Rad fahren in Franken

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Rad fahren in Franken
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Inhaltsverzeichnis

Im Himmel gibt’s kein Bier – Die Brauereien – und Bierkellertour

„A U!“

Glaubenssätze

Hopfen und Malz

Bratwürste, Burgen und Biere – Der Altmühltalradweg

Von Bierfässern über Bocksbeutel zum Äbbelwoi-Bembel – Der Main-Radweg

Immer nah am Wasser – Vom Main zur Rhön

SandAchse Radweg

Lieblich das Tal – herb der Wein. Radfahren im Taubertal.

Rothenburg – Eine Zeitmaschine

Anmutige, wundervolle Tochter

Schatzkästchen Taubertal

Grenzgänger-Radweg

Radwegekreuzung

Graue Grenze – Grünes Band. Geschichte und Geschichten auf zwei Rädern.

Radtouren am Grünen Band im Thüringer Wald und Schiefergebirge/Frankenwald

Historie zum Anfassen – sprechende Steine

Action und Seen – Radfahren und mehr im Fränkischen Seenland

Der Regnitz Radweg

Fränkische Städte am Radweg

Das schärfste Museum der Welt

Fränkische Spezialitäten

Frankenwald: Per „Bike Lift“ auf die Höhen, per Fahrrad hinab

Fünf Flüsse und zwei Kanäle – Der Fünf-Flüsse Radweg

SagenReich

Radfahren im Fichtelgebirge

Zoigl

Rawetz

Donald Duck vom Fahrrad aus

Kawumm, das Ortsschild kenne ich doch!

Geniale Nachdichterin

Klatsch, klatsch!

Schleunigst entschleunigen

Gemächlich durch die Haßberge

Im Himmel gibt’s kein Bier – Die Brauereien – und Bierkellertour

Die Brauereien – und Bierkellertour führt auf 202 Kilometern mit 2.100 Höhenmetern (große Runde) oder 61 Kilometern mit 400 Höhenmetern (kleine Runde) durch Oberfranken, die Region mit der höchsten Brauereidichte der Welt.

Im Biermekka Bamberg empfängt Erik Berkenkamp seine Gäste in Lederhosen. „Neun Brauereien stellen hier in der Stadt um die 50 verschiedene Biere her“, erklärt er. „Ich führe Sie nun per Fahrrad ein wenig herum, und wir fahren auf die Keller, das ist unsere erste Anstrengung.“ Unten in der Stadt haben die Bamberger nämlich immer ihr Bier gebraut und die Fässer dann oben auf die Keller in den Berg gebracht, denn dort blieb es schön kühl. Nach acht bis zehn Wochen wurde das fertige Bier dann wieder heruntergeholt. Doch irgendwann dachte man sich: Warum nicht umgekehrt? Warum bringen wir nicht die Leute zum Bier? So entstanden die Bierkeller mit Tischen und Bänken über den Stollen. Und die liegen immer oben. Nach einem kräftigen Anstieg landen wir „auf“ dem „Spezialkeller“ und dem zünftigen „Wilde Rose Keller“ auf dem Stephansberg. Von hier aus hat man weite Blicke über die Bierstadt und ihr Umland. Gute Aussicht hat man auch vom Biergarten des Brauereigasthofs „Greifenklau“, unserem nächsten Ziel. Golden funkelt da das Helle im Seidla. Es gibt Ungespundetes, Rauchbier, Zwickel, Bockbier, Ober – und Untergäriges, Helles und Dunkles, … Eine Wissenschaft, die man auf diesem Radweg erkunden kann.

„A U!“

Berkenkamp ist Zugereister und wohnt seit 25 Jahren hier. Zwei fränkische Worte kann er aber mittlerweile so gut aussprechen, dass manche Leute ihn für einen Franken halten. „Wenn ich ins Mahr’s Bräu gehe, bestelle ich das Bier wie ein Eingeborener: ‚A U’. Das bedeutet ein ungespundetes Bier. Will man dasselbe, sagt man einfach: ‚I a’. Ich auch.“ Also auf ins Mahr’s Bräu auf „a Seidla“, ebenfalls ein wichtiges Wort für die Bestellungen, bedeutet es doch einen halben Liter im Krug. Zu den wichtigen fränkischen Biervokabeln gehört auch „a Schnitt“. Das ist ein halbes Seidla, meist aber voller als nur halb voll – zum halben Preis. „Den Schnitt haben uns aber die Nordlichter versaut“, sagt Berkenkamp, „denn die haben im ‚Schlenkerla‘ immer Schnitt bestellt, weil sie so geizig sind.“ Dort gibt es nun keinen Schnitt mehr. Zur Bieretikette gehört nämlich, dass man sich einen Schnitt nur als Absacker bestellt und nicht einen nach dem anderen, um Geld zu sparen. Drei Wochen lang gab es auf das Ende des Schnitt hin jeden Tag eine ganze Seite Leserbriefe. Die Bierseele kochte.

Auf den Spuren des Gerstensaftes landen wir zunächst in Huppendorf beim „Brauereigasthof Grasser“ und einem süffigen Vollbier. Der Banknachbar glotzt ins Bier, bis es zurückglotzt. So sei es üblich, meint der. Alle Biersorten längs des Radwegs können nicht verkostet oder beglotzt werden, aber in der Rekordgemeinde Aufseß mit den angeblich meisten Brauereien pro Kopf, eingetragen im Guinness Buch der Rekorde, ziehen wir die Bremse und probieren Aufsesser Dunkel, ein Lagerbier. Der Koch im „Brauereigasthof Rothenbach“, Ernst Rothenbach, ist Biersommelier und bietet Brauereiführungen und Bierproben an. Er weiß: „Beim Bier gibt es ein Süd-Nord-Gefälle: Im Süden trinkt man eine Maß, nach Norden hin wird das Bier immer kleiner.“ Aber es gebe auch ein Nord-Süd-Gefälle, denn Richtung Süden würden die Biere immer weniger herb.

Rund um den Gerstensaft gibt es viele Geschichten, z. B. findet in Aufseß alljährlich der Wettbewerb im Bierfassrollen statt. Mit einem Stock muss es einen Parcours entlang vorwärts gepeitscht werden. Erster Preis? A Fässla Bier. Fässla bedeutet wörtlich übersetzt Fässlein, kleines Fass. Doch da sollte man sich nicht täuschen lassen. In Franken wird gerne alles verniedlicht, dies drückt die emotionale Verbundenheit aus. Das fränkische „a weng“ z. B. meint eigentlich „ein wenig“, wird aber gerne als Verstärkung gebracht. Wenn man also „a weng a Bier“ getrunken hat, bedeutet das keinesfalls, dass es sich um eine geringe Menge handelt.

Nach dem fiesen Anstieg vor Aufseß bei Laibarös über den Keckenberg rollt es sich nun prima auf der glatt asphaltierten ehemaligen Bahntrasse im Leinleitertal durch die Fränkische Schweiz. Bizarre Felsformationen, Bachläufe, Flussläufe, eine Mühle, ein Schloss. Diese Strecke ist glatt asphaltiert, der Fränkische-Schweiz-Film grandios, und der Radweg de Luxe. Auf dem Brauereien – und Bierkellerradweg fährt man auf verschiedenen asphaltierten Radrouten, Feld-, Wald – und Forstwegen oder verkehrsarmen Nebenstraßen durch Franken. Ausgeschildert ist die Tour mit einem goldgelb gefüllten Seidla, von weißer Schaumkrone geziert, vor einem grünen Baum auf weißem Grund. Das Bier-Logo weist den Weg.

Liegt es auch weit oben, so sollte man doch Schloss Greifenstein der Schenken von Stauffenberg auf keinen Fall links liegen lassen, denn diese Burg ist eine besondere. Kastelan Rainer Benker führt durch die Gemächer des 1172 erstmals urkundlich erwähnten Schlosses, das Türmchen hat wie Neuschwanstein, wie er schmunzelnd erwähnt. Der Besitzer war mit König Ludwig gut bekannt. In der Waffenkammer finden sich teils 600 Jahre alte Schießprügel, mit denen man im wahrsten Sinne des Wortes sowohl schießen als auch prügeln konnte. Im ganzen Anwesen liegen heute noch wahre Schätze. „Das Schloss wurde nie ausgeraubt“, erzählt Benker, „deshalb kann man alles noch sehen.“ Außerdem stehe man direkt davor und nichts sei in Glasvitrinen gepackt. „Das bekommen sie sonst in keinem Museum!“ In der Bibliothek bestaunen wir so manchen Schatz, wie das älteste Kochbuch „Freiwillig aufgesprungener Granatapfel“ von um 1500 und mannigfaltige Stiche. In der Kapelle mit ihren Kunstschätzen darf geheiratet werden. Die so genannte Gehörntenallee ist ein langer Gang mit kapitalen Hirschgeweihen und weithin bekannt. Am bekanntesten aber ist wohl die Tatsache, dass der Onkel des heutigen Besitzers, Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg, am 20. Juli 1944 das Attentat auf Hitler verübte. Neben seiner Bronzebüste erfahren wir, dass Greifenstein bereits am Tag nach dem Staatsstreich von der Gestapo besetzt wurde.

 

Glaubenssätze

Weitere Anstiege führen gen Hetzelsdorf zur Kultbrauerei Penning Zeißler und Hundshaupten und später mit Blick aufs Walberla, den heiligen Berg der Franken, nach Forchheim. Auch dort gibt es viel über Hopfenkaltschalen zu erfahren. „Drüben im Brauereigasthof ‚Neder’ sitzen schon ab neun die ersten Bierdimpfel drin“, erzählt Gästeführerin Marlene Hahn. Natürlich ist das nicht die einzige Brauerei vor Ort, es gibt in der gleichen Straße „Greif“, einen jüngeren Braumeister mit vielerlei Auszeichnungen dekoriert, und die Brauerei „Eichhörnle“. Geradewegs hinauf führt der Radweg dann auf den Forchheimer Kellerwald. Dort gibt es für jeden Forchheimer einen Sitzplatz: 31.000 Einwohner, 30.000 Plätze. „Die Babys brauchen ja noch keinen eigenen Platz im größten Biergarten der Welt“, sagt Hahn. Durch die unteren wandern wir hinauf zu den oberen Kellern. Früher gab es insgesamt um die 40, jetzt sind es 24, die aber nicht mehr alle begehbar sind, da der Sandstein verfällt. „Der Berg ist mit seinen Gängen und Stollen nämlich durchlöchert wie ein Schweizer Käse“, erklärt die Kellerführerin, „darin hat es neun bis elf Grad, optimal fürs Bier!“ Schwer, sich zu entscheiden, auf welchen Keller man nun geht. Oft unterliegt das den innerhalb der Familie weiter gegebenen Glaubenssätzen. Es gibt den romantischsten, der Kaiserkeller, den ältesten von 1609 und den, der das beste Schäuferla macht. Unter hohen Laubbäumen auf hölzernen Bänken verschmausen wir mit der Forchheimer Bierkönigin, Stefanie I., eine Brotzeitplatte im Weiß-Tauben-Keller.

Hopfen und Malz

Wer von Bier genug hat, trifft in Neuses auf einen andern Stoff, für den ebenfalls Malz gebraucht wird: Whisky. In der „Whisky-Destillerie Blaue Maus“ brennt Robert Fleischmann seit 1983. Etiketten wie „Elbe 1“ oder „Spinnaker“ vermutet man im Fränkischen nicht. Doch Fleischmann fuhr einst zur See und hat sich die Liebe dazu bewahrt. Sein Probierstübchen wirkt wie ein kleines Marinemuseum. Dort finden Verkostungen statt und auch Führungen können gebucht werden. Für Radfahrer praktisch: Die kleinen 0,04l-Fläschchen. Die belasten nicht beim Aufstieg auf den Kreuzberg, wo es, richtig geraten, weitere Keller gibt, ein Brauhaus und eine Kapelle. Das beste Schäuferla gibt es hier angeblich beim Lieberth’s Keller. Heute leider nicht, aber das macht nichts. Die Küche ist meist deftig und nichts für Vegetarier: Schlachtschüssel, Haxe vom Grill, Bratwürste. Deftig geht’s zu.

Mit der Fähre geht es hinüber über die Regnitz nach Pettstadt und Richtung Frensdorf weiter in den Steigerwald. Auch hier finden sich Bierkeller, in Burgebrach und Ampferbach zum Beispiel. Doch alle können hier leider nicht erwähnt werden. Der Kreis schließt sich in Bamberg, im Zentrum der geballten Bierkultur.

Spötter fragen, ob man bei so viel Gerstensaft überhaupt noch zum Radeln komme. Dem erwidern wir: Die Etappen kann man kurz genug legen. Zweitens: Die Fränkische Schweiz ist neuerdings Movelo-Region, so lassen sich die Hügel auch per Elektrofahrrad erkunden. Und last but not least: Es gibt z. B. auch alkoholfreies Weizen mit anerkannt wichtigen isotonischen Inhaltsstoffen für Radfahrer. „Wobei – ein alkoholfreies Bier ist wie a Schäuferla ohne Schwarte“, meint Biersommelier Ernst Rothenbach.

Weitere Informationen: www.oberfranken.de/aktivregion-oberfranken.htm

Bratwürste, Burgen und Biere – Der Altmühltalradweg

Der Altmühltalradweg führt auf 248 Kilometern von Rothenburg bis Kelheim durch ein wundervolles Flusstal mit Bratwürsten, Burgen und Bieren, Kreidefelsen und Kelten.

Alkmuna nannten die Kelten die Altmühl einst: Stiller heiliger Fluss. Heute meinen manche, sie sei langsam, andere sagen auch lahm oder träge, denn ihr Gefälle beträgt durchschnittlich nur 54 cm auf einen Kilometer.

Der Beginn liegt im mittelalterlichen Rothenburg ob der Tauber. Touristen schieben sich durch die Fachwerkgassen und auf der Stadtmauer darum herum. In Käthe Wohlfahrts Weihnachtsdorf drängeln sich Japaner und U.S.-Amerikaner. „Schaun sich ner in Ruhe um!“, sagt die nette Dame im Dirndl, und die Augen gehen einem über vor Geflimmer und Farbenrausch. Schneeballen, eine Rothenburger Spezialität aus gebackenem Eierteig, sind dagegen eher bräunlich oder beige und mit weißem Puderzucker bestäubt. Daran kommt man nicht vorbei, genauso wenig wie am naturtrüben Rothenburger Bier in der „Ratsstube“ gleich am historischen Marktplatz. Gegenüber bimmelt die Uhr der ehemaligen Ratstrinkstube und zeigt den Meistertrunk von 1631 mit Figuren. Zum Bier werden ein Paar Bratwürste empfohlen. Alsdann: Bratwurst No. 1 ist geräuchert und kommt im romantischen Rothenburg mit Sauerteigbrot und frischem Kren daher. Romantisch? Nun, man besuche das Kriminalmuseum und lasse sich eines besseren belehren: Dort steht die Eiserne Jungfrau neben Furcht einflößenden Schandmasken und dergleichen mehr.

In Colmberg lohnt der Aufstieg auf die schon von Ferne sichtbare Burg. Weite Blicke ins Land auf die auseinander gezogenen Wälder und Wiesen sind garantiert. Das mächtige Kastell wurde nie eingenommen, selbst von Feldmarshall Tilly nicht. Doch heute wird es von Radlergruppen überfallen, die im Biergarten Radler trinken. Die Abfahrt gen Ansbach macht umso mehr Spaß. Die Stadt der Markgrafen lockt mit deren Residenz nebst Orangerie und Hofgarten. In der barocken Saalkirche St. Gumbertus mit der größten Barockorgel Frankens befindet sich die Markgrafengruft. Doch auch moderne Kunst ziert das Städtchen, eigenartige Figuren wie die Ansbacchantin sind über die Stadt verteilt. Rätselhaft und geheimnisvoll ist auch Leben und Sterben des Kaspar Hauser. Sein Wohnhaus, sein Grab und ein Gedenkstein an der Ermordungsstelle können besichtigt werden. Auf der Reitbahn wird eine Bühne aufgebaut. Ich frage einen sympathischen Herrn, wer denn hier heute abend Musik mache. Wir seien nicht von hier und wüssten nicht. „Haindling“, sagt der, und ein Lächeln zuckt um seine Mundwinkel. Gefühlte 10 Sekunden später ist klar: Das war Jürgen Buchner, der Sänger von Haindling! Das Konzert auf Bayerisch in der lauen Sommernacht war grandios. Hunger meldet sich erst spät. „Grüß Gott!“, sagt die Wirtin, und es gibt Bratwurst No. 2: Ansbacher Bratwürste auf Rösti mit Zwiebelsoße und Salat, dazu ein Spalter Pils.

Auf dem „Ansbacher Weg“ geht es nach Herrieden und zurück auf den Altmühlradweg. Eine Karte vom Naturpark Frankenhöhe am Wegesrand erläutert die Radwege. „Da seid ihr scho rrrichtig!“, lehnt sich einer über den Jägerzaun und grinst. Schon, aber wo ist der nächste Biergarten? „No, gleich do vorne am Rrrodweech.“ In Franken wird das R gerollt, und zwar kräftig. Im Biergarten gibt’s Bier, versteht sich von selbst, und Brrrotwerscht. Imbissmäßig sind Radfahrer hier gut aufgehoben. Es geht um die Wurst.

In Ornbau führt der Weg über die Altmühlbrücke mit sechs Bögen und Nepomuk-Statue. Kurz danach beginnt der Altmühlsee im Fränkischen Seenland, den wir bis nach Gunzenhausen entlang radeln zum Gasthof „Adlerbräu“ auf ein naturtrübes Helles. Ab hier befinden wir uns auf dem Altmühltalradweg und im Naturpark Altmühltal, mit fast 3.000 Quadratkilometern einer der größten Naturparke Deutschlands. Bevor man in Treuchtlingen einrollt und in den Fluten der Altmühltherme entspannt, sollte man unbedingt „auf“ den Wettelsheimer Keller auf ein Märzen. Kellnerin Kathi bringt dazu Bratwurst No. 3: A Zwickte, eine Bratwurst, in der Semmel eingezwickt. 1,80 € pro, mit viel Majoran übrigens. In Franken geht man „auf“ die Keller, weil sie oben liegen in Höhlen oder Löchern. Darin ruht das Bier und liegt schön kühl. Unten in der Altmühltherme fließt fluoridhaltiges Thermalwasser aus der Lambertus – und aus der Burgstallquelle. Und da sich hier vieles ums Bier dreht, wenn nicht alles, wurden die Quellen 1976 von der Brauerei Schäff gefunden, als sie nach Wasser bohrte.

Träge liegt die bräunliche Altmühl in ihrem Bett, von Fließen kann keine Rede sein. Die Burg Pappenheim thront hoch über ihr. Wieder ein lohnenswerter Anstieg. Auch Erstklässler erklimmen mit ihrem Lehrer den 30 m hohen Bergfried und möchten „mal Ritter werden, wenn ich groß bin. Cool!“ Wir blicken hinunter auf den Fluss und die Dächer Pappenheims. Man kennt ja seine Pappenheimer, das wusste schon Wallenstein in Friedrich Schillers Drama. Alkmuna schlingt, schleift und windet sich nun mächtig. Links und rechts ziehen sich bizarre Felsformationen hinauf. Die Welt in Stein lässt sich dann in Solnhofen im Bürgermeister-Müller-Museum erleben. Versteinerte Fossilien aus der Jurazeit, Saurier, Reptilien und zwei Originale des Urvogels Archaeopteryx aus Plattenkalk sind ausgestellt. Eine relativ neue Sensation ist der Geosaurus, ein versteinertes Meereskrokodil. Einer der Stars ist auch ein 150 Millionen Jahre altes Baby-Krokodil, liebevoll „Kroko“ genannt, das in der einstigen Lagunenlandschaft, die immer wieder von Meerwasser geflutet wurde, zu Hause war. Die Solnhofener Welt ist aus Stein und auch die der zwölf Apostel: Zwölf ehemalige Klippen des Jurameers bilden eine beeindruckende, senkrecht stehende Felsgruppe. Genauso aufrecht überragt die Willibaldsburg Eichstätt, das auch Hauptstadt des Altmühltals genannt wird. Durch enge Gassen schiebt man sich zu Dom, Schutzengelkirche und dem Residenzplatz mit Mariensäule und Gebäuden aus dem 18. Jahrhundert vor. In der Universitätsstadt mit Bischofssitz machen Radler direkt am Radweg Pause: In der „Haifischbar“ am Herzogsteg, wo auch Studenten in Liegestühlen abhängen. Bei 30 Grad wirkt alles fast ein wenig italienisch. Und das „Hofmühl“ läuft: Ob als Radler, Helles oder Weizen. Bratwurst No. 4 gibt’s im Gasthaus „Zur Trompete“: Trompetenpfanne, zwei original fränkische Bratwürste auf Krautschupfnudeln. Man hat sich gestärkt und schafft den 20%igen Anstieg zum Nachbau des Römerkastells Vetoniana bei Pfünz, Teil des Rätischen Limes. Die romantische Burg Arnsberg folgt auf dem Fuß und schließlich Burg Kipfenberg mit Römer – und Bajuwarenmuseum und Infopoint Limes. Radfahrer werden hier zu Römern mit Kettenhemd, Helm und Schild. „Zu schwer fürs Rad, diese Ausrüstung“, bedeutet mein Mitfahrer und legt lieber wieder Fahrradhelm und –handschuhe an. Nach einem Besuch am Mittelpunkt Bayerns brausen wir hinab in den Ort, wo es beim Metzger Neumeyer Weißwürste gibt. Auch Weißwurstseminare werden hier abgehalten. Da lernt man, warum die Zitrone zu den wichtigsten Zutaten gehört und warum sie das 12-Uhr-Läuten nicht stören dürfen. Bayerische Kuriositäten.

Kurios muten auch die mittelalterlichen Türme der Stadtmauer von Beilngries an mit Namen wie Bettelvogtturm oder Seelennonnenturm, in dem einst die Totenfrau lebte. Pastellfarbene Häuser mit Treppengiebeln leuchten in der Sonne. Aus zahlreichen Gasthäusern und Wirtsgärten dröhnt Gemurmel bis nach Mitternacht. Doch das erscheint nun schon fast normal. Richtig skurril wird es, als ein Schild auftaucht, das nach „Bayerisch China“ weist. Bayerisch China, das ist Dietfurt. Dort gibt es einen Chinesenbrunnen, der gerade renoviert wird, und im Fasching den „Unsinnigen Donnerstag“. Kaiser Ma-ya-ki und sein Gefolge ziehen dann durch die Straßen und rufen „Tschei, ei, ei, ei – hoch lebe die China-Narretei!“ Das ist nicht Historie, sondern immer noch Realität. Historie gibt es, nachdem wir an einer Herde Altmühltaler Lämmer und Schafe vorbeigeradelt sind, die friedlich auf Wacholderheiden grasen. Der Archäologiepark erstreckt sich zwischen Dietfurt und Kelheim und bietet an zahlreichen Stationen und Hörpunkten Zeitreisen zu Neandertalern und Kelten. Station 13 z. B. ist ein teilweise rekonstruiertes Gehöft aus der Eisenzeit, in dem einst Bauern lebten. Rechts davon fließt nun der Main-Donau-Kanal, in dem die Altmühl bei Dietfurt aufgeht. Dort gibt es Bratwurst No. 5: Saure Zipfel mit Zwiebeln und Brot, dazu ein Riemhofer Helles vom Fass beim Gasthaus „Zum Kini“ (mit Kini ist König Ludwig II. von Bayern gemeint). Der begradigte Kanal ist schiffbar, der weiß-blaue Himmel wird immer grauer. Regen? Ab aufs Schiff! Die Fahrradmitnahme ist kostenlos, und es bleibt viel Zeit zum Gucken: Wir gleiten sanft an Burg Prunn, der Holzbrücke „Tatzelwurm“ und Burg Randeck vorbei, am Ende werden wir in der Schleuse um 8,40 m abgelassen und landen in Kelheim, einst eine keltische Siedlung an der Altmühl. Das „Weiße Brauhaus“ am Ort ist ein bayerisches Mega-Gaststätte mit Kultstatus, wird doch in der dazu gehörigen Brauerei die berühmte Schneider Weiße gebraut. In den Gewölben hallt’s. Eine Ansprache für die Stammtischbrüder wird gehalten. Zehn Schneider Weiße gehen über den Tresen. Und Bratwurst No. 6: Ein Paar Bierbratwürste mit Speckkartoffelsalat.

 
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