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Florens Abentheuer in Afrika, und ihre Heimkehr nach Paris. Zweiter Band

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Florens Abentheuer in Afrika, und ihre Heimkehr nach Paris. Zweiter Band
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Fünftes Buch

Erstes Kapitel.
Blick nach dem Heere

Wir wissen, daß Kuku und Tata geschlagen wurden, aber in einem Gebirge eine neue gute Stellung bezogen. Daran thaten sie besser als wären sie vorübergeflohen, und hätten dem Feinde eine große Landesstrecke zum beliebigen Nießbrauch überliefert. Nun wurde das Heer wieder ermuthigt, die Verstärkungen aus den Provinzen beeilt, und vor allen Dingen die Fechtart in Gigis Heer, und die Bewegungen, wodurch das diesseitige bei den schwachen Punkten angegriffen worden war, fleißig geübt. Kuku war die Thätigkeit selbst, er hielt sogar Reden. Darkullaner, hieß es unter andern darin, ihr seid ein Volk von Löwenkraft, von Tygergrimm, von Felsenhärte, am Feinde erblickt man nur die Stärke des Schakal, die Wuth der Zibethkatze, die Dauer der Cocosnuß. Dennoch erschlug er unsre Brüder, und zwang uns zur Flucht. Das macht, ein Geist stand ihm bei. Können wir den Geist auch beschwören, dann sind wir Ueberwinder. Und eine Zauberin hat mir schon den Kreis gezeigt, worin er zu bannen ist. Uebt nur recht fleissig die neue Kampfart, dadurch wird uns der Geist zugethan, und hört unser Rufen.

Die Darkullaner glaubten, es sei ein Gespenstergeist gemeint, Kuku verstand aber blos den im Kreise des Schädels. Flore war die Zauberin. Liebe hatte ihn gelehrig für ihre Winke gemacht, denn sie gebietet der rohesten Barbarei, und zwar in einer Regel mit wenigern Ausnahmen, wie bei der zartesten Verfeinerung. Nur noch ein Paar muthige fröhliche Schritte weiter, und dieser Sultan konnte der Manco Capac seines Volkes werden, und zum Erzieher einer wilden Menge eignete er sich darum schon, weil er von selbst darauf fiel, einigen moralischen Hokuspokus anzubringen, und dennoch nicht dabei Gefahr lief, von der Weisheit verlacht zu werden. So lernte Jetros Schäfer Gutes und Wahres in Egypten, wollte es einem Haufen verächtlicher Sklaven mittheilen, zündete bald einen Busch an, bald stieg er, ein majestätisch Ungewitter merkend, auf den Sinai. Manches Jahrtausend nachher hielten die Genies Rousseau und Schiller diesen edlen Betrügereien noch Lobreden. So wurde Romulus von einer heftigen Tendenz des Willens getrieben, ein großes Reich zu stiften, bei der Nachwelt vergöttert zu sein, und nur ein Häuflein Lumpengesindel konnte er um sich sammeln. Er log ihnen die Inspiration der Nymphe Egeria vor, (wobei, wenn man Lust fühlt, poetisch zu ahnen, sich immer eine begeisternde Geliebte denken läßt) und noch steht das Quiritenvolk als das Maaß des Größten da, wenn wir die Erscheinungen der Geschichte prüfen. So spürte ein morgenländischer Kameeltreiber dasjenige Krafttalent in seinem Innern, das das Große leicht fühlt, und die Zeit, die einen Völkerverein wollte, da anarchische Gräuel wütheten:

 
Die ungestüme Presserin, die Noth,
Der nicht mit hohlen Namen, Figuranten
Gedient ist, die die That will, nicht das Zeichen,
Den Größten immer aufsucht und den Besten,
Ihn an das Ruder stellt, und müßte sie ihn
Aufgreifen aus dem Pöbel selbst – die setzte ihn
In dieses Amt und schrieb ihm die Bestallung.
 

Er fütterte Tauben aus dem Ohr, und ließ den Brunnen zuwerfen, in welchem ein versteckter Sklave Gottes Stimme nachahmte. Gleichwohl wird, wenn einst die turcomannische Aufklärung hereinbricht, (unter Sultan Selim wollte ihr Morgen schon ein wenig dämmern) und Spötter lange genug den Witz eines voltairischen Stachels an dem Araber übten, doch späterhin ein Fichte im Turban auftreten, welcher beweist: nur in solcher Form hätte einst der Islamismus auftreten können, und daß besser wie alles Wissen sey, die Tauben auf Glauben für den heiligen Geist zu nehmen.

Doch unser Kuku sollte bald fallen.

Wenn aber bei aller Gelenkigkeit zum moralischen Fortschreiten, noch dann und wann ein Bleiklumpen seinen Fuß zurückhielt, darf uns das nicht befremden. So konnte er auch den Gedanken an Osmanns Kopf nicht tilgen. Gesetzt auch, er hätte es über sich vermogt, die trotzige Rache wider Gigi aufzugeben, so ging die Prophezeiung ihm zu nahe an, und daran noch nicht zu glauben, war für Kuku zu früh. Man kann also einen Strauß von Blumen, die der Geliebten Hand pflanzte, oder eine Locke ihres seidnen Haares, nicht sehnsüchtiger erwarten, wie Kuku das von der Sultanin erflehte Geschenk. Daß sie es ihm verweigern würde, glaubte er nicht.

Es muß hier nachgeholt werden, daß vor einiger Zeit Lolo, der die auswärtigen Angelegenheiten besorgende Minister, ins Lager gerufen ward. Er sollte wo möglich, mit Habesch (in unsern Geographien meistens Abyssinien genannt) einen Schirm- und Angriffsbund schließen. Er hatte in einer geheimen Unterredung aber dem Sultan gesagt, das Verfahren der Nene könnte viele Uebel über das Land bringen, selbst den Zunder innerer Kriege in Brand stecken. Viel reine Wahrheit lag darin wohl. Allein reine Wahrheit von geliebten Personen berichten, heißt bei den Liebenden sie anschwärzen. Kuku verstand, wo Nene im Spiele war, keinen Spas, und ließ seinen Minister entzungen. Daß er nun so leicht keinen Wahrheitsager wieder fand, versteht sich. Uebrigens sollte auch dabei an Lolo ein Exempel von Belang gelten, denn schon zuvor hatte sich eine Stimme gegen Nene vernehmen lassen, wenn die, welche sie erhoben, schon nicht so kühn waren, wie der Minister, und mehr zu errathen aufforderten, als sie selbst aussprachen.

Endlich wurde der langeersehnte Kürbis überbracht. Diese ausgehohlte Frucht vertrat nämlich in Darkulla die Stelle der Kisten.

Der Bote, welcher den Kürbis trug, hub an: Esel aller Esel, Sohn —

Weg mit dem Titel, unterbrach ihn Kuku, Nene liebt ihn nicht, er mag wegfallen. Nenne mich Sultan Kuku.

Wohlan, Sultan Kuku, ich bringe dir des Caffern Osmanns Kopf.

Kuku sprang so lustig umher, bei der Nachricht, wie einst der Feldherr Suwarow, wenn er ein Belobungsschreiben seiner Kaiserinn empfing. Dann riß (grelle Wildheit, die noch in dem Barbaren hauste) er den Kürbis auf, nahm den Kopf heraus, tanzte wieder und küßte ihn sogar. Woher die Hiebe auf dem Gesichte, fragte er den Mann. Der Caffer wollte sich nicht geben, setzte sich kräftig zur Wehr, und konnte nur von Wunden zerfleischt, niedergeworfen werden, hieß die Antwort.

Wenn schon, rief Kuku, ist der Kopf nun doch in meiner Gewalt. Und gleich will ich ihn auch der tückischen Feindinn hinübersenden. Ein Offizier wurde auch sogleich befehligt, ihn an die nächste Vorpost der Beduinen abzuliefern.

Als der Offizier bald seinen Weg vollendet hatte, sahe er die Königinn mit einem zahlreichen Gefolge daher reiten. Sie untersuchte die Ordnung der Wachenkette. Da für das gegenwärtige Geschenk eben keine goldene Dose, oder Diamantenaigrette zu erwarten stand, so eilte der Darkullaner um so mehr, den nächsten Soldaten zu erreichen, warf den Kopf in den Sand, und rief ihm blos zu: das deiner Königin vom Sultan Kuku. Sie darf der Geschenke mehrere hoffen. Nun wendete er sein Pferd, und trieb es schnell davon.

Gigi hatte aber den Offizier bemerkt, und da sie ohnehin an Kuku etwas sagen lassen wollte, so schickte sie einige Adjudanten ab, wie sie ihn umkehren sah, ihn wieder zu rufen. Jener spornte desto mehr, hatte aber den Unfall, mit dem Pferde über eine Vertiefung zu stürzen. Nun hielt man ihn an, sagte aber: er hätte nichts zu fürchten, solle nur eine Bothschaft an seinen Herrn mitnehmen.

Der Darkullaner fürchtete nur zu viel, denn in dem Augenblicke ging jener Soldat auch zu Gigi heran, den Kopf zu überbringen.

Gigi war so von Ahnung, Entsetzen und Abscheu durchdrungen, daß sie bei dem Anblick unvermögend war, im Sattel zu bleiben. Ohne Unterstützung wäre sie zu Boden gesunken. Sie winkte stumm gegen den Soldaten hin, noch zurückzubleiben, sie wollte erst Fassung sammeln, denn ihren ganzen zerrissenen Zustand im Gemüthe, sollte das Gefolge nicht sehn.

Doch wenn der große Charakter im Kampf mit seinem Schmerz unterläge, wäre ihm ja der gewöhnliche ganz gleich. Wenigstens muß er die harte Kunst verstehn, den Schein zu verbergen. Nach einigen Sekunden schon, fragte Gigi: wessen Kopf brachtest du, Darkullaner? – Des Caffern Osmann, gab er bebend zur Antwort.

Ein Ausruf des Schreckens, ein neues Wanken, Gigi wandte das Auge hinweg – doch auch das wollte die Königin sich nur zwei Augenblicke gestatten. Dann rief sie: es ist geschehn! Edelstein an Edelstein fügt zu einem Becher. Darin setzt ihn in meinem neuen Marmortempel bei. Ich gebe dir den Tod nicht, Bote, aber melde deinem Herrn, noch könne er der Rache entfliehn, wenn mir wenigstens Mustapha lebend gesandt würde.

Der Darkullaner schwang sich eilig wieder auf sein Roß. Kaum glaubte er dem eignen Munde der Sultanin, Gnade.

Diese blickte hin auf das Haupt, schauderte, rief aber plötzlich wieder: holt den Darkullaner zurück!

Der arme Teufel spornte aus Leibeskraft, war aber dennoch bald eingehohlt, und mußte abermals vor Gigi. Aber statt er Widerruf der Milde, und unerhörte Foltern erwartete, hatte sich das Antlitz der Siegerin freundlich geröthet. Dein Sultan, rief sie, wollte mir nur einen Schrecken bereiten. Es ist Osmanns Haupt nicht. Wunden sollten es entstellen, daß ich getäuscht würde. Kuku ist nicht so grausam, seine Drohung zu vollziehen. Entbiete ihm tausend Dank. Entbiete ihm aufs Neue Friede, und Erstattung aller Uebel, die dieser Krieg über seine Länder brachte.

Mit diesem Bescheid mußte der Bote zurück, dem die Brust mächtig leicht wurde, als er das Lager der Beduinen nicht mehr sah.

Der Becher aus Juwelen wurde nicht verfertigt, und der Kopf fand ein einfaches Grab im Sande.

Wenn sich der ästhetische Sinn des Lesers, zu sehr daran stößt, daß hier so viel von einem Kopfe geredet wird, so hat der Verfasser zwei Entschuldigungen. Einmal ist die Szene Afrika, und der Verstoß gegen das Kostüm könnte vom Kunstrichter mit Fug gerügt werden, wenn nur Köpfe auf Rümpfen hier die Bühne zierten. Ferner ist man immer noch gegen das Wiener Theater der Kaiserstadt Deutschlands diskret. Denn dort wird gar eine Oper, Lisaura betitelt, dargestellt, worin ein Kopf Cavatinen singt.

 

Zweites Kapitel.
Kukus zorniger Eifer

Ein Europäer ist gar keiner Vorstellung von der Freude fähig, welche Kuku empfand, nachdem ihm jener Kopf übergeben und dann an Gigi gefördert ward, selbst nicht einer aus den Geringeren, wo man sich noch in der Lust und im starken Getränk berauschen kann. Von vornehmen Männern aus diesem Welttheil ist nun gar nicht die Rede. Die wissen nur zu lächeln, zu versichern, sie waren enchantirt, bei frohen Ereignissen, und im Champagner trinken sie bloß sich krank. Kuku ließ nicht nur alle Vorräthe von dem berauschenden Thau ausspenden, unbekümmert, ob man hernach Mangel leiden würde, sondern auch Lustgefechte im Heere anstellen, wobei wohl tausend Mann blieben. Seine Klugheit rechtfertigte noch dazu diese Ergötzlichkeiten, wie eine bewährte Uebung der Tapferkeit. So hatte ein preußischer (alt-)Oberst ein Freibataillon geworben, und stand zum erstenmale damit gegen den Feind. Man hatte ihm hinter einer Anhöhe seinen Posten angewiesen, oben wurden nur beobachtende Wachen hinbefehligt, die hinter Sträuchern auf dem Bauche lagen, um zu sehn, ohne gesehen zu sein. Allein der Oberst änderte die Weisung des Feldherrn, und stellte seine Leute am Rande der Anhöhe frei auf. Der Feind, welcher Kanonen in der Nähe hatte, wußte gar nicht, warum er die gute Gelegenheit, seine Artilleristen zu üben, ungenützt lassen sollte? Sie zeigten auch gar bald, daß ihre Schulen gemacht wären, und das Freibataillon bekam manche Lücke. Nun schickte der General, der das seltsame Schauspiel von ferne gewahrte, im vollen Sprung einen Adjudanten ab, der anfragen mußte: was denn das bedeute? Nichts, gab der Oberst zur Antwort, ich gewöhne sie nur ein wenig ans Feuer. —

Genug, Kuku feierte Lustschlachten und Bankette, hatte sich selbst kaum wieder von einem der wildesten Jubelräusche, die jemals getrunken worden sind, ernüchtert, als sein Bote zurückkam.

Die Erzählung befremdete ihn, daß Jener die Sultanin selbst gesprochen habe, das Ende des Berichtes setzte ihn in eine desto heftigere Wuth, als erst seine Genugthuung ungemessen war.

Wie, Nene hätte mich betrogen? Soll ichs glauben? Könnte die liebliche Schlange – — und Gigi spricht: ich wäre zu gut, einen Caffernkopf abzuschneiden? O den Hohn soll sie mir bezahlen, diese Beschimpfung, dieses Vergessen, was sie dem Sultan von Darkulla schuldig ist. O meine Truppen mehren sich täglich, und lernen die neue Kriegerkunst. Habesch nährt meine Hoffnung auf einen Bund. Bald werde ich das Felsennest meiden, und im freien Gefilde den Kampf erneuen. Vielleicht tanz ich am Siegestage mit Gigis Kopf in der Hand, – — – —

Er vollendete nicht. Tata trat eben in sein Zelt. Schon hatte dieser des Boten Meldung gehört. Wirklich Bruder, hub er an, schien es mir Osmanns Kopf gleich nicht zu sein. Ich sah den Caffern zu oft, um die Gestalt nicht in der Erinnerung aufzubewahren. Heller ist die Farbe des Gesichtes und schwärzer der Bart. Dich nicht zu kränken, schwieg ich.

O Mahomed! O ihr goldnen Esel des Paradieses! Was soll ich beginnen? rief Kuku.

Tata erwiederte: Ritze dir vor allen Dingen mit deinem Dolche eine Ader auf, daß der Zorn dir ausströmt.

Kuku that es auf der Stelle, denn er fand den Rath gut, und er ist es auch wirklich bei Wilden, bei deren Constitution es ohnehin auf ein zwölf Unzen Blut mehr oder weniger nicht ankommt.

Während der Lebensquell im Fließen war, fuhr Tata fort: Nun glaub ich auch, du wirst einem Sultan anständig von der treulosen Cafferin reden können. Sonst müßte selbst dein Bruder für seine Zunge fürchten.

Wie, und du erfrechest dich, die Cafferin treulos zu nennen? rief Kuku noch sehr empört.

Tata zog sich etwas zurück, und erwiederte: Es floß noch zu wenig, nur noch einer Kokosnuß voll, du wirst einsehn, daß die treulos sein müsse, die den nicht enthaupten mag, von welchem geweissagt ist, er würde, wenn er lebte, deinen Thron besteigen.

Kuku rief weinend: Freilich, freilich, freilich scheint es so, aber ist es nicht, diese Sonne sendet nur reinen Strahl nieder. —

Tata sagte manches was zur Sache gehörte, wich dabei dem Sultan aus, und nahm den Dolch vom Boden, fürchtend, jener nähme ihn auf, ihn nach des Bruders Herzen zu werfen.

Der Fußteppich des Zeltes war schon ziemlich gefärbt, da rief Kuku: diesen Mond kann keine Finsterniß verdunkeln.

Tata schöpfte Hoffnungen, und raffte seine Beredsamkeit zusammen.

Schon waren alle Tygerhäute, woraus der Teppich verfertigt war, roth, da rief Kuku: dieser Stern kann sich nicht in die frostige Erde tauchen.

Tata war sehr froh und antwortete: Die Sonne sengt oft die Blüthen des Mandelbaums, wird bisweilen finster, wie es der Mond auch wird, in jeder Nacht fahren Gestirne zur Grube.

Ach das ist wahr, gab ihm Kuku zu.

Und jener erneute fest seinen Ausspruch: Die Cafferin ist eine Treulose.

Verbinde mir die Ader, ächzte der Sultan, ich werde schwach.

Tata riß ein Stück von der Eselshaut des Thrones, und wand es um Kukus Arm.

Der Sultan begehrte Wasser.

Reichlich tränkte ihn der Bruder und legte ihn auf ein erhöhtes Kissen nieder.

Was soll ich thun? fragte der Sultan.

Dreister antwortete der Bruder: Sultan von Darkulla, einst gebotest du, alle deine Weiber, selbst die geliebte Gigi zu morden, damit sie denen von Habesch nicht in die Hände geriethen. Jetzt gilt es mehr. Deinen Thron, dein Leben. Argwohnt deine Klugheit nicht, was im festen Lande geschehen soll? O ich hörte viel, fürchtete mehr, und nun erst reicht mein Verdacht bis in die Hölle. Dieser Osmann hat das Herz der Sultanin zu beschleichen gefrevelt.

„Das ist nicht wahr, Verläumder! Ein Sklave, ein Sklave! Kann er meinen, daß die Sultanin ein Weib ist?“

O diese Caffern meinen frech! Gutwilliger, unvorsichtiger König! Warum hat die Weisheit der Väter die Eunuchen bestellt, aus deren Mitte die Weiber der Gebieter nicht weichen sollten, in deren Mitte keinem andern Mann zu dringen vergönnt war? Du gabst Nene das oberste Regiment, und alle Schranken der Freiheit, nach der dem glühenden Herzen dürstete, konnte sie sich eröffnen. Warum würde sie einen elenden Kopf verweigern, wenn nicht – —

„Höre auf, höre auf! nur einen Dolch senkte ich in meine Ader, du bohrst Tausende in mein Leben.“

Treue, Bruderliebe, Pflicht gebieten, dir alles zu sagen. Es ist darauf angesehn, dich beim Volke gehaßt zu machen, empören will sie sich mit gewaffneter Hand, dich vom Thron werfen, und den Caffern hinaufsetzen. Folgst du nicht Bruderrath, bist du verloren.

„Mahomed, Mahomed! zu welchem Leiden bin ich gespart! O der Thron ist nichts, Alles Nene! Meine Länder mag mir der Caffer rauben, nur nicht Nene.“

O schon ist sie dir geraubt!

„Ist sie, ist sie? Klagt dein Mund sie auch nicht fälschlich an?“

Zeugen sollen beschwören, daß Osmann allein in ihrem Zimmer war. Wache, Frauen, alles mußte sich entfernen.

„In die Hölle, in die Hölle mit Nene.“ —

Endlich fühlst du, wie es dem Sultan ziemt. Gern schont ich deiner Liebe, und rieth, noch einmal Osmanns Kopf fordern zu lassen. Aber die schändlich dich betrog, wird neue Ausflüchte finden. Es ist zu spät. Eine Botschaft an den Senat ist nöthig, gemessener Befehl, Nene den Gehorsam aufzusagen, und Osmann zu ergreifen.

„O Nene – Nene!“

Immer noch?

„Aber wer wird den Befehl überbringen, wenn ich ihn erlasse? – Freilich muß ich ihn erlassen!“

Ich würde sagen, du selbst, wenn du nicht an Heeres Spitze ständest. So laß mich ziehn. Ich nehme einige Truppen auf den Nothfall mit.

„Du hast mich überredet. Aber was soll aus Nene werden?“

Giebt sie sich in Gutem, führe ich sie unversehrt in dein Lager; sonst muß der Sultan aber auch nicht zürnen, wenn ich ihren – — —

„Kopf bringe, willst du sagen!“

Das ist nicht des Sultans Stimme, der brausende Jüngling fuhr auf: Rufe den Stolz der Väter! Laß den Sultan reden.

„Bringe ihren Kopf, so bin ich all der Verwirrung frei!“

Es lebe der edle weise Sultan von Darkulla!

Drittes Kapitel.
Coutances und Nene

Welch gehässig Unrecht der armen Sultanin in Tatas Anklage widerfuhr, liegt am Tage; aber die Anklagen übertreiben meistens, und wer hoch steht, folglich viel gesehen wird, muß auch herberen Tadel dulden; wie auf der anderen Seite, das süße erhabene Lob, was ihn trifft, sich vervielfältigt. Nicht auf die entfernteste Weise ließ sich an die Entspinnung eines Liebeshandels unter Coutances und Floren denken. Er, ob ihm schon ein Theil seiner alten Munterkeit zurückgekommen war, fühlte immer noch für Isabellen (und zwar seit einiger Zeit wieder mehr wie sonst,) und ihr war Rings Andenken heißer aufgeregt worden, seitdem sein Freund ihr Nachrichten von ihm überbracht hatte. Auch stellte sie manche, gar nicht unmoralische, Betrachtung über die Dankbarkeit an, welche dem Sultan von Darkulla für so viel Liebe, Güte und Vertrauen gebührte, und wenn sie Ring vergessen mußte, so hatte Kuku die allergegründeten Ansprüche auf Gegenliebe, er mogte schwarz sein oder nicht.

Zudem waren Beide von bedenklichen Umständen angefeindet, mußten gegen die Fremdheit, gegen das Vorurtheil und andere Hindernisse kämpfen, wobei man denn nicht leicht an Etwas denkt, woran man sich sonst allenfalls würde erinnert haben. —

Daß die Sultanin beim Volke eine Mehrheit für sich gewann, daß der Franzos und der Spanier werkthätig für die Landeskultur waren, berichtete das Ende des ersten Theils. Flore hoffte um so mehr Gutes, als Kuku zeither so viel Billigung geäußert so viel Empfänglichkeit für den Geist des Weiterstrebens in stummen Zeichen an den Tag gelegt hatte. Endlich dachte sie, erleuchte ich des Schwarzen innere Dunkelheit ganz, und dann muß das Licht nothwendig schon mit Edelsinn und Zartgefühl in Bund treten. Dann läßt mich Kuku ziehn, und giebt mir eine Bedeckung nach Egypten. Mein Name wird dann in Darkulla von Enkel zu Enkel gefeiert werden. Wäre aber Ring todt, dann blieb ich wohl, ob es schon meine Muhme in Paris1 sehr bekümmern würde.

Vollkommen unschuldig standen die Sachen zwar, als schon jener Befehl, welcher am Ende des ersten Theils gemeldet wurde, eintraf; gleichwohl hatten der Antheil, den Flore schon früher an Coutances nahm, die Freundschaft desselben mit Ring, der Nutzen, welchen er ihr schon in Darkulla leistete, und fernerhin leisten konnte, ihn ihr theuer gemacht. Nun sollte sie, so lautete Kukus Flehen, (denn damals flehte er noch) sein Haupt einschicken. Fürchterlicher Auftrag!

Es nicht thun, Kukus Flehn verspotten, reizte den Zorn des Mächtigen, und an die Erfüllung seiner Bitte konnte sie gar nicht denken. Was ihr vollends die Möglichkeit einer solchen Einwilligung raubte, war der Umstand, daß Coutances, von allem unterrichtet, in ihr Zimmer trat, und sie beschwor, Folge zu leisten. Ihre Herrschaft, ihr Leben vielleicht stehn auf dem Spiel, das bin ich nicht werth, theure Landsmännin, rief er, mein Kopf mag ihre Sicherheit erkaufen. Schweigen sie, gab sie zur Antwort, und kommen sie nie wieder zu mir, wenn sie einer solchen Anmuthung fähig sind.

Coutances eilte zum Spanier. Diesem war eben angezeigt worden, einer der Caffern liege außerhalb der Stadt erschlagen. Dem Franzosen stieg ein verschlagener Gedanke auf. Er eilte hinaus, den Leichnam zu sehen. Haar und Bart waren den seinigen ähnlich. Starke Wunden entstellten das Gesicht. Es wurde aus der Noth eine Tugend gemacht, und des Erschlagenen Haupt ins Geheim dem Spanier überliefert. Coutances sagte ihm: Bringen sie es der Sultanin, geben sie vor, ich sei der Getödtete, so ist der Sultan zu befriedigen. Es muß etwas für die Sicherheit Florens geschehn. Ich verberge mich einstweilen.

Alonzo fand den Anschlag gut ersonnen, und richtete ihn ins Werk. Flore sank fast ohnmächtig nieder. Sie hatte eben ein Schreiben an Kuku angefangen, als der Spanier erschien, und nach einigen vorsichtigen Umschweifen berichtete, Coutances sei ein Opfer der öffentlichen Rache geworden. Kein Wunder, setzte er hinzu, im Volke wußte man Kukus Begehren, man konnte unsern Freund als geächtet ansehn. Wehmüthig traure ich um ihn, da das Schreckliche aber nun geschehen ist, so darf sie auch nichts abhalten, das Haupt zu übersenden. Schicken sie keinen Brief mit, so mag der Sultan einstweilen glauben, seine Bitte sei durch sie selbst erfüllt worden; was sie um so mehr in seiner Gunst befestigt, und den Verläumdungen ein Ziel setzt, wovon sein Brief meldete. Erfährt er ja auf anderm Wege, unser Freund sei durch den Pöbel umgebracht, so bleibt die Behauptung immer übrig, man sei ihnen zuvorgekommen. In andrer Zeit mögen sie allenfalls die Wahrheit offen bekennen, so stehn sie um so reiner von einer Uebelthat da.

 

Sie konnte sich nicht beruhigen, nicht entschließen, Alonzos Vorschlag einzugehn. Nein, ich will meine Getreuen aufrufen, ihre Zahl ist nicht mehr klein, die Thäter des Frevels ausmitteln, fürchterlich bestrafen, und dann Coutances mit dem Leichenpomp eines Sultans bestatten. Der grausame Kuku soll mindestens seinen Blick nicht am Gräßlichen weiden.

Es gab eine Menge Gründe wider alles das, und Alonzo bot sie auf. Erst gab es Vorwürfe, er habe den Freund nicht geliebt daß er so schauderhaft kalter Besonnenheit fähig sei, daß er die ehrwürdigen Reste entweihen wollte. Alonzo konnte sich leicht mit Geduld waffnen, schwieg endlich am ersten Tage, nachdem er wenigstens Floren das Versprechen abgefleht hatte, noch nichts weiter zu thun. Auch am folgenden blieb alles ein Geheimniß. Am dritten drang er so weit durch, daß Flore ihm überließ, nach seinem Gutdünken zu handeln. Nun empfing der Bote sogleich den mit Specereien verpackten Caffernkopf, und Alonzo sagte einem Kammerherrn leise: Die Sultanin habe in der Stille ihrer innern Kammern, Osmann tödten lassen. Zugleich bat er ihn, gegen Niemand davon zu reden. Allerdings erzählten es nun bald Stadt und Land. Coutances verbarg sich eine Zeitlang bei Alonzo, dann bräunte er sich das Gesicht, um den Egyptern ähnlich zu sein, von welchen viele unter den Künstlern und Werkleuten waren, und ging aufs Land. Es rührte ihn innig, wenn er hier durch Alonzos Briefe erfuhr, daß Flore ihn täglich beweinte. Dies ist die Lösung der Räthsel in den vorigen Kapiteln.

1Siehe Begebenheiten des Ignaz von Jalonsky. Berlin, bei Schmidt 1806, wo der Leser überhaupt Ring und Floren näher kennen lernen wird.