Czytaj książkę: «Play with me 10: Mühsam ernährt sich das Weihnachtshörnchen»
Play with me
Band 10
Mühsam ernährt sich
das Weinachtshörnchen
Julia Will
Content Notes: expliziter schwuler Sex
© 2021 Amrûn Verlag
Jürgen Eglseer, Traunstein
2021/1
Lektorat: Susanne Pavlovic, Textehexe
Umschlaggestaltung: cover & books Buchcoverdesign
Alle Rechte vorbehalten
ISBN TB – 978-3-95869-160-5
Print: Bookpress
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v1/21
Mike
Stolze dreißig Minuten zu spät stehen wir vor Leons Haustür. Möglicherweise hätten wir es noch pünktlich schaffen können, wären wir nach unserer Schneeschlacht direkt los, aber nass wie ich war, konnte ich unmöglich bei seinen Eltern aufkreuzen. Nicht beim ersten Treffen.
Leons dunkler Mantel ist immer noch feucht, aber er hat sich zumindest die Haare gerichtet und sollte einer flüchtigen Musterung standhalten. Umziehen muss er sich trotzdem gleich.
»Na los, du kannst klingeln«, sagt er jetzt. Immerhin kann er noch grinsen – und das ziemlich boshaft. »Hast du keinen Schlüssel?«
»Doch, schon. Los, klingle.«
»Du willst mich unbedingt leiden sehen, oder?«
»Wie war das vorhin? Rache ist Blutwurst?«
»Du hattest deine Rache«, maule ich ihn an, aber er zuckt nur die Schultern.
»Trotzdem bin ich, im Gegensatz zu dir, ziemlich nass unter meinem Mantel. Wenn ich nächste Woche krank bin, bist du schuld.«
»Sei nicht so, es war doch echt lustig!«
»Los jetzt, klingle.« Ich kann ihm ansehen, dass er genauso viel Spaß hatte wie ich, auch wenn er jetzt rummeckert. Leon überrascht mich echt immer wieder. Ich hätte nicht gedacht, dass er für solchen Quatsch offen ist! Tatsächlich hatte ich gar nicht vor, es so ausufern zu lassen, aber als er plötzlich mitgemacht hat konnte ich mich einfach nicht mehr bremsen und jetzt stehe ich hier und mache mir fast in die Hose, weil wir wegen meinem Blödsinn zu spät sind. Okay ... geschissen drauf. Mehr als nicht reinlassen können sie mich nicht, oder?
Ich atme nochmal tief durch, dann hebe ich meine echt richtig heftig zitternde Hand und drücke auf die Klingel. Mir dreht sich fast der Magen um als ich das Läuten aus dem Inneren des Hauses höre.
»Keine Angst, das wird schon.« Leons Hand, die kurz über meine Seite streicht, macht es nur minimal besser, und dann ist es soweit. Ich höre Schritte, die Tür geht auf und dann steht Leons Mutter vor mir.
»Oh Gott, sind Sie schön«, rutscht es mir vollkommen unkontrolliert heraus, während ich die Frau anstarre, die ich angeblich seit frühester Kindheit kenne.
»Ahm ... Hallo, Mike. Ich freue mich auch, dich zu sehen.«
Als sie jetzt auch noch anfängt zu lachen, ist es vollkommen vorbei und ich bin wie paralysiert, so dass Leon mich durch die Tür ins Haus schieben muss. Er hatte Recht. Er und Alexander kommen wirklich nach ihrer Mutter.
»Meine Güte, was ist denn mit dir passiert? Du bist ja klatschnass«, fragt sie ihren Sohn verwirrt und ich überlasse einfach Leon das Reden, weil ich noch nicht fertig bin mit Starren. Allein schon das Schuhe ausziehen beansprucht mehr meiner Konzentration, als ich gerade übrighabe. Fuck, wie kann man nur so schön sein?
»Lange Geschichte. Ich sollte mich erst mal umziehen, bevor ich -«
»Leon, kannst du bitte -«
Wir erstarren alle mitten in der Bewegung, als plötzlich Leons Vater im Flur steht. Wow. Der Mann macht mir Angst. Schon damals, als er Leon von der Party geholt hat, war mir klar, dass mit dem nicht gut Kirschen essen ist. Erst recht nicht, als ich Leons blaues Auge am nächsten Tag gesehen habe, aber ihn jetzt aus der Nähe zu erleben, ist nochmal was anderes.
»Hallo, Vater.«
Wie kann Leon so cool bleiben? Er klingt total entspannt.
»Was ist denn mit dir passiert?«, will jetzt auch sein Vater wissen und ich kann nur hoffen, dass Leon mich jetzt nicht ins offene Messer laufen lässt.
»Eine lange Geschichte«, wiederholt er zum Glück und ich wage es halbwegs durchzuatmen. Bevor sein Vater noch etwas sagen kann, rettet uns aber seine Mutter.
»Ihr zwei geht jetzt erst mal hoch, damit du dich umziehen kannst. Der Kaffee ist fertig, der Tisch ist gedeckt, wir warten eben hier, ja?«, sagt sie, bevor ihr Mann uns wegen der Verspätung noch zusammenfalten kann, und wir nicken beide. Dann werde ich zur Treppe geschoben. Endlich außer Sichtweite seines Dads kann ich auch wieder richtig durchatmen. Oh Gott ... Mein Körper kribbelt von dem ganzen Adrenalin.
»Na siehst du, war doch gar nicht so schlimm.«
Leon schmunzelt immer noch, als wir sein Zimmer betreten. Es ist bestimmt doppelt so groß wie meines, wirkt aber irgendwie leer. In der Mitte vor dem Fernseher könnten wir bequem nebeneinander nen Zumba-Kurs machen, so viel Platz, wie da ist.
»Oh Gott, du hast einen Balkon!«
Ich sterbe vor Neid! Ich wüsste nicht mal, was ich mit einem eigenen Balkon anfangen sollte, wenn ich einen hätte, aber ich finde die einfach so unendlich cool. Sein Schreibtisch ist auch riesig, aber fast schon penibel aufgeräumt. Nur ein Laptop steht da und ein Stifte...Sortierer... Dings. Der riesige Schrank, aus dem er jetzt frische Kleidung holt, ist am wenigsten interessant. Ganz im Gegensatz zu seinem Bett. »Ein Boxspringbett. Ein Doppelbett. Für dich allein. Dein fucking Ernst?«, frage ich, nehme Anlauf und werfe mich auf die Matratze. »Scheiße ist das geil! Kann ich hierbleiben, bis ihr fertig seid? Geht das?«
Dunkler Stoff landet in meinem Gesicht, den ich Sekunden später als frische Boxershorts ausmache.
Er ist bereits oben ohne und als er sich jetzt die Hose über die Hüfte nach unten schiebt, reagiert mein Körper vollkommen automatisch. Schon bin ich aus dem Bett raus und bei ihm. Ich kann da echt nichts dafür, dass meine Hände sich um ihn schlingen und ihn näher ziehen. Meine Lippen hauchen ganz alleine sanfte Küsse in seinen Nacken, lassen meine Nervosität für den Moment einfach vollkommen verschwinden.
»Mike ...«
Zum Glück klingt er lange nicht so mahnend, wie er das wahrscheinlich wollte. Vielmehr hört sich mein Name nach einem äußerst zufriedenen Seufzen an. Er dreht sich zu mir um und ich nutze die Gelegenheit beim Schopf, lasse meine Finger über seinen Rücken runter zu seinem Hintern wandern und umfasse seinen wirklich mehr als perfekten Arsch.
»Du bist feucht«, säusele ich grinsend und er schüttelt leise lachend den Kopf.
»Überraschung.«
Schmunzelnd schiebt er mich weg und ich brumme enttäuscht, gebe aber nach und lasse ihn sich weiter umziehen.
Wenige Minuten später gehen wir nach unten und ich betrete ziemlich unsicher hinter Leon das Esszimmer.
»Da sind wir«, begrüßt Leon seine Eltern, die bis eben schon am gedeckten Tisch saßen und jetzt wieder aufstehen. So viel Höflichkeit bin ich überhaupt nicht gewohnt und komme mir direkt überfordert vor. Muss ich ihnen die Hand geben? Muss ich warten, bis man mich auffordert, dass ich mich setzen soll? Wie läuft das? Hilfe?
»Ihr zwei seid mir welche«, sagt Leons Mutter lächelnd, geht zu ihm und umarmt ihn kurz, dann wendet sie sich mir zu. Hand oder Umarmung, Hand oder Umarmung, Hand oder Umar - Umarmung, okay. Ich kann das. Vorsichtig lege ich meine Arme um ihren Rücken und beiße mir fast die Zunge ab, weil das mit Sicherheit mega creepy kommt, wenn ich ihr jetzt ins Ohr flüstere, dass sie voll gut riecht.
Der erste Part ist geschafft. Leons Mutter lässt mich los und ich drehe mich zögerlich zu seinem Vater. Bitte die Hand, bitte die Hand, bitte die Ha-
»Setzt euch.«
Gut, dann halt gar nichts. Leon schiebt mich an der Schulter zu meinem Platz. Ich setze mich und atme erstmal durch.
»Nimm dir, was du möchtest. Ich wusste nicht, was dir schmeckt, also gibt es ein bisschen von allem«, bietet Leons Mutter freundlich lächelnd an und ich nicke, sofort wieder ein bisschen angespannt, weil mich alle ansehen.
»Eh, danke.«
Ich fühle mich, als würde ich am Rand eines Abgrundes stehen. Eine falsche Bewegung und es ist vorbei. Ich wette, ich bin knallrot im Gesicht.
»Entspann dich. Es ist alles in Ordnung«, flüstert Leon mir leise ins Ohr. Das sagt er so einfach!
Auch seine Finger, die unter dem langen Tischtuch kurz meine drücken, machen es nicht wirklich besser.
»Ist alles in Ordnung, Junge? Ist dir schlecht?« Hektisch schüttle ich den Kopf, als mich jetzt auch noch sein Vater anspricht. Er sitzt kerzengerade auf seinem Stuhl. Der sieht selbst aus, als wäre ihm nicht ganz wohl.
»Nein, nein, Herr von Falkenberg, mir geht es gut, danke!«
Einen Moment mustert er mich noch intensiv und ich überlege, ob es nicht sicherer wäre, unter dem Tisch in Deckung zu gehen, dann atmet er einmal tief durch und … lächelt. Schief und unsicher, aber er lächelt.
»Du musst mich nicht siezen. Ludwig ist in Ordnung.«
Ich denke, ich bin nicht der Einzige, dem die Kinnlade auf die Tischplatte knallt und oh Gott, sind das Tränen in den Augen von Leons Mutter? Warum weint sie denn jetzt? Hab ich irgendwas falsch gema-
»Danke, Vater.«
Unsicher sehe ich rüber zu Leon, der auch total komisch klingt und irgendwie habe ich das Gefühl, als wäre hier gerade etwas passiert, was für Leon und seine Mutter total wichtig ist. Wieder schiebt sich Leons Hand zu mir rüber, gleitet warm zwischen meine kalten, aber schwitzigen Finger und verschränkt sie miteinander.
Beruhigend streicht sein Daumen über meinen Handrücken und ich merke, wie die generelle Anspannung am Tisch ganz langsam nachlässt.
»Auch danke ... ahm ... Ludwig, heh ...«
Ich schenke ihm ein freundliches Grinsen und sehe dann automatisch zu Leons Mutter, die sich gerade verstohlen mit der Serviette die Augen abtupft.
»Du darfst mich selbstverständlich Klara nennen«, erklärt sie ohne weitere Umschweife und mein Lächeln wird automatisch breiter. Das läuft doch gut, oder? Ich weiß zwar immer noch nicht, warum Klara weint und Leon neben mir hart am Schlucken ist, aber grundsätzlich läuft es doch echt nicht schlecht.
»Danke. Ahm ... ich soll ganz liebe Grüße von meinen Eltern ausrichten. Meine Mum freut sich schon wahnsinnig drauf, dich ... eh ... euch wieder zu sehen.«
Dass sie Ludwig gestern noch für tot erklärt hat, muss ich ja nicht erwähnen.
»Oh, wirklich? Ich hatte schon überlegt, ob -«
»Ich habe Annas Handynummer bekommen, falls du dich bei ihr melden möchtest«, unterbricht Leon sie und jetzt ist es komplett vorbei.
»Entschuldigt mich bitte«, japst sie, steht auf und eilt aus dem Zimmer. Ludwig geht ihr hinterher, und so sitze ich mit Leon allein am Tisch. Zu Tode verwirrt sehe ich erst seinen Eltern nach und dann zu ihm.
»Kannst du mir bitte übersetzen, ob das jetzt gut oder schlecht ist?«, hauche ich und lehne mich zu ihm rüber. Ich bin so hoffnungslos überfordert mit allem. Aber immerhin hat sein Dad mich noch nicht rausgeschmissen.
»Komm«, flüstert er und schiebt langsam seinen Stuhl zurück. Ich folge ihm leise zur Tür. Sie ist angelehnt. Leon zieht sie vorsichtig noch ein bisschen auf, bis wir in den Flur sehen können, und da stehen seine Eltern, Arm in Arm. Klaras Kopf liegt an Ludwigs Schulter, versteckt hinter einem Vorhang aus schwarzen Haaren. Ihr Mann streichelt ihr sanft über den Rücken und flüstert ihr etwas ins Ohr.
Mir wird richtig warm, als ich das sehe. Ich meine, ich habe ja teilweise mitbekommen, wie es hier zugegangen ist, und ich denke mal, das hier ist eine gewaltige Verbesserung. Eine sanfte Berührung an meiner Schulter, dann trete ich wieder zurück und finde mich im nächsten Moment selbst in einer festen Umarmung. Leise höre ich Leons tiefen Atem an meinem Ohr, sauge seinen unvergleichlichen Duft ein, der jetzt zum Glück nicht mehr so sehr an meinen Vater erinnert, und lächle, als ich die sanfte Berührung seiner Lippen an meinem Hals spüre, bevor er sich wieder zurücklehnt und mich mit einem Blick ansieht, in dem ich am liebsten versinken würde.
»Es läuft großartig.«
***
Und der Rest des Nachmittags verlief gar nicht mehr so verkrampft, als Leons Eltern dann nach ein paar Minuten wieder da waren. Man hat gemerkt, dass Ludwig, genau wie ich, nicht so richtig gewusst hat, wie er sich verhalten soll. Klara hat dann einfach das Gespräch übernommen und mir Löcher in den Bauch gefragt, bevor sie, ganz die Kinder hassende Mutter, ein paar Geschichten aus Leons Kindheit ausgegraben hat für die er sich offensichtlich halb zu Tode geschämt hat. Anschließend ist sie dann zu ein paar Geschichten zu ganz früher geschwenkt, als sie und meine Mutter noch jung und beste Freundinnen gewesen waren.
Trotzdem war ich erleichtert, als wir endlich wieder in Leons Zimmer waren. Viel haben wir nicht mehr gemacht. Wir lagen in erster Linie schmusend auf seinem Bett, haben nicht mal viel geredet, nur die gemeinsame Zeit genossen, bis ich gegen sechs nach Hause gegangen bin. Klara hat mich zum Abschied nochmal gedrückt und Ludwig hat mir die Hand gegeben. Eventuell bin ich sogar nach Hause geschwebt, so erleichtert war ich danach.
Jetzt liege ich im Bett und schreibe noch mit Leon. Nick und Hannah haben sich auch gemeldet. Eigentlich ... fehlt jetzt nur noch Tim, dann wäre alles perfekt. Das wird auch wieder. Hoffe ich.
›Ich habe wirklich gedacht, dass du dich mit der Gabel noch umbringst! :D‹
Leon ist so ein Arsch! Ich kann voll nichts dafür, dass ich zum Körperklaus mutiere, wenn ich nervös bin und mit Leuten am Tisch sitze, die Tischmanieren von mir erwarten!
›Du bist gemein! T-T‹
›Nein, bin ich nicht. Du bist nur ein Trampel, der nicht essen kann <3‹
›T________T‹
›:D‹
Aber immerhin wird er beim Schreiben langsam lockerer. Und auch wenn er so eklig zu mir ist, kann ich nicht aufhören, glücklich und zufrieden vor mich hin zu grinsen.
Zeit, Nick zu antworten. Der wollte wissen, wie es war, genauso wie Hannah, aber er hat zuerst gefragt.
›Lief halbwegs gut. Ich Held hab auf dem Weg hin noch ne Schneeballschlacht angezettelt und wir sind ne ganze Ecke zu spät gekommen. Ich hatte echt so Schiss ... aber sein Dad hat mir sogar das Du angeboten.‹
Bevor ich es abschicke, kopiere ich den Text, dann muss ich Hannah gleich nicht alles nochmal schreiben, und sende ab.
›Wie war´s eigentlich bei dir noch?‹, schiebe ich hinterher, denn ich weiß, dass er noch den halben Tag bei Alexander verbracht hat. Während ich warte, kommt wieder eine Nachricht von Leon.
›Wann ist dein erster Kurs morgen?‹
Der Witz ist, dass er das weiß. Das ist wohl nur seine Art, mich zu fragen, ob wir uns vorher noch sehen. Aber das kann er natürlich nicht einfach so fragen, der Esel.
›Um neun! xD Vorher Frühstück? Hannah ist aber wahrscheinlich auch da.‹
›Okay.‹
›Ich hab übrigens ein T-Shirt von dir geklaut und hier bei mir im Bett. x3 Das riecht nach dir! *____*‹
›... Dein Ernst?‹
›Klar? Bei sowas würd ich nie scherzen! Ich liebe deinen Geruch total! Außer wenn du wie mein Dad riechst xD‹
›Du bist echt bescheuert.‹
›Ach was, nur ein bisschen verrückt. Nach dir!‹
›So, so ...‹
›Jep, absolut!‹
Jetzt geht er offline, aber macht nichts. Ich habe eben von Hannah und Nick Nachrichten bekommen. Er kann mir ja gleich noch sagen, dass er auch total auf mich steht. So, mal sehen, was Nick geschrieben hat.
›Oh Gott, du bist echt so ein Idiot! Aber hey, Glückwunsch! Wenn sein Daddy mit dir klarkommt, schafft er das mit mir ja vielleicht auch! XP Und war gut, haben heute direkt nochmal miteinander geschlafen und dann Film geguckt. Wollte ihn überreden, nen Anime mit mir zu sehen, aber er wollte nicht. Macht nichts, ich krieg den schon noch dazu! X3‹
Grinsend schüttle ich den Kopf. Ich freue mich so für ihn. Endlich hat er auch, was er will, trotz des kleinen Zwischenfalls letzte Nacht. Ich muss immer noch lachen, wenn ich dran denke. Weiter zu Hannah.
›xDDDDDDDDDDDDDDD Ich kann´s mir so gut vorstellen! Aber lustig, dass Leon da überhaupt mitgemacht hat? Ich hab ihn noch nie nen Schneeball werfen sehen. Also ich weiß, dass er Ski fährt, aber das ist so ziemlich das Einzige, was er mit Schnee am Hut hat! XD‹
›Ey, der hat voll unfair gespielt! Der hat mir den Schnee unter die Jacke gestopft und ich hab voll den blauen Fleck, wo er mich mit dem Schneeball getroffen hat! T-T Er ist ein gemeiner Bastard, der nicht verlieren kann!‹
›Genau wie du <3‹
›Gar nicht! XD Aber macht nichts, ich hab trotzdem gewonnen, hehehe x3‹
Eine neue Nachricht klappt von oben in mein Display. Zuerst denke ich, sie ist von Nick, aber als ich drauftippe, finde ich mich plötzlich in Chains Chat wieder. Fast ein bisschen erschrocken starre ich auf die wenigen Worte, die da stehen. Ich freue mich natürlich, so wie immer, wenn ich von ihm eine Nachricht bekomme, und gleichzeitig habe ich ein schlechtes Gewissen. Zum einen, weil ich in den letzten Tagen so gut wie überhaupt nicht an ihn gedacht habe und zum anderen ... fühle ich mich schlecht wegen Leon. Immerhin war Chain für lange Zeit sehr wichtig für mich, das verschwindet ja nicht einfach! Entsprechend unsicher starre ich auf seine Nachricht.
›Hi, na, wie war dein Wochenende?‹
Ich könnte ehrlich zu ihm sein, ihm von Leon erzählen, vom Weihnachtsmarkt, der Schneeballschlacht und von seinen Eltern, und ihm sagen, wie glücklich mich das macht, aber als ich dann anfange zu schreiben, tippen meine Finger etwas völlig anderes und der Knoten in meinem Magen zieht sich noch weiter zusammen.
›Hey, wer ist denn da wieder auferstanden! XD War gut, hab nicht viel gemacht, und du? X3‹
Abgeschickt. Gott, fühlt sich das scheiße an. Aber ... Ich bin noch nicht bereit, ihm von Leon zu erzählen, denn das wäre doch irgendwie eine Art Schlussstrich, oder nicht? Das würde ihm zeigen, dass ich kein Interesse mehr an ihm habe und auch wenn wir gerade weniger schreiben und er im Vergleich zu Leon in den letzten Tagen nicht präsent war, ertrage ich den Gedanken nicht, dass er komplett aus meinem Leben verschwinden könnte. Und es ist doch eigentlich nichts dabei, wenn ich ihm verschweige, dass ich jetzt einen Freund habe? Wir tun ja nichts! Wir schreiben uns nur. Wir treffen uns nicht mal, das ist doch total in Ordnung ... finde ich. Hm … das kann ich mir schönreden, wie ich will, wirklich gut fühle ich mich damit nicht. Seufzend gehe ich zurück zu Leons Chat im Messenger. Er ist immer noch offline.
Fuck, ey, gerade war alles noch so schön. Warum fühle ich mich jetzt so beschissen, nur weil Chain mir geschrieben hat? Und das blöde Gefühl wird nicht besser, als die nächste Nachricht von Chain kommt. Meine Finger fühlen sich merkwürdig taub an, als ich in Chains Chat gehe.
›Auch nicht viel. War mit meinen Eltern unterwegs, hätte aber lieber mit dir im RPG geschrieben.‹
Oh fuck, warum muss er ausgerechnet jetzt sowas schreiben?
›Aaaw, das ist süß! Hätte mich auch gefreut, wärst du da gewesen! Morgen Abend dann? Ich bin so ab 18h verfügbar! X3‹
Und auch da ist doch echt nichts dabei. Wir schreiben nur. Kann mein Scheiß-Magen sich bitte mal wieder einkriegen?
›Okay, klar, dann bis morgen. Ich muss jetzt, schlaf gut! <3‹ Der Knoten aus meinem Bauch wandert nach oben und schnürt mir fast die Luft ab. Warum gerade jetzt? Warum schreibt er mir jetzt sowas, wenn ich mich nicht mal mehr richtig drüber freuen kann, weil gerade alles in mir nach Leon schreit?
»Ach Mann ...«, jammere ich leise, während ich die Antwort tippe.
›Du auch! X3‹
Ich fühle mich wie ein Verbrecher.
***
Am nächsten Morgen, als ich zur Uni komme, kann ich nicht behaupten, dass ich mich auf irgendeine Art besser fühle. Im Gegenteil. Ich fühle mich, als wäre ein Flugzeug auf mir abgestürzt. Und da sehe ich auch schon den Grund meines Leidens und ich bin fast versucht, über mich selbst zu lachen, weil auch das schlechte Gewissen mich nicht davon abhält, glücklich zu sein. Mein Herz klopft ein bisschen schneller und meine Mundwinkel ziehen sich automatisch nach oben, je näher ich Leon komme. Er steht einfach nur da, die Hände locker in den Jackentaschen, das Gesicht glatt und ausdruckslos, wie immer, und erst als ich ganz bei ihm bin, wird sein Blick endlich weicher. Zur Begrüßung lehnt er sich mir entgegen, damit ich ihn küssen kann.
»Morgen.«
»Morgen. Gut geschlafen?«, frage ich, stelle mich ganz nah zu ihm und lege meine Arme um seine Taille. Ich kann es einfach nicht lassen, ihn anzufassen. Es ist wie ein Zwang und ich habe absolut keine Chance, dagegen anzukommen.
»Hm, geht. Du?«
»Hm, auch«, sage ich, mit Augenringen bis zu den Knien.
»Hm.«
»Hab dich heut Nacht vermisst ...«
»Aha?«
Ein arrogantes, aber doch recht zufrieden aussehendes Schmunzeln zupft an seinen Mundwinkeln.
»Jep, aber sowas von! Ich habe -«
»Morgen, Jungs!«
Hannahs Stimme lässt uns beide gleichzeitig zusammenzucken und einen Schritt nach hinten machen. Es fühlt sich absolut nicht gut an, als meine Hände den Kontakt zu ihm verlieren und mein erster Impuls ist, ihm zu folgen, aber ich lasse es. Ein letzter Blick zu Leon, der natürlich wieder ultra cool und absolut unnahbar aussieht.
»Guten Morgen!«
Das Lächeln fühlt sich nur ein kleines bisschen gezwungen an, als ich mich zu Hannah umdrehe und sie in eine feste Umarmung ziehe. Die Atmosphäre zwischen uns Dreien ist immer noch total angespannt und ich frage mich, wie lange es dauern wird, bis sich das legt. Immerhin ihre Umarmung ist fest und kräftig und ihr Lächeln strahlend.
»Frühstück?«, fragt sie, bevor sich wieder diese ekelige unangenehme Stille zwischen uns ausbreiten kann.
»Jap, auf geht’s!«
Zu dritt machen wir uns auf den Weg zur Mensa und ich fühle mich zwischen den beiden irgendwie ... nicht fehl am Platz, aber es ist komisch.
»Also, mir macht das nichts aus, wenn ihr euch anfasst. Du kannst dir den Stock wieder aus dem Arsch ziehen, Mike.«
Ertappt sehe ich zu ihr rüber, kratze mich etwas peinlich berührt an der Nase.
»Eh ... ja, sorry, ich wusste nicht ...«, stammle ich unsicher. Leon sieht aus, als würde ihn das sowieso alles nichts angehen. Also greife ich nach seiner Hand und atme erleichtert aus, als unsere Finger sich miteinander verweben und ich seine Wärme wieder spüren kann. Ich bin so schlimm, aber ich kann nichts dafür.
Ein paar Minuten später sitzen wir an einem Tisch. Hannah mit einer Schale Müsli, genau wie Leon, und ich habe einen Muffin.
»Dann geht plötzlich der Rauchmelder an und Nick rennt wie ein Irrer aus dem Kopierraum in Richtung-«
Mitten im Satz vergisst Hannah, was sie gerade noch sagen wollte, während ihr Blick an mir vorbei wandert und einen Punkt irgendwo rechts hinter mir fixiert. Automatisch drehe ich mich um und stelle fest, dass ich das mal besser gelassen hätte. Tim hat sich zwei Tische von uns entfernt zu ein paar Typen gesetzt. Es tut weh, ihn mit anderen lachen zu sehen, während er für mich nicht mal mehr ein Lächeln übrighat.
»Hast du jetzt eigentlich schon mal wieder mit ihm gesprochen?«, will Hannah wissen.
Ich lasse den Kopf hängen.
»Nein. Er redet nicht mit mir und antwortet nicht auf meine Nachrichten.«
Mitfühlend verzieht sie das Gesicht.
»Oh Mann. Er kann dir doch nicht ewig böse sein. Du hast schließlich überhaupt nichts gemacht.«
»Tja, offenbar kann er das doch.«
»Ja, aber fair ist das nicht.«
»Nein. Aber darum geht’s ja auch gar nicht.«
»Ich weiß. Meinst du, es bringt was, wenn ich mal mit ihm rede?«
Seufzend schüttle ich den Kopf.
»Nein, lass es lieber. Am Ende ist er dann auf dich auch noch angefressen und da hat ja auch keiner was davon.«
»Hm.« Traurig senkt sie den Blick. »Ist mir auch klar, aber Zustand ist das so doch auch keiner.«
»Was soll ich denn machen? Selbst wenn ich Nick die Freundschaft kündige, das würde nichts bringen. Davon abgesehen, dass das auch gar nicht zur Debatte steht.«
»Nein, hatte ich jetzt auch nicht erwartet. Blöde Situation.«
»Oh ja ...« Sogar Leon neben mir seufzt leise, allerdings bin ich nicht ganz sicher, ob es ein mitfühlendes oder ein genervtes Seufzen ist. Wir essen schweigend unser Frühstück, jeder hängt stumm seinen Gedanken nach, und als wir schließlich aufstehen, spricht Leon mich zum ersten Mal seit unserer Begrüßung wieder an.
»Hast du Lust, heute Abend noch was zu machen?«
Von allem, was er hätte sagen können, kommt gerade das! Zur Hölle, warum? Gestern, als ich bei ihm aus der Haustür getreten bin, war alles so toll und leicht und perfekt und jetzt würde ich am liebsten schreien, weil ich mich so beschissen fühle! Mein Gesicht wird heiß. Mit Sicherheit bin ich gerade knallrot angelaufen. Das sagt mir schon sein Blick. Als wüsste er, was ich antworten will, bevor ich es ausgesprochen habe.
»Lust ja, aber ich hab schon was anderes vor, sorry.«
Natürlich habe ich etwa zwei Sekunden drüber nachgedacht, Chain abzusagen, aber ... Nein. Wir haben jetzt so lange nicht mehr geschrieben und wenn er mich schon mal von sich aus fragt, ob ich Zeit habe ...
»Musst du arbeiten?«
Ich könnte natürlich lügen, aber nein. Nein, das will ich nicht. Die Wahrheit will ich ihm zwar auch nicht sagen, denn ich erinnere mich zu gut an seinen Ausraster letzte Woche beim Essen und will deswegen nicht mit ihm streiten, aber belügen will ich ihn auch nicht. Also schüttle ich langsam den Kopf.
»Nein, nein, Mittwoch und Donnerstag, diese Woche. Willst du morgen was machen?«
Er wirkt unzufrieden, schüttelt den Kopf, zuckt gleichzeitig mit den Schultern und steht auf. Was ist denn jetzt los?
»Mal sehen. Ich bin dann mal weg.«
Muss er eigentlich noch gar nicht. Er hat, genau wie Hannah und ich, noch gut zwanzig Minuten. Verwirrt sehe ich zu ihm hoch. Er wirkt plötzlich total angespannt und distanziert.
»Okay ... Musst du noch in die Bibliothek?«
Er zögert, dann nickt er, sieht mich aber nicht an. Hab ich irgendwas verpasst? Dennoch lasse ich ihn, greife nur nach seiner Hand, als er sich abwenden will. »Bis dann.«
»Hn.«
Entschlossen, ihn nicht einfach so abhauen zu lassen, ziehe ich ihn zu mir runter, was er immerhin zulässt, allerdings dreht er den Kopf weg, so dass meine Lippen nur seine Wange treffen. Dann richtet er sich wieder auf, nimmt sein Tablett und geht, ohne einen letzten Blick auf uns. Hannah und ich sehen ihm verwirrt hinterher.
»Was war das denn jetzt?«, fragt sie leise, als er außer Hörweite ist, und ich kann nur ratlos die Schultern zucken.
»Meinst du, er ist jetzt ernsthaft sauer, weil ich heute keine Zeit für ihn habe?«
»Kann ich mir eigentlich nicht vorstellen. Sowas war für ihn noch nie ein Problem.«
»Und … was soll ich jetzt machen? Ihm nachgehen? Umplanen?«
Unsicher kratze ich mich am Kopf und hole mein Handy raus, bin drauf und dran Chain abzusagen.
»Ne, lass mal. Ich hab keine Ahnung, was das soll, aber du bist ja nicht sein Hund. Wenn du was anderes vorhast, ist das so. Wird nicht das letzte Mal sein.«
»Hm … auch wieder wahr.«
Gut fühle ich mich trotzdem nicht.
Darmowy fragment się skończył.