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Achtundvierzig Briefe von Johann Gottlieb Fichte und seinen Verwandten

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Achtundvierzig Briefe von Johann Gottlieb Fichte und seinen Verwandten
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Vorwort

Ist seit der Fichte-Feier auch schon mehr als ein Monat verflossen, so ist doch nicht zu befürchten, daß damit auch schon die Theilnahme der Gemüther für diesen großen Mann verschwunden sei. Hat doch die Allgemeinheit, Gehobenheit und Innigkeit der Gedächtnißfeste gezeigt, daß dieser Mann, wie aus dem Schooße des Volkes herausgewachsen, so auch ihm an das Herz gewachsen ist; so daß man vertrauen darf, das deutsche Volk werde ihn so lange in treuem und dankbarem Andenken halten, bis Das, was tüchtig und ewig an ihm war, wiederum auch ganz in Fleisch und Blut des Volkes hineingewachsen ist, damit sein Sinn und Geist Blüthen und Früchte treibe aus dem Marke und Safte des Volkes zum Segen des Volkes. Es ist die Eigenthümlichkeit wahrhaft großer Männer, daß sie auf der einen Seite Söhne ihrer Zeit sind, auf der andern aber ihrer Zeit vorauseilen und als Vorbilder erscheinen oft noch lange nach ihrem Tode. In dem Sinne hat auch der »Cultus des Genius« sein Recht, wenn er dazu dient, das Eigenartige, Neue, was in einer ausgezeichneten Persönlichkeit zuerst Gestalt gewonnen hat, zum Gemeingute Aller zu machen.

Darum glaube ich, es werde eine nochmalige Hinweisung auf Fichte, wenn schon »nach dem Feste«, doch nicht überhaupt zu spät kommen, zumal da dieselbe nicht zu den zahlreichen Reden und Meinungsäußerungen über ihn bloß noch eine hinzufügen, sondern etwas in der That Neues und echt Fichte'sches bringen will, nämlich eine Reihe von Briefen: zweiunddreißig von Fichte selbst, elf von seiner Frau, drei von seinem Bruder Gottlob, einen von seinem Bruder Gotthelf und einen von seiner Mutter. Dieselben beziehen sich, als Briefe von Verwandten an einander, zunächst auf Familienangelegenheiten, so jedoch, daß darin auch Fichte's Lebensschicksale und geistige Bestrebungen in mannigfache Erwähnung kommen, ja daß sogar einige Ergänzungen zu dem davon bereits Bekannten geboten werden. Indeß würde mich dies noch nicht zur Veröffentlichung derselben bewogen haben, wenn ich ihnen nicht noch einen anderen Werth beilegen zu dürfen glaubte. Sie scheinen mir nämlich einen keineswegs verächtlichen Beitrag zu Fichte's Charakterschilderung zu liefern, indem sie manche Züge und Linien enthalten, welche dem großartigen monumentalen Bilde, das wir Alle von seinem Wesen in uns tragen, in feiner Nüancirung das Mienenspiel größerer Portraitähnlichkeit leihen, ohne ihm seine erhabene Idealität zu rauben.

Warum ich aber diese Reliquien nicht schon zu Fichte's Gedächtnißfeier veröffentlicht, darüber bin ich die Erklärung schuldig: sie liegt ganz einfach in den Umständen. Es war kaum zwei Wochen vor dem 19. Mai, als mir, bei Gelegenheit der Erwähnung Fichte's, von einer meiner Schülerinnen mitgetheilt wurde, ihre Mutter, die Enkelin von einem Bruder Johann Gottlieb Fichte's, besitze Briefe von ihm. Ich erbat mir die Mittheilung derselben – es waren zwei Briefe von J. G. Fichte und einer von seiner Gattin (Nr. 7, 36, 38 der vollständigen Reihe) – und veröffentlichte dieselben in einem Aufsatze »Zur Erinnerung an Johann Gottlieb Fichte« im »Dresdner Journal« 1862 Nr. 108–111. Darin gab ich als Einleitung eine kurze Hinweisung auf Fichte's philosophisches System, welches in seinem theoretischen Theile eine wesentlich geschichtliche und insofern allerdings auch unvergängliche Bedeutung in Anspruch nehmen dürfe; sodann aber hob ich den noch größeren und dauernderen Werth der praktischen Seite seiner Philosophie hervor, welche recht eigentlich ein Erzeugniß und ein Spiegel seines Charakters ist, wie er auch selbst in seinem eigenen Leben mit seiner, wesentlich ethischen, Lehre durchweg übereinstimmte. »So steht Fichte vor uns da – ein ganzer, ein deutscher, ein großer Mann, ein hohes Vorbild der Energie im Denken und im Handeln auch für unsere Zeit. Nur aus einem solchen Charakter läßt sich auch jener, wenngleich einseitige und darum falsche, dennoch aber großartige und erhabene theoretische Grundgedanke erklären.« An die durch die erwähnten Briefe veranlaßten Hindeutungen auf Fichte's häusliche Verhältnisse und die gemüthliche Seite seines Wesens fügte ich endlich einige Notizen über eine Wirksamkeit Fichte's, an die man bei Erwähnung seines Namens gewöhnlich gar nicht denkt, die aber doch zur Vervollständigung seines Charakterbildes der Erinnerung wohl werth ist: seine Beziehung zur Poesie. Zu dem in Fichte's Biographie (»Fichte's Leben und literarischer Briefwechsel. Von seinem Sohne Immanuel Hermann Fichte.« 2. Aufl. Leipzig 1862. 2 Bde.) darüber Gesagten gab ich als einen kleinen Nachtrag einige Citate, besonders aus den Lebensbeschreibungen Adelbert von Chamisso's und Friedrich de la Motte Fouqué's, zum Beweise, wie bedeutenden Einfluß Fichte namentlich auf die Dichter des Nordsternbundes in Berlin gehabt; ich schloß mit den Worten: »Wir sehen, daß Fichte selbst in Kreisen, welche dem eigentlichen Gebiete seiner Thätigkeit ferner standen, hohe Geltung und Anerkennung genoß und sich in jeder Beziehung als ein bedeutender, unvergeßlicher Mann erweist; denn wer den Besten seiner Zeit genug gethan, der hat gelebt für alle Zeiten.«

Das Interesse, welches für die Sache rege geworden war, bewirkte weitere Nachforschungen, und das Ergebniß derselben war die Auffindung einer ganzen fast vergessenen Sammlung von Briefen, welche mir bereitwillig zur Veröffentlichung überlassen wurden, die denn, nach Vollendung der nöthigen Vorarbeiten und mit ausdrücklicher Genehmigung des Herrn Professor Dr. Fichte in Tübingen, zunächst in den »Grenzboten« Nr. 29–32 erfolgte, woraus nunmehr die vorliegende Separat-Ausgabe hervorgegangen ist.

Ich habe den Abdruck nach einer diplomatisch genauen Copie der Originale machen lassen, weil ich zu Aenderungen der darin, allerdings nicht immer ganz consequent, beobachteten Orthographie und Interpunction nach unsern Grundsätzen mich nicht berechtigt und es auch nicht für nöthig hielt, die vorkommenden kleinen Unfertigkeiten und Ungenauigkeiten eigenmächtig und, wie's geschehen müßte, bisweilen auch willkürlich zu verbessern. Es mag Manchen interessiren zu sehen, wie Fichte schrieb, wenn er flüchtig schrieb; unserer Vorstellung von seiner Geistesgröße wird dadurch Nichts entzogen, daß wir sehen, wie auch Fichte, wie wir Alle, in eilig geschriebenen vertraulichen Briefen zuweilen einen falschen Buchstaben machte oder einen Punkt vergaß. Ich erwähne nur noch, daß Fichte z. B. die geschärften Laute »tz« und »ck«, die er im Ganzen scheint vermeiden zu wollen, doch bisweilen gebraucht, wie er auch bald »weißst«, bald »weist« u. dgl. schreibt. Zu den Briefen von Johanna Maria Fichte bemerke ich, daß darin der letzte Buchstabe des Alphabets nach geschärften wie nach gedehnten Silben durchweg eine solche Form hat, als ob »t« und »z« zu einem Buchstaben zusammengezogen seien, sodaß nur die Wahl blieb, überall »z« oder überall »tz« zu setzen: ich habe das Erstere gewählt. Außerdem hat in Johanna's Briefen das »s« immer die französische Form, ebenso die Buchstaben »a, g, u, v, w«, die auch als große Anfangsbuchstaben sich oft nur wenig von den kleinen unterscheiden; hierzu vergleiche man die halb französische Unterschrift des 16. Briefes und den gallicistischen Gebrauch der Negation nach dem Comparativ im 12. Briefe. –

Diesem Büchlein füge ich als künstlerische Zugabe bei das Bildniß von Fichte's trefflicher Gattin in wohlgelungenem Kupferstiche nach einer Zeichnung auf Pergament, welche sich im Besitze derselben Familie befindet, der die Briefe gehören. Ein zweites Exemplar davon, mit geringen Abweichungen, besitzt Herr Professor Fichte in Tübingen, und danach ist der ziemlich rohe Holzschnitt im »Illustrirten Panorama. Berlin, Brigl. Band III. Lief. 1.« gefertigt. Das daselbst daneben gestellte Bild Fichte's aus seinen jüngeren Jahren ist nur eine Fiction des Zeichners; allerdings hat es zu jener Zeichnung in Sachsen ein Pendant gegeben, jedenfalls aus Fichte's Jenaer Epoche, aber dieses ist bedauerlicher Weise längst abhanden gekommen und nicht mehr zu erlangen. Leider ist nicht mehr aufzuklären, ob unser Medaillon-Bild eins von den zwei oder drei (die Unterscheidung ist nicht ganz deutlich), sonst unbekannten Portraits ist, welche Fichte in den Briefen an seine Braut erwähnt, eben so wenig ist der Zeichner bekannt. Die Aehnlichkeit aber ist von Herrn Professor Fichte, dem Sohne, ausdrücklich anerkannt, welcher versichert, daß »ihre Gesichtszüge auch in späteren Jahren noch, besonders was den physiognomischen Ausdruck anbetrifft, ganz damit übereinstimmten.« Und in der That entspricht dieser Ausdruck auch ganz der Vorstellung, die wir nach ihren Briefen uns machen, welche wirklich, wie Gotthelf Fichte sagt, eine schöne Seele verrathen: aus ihrem Gesichte spricht Zartheit und Innigkeit, ruhig milde Sanftmuth, gepaart mit einem leisen Anfluge von weiblich naivem Humor. Bemerkenswerth ist, wie Johanna's Handschrift, die ursprünglich etwas gerundeter und zierlicher war, einige Jahre nach ihrer Vermählung einen freieren und kräftigeren Zug annimmt; diesen letzteren, als der fertigen Individualität entsprechend, habe ich geglaubt für das Facsimile wählen zu müssen, welches nach dem 38. Briefe gebildet ist. – Johanna Fichte war keine Bettina und keine Rahel, aber sie war eine treue, sinnige, gläubige deutsche Frau, die auch nahe daran war, in ihrem Wirken als Pflegerin der Kämpfer für Deutschlands Freiheit ihr Leben dem Vaterlande zu opfern, während der Allwaltende ihr darin ihren Gatten zum Stellvertreter setzte. –

Der Zweck dieses Schriftchens ist, Fichte zu zeigen, wie er war, vorzüglich in den Beziehungen zu seiner Familie: bei der Offenheit seines Herzens verbindet sich dem reinsten Wohlwollen auch hier die bei ihm überall durchschlagende Ehrlichkeit und Entschiedenheit des Willens.

Es ist die Art edler Charaktere, daß sie uns um so mehr anziehen, je näher wir ihnen treten. Schon in meiner Studienzeit in Leipzig hatte ich, veranlaßt durch eine mir übertragene Bearbeitung der Fichte'schen Philosophie in Herrn Professor Dr. Weiße's philosophischer Gesellschaft, Fichte's Geist in seiner Stärke und Größe bewundern müssen; je mehr ich ihn kennen lernte, desto mehr lernte ich ihn auch lieben. Ich hoffe, auch Andere werden diese Erfahrung an sich machen. Eine glückliche Fügung verstattet mir, gegenwärtigen kleinen Beitrag zur Verherrlichung seines Andenkens zu liefern und so ihm meinen Dank abzutragen für Das, was er mir geworden durch seine Lehre und sein Leben.

 

Dresden, Michael 1862.

Julius Moritz Weinhold,
Cand. theol., Lehrer bei dem königlichen Cadettencorps und an der Wieland'schen Töchterschule &c

Der erste Brief ist aus Schulpforta geschrieben, ein halbes Jahr nach der am 4. Oct. 1774 erfolgten Aufnahme des damals kaum zwölf und ein halbes Jahr alten Knaben. Zu der Schilderung, die wir in seiner Lebensbeschreibung (I, 10–17) von seinem Aufenthalte auf dieser Fürstenschule erhalten, fügt dieser Brief ein Genrebildchen, welches uns bereits in dem jungen Schüler einerseits den ehrlichen, strengen Charakter andeutet, andererseits eine zartfühlende Gewandtheit zeigt, mit der er das Anerbieten seines Vaters von sich weist, ihm eine Sorte seiner Waaren zu liefern, die Gottlieb unter seinen Mitschülern vertreiben sollte. An dem Briefe ist auch eine für das sehr jugendliche Alter des Schreibers auffallend ausgeschriebene Hand zu bemerken.

1

Herzliebster Vater

Euren Brief habe ich erst heute, als den 1 Aprill erhalten. Ich habe bisher mit Schmerzen gewartet, und fast vor Freuden wurde ich außer mir als ich hörte es sey ein Brief an mich da, denn ich glaubte gewiß daß etwas darinn seyn würde. In etlichen Tagen ist der Examen aus welcher 14 Tage währet, und wo wir verschiedene Sachen ausarbeiten müßen, die nach Dreßden geschickt werden. Wir bekommen auch übermorgen die Censuren, da wir entweder wegen unseres Fleißes gelobt oder wegen unserer Faulheit gescholten werden. Dieses wird nun alles nach Dreßden in die Regierung berichtet. Da ich nun gewiß weiß daß ich ein sehr gutes ja fast das beste Lob bekommen werde, so kostet mich doch auch dieses entsetzlich Geld. Denn es ist hier die fatale Gewohnheit daß wer eine gute Censur bekommt den 6. Obersten in seiner Claße und 5. Obersten am Tische jeden ein ganz Stück Kuchen kauffen muß welches 1 Gr. 3 Pf. kostet also zusammen 13 Gr. 9 Pf. Ob ich nun gleich dieses Examen 5 Gr. 6 Pf. verdient habe, so bleibt doch noch 8 Gr. 3 Pf. welche mir auch schon mein Ober-Geselle ein sehr hübscher Mensch, geborgt hat. Doch was ich übrigens verdiene langt kaum zu den vielen Waßer Krügen welche man hier kaufen muß, denn die Untersten müssen Wasser holen, und mausen sich einander die Krüge dazu ganz entsetzlich welches ich aber nicht thun kann, denn es ist und bleibt gestohlen. Doch bey allen diesen kümmerlichen Dingen danke ich doch noch Gott daß ich keine Schulden als die vorhinerzählten 8 Gr. 3 Pf. habe. Daß es Euch mein lieber Vater sehr schwer fallen werde, glaube ich wohl, doch sollte ich denn nicht noch so ein gutes Andenken bei meinen Freunden haben. Mein unschickliches Verhalten wegen des Briefes an Herrn Boden, glaube ich durch beygelegten Brief gut zu machen. An zwey Personen aber kann man auf einmal einen Brief nicht schreiben. Doch noch eins, was schreibt ihr mir denn von 6. Geschwistern, ich habe gerechnet und gerechnet, bringe ihrer aber nur 5. heraus. Ihr schreibt mir von Strumpfbändern, ich weiß aber wohl nicht, ob es gut gethan seyn würde, denn leider fragt man hier nicht so viel nach dergleichen Sachen als nach Geld, ich würde auch noch dazu entsetzlich ausgehöhnt werden, wollt ihr mir aber so gut seyn und mir ein paar schicken, so wird es mir sehr angenehm seyn, nicht allein weil ich sie sehr nothwendig brauche, sondern weil es mir auch ein sehr angenehmes Andenken an Euch verschaffen würde. Ich habe weil ich hier bin eine beständige Gesundheit gehabt. Grüßt meine liebe Mutter mein Geschwister und besonders Gottloben und sagt ihn er solle mir doch schreiben. Ich würde ihm auch schreiben, wenn es jetzo im Examen die Zeit litte. Lebet wohl.

P. S. Warum denn aber zur Oster Meße ihr könnt mir eure Brieffe immer auf der Post unfrancirt schicken, denn das bezahl der Hr. Rector

Pforte d. 1 Aprill 1775

Johann Gottlieb Fichte

Wer der im Briefe erwähnte Herr Boden sei, dafür finde ich keinen Anhalt. Der erwähnte Obergesell war der spätere Generalsuperintendent in Riga Karl Gottlob Sonntag, dessen Aufsicht er übergeben wurde, weil er die Behandlung seines ersten Obergesellen nicht länger ertragen mochte (I, 12. 14. f.). Die Zahl der Geschwister, über deren Vermehrung Fichte sich wundert, betrug überhaupt sieben, wie mir mündlich mitgetheilt worden; es waren sechs Brüder und eine Schwester.

2

Wolfishein d. 13. Mai. 1787.

Bester Vater,

Ich hoffe, daß Er meinen Brief vom Ende vorigen Monats, im Einschlage an Herr Burschen schon erhalten hat. Ich habe darinnen von meinen Befinden, und von meinen Umständen alles gesagt, was zu sagen war. Jetzt habe ich einen Auftrag an Ihn, den ich so bald, als möglich zu besorgen bitte.

Ich weiß, daß in Rammenau ein ganzer Busch von Lerchenbäumen ist. Im Gespräch sagte ich das einmal meinem Herrn Principal, und er wünschte dergleichen Saamen zu haben, und hat mir Auftrag gegeben, ihn welchen zu verschaffen. Ich bitte Ihn also hiermit, mir bei dem Jäger (wenn er nicht gerne wollen sollte, so muß er ihn in seinem, und auch in meinen Namen sehr bitten, und ihm sagen, daß mir eine große sehr große Gefälligkeit damit geschähe, und daß ich zu allen möglichen Gegendiensten bereit sey –) Ein Loth Lerchen Saamen zu verschaffen, gegen baare Bezahlung, die ich Ihn vor der Hand auszulegen bitte, die ich aber gleich nach Erhaltung des Saamens überschiken werde: sich aber zugleich bei eben dem Jäger genau und sorgfältig zu erkundigen, wenn? (ob im Frühlinge, oder Herbst) und wie? (ob dichte, oder dünne) der Lerchen Saamen gesäet wird, und besonders was vor Boden, ob leimigten, oder schwarzen schweren, oder sandigten erfordert: und mir so bald als möglich mit der Post den Saamen, nebst dieser Nachricht, genau und deutlich, zu überschiken, und zu melden, was er kostet.

Hierdurch, bester Vater, geschieht mir eine sehr große Gefälligkeit. Suche Er also ja mir sowohl den Saamen, als die dazu gehörigen Nachrichten zu verschaffen. Sollte, wie ich befürchte, der Jäger den Saamen nicht weggeben wollen, oder dürfen; oder sollte Er es sich nicht getrauen, es bei ihm dahin zu bringen, so bitte Er doch den Herrn Pfarrer Wagner, nebst vielen Empfehlungen von mir, die Sache zu übernehmen, der ihn vielleicht eher erhalten wird. Nur bitte ich mir auf jeden Fall baldige Antwort aus. Uebrigens ist meine Lage noch ganz die vorige. Ich wünsche, beste Eltern, daß Sie recht wohl, und glüklich leben, grüße alles mein Geschwister herzlich, und bin mit der kindlichsten Achtung

Ihr
Gehorsamer Sohn
Fichte.

Viel Empfehlungen an den Hr. Pfarrer, Frau Mutter, und Herrn Bruder. Ich bitte auf jeden Fall um baldige Antwort.

Dieser zweite Brief mit der Aufschrift:

Herrn
Herrn Fichte
in
Rammenau.,

ist aus Wolfishein, wo Fichte Hauslehrer gewesen sein muß. Ein »Wolfshain« oder »Wolfshayn«, welches wohl hier gemeint ist, liegt 2¾ Stunden östlich von Leipzig; das dortige Rittergut kaufte um die Mitte des vorigen Jahrhunderts Buchdrucker Breitkopf. Außerdem giebt es ein »Wolffshain« in der Niederlausitz, 5 St. östlich von Spremberg. Ueber diese Zeit seines Lebens berichtet sein Sohn nur (I, 27): »Von seinen äußern wechselnden Verhältnissen um diese Zeit wissen wir nur Einzelnes und Abgerissenes.« Der in dem Briefe erwähnte Herr Bursche wohnte nach anderen Briefen in Pulsnitz und war Seifensieder; der Pfarrer Wagner war der um Fichte hoch verdiente Pastor zu Rammenau. Hier ist nämlich ein doppelter Irrthum der Biographie zu berichtigen. Dieselbe (I, 7 f.) nennt diesen Mann Diendorf. – Es gab aber in Rammenau nur einen Pfarrer M. Johann Gottfried Dinndorf – so habe ich selbst den Namen in dem Kirchenbuche gelesen – und dieser starb, nachdem er ziemlich 53 Jahre sein Amt verwaltet, am 19. März 1764, also kaum zwei Jahre nach Fichte's Geburt. Auf ihn folgte zunächst M. Karl Christoph Nestler, und auf diesen am 5. August 1770 Adam Gottlob Wagner. Derselbe war, wie mir Herr Pastor Werner in Rammenau mündlich mittheilte, vorher Erzieher auf dem herrschaftlichen Schlosse gewesen und daher mit den Ortsverhältnissen und den Dorfbewohnern wohl bekannt; und so empfahl er später den etwa zehnjährigen Fichte dem Herrn von Miltitz, der gewünscht hatte, eine von Wagners Predigten zu hören. Aber selbst hiervon abgesehen, und ein noch geringeres Alter angenommen – wie der Biograph sagt: »der Knabe mochte bereits acht oder neun Jahre alt geworden sein« –, kann immer nur an Wagner gedacht werden. Auch war derselbe, wie ich selbst von andern Seiten in der Lausitz gehört habe, als Prediger berühmt. – Jene Namensverwechslung kann, wie Herr Pastor Werner vermuthet, vielleicht dadurch entstanden sein, daß Fichte wohl zuweilen seiner Familie von dem alten wackern, zu seiner Zeit noch nicht vergessenen, Dinndorf erzählt haben mag, der während seiner langen Amtsführung gar Vieles erlebt hatte, z. B. den siebenjährigen Krieg, einen Neubau der Kirche u. s. w., und der ein unermüdlich fleißiger Prediger war, denn er soll während seines Lebens beinahe 8000 Mal gepredigt haben. – Der damalige Gutsherr von Rammenau wird in der Biographie (I, 7) Graf von Hoffmannsegg genannt. Genau genommen aber hieß er damals nur Johann Albericus von Hoffmann und war Geheimer Cabinets-Assistenzrath; denn erst 1779 wurde er unter dem Namen Hoffmannsegg (er soll einen mit einer Egge verbundenen Pflug erfunden haben) in den Reichsgrafenstand erhoben. – Uebrigens ist bemerkenswerth, wie in Fichte's Briefen mit der Zeit die Anreden wechseln: im ersten Briefe nennt Fichte seinen Vater, »Ihr«, in diesem »Er«, in allen ferneren aber nach unserer Weise »Sie«.

Im Sommer 1788 ging Fichte nach Zürich, wo er anderthalb Jahre Erzieher im Hause eines angesehenen Gasthofbesitzers, Namens Ott, war (I, 32 f. 39). Ende März des Jahres 1790 reiste er von dort wieder ab und traf in der ersten Hälfte des Mai in Leipzig ein, wo er den folgenden Brief an seine Eltern schrieb, welchem auf der Rückseite desselben Blattes einer an seinen Bruder Gotthelf angefügt ist.