Ist sie's?

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Ist sie's?

1  Ist sie's?

Ist sie's?

Warum gibt es Menschen, die sehr viel langsamer alt werden als alle anderen, und warum gehöre ich zu ihnen?

Ich denke mir, daß das Altern besonders dadurch fühlbar wird, daß wir unsere Umgebung älter werden sehen. Ein Mann, der seit vielen Jahren in der gleichen Häuslichkeit gelebt hat, wird von seinem ersten Hausrat im Laufe der Zeit ein Stück nach dem andern durch ein neues ersetzt haben, bis ihn an die Jugend kaum noch etwas, und nur das Verschlissene, Beschädigte erinnern kann. Wie die Gegenstände, so werden auch die Menschen seiner Umgebung nach und nach verändert oder ganz verschwunden sein.

Wenn man indessen, wie ich, seit früher Jugend ohne Familie, ja ohne eigentliche Heimat ist? Ich bin gewohnt, allein in der Welt umherzuziehen, und die Natur, die ich immer wieder in jedem Lande zu der Zeit aufsuche, wo sie mir ihre eigentümlichsten Reize bietet, bleibt jung, und so erhält sie mich jung. Zuweilen, wenn ich vor einer Landschaft in dem gleichen Zauber befangen stehe, wie schon so oft, will es mir unwahrscheinlich vorkommen, daß von dieser unvergänglichen Jugend ringsumher nur ich selbst ausgeschlossen sein sollte. Ich vergesse dann leicht, daß meine Schläfen schon recht grau geworden sind und daß meine lange Gestalt, obwohl von den fünfundvierzig Jahren noch nicht gebeugt, doch schon ein wenig zu hager ist.

Wie meine eigenen, so vergesse ich häufig genug auch die Jahre der andern. Es geschieht mir etwa, daß ich in einem Gesicht, von fern erblickt, das eines ehemaligen Reisekameraden zu erkennen meine. »Da ist er!« sage ich mir sogar ohne Überraschung, an die Zufälligkeiten des Findens und Verlierens auf Reisen gewöhnt. Bis ich dann, näher gekommen, mich erinnere, daß das Gesicht zwar dem ähnelt, das ich damals kannte – dessen jugendfrisches Lächeln nun aber längst durch Züge und Falten verunziert sein muß. Das sind meine traurigsten Stimmungen. Doch ist es anderer Art und mehr als solch eine törichte Verwechslung, das Abenteuer vom vorigen Frühjahr, dessen ich noch immer mit der gleichen ziellosen Unruhe, mit der gleichen gegenstandslosen Reue und Sehnsucht gedenke.

Gegen Abend in Montreux angekommen, saß ich, während es schon stark dämmerte, hinter dem Kursaal im Garten, der zum See hinabführt. Das Nachmittagskonzert war beendet, der Garten leer und still; ich glaubte allein zu sein, als ich plötzlich in einer der Lauben, die keine der spärlichen Gasflammen mit ihrem Licht erreichte, ein schattenhaftes Profil erblickte, das mich heftig zusammenschrecken machte. Halblaut entfuhr meinen Lippen der Name Jeanne. Dann faßte ich mich zwar, um mich zu erinnern, daß die Begegnung, die sich hier zu wiederholen schien, um zwanzig Jahre zurücklag.

Damals war ich in Montreux mit zwei jungen Ehepaaren dadurch in Verkehr gekommen, daß einer der Gatten zu meinen älteren Reisebekanntschaften gehörte. Seine Frau war eine Cousine Jeannes. Diese war an einen Mann in den Fünfzigern verheiratet, eine hohe vornehme Erscheinung, doch bereits stark verfallen. Man befand sich wegen seines Lungenleidens dort, allein es schien mir, daß auch die Frau ausdrücklicher Pflege bedurft hätte. Groß und schlank, in der Taille leicht nach vorn geneigt, trug sie auf schmalen Schultern und zartem Halse die überschwere Fülle ihres mattgoldnen Haares. Ihr Gesicht, mit der ganz leise aufgeworfenen Nase, den schmalen sanften Lippen und dem ungewissen, schimmernden Blick ihrer meerblauen Augen, war bleich. Man gewahrte die bläulichen Adern auf ihrer weißen Stirn neben dem gelben Mal, das dicht an der rechten Schläfe von einer vereinzelten Locke leicht verdeckt ward.

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