Objętość 390 stron
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O książce
Hermann Brochs Die Schuldlosen ist ein vielschichtiges Meisterwerk über die moralische Orientierungslosigkeit des Menschen in einer Welt, die ihre Werte verloren hat. Der Roman, der 1950 erschien, spielt in der Zwischenkriegszeit in Wien und besteht aus einer Folge ineinander verwobener Erzählungen, die lose durch Figuren, Stimmungen und Themen miteinander verbunden sind.
Im Zentrum steht das Leben des Beamten Andreas, eines unauffälligen, pflichtbewussten Mannes, dessen Dasein durch eine scheinbar unbedeutende Begegnung aus dem Gleichgewicht gerät. Um ihn herum entfaltet Broch ein Panorama von Menschen – von der stolzen Frau von W., über die geheimnisvolle Marianne bis hin zu Zehentbauer, einem Mann, der vom Schicksal und seinen eigenen Leidenschaften getrieben wird. Jeder von ihnen ist auf seine Weise «schuldlos» und doch verstrickt in ein unsichtbares Netz aus Verantwortung, Unterlassung und stiller Mitschuld. Broch führt den Leser tief in die seelischen Abgründe seiner Figuren. Die äußeren Handlungen sind oft unspektakulär, aber hinter der Oberfläche tobt ein Kampf um Sinn, Wahrheit und moralische Reinheit. In einer Gesellschaft, die sich von festen Glaubensgrundsätzen entfernt hat, zeigt Broch, wie Menschen schuldig werden können, ohne aktiv Schuld auf sich zu laden – durch Passivität, Gleichgültigkeit oder moralische Blindheit. Die fragmentarische Struktur, durchzogen von Tagebuchnotizen, inneren Monologen und Reflexionen, spiegelt die Zerrissenheit der Epoche. Die Schuldlosen ist nicht nur ein psychologisches Porträt seiner Zeit, sondern auch ein philosophischer Roman über die Bedingungen menschlicher Verantwortung. Seine Relevanz bleibt bis heute ungebrochen: In einer Welt, in der persönliche und gesellschaftliche Schuld oft diffus erscheint, stellt Broch die drängende Frage, ob wahre Unschuld überhaupt möglich ist. Damit ist Die Schuldlosen ein zeitloses Werk über Moral, Existenz und die Suche nach menschlicher Würde in einer entzauberten Welt.
Hermann Broch (1886–1951), Wiener Moderne, aus einer jüdischen Industriellenfamilie stammend, konvertierte früh, gab die Textilfabrik auf und entwickelte eine Werttheorie des modernen Zerfalls, die bereits die Schlafwandler-Trilogie prägte. Nach Verhaftung 1938 emigrierte er in die USA; in der Exillage verdichtete er ältere Erzählkerne zu Die Schuldlosen – zugleich ästhetische Forschung und diagnostische Zeitkunde. Empfohlen sei dieses Buch Leserinnen und Lesern, die narrative Innovation mit philosophischer Strenge suchen. Die Schuldlosen bietet, jenseits linearer Handlung, ein analytisches Sensorium für die Mikropraktiken der Komplizenschaft – ein Werk, das die Wahrnehmung schärft, statt Trost zu spenden, und das intellektuell lange nachwirkt.
