Indira Jackson
Rayan - Sohn der Wüste
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Vorwort
2014 – Flug von München nach Dubai - Zeitvertreib
2014 – Flughafen von Dubai - Zufall oder doch Schicksal?
2014 – Dubai - heiße Wut
1987 – Zarifa - Der Aufbruch
1989 – Zarifa - Der Anfang vom Ende
1989 – Zarifa - Ein gnadenloser Tag
1989 - Zarifa – Ein kurzes Wiedersehen
2014 - Gefängnis von Dubai - Fluchtgedanken
2014 - Hotelzimmer in Dubai - Wüstenwind
1989 – Zarifa - Das Entkommen
2014 - Gefängnis von Dubai – Die Flucht
2014 - Dubai – Der Colonel
1989 – Zerstörte Zukunft
2014 - Dubai – Die Fährte aufgenommen
2014 - Dubai – Ausgerechnet ein Anwalt
1989 – Zarifa - Ein einsamer Weg
2014 - Dubai – Eine neue Spur
2014 – Dubai – Unerwartete Hilfe
1990 - Rabea Akbar - Eine neue Rangordnung
2014 - Am Stadtrand von Dubai - Auf ins Abenteuer
1990 - Rabea Akbar – Clara
2014 - In der Wüste nahe Dubai – Eine grausige Entdeckung
1990 - Rabea Akbar – Der General
2014 - Rub’al Khali, Oase Wahi - Treffen in der Oase
1990 - Rabea Akbar – Alle Dämme brechen
2014 – Rub’al Khali, Oase Wahi – Don’t shoot the messenger
1991 - Rabea Akbar – Blutige Rache
2014 - Oase Wahi – Stolz
1991 - Rabea Akbar – Morgendämmerung
1991 - Rabea Akbar- Das Verhör
2014 - Oase Wahi – Eine clevere Lösung
1991 – Rabea Akbar – Ein folgenreiches Treffen
2014 - Oase Wahi – Die Bestrafung
1991 – Rabea Akbar – Schatten der Vergangenheit
2014 - Oase Wahi – Der Aufbruch
2014 - Rub’al Khali – Heldentum
1991 - Rabea Akbar – Familienbande
1991 – Rabea Akbar – Beginn der Ausbildung
2014 - Rub’al Khali- Carina
2014 - Rub’al Khali – Rayan
2014 – Rub‘ al Khali – Einfach nur durchhalten
2014 - Rub’al Khali – Der Zusammenbruch
2014 - Rub’al Khali – Lufttransport
1991 – Rabea Akbar – Einzelgänger
1991 - Rabea Akbar – Wüstentraining
2014 - Krankenhaus von Alessia – Erwachen
2014 - Krankenhaus von Alessia - Ein neuer Plan muss her
1991 – Armeekrankenhaus Kaserne Rabea Akbar – Teamgeist
1990er - Kaserne Rabea Akbar und Weltweit – Spezielle Werte
2014 – Krankenhaus von Alessia - Ausgetrickst
2001 - Zarifa – Treffen nach vielen Jahren
2014 – Alessia – Das Wiedersehen
2014 – Alessia – Vorliebe
2001 – Zarifa – Rückkehr nach Zarifa
2014 – Krankenhaus Alessia – Ein offenes Gespräch
2001 - Im Tal von Zarifa – Der Stammesrat
2001 - Tal von Zarifa – Nächtliche Schatten
2014 – Krankenhaus Alessia - Lehrreiche Wochen
2001 – Tal von Zarifa – Entlarvt
2001 - Tal von Zarifa – Auslieferung eines Verräters
2014 - Alessia – Die Erlaubnis
2001 - Tal von Zarifa – Hanif
2014 - Alessia – Aufbruch nach Zarifa
2014 - Rub‘ al Khali – Unterwegs
2001 – Tal von Zarifa – Die Befragung
2001 – Tal von Zarifa – Hanif
2001 – Tal von Zarifa – Die Geschichte eines Spielers
2014 – Rub’al Khali, Oase Sabya – Überraschende Einladung
2014 - Oase von Sabya – Die Verwandlung
2001 – Oase am Rande von Zarifa – Verteidigungsmaßnahmen
2001 – Rub’al Khali – Der Kundschafter
2014 – Oase von Tayma – Ein unangenehmer Gastgeber
2014 – Oase von Tayma – Die Definition von Ehre
2014 – Oase von Tayma – Problemlösung
2014 - Oase von Tayma – Eigentum
2001 – Rub’al Khali, Oase von Farah – Nachricht mit Wirkung
2001 – Oase von Farah – Die Nachricht wird verstanden
2014 – Oase von Tayma – Noch mehr Probleme
2014 – Oase von Tayma – Ein Kompliment
2014 - Oase von Tayma – Abschied von Jamila
2001 - Oase von Zarifa – Unerwarteter Support
1998 – Rabea Akbar – Neubeginn
2014 – Oase von Tayma – Aufbruch aus Tayma
2001 – Oase von Zarifa – Hanif
2014 – Rub’al Khali – Der Angriff
2001 – Oase von Zarifa – Die Niederlage der Banu Shams
2014 – Rub’al Khali – Hanif
2014 – Rub’al Khali – Jassim
2001 - Oase von Zarifa – Glück im Unglück
2014 - Rub’al Khali – Rayan
2001 – Lager vor Zarifa – Besuch im Dunkeln
2014 - Rub’al Khali – Nachwirkung
2001 – Oase von Zarifa – Treffen um Mitternacht
2014 – Zarifa - Endlich da
2001 – Oase von Zarifa – Krankenbesuch
2001 – Oase von Zarifa – Des Rätsels Lösung
2014 – Oase von Zarifa – Ankunft in der Oase
2001 – Oase von Zarifa – Wendepunkt
2014 – Zarifa – Neue Facetten
2014 – Tal von Zarifa – Endlich angekommen
2001 – Oase von Zarifa – Hanif 4
2001 - Oase von Zarifa – Sedat
2014 – Tal von Zarifa – Luxusunterkunft
2001 – Oase von Zarifa – Bezahlung einer alten Schuld
2014 – Tal von Zarifa – Julie
2001 – Oase von Zarifa – Schatten der Vergangenheit
2014 – Tal von Zarifa – Gast des Hauses
2001 - Oase von Zarifa – Die Wirkung der Wahrheit
2014 – Tal von Zarifa – Hausführung
2001 - Oase von Zarifa – Eine weitere Wahrheit
2014 - Tal von Zarifa – Daouds Ankunft
2001 - Oase von Zarifa – Lebenslänglich
2014 - Tal von Zarifa – Das Büro
2014 – Tal von Zarifa – Einlass
2001 - Oase von Zarifa – Der Eid
2014 - Tal von Zarifa – Der Ausflug
2001 - Oase von Zarifa – Eine ungewohnte Situation
2014 – Tal von Zarifa – Blick in die Vergangenheit
2014 – Oase von Zarifa – Die Entscheidung
2001 – Oase von Zarifa – Ein Neubeginn
2001 – Oase von Zarifa – Aufbruch in ein neues Leben
2001 - Tal von Zarifa – Die Bestimmung
2014 - Tal von Zarifa – Sensationen
2014 - Tal von Zarifa – Sieg über den Stolz
2014 – Tal von Zarifa – Ein Rätsel gelöst, ein neues aufgetan
2014 - Tal von Zarifa – Kampftraining
2014 – Tal von Zarifa – Rückkehr und Abschied
2014 - Tal von Zarifa – Erpressung
2014 - Tal von Zarifa – Fragen über Fragen
2014 - Tal von Zarifa – Effektive Notlüge
2014 - Tal von Zarifa – Vorbereitungen zur Rettungsaktion
2014 - Tal von Zarifa – Eisiger Abschied
Namens- und Ortsverzeichnis
Vorschau auf Teil II
Impressum neobooks
Irrtum vorbehalten
Alle Rechte bleiben der Autorin vorbehalten.
Liebe Leserinnen,
Liebe Leser,
wenn Ihr einen historisch korrekten Roman erwartet, seid ihr hier leider falsch. Mein Ansatz ist es nicht, lehrreich zu sein, sondern unterhaltsam.
Daher sind alle Namen, Personen und auch die meisten Orte frei erfunden.
Ähnlichkeiten zu realen Personen oder Ereignissen sind rein zufällig und keinesfalls beabsichtigt.
Ich hoffe, Euch macht Rayan beim Lesen genauso viel Spaß, wie er mir beim Schreiben bereitet hat. Und ihr findet sein Leben genauso spannend und faszinierend wie ich.
Danke an meinen Ehemann, der mich darin bestärkt hat, das Buch zu veröffentlichen. Außerdem an Oli und Eva, die sich freiwillig als erste Testleser zur Verfügung gestellt haben.
Indira Jackson
Rayan schlenderte gelangweilt durch den Gang des Flugzeugs. Bereits zum vierten Mal ging er ihn entlang und wieder zurück – Gott sei Dank lagen bereits zwei Drittel des Fluges hinter ihm. Er hasste Linienflüge!
Doch sein Jet hatte in München einen technischen Defekt gehabt, der zu lange zu reparieren dauerte und so hatte er kurzerhand einen Erste-Klasse-Flug gebucht. Die acht First Class Sitze des A330-300 der Lufthansa boten zwar jeden erdenklichen Luxus, den man bei einem Linienflug erwarten konnte, trotzdem war es etwas anderes, als mit seinem eigenen Privatjet zu fliegen.
Die durchaus bequemen Liegesitze des Airbus boten fast den gleichen Ruhekomfort wie die seines Learjet, doch allein die vielen Leute auf dem engen Raum eines Standardflugzeuges reduzierten das Wohlbefinden. Dieser Eindruck verstärkte sich für ihn bei den 48 Business Class Reisenden und mit den weiteren 161 Passagieren, die sich in der „Holzklasse“ in die Sitze quetschen mussten, hatte er fast Mitleid.
Er hatte gerade das Ende des Flugzeuggangs erreicht, als der Kapitän alle aufforderte, ihre Sicherheitsgurte anzulegen. Turbulenzen!
Rayan wollte sich auf den Weg machen, wieder ganz nach vorne auf seinen Platz zu gehen, als eine dunkelblonde, zierliche Frau seine Aufmerksamkeit erregte, die in eine Zeitschrift vertieft war.
Es schien sich um eines der üblichen Klatschblätter zu handeln, doch das war nicht das, was ihn faszinierte – vielmehr war es der Artikel. Der nämlich handelte von ihm selbst.
Er hatte sich schon vor langer Zeit abgewöhnt, viel auf diese Berichte zu geben und die Blätter wussten inzwischen auch, dass sein Anwalt einige Methoden hatte, sie zum Schweigen zu bringen. Den meisten war es der Ärger nicht wert und daher hatte das Medieninteresse deutlich nachgelassen. Nur ab und zu gab es kleinere Artikel über ihn.
Als Rayan bei näherem Hinsehen feststellte, dass die Dame offenbar gezielt Artikel über ihn gesammelt hatte und der Sitz neben ihr auch noch leer war, konnte er der Versuchung nicht widerstehen – er grinste in sich hinein. Das würde sicher spaßig werden und ihm helfen die Flugzeit zu verkürzen!
„Entschuldigen Sie bitte, dürfte ich mich kurz zu Ihnen setzen? Wissen Sie, die Turbulenzen …“, fragte er in perfektem Deutsch mit nur ganz leicht hörbarem Akzent. Ein Dank an seine Großmutter!
Die junge Frau war so vertieft, sich Informationen aus den verschiedenen Artikeln herauszuschreiben, dass er die Frage wiederholen musste. Dann blickte sie ihn etwas verwirrt an.
„Ja klar, kein Problem“, sagte sie dann nach ein paar Sekunden Zögern. Man konnte ihrem Gesicht ansehen, dass es doch ein Problem war und sie eigentlich nicht gestört werden wollte, aber das hinderte Rayan nicht im geringsten – er stellte fest, dass sie wunderschöne grün-graue Augen hatte, die ihn an die Farbe der Wälder in Deutschland erinnerten.
Also nahm er Platz und schnallte sich artig an.
„Sie scheinen ja ein richtiger Fan zu sein“, stellte er hinterhältig fest, deutete auf ihre Unterlagen und fügte hinzu, „Wer ist der Kerl? Ein Fernsehstar?“
Wieder dieser forschende Blick, der ganz klar sagte, dass ihn das nichts anginge. Dann sah sie ihm einige Sekunden lang in die Augen und Rayan fürchtete schon, sie hätte ihn erkannt. Aber dann stellte er fest, dass sie offenbar von ihm angetan war. Er lächelte ihr zu und sah, wie sie dahinschmolz.
„Nein wissen Sie, ich bin Schriftstellerin und schreibe ein Buch.“ Offenbar wollte sie ihn beeindrucken und nicht als „Groupie“ dastehen.
„Na das ist ja mal interessant!“, sagte er doppeldeutig und dachte bei sich, „jetzt schreiben sie schon Bücher über mich …“
„Und wen hat der Kerl ermordet, dass er diese Aufmerksamkeit verdient?“, fragte er wieder provozierend.
„Niemanden!“ war die empört klingende Antwort. „Er ist einfach eine faszinierende Persönlichkeit! Reich - mit großem Einfluss in Europa und guten Verbindungen nach Amerika.“
Wieder konnte Rayan ein Grinsen nur mit Mühe unterdrücken und dachte „wenn du wüsstest“.
Er fand nun richtig Gefallen an dem Spiel und beschloss noch ein wenig dicker aufzutragen: „Ach jetzt weiß ich, wen Sie meinen, das ist doch dieser Erfinder des Computers – wie heißt der noch – Bill Gates?“
Wieder dieser kritische Blick aus diesen grünen Augen und einen Moment lang dachte er, er hätte den Bogen überspannt.
„Nein er ist Araber – ein echter Scheich!“ rang sie sich dann ab.
„Ach Öl und so, was? Na kein Wunder, dass er reich ist“, flötete er.
Da wurde ihre Stimme verschwörerisch: „Aber nein, kein Öl! Das ist ja das Komische. Keiner weiß so genau, woher er das viele Geld hat, und es hat auch nie jemand hinterfragt …“
Na das wäre ja auch noch schöner, dachte Rayan bei sich …
Die nächsten eineinhalb Stunden vergingen tatsächlich wie im Fluge. Er stellte ihr Fragen und sie beantwortete voller Begeisterung, was sie alles über „den Scheich“ wusste. Rayan war fasziniert von ihrem Enthusiasmus, mit dem sie über „ihr Projekt“ und „ihr Buch“ redete. Überhaupt sah sie richtig attraktiv aus, wenn sie sich so ereiferte. Einige ihrer blonden Strähnen hatten sich aus ihrem Pferdeschwanz gelöst und hingen ihr wirr ins Gesicht, was ihre natürliche Ausstrahlung betonte. Sie schien kaum Make-up zu tragen. Daher konnte er sehen, dass sich ihre Wangen gerötet hatten. Und als sie ihm gestenreich ihre Ideen schilderte, blitzte das Grün ihrer Augen. Es tat ihm fast ein wenig leid, dass sie letztendlich unweigerlich in einer Sackgasse landen musste, denn ein Buch über ihn? Absolut lächerlich – „No way!“
Am Ende war es sein Freund und Leibwächter Ibrahim, der ihm von weiter vorne mit einem betonten Blick auf seine Armbanduhr zu verstehen gab, dass es bald Zeit zur Landung war, und er sich noch umziehen musste …
Also verabschiedete er sich höflich, bedankte sich für die nette Unterhaltung und meinte zum Abschied noch: „Ich komme viel herum in der Welt, sollte ich ihn sehen, ihren Scheich, richte ich ihm schöne Grüße aus, Frau …?“ „Carina, Carina Hartmann“, sagte sie mit einem bezaubernden Lächeln.
Dann ging er nach vorne an Ibrahim vorbei und durch den Vorhang, den man vor die erste Klasse gezogen hatte.
Carina war der Blick aus seinen wundervollen dunkelblauen Augen so unter die Haut gegangen, dass ihr erst zu spät auffiel, dass er sich ihr nicht vorgestellt hatte.
„Werte Passagiere, bitte haben Sie noch einen Moment Geduld, bis ein besonderer Fluggast das Flugzeug verlassen hat. Wir bitten Sie, diese Verzögerung zu entschuldigen.“
Carina traute kaum ihren Augen: Von ihrem Platz aus hatte sie einen direkten Blick auf die vordere Ausstiegsluke und da kam doch ausgerechnet ihr neuer, geheimnisvoller Bekannter aus der ersten Klasse. Aber nicht mehr in seinem schicken Rolli mit Jackett, nein inzwischen hatte er in ein traditionelles arabisches Gewand gewechselt. In tiefem Dunkelblau sah er einfach umwerfend aus!
Aber wieso?
Zwei weitere Männer, einer davon der finster aussehende Kerl, der den Eingang zur ersten Klasse bewacht hatte. Offenbar also ein Leibwächter.
Ihr neuer Freund lächelte ihr noch einmal unverschämt zu und ging dann schnurstracks und überaus selbstsicher auf den Ausgang zu.
Ich glaub´ mich tritt ein Pferd! Was war das eben? „VIP – hab ich was verpasst?“, dachte Carina verwirrt.
„Miss Hartmann? Ich habe eine persönliche Nachricht vom Scheich für Sie“, sagte leise eine der Flugbegleiterinnen neben ihr.
Vom Scheich? Von welchem Scheich? Obwohl Carina ihre Gedanken nicht laut geäußert hatte, schien die Frage deutlich auf ihrem Gesicht lesbar zu sein.
Jetzt war es an der Stewardess verdutzt drein zu blicken: „na Scheich Rayan Suekran al Medina y Nayran – Sie haben sich doch vorhin selbst mit ihm unterhalten? Hat sich der Herr gar nicht vorgestellt?“
ER - der Scheich?
Oh mein Gott, der hat mich die ganze Zeit verarscht – kein Wunder, dass er immer so amüsiert gegrinst hatte! Carina spürte, wie ihr erst die Schamesröte ins Gesicht stieg, die dann aber ziemlich schnell in blanken Zorn umschlug.
Ohne nachzudenken öffnete sie ihren Sicherheitsgurt und sprang auf. Noch bevor die Stewardess bemerkte, was geschehen war, war Carina schon durch die halbe Business-Class zur ersten Ausstiegsluke gesprintet. Dort hielt sie inne – was sollte sie eigentlich tun? Ihm hinterherrufen, was für ein unverschämter Kerl er war? Und wieso sprach er eigentlich ein so gutes Deutsch, fast ohne jeden Akzent?
Sie konnte es einfach nicht glauben – sie flog nach Arabien um Recherchen über ihr Idol anzustellen und dann saß sie höchstpersönlich neben ihm und merkte es nicht einmal.
Der Scheich war in der Zwischenzeit die Gangway hinuntergegangen, wo man unten einen roten Teppich ausgerollt hatte. Eine schwarze Maybach 62S Limousine wartete auf ihn.
Vor dem Wagen stand ein Offizier der arabischen Polizei, der ihn mit einer tiefen Verbeugung begrüßte. Carina konnte die Worte nicht verstehen, doch sie sah ihm an, dass er voller Ehrfurcht war.
Man könnte fast meinen er hat Angst, dachte sie interessiert.
Links und rechts der Limousine standen noch weitere Beamte in Uniform stramm, die Hände zum Gruß an der Mütze. Die Ehrengarde bestand aus je fünf Mann auf jeder Seite. Was für ein Aufmarsch!
Ein eher kleiner, aber durchaus attraktiver Araber trat aus Richtung der Limousine heran und umarmte mit breitem Grinsen den Scheich.
Plötzlich sah Carina aus ihrer erhöhten Perspektive aus dem Flugzeug heraus eine Bewegung weiter links am Flugzeug. Ein Techniker begann, sich am Rolls-Royce Triebwerk des Airbus zu schaffen zu machen. Oder doch nicht?
Carina konnte später nicht mehr sagen, warum sie auf ihn aufmerksam wurde, doch als sie genauer hinsah, sah sie plötzlich eine Pistole mit Schalldämpfer in seiner Hand. Er hob die Hand und zielte. Oh mein Gott! Der Scheich!
Für einen Moment schien die Zeit stillzustehen.
Aber warum tat denn keiner was?
Sie schien die Einzige zu sein, die etwas bemerkt hatte. Und plötzlich ging alles ganz schnell: Sie begann zu schreien und fast zeitgleich feuerte der Mann mit der Walther P99 mehrere Kugeln ab.
Was genau die Münchnerin geschrien hatte, konnte sie nicht mehr sagen – jedoch hatte der hintere der beiden Leibwächter sofort reagiert, sich schützend auf seinen Herrn geworfen und ihn zu Boden gerissen, dann sackte der Personenschützer leblos zusammen.
Und plötzlich war die Hölle los. Die Beamten zogen ihre Waffen und feuerten auf den flüchtenden Mann. „Fangt ihn lebend, wir brauchen ihn lebend!“, hörte sie den Offizier laut rufen.
Entsetzt sackte Carina in der Einstiegsluke des Flugzeugs zusammen - was war da gerade passiert?
Unten sah sie den Scheich auf dem Boden knien, den Leibwächter in seinen Armen. Jemand schrie: „Wir brauchen einen Arzt –schnell!“
Doch auf dem Hemd des Mannes machten sich bereits an mehreren Stellen rote Flecken breit und Carina realisierte, dass es Blut war und er offenbar von mehreren Kugeln getroffen worden war. Sie hörte den Scheich auf ihn einsprechen, mit leiser fester Stimme und der Mann lächelte noch einmal unter Schmerzen, bevor er in sich zusammensackte.
Sie konnte nicht sagen, wie viel Zeit inzwischen vergangen war – Minuten? Stunden? – als endlich ein Sanitätswagen angefahren kam.
Hinter ihr drängten sich die anderen Passagiere und auch an den Fenstern des Flugzeuges hingen Gesichter, jeder wollte sehen, was da draußen passierte.
Der zweite Leibwächter hatte nun ebenfalls seine Glock 17 gezogen. Er bevorzugte diese Waffe, da sie mit 19 Schuss den unschätzbaren Vorteil hatte, dass man auch in längeren Schusswechseln selten nachladen musste. Außerdem war sie für ihre Zuverlässigkeit bekannt. Aufmerksam suchte er die Gegend nach weiteren Attentätern ab und blickte ab und zu hilflos zu seinem am Boden liegenden Kollegen hinunter.
Die Sanitäter legten den Leibwächter auf eine Bahre, konnten aber nur noch den Tod feststellen.
In diesem Moment kamen die Soldaten zurück, sie hatten den Attentäter überwältigt und schleppten ihn in Handschellen mit sich.
Auch mehrere Polizeifahrzeuge waren inzwischen angekommen.
Der Scheich rief etwas, woraufhin die Beamten den Mann in Handschellen zu ihm hinüberbrachten. Als der Mann dies bemerkte, wehrte er sich mit allen Kräften, wie ein gefangenes Tier, das panisch gegen seine Fesseln kämpft. Unmittelbar vor dem Scheich brachten sie ihn zum Stehen. Was er sagte, konnte Carina nicht hören, doch als sie seinen Blick sah, rannte es ihr eiskalt den Rücken hinunter.
Ein kaltes Lächeln umspielte seine Lippen und ein Blick in die Augen zeigte, dass kein bisschen Freundlichkeit in diesem Lächeln lag. Diese Augen, die Carina vorher schon so fasziniert hatten, als noch die Unbeschwertheit und der Schalk in ihnen lagen, hatten nun einen ganz anderen Ausdruck. Eiseskälte. Das dunkle Blau der Augen war fast schwarz geworden. Carina musste an das tiefe, kalte Blau des Gletschers denken, den sie im Urlaub in Norwegen gesehen hatte.
Was immer es für eine kurze Bemerkung gewesen war, die der Scheich an den Attentäter gerichtet hatte, er wurde aschfahl und sackte in sich zusammen. Widerstandslos ließ er sich von den Uniformierten in eines der Fahrzeuge verfrachten und wie auf ein Zeichen hin starteten alle gleichzeitig. Der Scheich stieg in die Limousine ein und diese fuhr dann langsam hinter dem Krankenwagen her zum Hauptgebäude.
Wie betäubt ging Carina zu ihrem Sitz zurück, nahm ihr Handgepäck und stieg eine kleine Ewigkeit später zusammen mit den anderen Passagieren aus. Sie hatten warten müssen, bis die Polizei den Tatort gesichert hatte und den Weg freigab.
Der Flugkapitän hatte noch eine Durchsage gemacht, doch die hatte Carina nicht verstanden, sie konnte einfach nicht denken. Rund um sie herum diskutierten alle über das soeben Vorgefallene, doch Carina achtete nicht darauf. Sie beantwortete keine Fragen und ignorierte auch die verstohlenen Blicke, die einige ihr zuwarfen.
„Entschuldigen Sie bitte! Miss?“ Höflich aber bestimmt adressierte sie ein tadellos gekleideter Araber in Englisch. Aufgrund seines starken Akzents war sie einen Moment verwirrt.
„Miss Carina?“ Erst jetzt realisierte sie, dass er mit ihr sprach. Er verneigte sich tief vor ihr. „Mein Name ist Mazin. Scheich Suekran al Medina hat mich gebeten, ihnen seine Ehrerbietung auszusprechen. Sie haben ihm das Leben gerettet. Wer weiß, was passiert wäre, wenn Sie nicht gerufen hätten! Wir sind Ihnen alle zu großem Dank verpflichtet. Das wird Ihnen mein Herr nie vergessen. Als Zeichen seiner Freundschaft hat er mich gebeten, Ihnen diese Kette zu überreichen. Sie trägt das Emblem des Scheichs. Das Abbild von Zarifa. Er hat in diesem Land und auf der ganzen Welt viele Freunde. Wenn Sie diese Kette tragen, werden sich manche Türen für Sie öffnen. Tragen Sie sie immer, vor allem solange Sie in Arabien sind. Keiner der Feinde des Scheichs wird es wagen, Sie anzufassen und alle seine Freunde werden Ihnen helfen, wo sie können.
Möge Allah mit Ihnen sein auf allen Ihren Wegen!“
Carina wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie musterte den Mann genauer. Er war auch am Flugzeug gewesen. Der Mann, der den Scheich umarmt hatte, kurz bevor die Schüsse fielen. Sie nahm die Kette, entrang sich einen Dank und stand dann unschlüssig da.
„Was passiert mit dem Mann, der … dem Attentäter?“, fragte sie schließlich mehr aus Verlegenheit.
„Die Polizei nimmt ihn mit ins Gefängnis hier in der Stadt.“ Er betonte den Satz dabei so eigenartig, dass sie das Gefühl hatte, dass das alles sagte und auch wiederum nichts.
„Und wird er dann hier vor Gericht gestellt?“ Immerhin wollte sie ein Buch über ihr Idol schreiben, da konnte sie sich die Gelegenheit, den Prozess zu verfolgen, einfach nicht entgehen lassen.
„Aber selbstverständlich, was denken Sie denn?“ doch der Ausdruck von Wut und Hass auf dem Gesicht des Mannes ließen Zweifel in ihr aufkommen.
Unerwartet fügte Mazin mehr zu sich selbst noch hinzu: „Er war nicht nur ein Leibwächter, müssen Sie verstehen – er war auch ein Freund.“ Einen Moment stutzte Carina, dann erkannte sie, dass er von dem Mann sprach, der getötet worden war.
Dann gab er sich einen Ruck: „Also nochmals vielen Dank für alles.“ Und mit einer weiteren Verbeugung war er in der Menge verschwunden.
Voller Staunen betrachtete Carina die Kette, die sie in der Hand hielt. Es war eine feine, aber stabile Goldkette, an der ein kleines Amulett befestigt war. Der Anhänger war aus massivem Gold, etwa vier Zentimeter im Durchmesser und zeigte einen blauen Wasserfall über dem eine rötliche Sonne, ein silberner Vollmond und drei Sterne abgebildet waren. Wundervoll!
Den materiellen Wert konnte sie schlecht abschätzen, weil sie nicht wusste, aus welchem farbigen Material die Abbildung auf dem Gold aufgebracht war, jedoch spürte sie, dass der wahre Wert unschätzbar war. Sicher verschenkte der Scheich nicht jeden Tag ein derartiges Schmuckstück.
Sie hängte das Amulett um den Hals und fühlte auf einmal Hoffnung in sich aufkeimen. Vielleicht war sie doch nicht völlig umsonst so weit gereist. Sie stieg in ein Taxi und fuhr in ihr Hotel.