Das Geheimnis um Zelle 13

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Das Geheimnis um Zelle 13
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Smoerland Verlag

Inhaber: Michael Schneider

Rosenstr. 14

55218 Ingelheim

www.smoerland.de

Alle Rechte vorbehalten

Umschlagmotiv: Richard Zeid / Noun Project

Gestaltung: Michael Schneider

ISBN 978-3-95943-002-9

Das Rätsel um Zelle 13

Das Rätsel um Zelle 13

Praktisch alle Buchstaben des Alphabets, die nicht ich seinem Namen - Augustus S. F. X. van Dusen - vorkamen, hatte er sich im Laufe Laufe einer brillanten wissenschaftlichen Karriere durch Titel erworben und aneinandergereiht. Sein Name war somit zu einem imposanten Gebilde geworden. Er war ein Ph.D., ein LL.D., ein F.R.S., ein M.D., und ein M.D.S. und vieles mehr, das ihm zwar selbst kaum geläufig war, aber ihm in Anerkennung seiner Fähigkeiten durch verschiedene ausländische pädagogische und wissenschaftliche Einrichtungen verliehen worden ist.

Sein Äußeres war nicht weniger auffällig als seine Name. Schlaksig, mit herabhängenden Schultern und der Blässe seines frisch rasierten Gesichts, erweckte er den Anschein eines abwesenden, vergeistigten Studenten. Durch das Studium mikroskopisch kleiner Gegenstände - sofern er sie überhaupt durch seine dicken Brillengläser sah - schielte er etwas. Sein auffälligstes Merkmal aber befand sich oberhalb seiner Augen: Eine große, breite Stirn, fast anormal in Höhe und Breite, gekrönt von einem großen Schopf buschigen, gelben Haares. All diese Äußerlichkeiten zusammengenommen, ließen ihn als eine eigenartige, fast groteske Persönlichkeit erscheinen.

Professor van Dusen war ursprünglich deutscher Abstammung und stammte aus einer Dynastie von Wissenschaftlern. Er war vor allem an der Logik interessiert. Mindestens 35 Jahre des halben Jahrhunderts seines Lebens, waren darauf ausgerichtet zu beweisen, dass zwei plus zwei stets vier ergeben - außer unter ungewöhnlichen Umständen in denen sie drei oder fünf ergaben - das aber hing von den Gegebenheiten ab. Er war der festen Überzeugung, dass alles, das begann, sich irgendwohin entwickeln musste. Und er besaß die mentale Stärke seine Gedanken auf ein Problem zu fokussieren. Übrigens sei an dieser Stelle bemerkt, dass Professor van Dusen Hutgröße Acht trug.

Die Welt hatte vage von Professor van Dusen als „die Denkmaschine” gehört. Die Bezeichnung stammte aus einem Zeitungsartikel über ein bemerkenswertes Schachspiel, in dessen Verlauf er bewies, dass ein Schachneuling mit Hilfe strenger Logik in der Lage ist, einen geübten Spieler mit jahrelanger Erfahrung zu schlagen. „Die Denkmaschine”! Vielleicht beschrieb ihn dieser Ausdruck besser als alle seine ehrenwerten Titel. Woche um Woche, Monat für Monat verbrachte er in der Abgeschiedenheit seines kleinen Labors, aus dem Gedanken hervorgegangen waren, die wissenschaftliche Gesellschaften taumeln ließen und die ganze Welt tief verwirrten.

Nur sehr selten hatte „die Denkmaschine” Besucher, und wenn, dann waren dies in der Regel Männer, die, selbst anerkannte Wissenschaftler waren, und die kamen, um eine Fragestellung zu erörtern oder vielleicht sich selbst zu überzeugen. Zwei dieser Männer, Dr. Charles Ransome und Alfred Fielding, kamen eines Abends, um eine Theorie zu diskutieren, die hier nicht weiter von Bedeutung ist.

„So etwas ist nicht möglich” erklärte Dr Ransome nachdrücklich im Laufe des Gesprächs.

„Nichts ist unmöglich", erklärte die Denkmaschine mit gleichem Nachdruck. Er sprach stets etwas gereizt.

„Der Geist ist der Herrscher über alle Dinge. Und wenn die Wissenschaft diese Tatsache in ihrer ganzen Tragweite erkennt, dann wird sie einen wirklich großen Fortschritt machen."

„Was ist mit einem Flugschiff?” fragte Dr. Ransome.

„Das ist überhaupt nicht unmöglich,” behauptete die Denkmaschine.

„Es wird eines Tages erfunden werden. Ich würde es selbst machen, wenn ich nicht so beschäftigt wäre.”

Dr. Ransome lachte nachsichtig.

„Ich hörte Sie schon einmal so etwas behaupten” sagte er, „aber das bedeutet nichts. Der Geist mag über die Materie herrschen, aber es ist noch kein Weg gefunden worden, dies auf sich selbst anzuwenden. Es gibt Dinge, die nicht einfach weggedacht werden können oder die das Ergebnis einer noch so großen geistigen Anstrengung sind."

„Was zum Beispiel?” forderte ihn die Denkmaschine ihn heraus. Dr. Ransome dachte eine Weile nach während er rauchte.

„Nun, sagen wir Gefängniszellen” erwiderte er. „Niemand kann sich selbst aus einer Gefängniszelle befreien. Wenn man es könnte, gäbe es keine Gefangenen mehr.”

„Jemand kann seinen Verstand und seine Genialität so anwenden, dass er eine Gefängniszelle verlassen kann - was das gleiche ist.” schnaubte die Denkmaschine zurück. Dr. Ransome schien einigermaßen amüsiert zu sein.

„Lassen Sie uns einen Fall konstruieren,” sagte er nach einem Moment.

„Nehmen wir eine Gefängniszelle, in der zum Tode verurteilte untergebracht sind. Männer, die verzweifelt und verrückt vor Angst sind, würden jede Chance wahrnehmen, zu fliehen. Nehmen wir an, Sie würden in so einer Zelle sitzen. Könnten Sie fliehen?”

„Natürlich”, erklärte die Denkmaschine.

„Natürlich,” sagte Mr. Fielding, der erst jetzt an der Diskussion teilnahm. „Natürlich würden Sie die Gefängniszelle mit Sprengstoff zerstören - aber ein Gefangener in der Zelle hat keinen Sprengstoff.”

„Daran denke ich nicht” sagte die Denkmaschine „Sie könnten mich genauso behandeln, wie zu Tode verurteilte behandelt werden - und ich würde die Todeszelle trotzdem verlassen.”

„Nicht ohne die Zelle vorher zu präparieren, um herauszukommen” sagte Dr. Ransome.

Die Denkmaschine war offensichtlich gelangweilt und er zwinkerte mit seinen blauen Augen.

„Sperren Sie mich in jede Zelle in irgendein Gefängnis zu jeder Zeit, nur mit dem Nötigsten bekleidet, und ich werde innerhalb einer Woche fliehen.” erklärte er entschieden. Dr. Ransome saß aufrecht in seinem Sessel. Mr. Fielding zündete sich eine neue Zigarre an.

„Sie meinen, Sie können sich tatsächlich selbst herausdenken?” fragte Dr. Ransome.

„Ich würde herauskommen” war die Antwort.

„Meinen Sie das ernsthaft?”

„Natürlich meine ich das ernsthaft.”

Dr. Ransome und Mr. Fielding schwiegen eine ganze Zeit.

„Sind Sie einverstanden es zu versuchen?” fragte Mr. Fielding schließlich.

„Natürlich” sagte Professor van Dusen und es schwang eine Anwandlung von Ironie in seiner Stimme mit. „Ich habe verrücktere Dinge als diese gemacht, um Männer von weniger wichtigen Wahrheiten zu überzeugen.”

Der Ton war beleidigend und begann auf beiden Seiten sich unterschwellig in Zorn zu verwandeln.

Natürlich war es absurd. Aber Professor van Dusen wiederholte seine Einwilligung den Ausbruchsversuch zu unternehmen. Also war es beschlossen.

„Wir beginnen jetzt” fügte Dr. Ransome hinzu.

„Ich würde lieber morgen anfangen” sagte die Denkmaschine, „weil -”

„Nein, jetzt” sagte Mr. Fielding tonlos. „Sie sind verhaftet -. bildlich gesprochen natürlich - ohne Vorwarnung, in eine Gefängniszelle gesperrt, ohne eine Möglichkeit mit Freunden zu kommunizieren und unter genau den gleichen Bedingungen und der gleichen Aufmerksamkeit, der auch zu Tode verurteilten Mördern zuteil wird. Sind Sie bereit?”

„Dann bin ich bereit” sagte die Denkmaschine und erhob sich.

„Sagen wir die Todeszelle im Chisholm Gefängnis.”

„Die Todeszelle im Chisholm Gefängnis.”

„Und was werden Sie anziehen?”

„So wenig wie möglich” sagte die Denkmaschine „Schuhe, Socken, eine Hose, ein Hemd.”

„Sie werden Sich durchsuchen lassen?”

„Ich soll genauso behandelt werden wie alle anderen Gefangenen.” sagte die Denkmaschine. „Nicht mehr Aufmerksamkeit, nicht weniger.”

Um die Erlaubnis für diesen Versuch zu erhalten, bedurfte es einiger Vorbereitungen, aber da es sich um einflussreiche Männer handelte, konnte alles per Telefon geregelt werden. Albeit, der Gefängnisleiter, dem sie versicherten, dass das Experiment rein wissenschaftlichen Zwecken diente, war aufrichtig traurig. Professor van Dusen wäre der berühmteste Gefangene gewesen, den sie je hatten.

Nachdem die Denkmaschine die Kleidung übergezogen hatte, die er während seiner Gefangenschaft tragen würde, rief er die kleine alte Frau, die in einer Person seine Haushälterin, Köchin und Dienstmädchen war.

„Martha” sagte er „Es ist jetzt gerade 27 Minuten nach Neun. Ich gehe fort. In einer Woche von heute Nacht an, um halb zehn, werden diese beiden Herren hier und ein oder zwei weitere, das Abendbrot mit mir hier einnehmen. Und denken Sie daran, Mr. Ransome liebt Artischocken.

Die drei Männer fuhren in das Chisholm Gefängnis, wo der Aufseher, der telefonisch informiert worden war, sie erwartete. Er hatte verstanden, dass der berühmte Professor van Dusen, sein Gefangener sein würde, wenn er ihn für eine Woche unterbringen konnte - und dass er keine Verbrechen begangen hatte, aber wie ein echter Gefangener behandelt werden sollte.

„Durchsuchen Sie ihn” befahl Dr. Ransome.

Die Denkmaschine wurde durchsucht: Nichts wurde gefunden. Die Hosentaschen waren leer, das weiße, gestärkte Hemd hatte keine Taschen. Die Schuhe und Socken wurden entfernt, untersucht und wieder zurückgestellt.

Als er die Vorbereitungen beobachtete, die mitleidige, kindliche Schwäche des Mannes, das farblose Gesicht und die weißen Hände, bereute Dr. Ransome seine Rolle in der Angelegenheit.

„Sind Sie sicher, dass Sie das tun wollen?” fragte er.

„Wären Sie überzeugt, wenn ich es nicht täte?” fragte die Denkmaschine zurück.

„Nein.”

„Dann mache ich es.”

Was Dr. Ransome an Sympathie besaß, wurde durch den Ton zerstreut. Er nervte ihn und er wollte das Experiment zu einem Ende bringen. Es wäre ein stechender Beweis für seinen Egoismus.

 

„Es wird unmöglich für ihn sein, Kontakt mit jemandem Außerhalb aufzunehmen?” fragte er.

„Absolut unmöglich” antwortete der Gefängnisleiter. „Ihm werden Schreibmaterialien, egal welcher Art, verboten sein.”

„Und die Wärter? Würden Sie eine Botschaft für ihn überbringen?”

„Nicht ein Wort. Weder direkt noch indirekt” sagte der Aufseher.

„Darauf können Sie sich verlassen. Mir wird alles berichtet, was er sagt, und ausgehändigt, was er weitergibt.”

„Das klingt zufriedenstellend.” sagte Mr Fielding, der offensichtlich ebenfalls Interesse an diesem Problem zeigte.

„Natürlich, im Falle dass er scheitern sollte,” sagte Dr. Ransome, „und darum bittet, ihn gehen zu lassen, wissen sie schon, dass Sie ihn freilassen müssen?”

„Das habe ich verstanden” antwortete der Aufseher.

Die Denkmaschine hörte aufmerksam zu, sagte aber nichts, bis die Diskussion beendet war und fuhr dann fort:

„Darf ich Sie um drei kleine Gefallen bitten? Sie dürfen Sie zulassen oder nicht, wie Sie wünschen.”

„Keine Extrawünsche mehr” warnte Mr. Fielding.

„Darum bitte ich nicht. Ich hätte gerne etwas Zahnpuder - kaufen Sie es selbst, um sicherzugehen, dass es Zahnpuder ist - und ich hätte gerne eine Fünf- Dollar und zwei zehn Dollar Scheine.” Dr. Ransome, Mr Fielding und der Gefängnisleiter tauschten erstaunte Blicke aus. Sie waren nicht überrascht von der Bitte um das Zahnpulver, aber von der Bitte um Geld. „Gibt es irgendjemanden, mit dem unser Freund in Kontakt kommt, den er mit 25 Dollar bestechen könnte?”

„Nicht mal für 250 Dollar” war die wohlmeinende Antwort.

„Und was ist die dritte Bitte?” fragte Dr. Ransome.

„Ich hätte gerne meine Schuhe poliert.”

Wieder wurden erstaunte Blicke ausgetauscht. Diese letzte Bitte war die Höhe an Absurdität. Nachdem alle diese Dinge besorgt worden waren, wurde die Denkmaschine zu der Gefängniszelle geführt, aus der er versuchen würde zu fliehen.

„Das hier ist Zelle 13." sagte der Aufseher, während er an der dritten Tür des eisernen Ganges stehen blieb. „Hier bringen wir verurteilte Mörder unter. Niemand kann es ohne meine Erlaubnis verlassen; Und niemand in ihr kann mit der Außenwelt kommunizieren. Ich setze meine Reputation dafür aufs Spiel. Die Zelle ist nur drei Türen von meinem Büro entfernt, und ich kann leicht ungewöhnliche Geräusche hören."

„Reicht Ihnen diese Zelle, wehrte Herren?” fragte die Denkmaschine. Ironie schwang in der Stimme mit.

„Vortrefflich.” war die Antwort.

Die schwere Stahltür wurde geöffnet, man hörte aufgeregtes quieken und das Rascheln kleiner Füße. Die Denkmaschine ging in die Dunkelheit der Zelle hinein. Dann wurde die Tür geschlossen und durch den Aufseher doppelt gesichert.

„Was ist das für ein Geräusch in der Zelle?” fragte Dr. Ransome durch die Gitterstäbe.

„Ratten - Dutzende von ihnen” antwortete die Denkmaschine knapp.

Die drei Männer wünschten sich eine gute Nacht und waren gerade im Begriff zu gehen, als die Denkmaschine rief; „Wärter, wie spät ist es genau?"

„Elf Uhr siebzehn“ antwortete der Wärter.

„Vielen Dank. Ich werde die Herrschaften in Ihrem Büro aufsuchen, von heute Abend an, in genau einer Woche, um halb Neun.“ sagte die Denkmaschine.

„Und wenn nicht?“

„Darüber gibt es keinen Zweifel.“

Das Chisholm Gefängnis war ein großer Granitbunker, umgeben von Feldern und einer mehrere Fuß hohen Mauer aus solidem Stein, mit einer so glatten Oberfläche, dass sie einem Kletterer keinen Halt bot, egal wie erfahren er war. Auf der Mauer war zusätzlich ein fünf Fuß hoher Drahtzaun angebracht. Der Zaun allein markierte eine absolute Grenze zwischen Freiheit und Gefangenschaft. Selbst wenn es jemandem gelingen sollte, aus der Gefängniszelle zu entkommen, würde er diese Mauer nicht überwinden können. Der Hof, der auf allen Seiten des Gefängnisgebäudes fünfundzwanzig Fuß breit war, war bei Tag ein Übungsplatz für die Gefangenen, denen der Segen der gelegentlichen Halbfreiheit gewährt wurde. Aber das galt nicht für die aus Zelle 13. Zu allen Zeiten des Tages gab es bewaffnete Wächter im Hof. Insgesamt vier von ihnen. Eine Patrouille für jede Seite des Gefängnisgebäudes. In der Nacht war der Hof fast so hell beleuchtet wie am Tage. Auf jeder der vier Seiten war ein großer Lichtbogen an der Gefängnismauer angebracht, der den Wächtern einen freien Blick gab. Die Laternen beleuchteten ebenso den Stacheldraht auf der Mauer. Die Drähte, die die Bogenlampen versorgten, liefen auf der Seite des Gefängnisgebäudes auf Isolatoren zu und von oben führten Stangen zu den Polen, die die Bogenlampen stützten. All dies besah sich die Denkmaschine, der nur auf Zehenspitzen auf dem Bett stehend, aus dem kleinen Fenster schauen konnte. Er vergewisserte sich, dass der Fluss drüben jenseits der Mauer lag. Er hörte schwach das Pulsieren eines Motorbootes und hoch in der Luft sah er einen Flussvogel. Aus dieser Richtung kamen zudem Schreie spielender Kinder und der gelegentliche Aufschlag einer Kugel. Er folgerte, dass zwischen der Gefängnismauer und dem Fluss ein offener Raum lag, ein Spielplatz.

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