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Czytaj książkę: «Hermann und Dorothea», strona 2

Czcionka:

Da versetzte sogleich der Vater lebhaft und sagte: "Die Gesinnung ist löblich, und wahr ist auch die Geschichte, Mütterchen, die du erzählst; denn so ist alles begegnet. Aber besser ist besser. Nicht einen jeden betrifft es, Anzufangen von vorn sein ganzes Leben und Wesen; Nicht soll jeder sich quälen, wie wir und andere taten, Oh, wie glücklich ist der, dem Vater und Mutter das Haus schon Wohlbestellt übergeben und der mit Gedeihen es ausziert! Aller Anfang ist schwer, am schwersten der Anfang der Wirtschaft. Mancherlei Dinge bedarf der Mensch, und alles wird täglich Teurer; da seh er sich vor, des Geldes mehr zu erwerben. Und so hoff ich von dir, mein Hermann, daß du mir nächstens In das Haus die Braut mit schöner Mitgift hereinführst; Denn ein wackerer Mann verdient ein begütertes Mädchen, Und es behaget so wohl, wenn mit dem gewünscheten Weibchen Auch in Körben und Kasten die nützliche Gabe hereinkommt. Nicht umsonst bereitet durch manche Jahre die Mutter Viele Leinwand der Tochter, von feinem und starkem Gewebe; Nicht umsonst verehren die Paten ihr Silbergeräte, Und der Vater sondert im Pulte das seltene Goldstück: Denn sie soll dereinst mit ihren Gütern und Gaben Jenen Jüngling erfreun, der sie vor allen erwählt hat. Ja, ich weiß, wie behaglich ein Weibchen im Hause sich findet, Das ihr eignes Gerät in Küch' und Zimmern erkennet Und das Bette sich selbst und den Tisch sich selber gedeckt hat. Nur wohl ausgestattet möcht' ich im Hause die Braut sehn; Denn die Arme wird doch nur zuletzt vom Manne verachtet, Und er hält sie als Magd, die als Magd mit dem Bündel hereinkam. Ungerecht bleiben die Männer, und die Zeiten der Liebe vergehen. Ja, mein Hermann, du würdest mein Alter höchlich erfreuen, Wenn du mir bald ins Haus ein Schwiegertöchterchen brächtest Aus der Nachbarschaft her, aus jenem Hause, dem grünen. Reich ist der Mann fürwahr: sein Handel und seine Fabriken Machen ihn täglich reicher: denn wo gewinnt nicht der Kaufmann? Nur drei Töchter sind da; sie teilen allein das Vermögen. Schon ist die ältste bestimmt, ich weiß es; aber die zweite Wie die dritte sind noch, und vielleicht nicht lange, zu haben. Wär' ich an deiner Statt, ich hätte bis jetzt nicht gezaudert, Eins mir der Mädchen geholt, so wie ich das Mütterchen forttrug."

Da versetzte der Sohn bescheiden dem dringenden Vater: "Wirklich, mein Wille war auch, wie Eurer, eine der Töchter Unsers Nachbars zu wählen. Wir sind zusammen erzogen, Spielten neben dem Brunnen am Markt in früheren Zeiten, Und ich habe sie oft vor der Knaben Wildheit beschützet. Doch das ist lange schon her; es bleiben die wachsenden Mädchen Endlich billig zu Haus und fliehn die wilderen Spiele. Wohlgezogen sind sie gewiß! Ich ging auch zuzeiten Noch aus alter Bekanntschaft, so wie Ihr es wünschtet, hinüber; Aber ich konnte mich nie in ihrem Umgang erfreuen. Denn sie tadelten stets an mir, das mußt' ich ertragen: Gar zu lang war mein Rock, zu grob das Tuch und die Farbe Gar zu gemein und die Haare nicht recht gestutzt und gekräuselt. Endlich hatt' ich im Sinne, mich auch zu putzen wie jene Handelsbübchen, die stets am Sonntag drüben sich zeigen, Und um die halbseiden im Sommer das Läppchen herumhängt. Aber noch früh genug merkt' ich, sie hatten mich immer zum besten, Und das war mir empfindlich, mein Stolz war beleidigt; doch mehr noch Kränkte mich's tief, daß so sie den guten Willen verkannten, Den ich gegen sie hegte, besonders Minchen, die jüngste. Denn so war ich zuletzt an Ostern hinübergegangen, Hatte den neuen Rock, der jetzt nur oben im Schrank hängt, Angezogen und war frisiert wie die übrigen Bursche. Als ich eintrat, kicherten sie; doch zog ich's auf mich nicht. Minchen saß am Klavier; es war der Vater zugegen, Hörte die Töchterchen singen und war entzückt und in Laune. Manches verstand ich nicht, was in den Liedern gesagt war, Aber ich hörte viel von Pamina, viel von Tamino, Und ich wollte doch auch nicht stumm sein! Sobald sie geendet, Fragt' ich dem Texte nach und nach den beiden Personen. Alle schwiegen darauf und lächelten; aber der Vater Sagte: "Nicht wahr, mein Freund, Er kennt nur Adam und Eva?" Niemand hielt sich alsdann, und laut auf lachten die Mädchen, Laut auf lachten die Knaben, es hielt den Bauch sich der Alte. Fallen ließ ich den Hut vor Verlegenheit, und das Gekicher Dauerte fort und fort, soviel sie auch sangen und spielten. Und ich eilte beschämt und verdrießlich wieder nach Hause, Hängte den Rock in den Schrank und zog die Haare herunter Mit den Fingern und schwur, nicht mehr zu betreten die Schwelle. Und ich hatte wohl recht; denn eitel sind sie und lieblos, Und ich höre, noch heiß' ich bei ihnen immer Tamino."

Da versetzte die Mutter: "Du solltest, Hermann, so lange Mit den Kindern nicht zürnen; denn Kinder sind sie ja sämtlich. Minchen fürwahr ist gut und war dir immer gewogen; Neulich fragte sie noch nach dir. Die solltest du wählen!"

Da versetzte bedenklich der Sohn: "Ich weiß nicht, es prägte Jener Verdruß sich so tief bei mir ein, ich möchte fürwahr nicht Sie am Klaviere mehr sehn und ihre Liedchen vernehmen."

Doch der Vater fuhr auf und sprach die zornigen Worte: "Wenig Freud' erleb ich an dir! Ich sagt' es doch immer, Als du zu Pferden nur und Lust nur bezeugtest zum Acker: Was ein Knecht schon verrichtet des wohlbegüterten Mannes, Tust du; indessen muß der Vater des Sohnes entbehren, Der ihm zur Ehre doch auch vor andern Bürgern sich zeigte. Und so täuschte mich früh mit leerer Hoffnung die Mutter, Wenn in der Schule das Lesen und Schreiben und Lernen dir niemals Wie den andern gelang und du immer der Unterste saßest. Freilich! das kommt daher, wenn Ehrgefühl nicht im Busen Eines Jünglinges lebt und wenn er nicht höher hinauf will. Hätte mein Vater gesorgt für mich, so wie ich für dich tat, Mich zur Schule gesendet und mir die Lehrer gehalten, Ja, ich wäre was anders als Wirt zum Goldenen Löwen!"

Aber der Sohn stand auf und nahte sich schweigend der Türe, Langsam und ohne Geräusch; allein der Vater, entrüstet, Rief ihm nach: "So gehe nur hin! ich kenne den Trotzkopf! Geh und führe fortan die Wirtschaft, daß ich nicht schelte; Aber denke nur nicht, du wollest ein bäurisches Mädchen Je mir bringen ins Haus, als Schwiegertochter, die Trulle! Lange hab ich gelebt und weiß mit Menschen zu handeln, Weiß zu bewirten die Herren und Frauen, daß sie zufrieden Von mir weggehn, ich weiß den Fremden gefällig zu schmeicheln. Aber so soll mir denn auch ein Schwiegertöchterchen endlich Wiederbegegnen und so mir die viele Mühe versüßen! Spielen soll sie mir auch das Klavier; es sollen die schönsten, Besten Leute der Stadt sich mit Vergnügen versammeln, Wie es sonntags geschieht im Hause des Nachbars!" Da drückte Leise der Sohn auf die Klinke, und so verließ er die Stube.

Thalia
Die Bürger

Also entwich der bescheidene Sohn der heftigen Rede; Aber der Vater fuhr in der Art fort, wie er begonnen – "Was im Menschen nicht ist, kommt auch nicht aus ihm, und schwerlich Wird mich des herzlichsten Wunsches Erfüllung jemals erfreuen, Daß der Sohn dem Vater nicht gleich sei, sondern ein Beßrer. Denn was wäre das Haus, was wäre die Stadt, wenn nicht immer Jeder gedächte mit Lust zu erhalten und zu erneuen Und zu verbessern auch, wie die Zeit uns lehrt und das Ausland! Soll doch nicht als ein Pilz der Mensch dem Boden entwachsen Und verfaulen geschwind an dem Platze, der ihn erzeugt hat, Keine Spur nachlassend von seiner lebendigen Wirkung! Sieht man am Hause doch gleich so deutlich, wes Sinnes der Herr sei, Wie man, das Städtchen betretend, die Obrigkeiten beurteilt. Denn wo die Türme verfallen und Mauern, wo in den Gräben Unrat sich häufet und Unrat auf allen Gassen herumliegt, Wo der Stein aus der Fuge sich rückt und nicht wieder gesetzt wird, Wo der Balken verfault und das Haus vergeblich die neue Unterstützung erwartet: der Ort ist übel regieret. Denn wo nicht immer von oben die Ordnung und Reinlichkeit wirket, Da gewöhnet sich leicht der Bürger zu schmutzigem Saumsal, Wie der Bettler sich auch an lumpige Kleider gewöhnet. Darum hab ich gewünscht, es solle sich Hermann auf Reisen Bald begeben und sehn zum wenigsten Straßburg und Frankfurt Und das freundliche Mannheim, das gleich und heiter gebaut ist. Denn wer die Städte gesehn, die großen und reinlichen, ruht nicht, Künftig die Vaterstadt selbst, so klein sie auch sei, zu verzieren. Lobt nicht der Fremde bei uns die ausgebesserten Tore Und den geweihten Turm und die wohlerneuerte Kirche? Rühmt nicht jeder das Pflaster? die wasserreichen, verdeckten, Wohlverteilten Kanäle, die Nutzen und Sicherheit bringen, Daß dem Feuer sogleich beim ersten Ausbruch gewehrt sei, Ist das nicht alles geschehn seit jenem schrecklichen Brande? Bauherr war ich sechsmal im Rat und habe mir Beifall, Habe mir herzlichen Dank von guten Bürgern verdienet, Was ich angab, emsig betrieben und so auch die Anstalt Redlicher Männer vollführt, die sie unvollendet verließen. So kam endlich die Lust in jedes Mitglied des Rates. Alle bestreben sich jetzt, und schon ist der neue Chausseebau Fest beschlossen, der uns mit der großen Straße verbindet. Aber ich fürchte nur sehr, so wird die Jugend nicht handeln! Denn die einen, sie denken auf Lust und vergänglichen Putz nur, Andere hocken zu Haus und brüten hinter dem Ofen. Und das fürcht ich, ein solcher wird Hermann immer mir bleiben."

Und es versetzte sogleich die gute verständige Mutter: "Immer bist du doch, Vater, so ungerecht gegen den Sohn! und So wird am wenigsten dir dein Wunsch des Guten erfüllet. Denn wir können die Kinder nach unserem Sinne nicht formen; So wie Gott sie uns gab, so muß man sie haben und lieben, Sie erziehen aufs beste und jeglichen lassen gewähren. Denn der eine hat die, die anderen andere Gaben; Jeder braucht sie, und jeder ist doch nur auf eigene Weise Gut und glücklich. Ich lasse mir meinen Hermann nicht schelten; Denn, ich weiß es, er ist der Güter, die er dereinst erbt, Wert und ein trefflicher Wirt, ein Muster Bürgern und Bauern, Und im Rate gewiß, ich seh es voraus, nicht der Letzte. Aber täglich mit Schelten und Tadeln hemmst du dem Armen Allen Mut in der Brust, so wie du es heute getan hast." Und sie verließ die Stube sogleich und eilte dem Sohn nach, Daß sie ihn irgendwo fänd' und ihn mit gütigen Worten Wieder erfreute; denn er, der treffliche Sohn, er verdient' es.

Lächelnd sagte darauf, sobald sie hinweg war, der Vater: "Sind doch ein wunderlich Volk die Weiber, so wie die Kinder! Jedes lebet so gern nach seinem eignen Belieben, Und man sollte hernach nur immer loben und streicheln. Einmal für allemal gilt das wahre Sprüchlein der Alten: Wer nicht vorwärts geht, der kommt zurücke! So bleibt es."

Und es versetzte darauf der Apotheker bedächtig: "Gerne geb ich es zu, Herr Nachbar, und sehe mich immer Selbst nach dem Besseren um, wofern es nicht teuer doch neu ist; Aber hilft es fürwahr, wenn man nicht die Fülle des Gelds hat, Tätig und rührig zu sein und innen und außen zu bessern? Nur zu sehr ist der Bürger beschränkt; das Gute vermag er Nicht zu erlangen, wenn er es kennt. Zu schwach ist sein Beutel, Das Bedürfnis zu groß; so wird er immer gehindert. Manches hätt' ich getan; allein wer scheut nicht die Kosten Solcher Verändrung, besonders in diesen gefährlichen Zeiten! Lange lachte mir schon mein Haus im modischen Kleidchen, Lange glänzten durchaus mit großen Scheiben die Fenster; Aber wer tut dem Kaufmann es nach, der bei seinem Vermögen Auch die Wege noch kennt, auf welchen das Beste zu haben? Seht nur das Haus an da drüben, das neue! Wie prächtig in grünen Feldern die Stukkatur der weißen Schnörkel sich ausnimmt! Groß sind die Tafeln der Fenster, wie glänzen und spiegeln die Scheiben, Daß verdunkelt stehn die übrigen Häuser des Marktes! Und doch waren die unsern gleich nach dem Brande die schönsten, Die Apotheke zum Engel sowie der Goldene Löwe. So war mein Garten auch in der ganzen Gegend berühmt, und Jeder Reisende stand und sah durch die roten Staketen Nach den Bettlern von Stein und nach den farbigen Zwergen. Wem ich den Kaffee dann gar in dem herrlichen Grottenwerk reichte, Das nun freilich verstaubt und halb verfallen mir dasteht, Der erfreute sich hoch des farbig schimmernden Lichtes Schön geordneter Muscheln; und mit geblendetem Auge Schaute der Kenner selbst den Bleiglanz und die Korallen. Ebenso ward in dem Saale die Malerei auch bewundert, Wo die geputzten Herren und Damen im Garten spazieren Und mit spitzigen Fingern die Blumen reichen und halten. Ja, wer sähe das jetzt nur noch an! Ich gehe verdrießlich Kaum mehr hinaus; denn alles soll anders sein und geschmackvoll, Wie sie's heißen, und weiß die Latten und hölzernen Bänke. Alles ist einfach und glatt, nicht Schnitzwerk oder Vergoldung Will man mehr, und es kostet das fremde Holz nun am meisten. Nun, ich wär' es zufrieden, mir auch was Neues zu schaffen; Auch zu gehn mit der Zeit und oft zu verändern den Hausrat; Aber es fürchtet sich jeder, auch nur zu rücken das Kleinste, Denn wer vermöchte wohl jetzt die Arbeitsleute zu zahlen? Neulich kam mir's in Sinn, den Engel Michael wieder, Der mir die Offizin bezeichnet, vergolden zu lassen Und den greulichen Drachen, der ihm zu Füßen sich windet; Aber ich ließ ihn verbräunt, wie er ist; mich schreckte die Fordrung."

Euterpe
Mutter und Sohn

Also sprachen die Männer, sich unterhaltend. Die Mutter Ging indessen, den Sohn erst vor dem Hause zu suchen, Auf der steinernen Bank, wo sein gewöhnlicher Sitz war. Als sie daselbst ihn nicht fand, so ging sie, im Stalle zu schauen, Ob er die herrlichen Pferde, die Hengste, selber besorgte, Die er als Fohlen gekauft und die er niemand vertraute. Und es sagte der Knecht: "Er ist in den Garten gegangen." Da durchschritt sie behende die langen doppelten Höfe, Ließ die Ställe zurück und die wohlgezimmerten Scheunen, Trat in den Garten, der weit bis an die Mauern des Städtchens Reichte, schritt ihn hindurch und freute sich jegliches Wachstums, Stellte die Stützen zurecht, auf denen beladen die Äste Ruhten des Apfelbaums, wie des Birnbaums lastende Zweige, Nahm gleich einige Raupen vom kräftig strotzenden Kohl weg; Denn ein geschäftiges Weib tut keine Schritte vergebens. Also war sie ans Ende des langen Gartens gekommen, Bis zur Laube, mit Geißblatt bedeckt; nicht fand sie den Sohn da, Ebensowenig, als sie bis jetzt ihn im Garten erblickte. Aber nur angelehnt war das Pförtchen, das aus der Laube, Aus besonderer Gunst, durch die Mauer des Städtchens gebrochen Hatte der Ahnherr einst, der würdige Burgemeister. Und so ging sie bequem den trocknen Graben hinüber, Wo an der Straße sogleich der wohl umzäunete Weinberg Aufstieg steileren Pfads, die Fläche zur Sonne gekehret. Auch den schritt sie hinauf und freute der Fülle der Trauben Sich im Steigen, die kaum sich unter den Blättern verbargen. Schattig war und bedeckt der hohe mittlere Laubgang, Den man auf Stufen erstieg von unbehauenen Platten. Und es hingen herein Gutedel und Muskateller, Rötlich-blaue daneben von ganz besonderer Größe, Alle mit Fleiße gepflanzt, der Gäste Nachtisch zu zieren. Aber den übrigen Berg bedeckten einzelne Stöcke, Kleinere Trauben tragend, von denen der köstliche Wein kommt. Also schritt sie hinauf, sich schon des Herbstes erfreuend Und des festlichen Tags, an dem die Gegend im Jubel Trauben lieset und tritt und den Most in die Fässer versammelt, Feuerwerke des Abends von allen Orten und Enden Leuchten und knallen und so der Ernten schönste geehrt wird. Doch unruhiger ging sie, nachdem sie dem Sohne gerufen Zwei-, auch dreimal und nur das Echo vielfach zurückkam, Das von den Türmen der Stadt, ein sehr geschwätziges, herklang. Ihn zu suchen war ihr so fremd; er entfernte sich niemals. Weit, er sagt' es ihr denn, um zu verhüten die Sorge Seiner liebenden Mutter und ihre Furcht vor dem Unfall. Aber sie hoffte noch stets, ihn doch auf dem Wege zu finden; Denn die Türen, die untre sowie die obre, des Weinbergs Standen gleichfalls offen. Und so nun trat sie ins Feld ein, Das mit weiter Fläche den Rücken des Hügels bedeckte. Immer noch wandelte sie auf eigenem Boden und freute Sich der eigenen Saat und des herrlich nickenden Kornes, Das mit goldener Kraft sich im ganzen Felde bewegte. Zwischen den Äckern schritt sie hindurch, auf dem Raine, den Fußpfad, Hatte den Birnbaum im Auge, den großen, der auf dem Hügel Stand, die Grenze der Felder, die ihrem Hause gehörten. Wer ihn gepflanzt, man konnt' es nicht wissen. Er war in der Gegend Weit und breit gesehn und berühmt die Früchte des Baumes. Unter ihm pflegten die Schnitter des Mahls sich zu freuen am Mittag Und die Hirten des Viehs in seinem Schatten zu warten; Bänke fanden sie da von rohen Steinen und Rasen. Und sie irrete nicht; dort saß ihr Hermann und ruhte, Saß mit dem Arme gestützt und schien in die Gegend zu schauen Jenseits, nach dem Gebirg, er kehrte der Mutter den Rücken. Sachte schlich sie hinan und rührt' ihm leise die Schulter. Und er wandte sich schnell; da sah sie ihm Tränen im Auge.

"Mutter", sagt' er betroffen, "Ihr überrascht mich!" Und eilig Trocknet' er ab die Träne, der Jüngling edlen Gefühles. "Wie? du weinest, mein Sohn?" versetzte die Mutter betroffen; "Daran kenn ich dich nicht! ich habe das niemals erfahren! Sag, was beklemmt dir das Herz? was treibt dich, einsam zu sitzen Unter dem Birnbaum hier? was bringt dir Tränen ins Auge?"

Und es nahm sich zusammen der treffliche Jüngling und sagte: "Wahrlich, dem ist kein Herz im ehernen Busen, der jetzo Nicht die Not der Menschen, der umgetriebnen, empfindet; Dem ist kein Sinn in dem Haupte, der nicht um sein eigenes Wohl sich Und um des Vaterlands Wohl in diesen Tagen bekümmert. Was ich heute gesehn und gehört, das rührte das Herz mir; Und nun ging ich heraus und sah die herrliche weite Landschaft, die sich vor uns in fruchtbaren Hügeln umherschlingt, Sah die goldene Frucht den Garben entgegen sich neigen Und ein reichliches Obst und volle Kammern versprechen. Aber, ach! wie nah ist der Feind! Die Fluten des Rheines Schützen uns zwar; doch ach! was sind nun Fluten und Berge Jenem schrecklichen Volke, das wie ein Gewitter daherzieht! Denn sie rufen zusammen aus allen Enden die Jugend Wie das Alter und dringen gewaltig vor, und die Menge Scheut den Tod nicht; es dringt gleich nach der Menge die Menge. Ach! und ein Deutscher wagt, in seinem Hause zu bleiben? Hofft vielleicht zu entgehen dem alles bedrohenden Unfall? Liebe Mutter, ich sag Euch, am heutigen Tage verdrießt mich, Daß man mich neulich entschuldigt, als man die Streitenden auslas Aus den Bürgern. Fürwahr! ich bin der einzige Sohn nur, Und die Wirtschaft ist groß und wichtig unser Gewerbe; Aber wär' ich nicht besser, zu widerstehen da vorne An der Grenze, als hier zu erwarten Elend und Knechtschaft? Ja, mir hat es der Geist gesagt, und im innersten Busen Regt sich Mut und Begier, dem Vaterlande zu leben Und zu sterben und andern ein würdiges Beispiel zu geben. Wahrlich, wäre die Kraft der deutschen Jugend beisammen, An der Grenze, verbündet, nicht nachzugeben den Fremden, Oh, sie sollten uns nicht den herrlichen Boden betreten Und vor unseren Augen die Früchte des Landes verzehren, Nicht den Männern gebieten und rauben Weiber und Mädchen! Sehet, Mutter, mir ist im tiefsten Herzen beschlossen, Bald zu tun und gleich, was recht mir deucht und verständig; Denn wer lange bedenkt, der wählt nicht immer das Beste. Sehet, ich werde nicht wieder nach Hause kehren! Von hier aus Geh ich gerad in die Stadt und übergebe den Kriegern Diesen Arm und dies Herz, dem Vaterlande zu dienen. Sage der Vater alsdann, ob nicht der Ehre Gefühl mir Auch den Busen belebt und ob ich nicht höher hinauf will!"

Da versetzte bedeutend die gute verständige Mutter, Stille Tränen vergießend, sie kamen ihr leichtlich ins Auge: "Sohn, was hat sich in dir verändert und deinem Gemüte, Daß du zu deiner Mutter nicht redest wie gestern und immer, Offen und frei, und sagst, was deinen Wünschen gemäß ist? Hörte jetzt ein Dritter dich reden, er würde fürwahr dich Höchlich loben und deinen Entschluß als den edelsten preisen, Durch dein Wort verführt und deine bedeutenden Reden. Doch ich tadle dich nur; denn sieh, ich kenne dich besser. Du verbirgst dein Herz und hast ganz andre Gedanken. Denn ich weiß es, dich ruft nicht die Trommel, nicht die Trompete, Nicht begehrst du zu scheinen in der Montur vor den Mädchen; Denn es ist deine Bestimmung, so wacker und brav du auch sonst bist, Wohl zu verwahren das Haus und stille das Feld zu besorgen. Darum sage mir frei: was dringt dich zu dieser Entschließung?"

Ernsthaft sagte der Sohn: "Ihr irret, Mutter. Ein Tag ist Nicht dem anderen gleich. Der Jüngling reifet zum Manne; Besser im stillen reift er zur Tat oft als im Geräusche Wilden, schwankenden Lebens, das manchen Jüngling verderbt hat. Und so still ich auch bin und war, so hat in der Brust mir Doch sich gebildet ein Herz, das Unrecht hasset und Unbill, Und ich verstehe recht gut die weltlichen Dinge zu sondern; Auch hat die Arbeit den Arm und die Füße mächtig gestärket. Alles, fühl ich, ist wahr; ich darf es kühnlich behaupten. Und doch tadelt Ihr mich mit Recht, o Mutter, und habt mich Auf halbwahren Worten ertappt und halber Verstellung. Denn, gesteh' ich es nur, nicht ruft die nahe Gefahr mich Aus dem Hause des Vaters und nicht der hohe Gedanke, Meinem Vaterland hülfreich zu sein und schrecklich den Feinden. Worte waren es nur, die ich sprach: sie sollten vor Euch nur Meine Gefühle verstecken, die mir das Herz zerreißen. Und so laßt mich, o Mutter! Denn da ich vergebliche Wünsche Hege im Busen, so mag auch mein Leben vergeblich dahingehn. Denn ich weiß es recht wohl: der einzelne schadet sich selber, Der sich hingibt, wenn sich nicht alle zum Ganzen bestreben."

Ograniczenie wiekowe:
12+
Data wydania na Litres:
28 września 2017
Objętość:
80 str. 1 ilustracja
Właściciel praw:
Public Domain