzte Flore.

Es wird sich Zeit dazu finden. Wohlan, bleibe in meinem Dienst, wenn du schon mein Vertrauen nimmer gewinnen kannst.

Jetzt trat auch Alonzo ins Zimmer, der sich nicht wenig über den Ankömmling verwunderte. Es erhub sich gleich ein Streit unter den Beiden. Des Spaniers alter Kummer erwachte, und er maaß dem Italiener Isabellens Verlust bei. Dieser erwiederte: Deine Schuld, daß du mich dem Franzosen nachsetztest. Flore sagte: Dem sei wie ihm wolle, jetzt müßt ihr euch versöhnen. Und wie steht es denn um die Nachrichten von Isabellen, Perotti?

Auf meinem Wege fand ich keine weitere Spur.

Ach sie ist längst hinüber, seufzte Alonzo.

Wir hörten, nahm Flore wieder das Wort, sie sei umgekommen.

Das glaube ich demungeachtet nicht, erwiederte Perotti.

Auch ich nicht, war Florens Bemerkung.

Fünftes Kapitel.
Die schlimme Gefahr naht

Eben wollte man weiter reden, als ein Darkullaner athemlos hereingestürzt kam. Sultanin, rief er, ich bin dir treu, und will, wie Tausend andere, mein Leben in deiner Vertheidigung opfern. – Du sollst deiner Macht entsetzt, getödtet werden. So will es der Sultan.

Alles rief bestürzt: der Sultan?

Ja, fuhr der Darkullaner fort, und schon ist sein Bruder Tata zum Felsenweg herein. Allen die in den Dörfern wohnen, verkündigt er Kukus Befehl. Hoher Lohn erwartet den, der dich lebend oder todt liefert. Viele Mächtigen jubeln, aber die Knechte weinen, und berathen, ob sie sich dir zur Seite stellen sollen? Denn du warst ihnen mild, und sahen sie es nicht gleich ein, daß sie in dir ihre Beschützerin lieben mußten, so sind sie nun von ihrem Irrthum zurückgekommen. Viele haben sich im großen Dattelwald gesammelt. Schicke ihnen einen Anführer, und ihr Entschluß wird genommen sein. Noch weiß Niemand in der Stadt davon, denn ich ritt das schnellfüßigste Dromedar todt, um dir noch zu guter Zeit die Kunde zu bringen.

Mir ziemt Ergebung, sprach Flore gefaßt, der Sultan gab mir diese Macht, er nehme sie wieder hin, er ist Herr über mein Leben, mir bleibt nichts, als mit Ruhe zu sterben. Schändliche Verläumdung hat seinen Zorn entflammt, vielleicht werde ich gehört, kann meine Unschuld darthun.

Hören wird man dich nicht, rief der Darkullaner.

Dies fordert das Recht, versetzte die Sultanin, und ich kenne Kuku. Aufbrausen kann er, aber leicht erwacht neue Großmuth in seinem Busen.

Perotti wimmerte: Gewiß läßt der Sultan erst deinen Kopf holen, der verwünschte Gebrauch in Afrika, dann wird man einen Prozeß anstellen. Sinne auf List, auf Trug, auf Ränke, hintergehe die Gegner.

Greife zum Schwerdt mit deinen Getreuen, rief Alonzo.

Wie, ich sollte das Schwerdt gegen meinen Wohlthäter erheben?

„Ist er es denn auch noch, wenn er elender Afterrede Gehör giebt, und dich, die Unschuldige, zu verderben denkt. Unter den Waffen laß die Gründe gegen deine Anklage hören, sonst bist du verloren.“

Flore war tief erschüttert. Wohl bin ichs mir schuldig, sprach sie, auf meine Rettung zu sinnen, aber wie viele werden mir beistehn, wenn sie des Sultans Gebot hören?

Durch Gaukelkünste muß das Volk an dich gekettet werden, fiel Perotti ein.

„Freilich ist alles hier recht, was die Klugheit empfiehlt, doch wollen wir edle Mittel gebrauchen. Der Sultanin Schönheit, die Anmuth ihrer Rede, werden, müssen ihr die Herzen gewinnen, wenn sie sich öffentlich zeigt.“

Perotti billigte diesen Ausspruch, doch setzte er hinzu, ich werde dann sorgen, daß ihr Eindruck alle Gegenpartheien zermalmet.

Musa wurde gefragt, was er meinte, daß jetzt anzufangen sei? Er gab zur Antwort: Ich trete nicht auf eine, noch auf die andere Seite, und entfernte sich.

Flore rief den Obersten der Leibwache. Einen Eid, sprach sie, fordre ich von dir und deinen Leuten, daß ihr in einer nahen Gefahr, die mich bedrohen wird, mir beisteht, ohne zu fragen von wannen sie naht.

Was ist da ein Eid nöthig, sagte der Offizier. Das müssen wir ja so, da wir schon schwuren, dich mit unserm Leben zu vertheidigen.

Wohlan, versetzte Flore, befiehl, daß alles Volk der Stadt sich vor dem Pallaste sammle. – Der Eunuche ging ab.

Alonzo entfernte sich einige Minuten. Während dessen trug Perotti einen Plan nach dem andern vor. Die Soldaten werden dir nicht ergeben bleiben, sprach er unter andern, wenn des Sultans Gebot ihnen zu Ohren kömmt; wäre ich wie du, ich ließ ihre Gehörwerkzeuge mit erhitzten Eisen zerstören, so vernähmen sie nicht, was ausgerufen oder vorgelesen wird.

Die Kammerherrn erschienen. Sie hatten erfahren, daß Nene Sorge umschwebe. Welche? wußten sie aber nicht, und waren doch unsäglich neugierig. Zugleich versicherten sie, wie sie außer sich vor Verdruß wären, nicht jeder Zehntausend Leben und Zwanzigtausend Arme zu besitzen, um sie in Nenes Vertheidigung lächelnd hinzuopfern. Gleich aber folgte die Frage wieder: welche Gefahr doch die Sultanin umschwebe?

Da sie mit der Antwort zauderte, fiel Perotti darauf, ihnen gleichsam im Vertrauen zu eröffnen, daß Sultan Kuku mit der Ergebung, welche das Volk der Sultanin bezeigte, nicht zufrieden genug sei. Er wolle durchaus, ihr solle unterwürfiger wie ihm selbst gehorcht werden, sogar gegen sein Gebot solle man ihr treu bleiben. Um zu prüfen, ob auch dieser strenge Wille befolgt sei, würde Tata mit Kriegern erscheinen, und das Volk aufrufen, der Sultanin nicht mehr gehorsam zu sein, ja sie gefangen auszuliefern; wer nun gehorchte, dessen Kopf würde in Kukus Lager gebracht.

Die Kammerherren eilten was sie konnten, das auszustreuen, und von Mund zu Mund lief die Warnung, ja nicht nach Tata zu hören.

Alonzo kam zurück. Heitrer wie zuvor suchte er Nene Muth einzusprechen, und setzte hinzu: Es wird jemand, von dem du es gar nicht hoffest, zu deiner Hülfe eilen.

Das Volk fing jetzt an, sich in dem Pallasthofe zu sammeln. Man hörte sein dumpfes Murmeln, sahe die Bewegungen, welche den lebendigsten Antheil, und verschiedne Partheinahme ausdrückten. Der treue Schwarze mußte hinunter, und die Gespräche näher hören. Er kam bald zurück, und berichtete: wie das listige Vorgeben wenig Glauben gewinne, vielmehr sagte man sich: wenn Kuku seinen Bruder schicke, die Sultanin abzusetzen, geschehe es, weil sie so manche ehrwürdige Einrichtung über den Haufen geworfen habe.

So weiß ich noch eine andere List, rief Perotti, und diese wird gelingen. Er rannte bei diesen Worten hinaus.

Welche List steht uns zu Gebote? sprach Alonzo. Ja, hätten wir mancherlei Gegenstände aus Europa, so sollte sich Nene wie eine Wunderthäterin, wie eine Gottgesandte zeigen. Eine große Elektrisirmaschiene im Pallast verborgen, einen Draht unbemerkt hinausgeführt, und so dem ganzen zusammengedrängten Volke einen Schlag versetzt, während auch noch ein künstlicher Donner ertönte; eine Engelgestalt aus Wachstaffent mit ärostatischem Gas gefüllt, in der Nacht an einem dünnen Faden zur Höhe gelassen, und dann vor dem Angesichte des Volks majestätisch in den Pallast herabgezogen, daß jeder wähnte, ein Himmelsbote brächte der Sultanin Gottes Befehl, das könnte mächtig wirken. Aber woher nähmen wir das alles?

Man sieht, daß ihr ein Spanier seid, versetzte Flore, auch eure List trägt den poetischen Stempel. Mag es seyn wie es wolle, ich muß versuchen, was mein Anblick, meine Rede auf den rohen Haufen wirken.

Sie trat nach diesen Worten auf eine Art Balkon hinaus, machte eine grüßende Bewegung, und hub dann an mit Würde zu sprechen.

Doch ein geringer Theil empfing sie nur mit Freudengeschrei, ein anderer mißbilligte das Stille gebietend, so entstand ein unordentliches doppeltes Geräusch, das Florens Rede ungehört machte. Die unzufriedene Parthei unterhielt den Lärmen absichtlich, und verletzte die Ehrerbietung mit Frechheit. Flore eilte endlich zurück in den Saal, rief erzürnt ihre Wache, und befahl ihr, muthig die Unverschämtheit zu strafen.

Indem hörte man die Ankunft eines Herolds, der sich auf einem darkullanischen Instrumente hören ließ. Vielleicht kömmt er zu mir, dachte Flore, allein er hielt im Hofe, gebot Aufmerksamkeit, und rief das Volk auf.

Die eben hinausgestürzten Eunuchen hörten auch auf den Herold, der nun in Tatas Namen verkündigte: das Volk solle der Cafferin Nene Kopf, die nicht mehr Eselin der Eselinnen sey, an Tata liefern. Weigerte man sich, so würde er, schon nach zwei Tagen hier, die Stadt in Brand setzen, und alles ermorden lassen.

Unentschlossen zauderte das Volk, doch einige Glieder des Divan, die sonst immer noch treulich auf Nenes Seite gestanden hatten, riefen furchtbar: Wir müssen gehorsamen!

Sogleich wälzte sich der rebellische Haufe dem Pallaste zu, selbst die Eunuchen widerstanden nicht.

Jetzt war Perotti wieder ins Zimmer der Sultanin gekommen, die in der That an ihrer Sache verzweifelte. Hinaus, rief er, noch einmal hinaus, in diesem Augenblicke wird es gelten. Dabei änderte er einiges an ihrem Haarschmuck, was sie kaum bemerkte.

Sie trat wieder auf den Balkon, und mußte den letzten Rest ihres Muthes aufrufen, um nicht vor Schrecken über die unbändige auf ihr Leben herandringende Masse niederzusinken.

Aber o Wunder! Plötzlich stand die Menge, das Wuthgeheul schwieg, die mordlustigen Blicke waren erheitert. Ein kurzer Freudenruf, dann allgemeines Verstummen.

Flore begriff diese schnelle Veränderung durchaus nicht, nützte sie aber mit voller Geistesgegenwart, und hielt eine Rede voll Hoheit und Rührung. Jedes Wort drang ein, alles rief: wir haben unsere Eselin wieder! Heil der Eselin aller Eselinnen!

Der Divan rief am lautesten, die Eunuchen der Wache drohten niederzubohren, was noch einen Schritt gegen den Pallast wagte.

Schwört mir, rief Flore, bei dem Propheten, neue Treue! – Sie schwuren alle. So nur könnt ihr eurem Sultan gefallen, setzte sie hinzu. Ich weiß besser wie ich mit ihm stehe, wie selbst sein Bruder. Und nun auseinander, zu euren Wohnungen!

Alles zerstreute sich sogleich, und Flore kehrte zurück.

Seht ihr, rief Perotti aus, indem er den Angstschweis von der Stirn tilgte, seht ihr, es war wohlgethan, mich in euren Dienst zu nehmen. Euer Leben rettete ich. Er faßte hierauf wieder nach ihrem Haupte, und nahm die zwei Ohren der Leibeselin herunter, die er vorhin ihr unbemerkt aufgesteckt hatte.

Nicht wahr, ein gescheuter Einfall, daß ich vorhin in den Marstall schlich, und die Ohren holte? Sie haben das ganze Wunderwerk vollbracht.

Floren mischte sich Verdruß in die Freude, doch hatte sie einmal mit den Eselsohren dagestanden.

Ich rathe, sprach nun Alonzo, die Stadt in Vertheidigungsstand zu setzen. Tata und seine Krieger dürften nicht so bald zu umwandeln seyn.

Flore war das zufrieden. Das Volk mußte einen Wall und einen Graben aufwerfen, spitze Pfähle erschwerten den Zugang. Alonzo leitete diese Arbeiten, und als Tata erschien, war man schon zu einer Belagerung vorbereitet.

Der treue Schwarze war auch thätig, und versicherte Floren, nun die Städter ihr bei Mahomeds Namen Treue geschworen hätten, könne sie auch darauf bauen, daß sie ihr Leben für sie wagten, und nichts sie erschüttere.

Wohin soll das aber führen? rief Flore. Ich will keinen inneren Krieg, Blut soll um mich nicht strömen. Alonzo entgegnete: und doch wird es nicht mehr zu vermeiden seyn, es wäre denn, Tata ließe mit sich unterhandeln, und berichtete an den Sultan zurück. Unter den Waffen aber unterhandelt es sich am nachdrücklichsten.

Flore erließ Proklamationen an das Volk, die Alonzo aufgesetzt hatte, und prächtig klangen. Neben aller Würde, vergaß man doch nicht, der Menge darin zu schmeicheln. So gering auch die Portion ist, die bei solcher Gelegenheit auf den Einzelnen fällt, so wachsen doch die kleinen Theile von Erkenntlichkeit wieder zu einem namhaften Ganzen an.

Tata dagegen, wie er mit seinen Kriegern, und dem an sich gezogenen Landvolk die Verschanzung umzingelt hatte, sprach in wüthenden Manifesten, die bei furchtsamen Nationen vortrefflich seyn mögen, bei andern aber, wohin hier unsre Darkullaner gezählt werden können, ganz an der unrechten Stelle sind.

Doch nahm beinahe ein gewisser Umstand eine günstige Wendung für Kukus Bruder. Die Eselin nämlich, welche durch Perotti um ihre wohlgeformte Ohren gekommen war, die Leibeselin in den Hofmarställen, hatte in Darkulla eine gewisse Weihe, einen Mysticismus aus den Zeiten der Abgötterei her, und noch hatte der Islamismus, wie wir schon oben bemerkten, diese Spuren nicht verdrängen können. Ueberhaupt ist die Ideenmengung bei den Religionen so gar ungewöhnlich nicht, und es dürfte keine einzige geben, die nicht mehrere Grundzüge einer anderen in sich aufnähme. Darüber ließe sich hier der Schein tiefer Gelehrsamkeit annehmen, wenn man berühmte aber dennoch nicht sehr gekannte Schriftsteller ausschreiben wollte. Ohne aber mit einem Bailli oder Volnei zu untersuchen: ob der Esel von Darkulla, mit einem äthiopischen Mythos zusammenhängen mögte, sei es genug, zu melden, daß sein Stall eine Art Tempel war, und daß dieser nach Ahnen, Tugend und Anmuth gewählte Erzesel, sogar Priester zu seinem Cultus hatte. Nur an hohen Festen durfte ihn der Sultan besteigen. Krankheit und Tod dieses Thieres galten unglückliche Zeichen dem Lande; sein Wohlsein, muntrer Appetit, sein muthiges Hintenausschlagen frohe Verkündigung.

Wenn nun unser Italiener im Augenblicke der Noth auf den Einfall kam, der Sultanin des Landes edles Simbol in das Haar zu pflanzen, so enthielt er die Genialität glücklicher Erfindung, denn der Gradsinn sah reuiges Hinwenden zu dem Ehrwürdigen, der Aberglaube vielleicht gar den Arm des Himmels in dieser Erscheinung. Allein Florens Unstern führte den Italiener grade zu dem heiligen Thiere, ein unerhört schrecklicher Umstand. Der Stall war eben ledig, und so wurden die Ohren schnell genug und unbemerkt abgelöst. Nach einer Stunde etwa sprach Perotti mit dem Spanier über die vollbrachte List, und dieser fragte: wie er doch so geschwind zu den Ohren gekommen sei? Jener zeigte auf den Stall.

Alonzo schlug die Hände über dem Haupte zusammen. Wir sind alle verloren, wenn das kein Geheimniß bleibt, rief er aus, und erklärte dem Italiener, was er, bei längerem Aufenthalt in Darkulla, genauer, wie dieser kannte.

Dieser lief in der Angst mit den Ohren wieder hinunter, bediente sich eines Baumharzes aus dem Pallastgarten, und klebte sie so gut wieder an, als es sich im ersten Augenblicke thun ließ. Zum Glück waren die Priester und Knechte, des Auflaufs wegen, nicht in der Nähe.

Unentdeckt konnte aber die Sache nicht bleiben, und es war höchst gefährlich, irgend jemand in die Mitwissenschaft zu ziehn. Es wurden daher die gewöhnlichen Knechte des Esels entfernt und Perotti fütterte und putzte ihn an ihrer Stelle, wodurch man der Entdeckung auswich. Auch mußte Flore vorgeben, ein besonderes Gefühl der Verehrung des heiligen Esels sei über sie gekommen, und sie wollte ihn huldigend mit einer köstlichen Krone schmücken. Diese wurde in Eile aus Gefieder und Juweelen gemacht, und sie bedeckte den Oberkopf so, daß weder ein Organ daran vermißt wurde, noch sein defekter Zustand in die Augen fiel.

Perotti ließ sich sogar die priesterliche Würde geben, um bei Aufzügen das Thier zu führen. So wurde jedermann davon entfernt.

Das alles aber reizte die Neugier eines andern Priesters, der gleich vermuthete, es müsse hier eine Heimlichkeit verborgen sein, die man zu offenbaren fürchtete. Er versteckte sich also eine Nacht hindurch in dem Tempel, untersuchte das Thier, und fand die Verstümmlung auf.

Er war außer sich vor Freude, und das aus folgenden Gründen: Die Eselspriester hatten ewige Controversen mit den Mahomedspriestern zu bestehn, denn diese wollten jene, wie die ganze Eselsverehrung, als unrein und unerlaubt austilgen. Bei den Controversen übt sich der Verstand und nimmt einen ungewöhnlichen Flug, während die Vorurtheile sinken. Der Mann, von welchem wir gegenwärtig reden, war jung, feurig, der Priesterschaft gram, und hatte sich in Floren, die er oft sah, heftig verliebt. Augenblicklich durchschaute er den Plan mit jenen Ohren, und baute darauf einen Plan für das Glück seiner Liebe, oder noch wohl höherer Wünsche. Er ließ sich kurz nach seinem Auffund bei Floren melden.

Sie nahm ihn, umringt von einigen Staatsbeamten, an. Er bat um Gehör unter vier Augen. Dem Priester versagte sich das nicht wohl. Nun warf er sich nieder, und bekannte unverschämt und ohne Hehl seine Leidenschaft.

Flore fühlte sich heftig entrüstet. Schon der Akt an und für sich mußte sie empören, und ihr war auch bekannt, daß die Eselspriester zum ehelosen Stand, zur strengsten Enthaltsamkeit der Liebe verbunden waren.

Und du erfrechst dich – hub sie mit strafendem Eifer an, aber der Neger ließ sie nicht weiter reden, sondern fiel ein:

Erhabne weise Sultanin, oder vielmehr schönste der Weiber im Menschengeschlecht, du herrschest hier durch die Kraft der Gesetze, auch meine Macht ist nicht geringe, sie ward auf die Gewalt des Wahnes gegründet, und diese überbietet oft sogar jene.

„Und du erdreistest dich, die Religion Wahn zu nennen?“

Schöne Königin, du glaubst an die Göttlichkeit der Esel nicht, nur das Volk sichrer zu lenken, erzeigst du ihnen Verehrung. Noch mehr wie du, lache ich, der Priester, über die Gaukelei. Aber wenn wir uns im Zutrauen begegneten, welche Ketten, dauernd, und fest, würde unser Verein den vornehmen und niederen Sklaven schmieden können. Die, woran du das Volk lenkest, droht zu brechen, weil du die meinige zertrümmern willst. Ich kann dir ersprießlicher als irgend ein Darkullaner oder Caffer sein. Ich will die Herzen gewinnen, die Ueberzeugung fesseln. Nicht nur gemeinschaftlicher Vortheil, auch Liebe, die heißeste, die je im heißen Afrika einen Busen durchglühte, Liebe, Liebe betet dich an. Verwirf sie nicht, und ich lehre dir, dem Zorn des Sultans Trotz zu bieten.

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Data wydania na Litres:
30 czerwca 2018
Objętość:
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