Czytaj książkę: «Praxissemester Religion»

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UTB 4266

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Mirjam Zimmermann/Hartmut Lenhard

Praxissemester Religion

Handwerkszeug für Berufsanfängerinnen

und Berufsanfänger

Mit 22 Abbildungen

Vandenhoeck & Ruprecht

Dr. Mirjam Zimmermann ist Professorin für Religionspädagogik an der Universität Siegen; Dr. Hartmut Lenhard war bis 2012 leitender Direktor des Zentrums für schulpraktische Lehrerausbildung in Paderborn.

Online-Angebote oder elektronische Ausgaben sind erhältlich unter www.utb-shop.de

Bibliografisch e Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind

im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Umschlagabbildung: © Hartmut Lenhard

© 2015, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen/Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Bristol, CT, U.S.A.

www.v-r.de

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt.

Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.

Umschlaggestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart

Satz: Ruhrstadt Medien AG, Castrop-Rauxel

UTB-Band-Nr. 4266

eISBN: 978-3-8463-4266-4

ISBN: 978-3-8252-4266-4

Inhalt

Zur Einführung

An wen sich dieses Buch wendet

Warum wir dieses Buch geschrieben haben

Wofür dieses Buch gedacht ist

Wie man mit diesem Buch arbeiten kann

1„Forschendes Lernen“ oder: Wie man professionelle Kompetenzen im Praxissemester erwirbt

1.1Auf dem Weg zu professioneller Handlungsfähigkeit

1.2Genese und Kennzeichen „Forschenden Lernens“

1.3Forschendes Lernen – wie macht man das?

1.4Welche Themen eignen sich für ein Studienprojekt im Fach Religionslehre?

1.4.1Unterricht

1.4.2Personen

1.4.3Institution Schule

1.4.4Außerschulische Lernorte

2An einem fremden Ort: Meine Praktikumsschule auf den ersten Blick

3In einer neuen Rolle: Als Religionslehrperson im Praxissemester

3.1Wer möchte ich sein? Was bringe ich mit? Was erwarte ich? Was ist mir wichtig? – Eine kleine Anleitung zur Selbstreflexion

3.2Interview mit einem Religionslehrer bzw. einer Religionslehrerin der Praxissemesterschule

4Was hilft mir im Schulalltag?

4.1Ordnung fängt zu Hause an

4.1.1Materialien

4.1.2Planungen zum Unterricht

4.1.3Medien

4.1.4Ihre Schultasche

4.2Was bietet meine Schule?

4.3Wie unterstützt die Kirche Religionslehrkräfte?

4.4Mit einem Lernpartner/einer Lernpartnerin zusammenarbeiten

4.5Einen ‚Notfallkoffer‘ anlegen

5Was ist guter Religionsunterricht?

5.1Warum es wichtig ist, über guten RU nachzudenken

5.2Wovor man sich hüten sollte

5.3Ein Blick auf die Unterrichtsforschung

5.4Allgemeine Didaktik und Fachdidaktik – ein spannungsreiches Verhältnis

5.5Guter RU – fachdidaktisch betrachtet

5.5.1Kompetenzen religiöser Bildung – das Zentrum des RU

5.5.2Subjektorientiertes Lernen im RU

5.5.3RU – ein kognitiv anspruchsvolles Fach

5.5.4Orientierung im komplexen Feld ‚Religion‘

5.5.5Leistung im RU – die elementare Unterscheidung von Person und Werk

5.5.6Der RU – ein Raum der Freiheit zur Religion

5.6Der gute Lehrer und der gute Unterricht

5.7Fallstricke des Unterrichtens

6Wie finde ich gutes Material?

6.1Handbibliothek

6.2Recherchemöglichkeiten

6.3Zeitschriften

6.4Schulbücher

6.5Materialreihen

6.6Internetseiten

7Der institutionelle Rahmen: Welche Vorgaben muss ich beachten?

7.1Ein Blick zurück – Vom Katechismus zum Kernlehrplan

7.2Bildungsstandards und Schulcurricula

7.3Schulrecht

8Erste Schritte im Unterricht: Unterricht beobachten, analysieren und bewerten

8.1Aspekte der Unterrichtsbeobachtung

8.2Mögliche Beobachtungsaspekte

8.3Beobachten – wie geht das?

8.4Unterricht gemeinsam beraten

9Wie plane ich Religionsunterricht?

9.1Warum es so schwierig ist, Unterricht zu planen

9.2Einige grundlegende Überlegungen in praktischer Hinsicht

9.3Wovon Sie ausgehen können

9.4Was es beim RU besonders zu bedenken gibt

9.4.1Die Wahrheitsfrage offen halten, Pluralität achten

9.4.2Das ‚Überwältigungsverbot‘ im RU respektieren

9.4.3Religionspädagogische Orientierungen beachten

9.5Planung konkret – aber wie?

9.5.1Zum ersten Mal in der Lerngruppe: Was tun?

9.5.2Den Lernstand der Schülerinnen Schüler ermitteln

9.5.3Die unterrichtlichen Vorgaben wahrnehmen

9.5.4Das Thema des Unterrichts formulieren und begründen

9.5.5Die fachlichen Aspekte des Themas klären

9.5.6Die didaktischen Schwerpunkte des Unterrichts bestimmen

9.5.7Die Ziele des Unterrichts festlegen

9.5.8Differenzierte Lernaufgaben formulieren

9.5.9Transparenz herstellen – z. B. einen Advance Organizer nutzen

9.5.10Die Schülerinnen und Schüler als Mitkonstrukteure des Unterrichts ernst nehmen

9.5.11Lernwege eröffnen – den Unterrichtsgang strukturieren

9.5.12Kompetenzförderliche Aktions- und Sozialformen auswählen

9.5.13Den Lernertrag sichern – Kompetenzen einüben

9.5.14Den Lernertrag überprüfen – den Lernprozess evaluieren

9.5.15Unmittelbare Vorbereitungen treffen

9.5.16Kurzvorbereitung kompakt in zehn Fragen

10Einen Unterrichtsentwurf verfassen

10.1Ein Kunststück der besonderen Art: Der Unterrichtsentwurf

10.2Formen des Unterrichtsentwurfs

10.2.1Der Langentwurf

10.2.2Der Kurzentwurf

10.2.3Die Unterrichtsskizze

10.2.4Der Spickzettel

10.3Bewertungskriterien für einen Unterrichtsentwurf

11Wie kann ich meine Schülerinnen und Schüler motivieren?

11.1Spezifische Motivationsprobleme im Religionsunterricht

11.2Zum Begriff der Motivation

11.3Was fördert die Lernmotivation? – Ein theoretisches Modell mit fallbezogener Anwendung

11.4Motivierungsstrategien für den Unterricht

11.5Motivationsfaktor Stundeneinstieg

11.5.1Mögliche Stundeneinstiege

11.5.2Ein Kontrapunkt zur Motivation: Grells Konzept des informierenden Unterrichtseinstiegs

12Theologische Gespräche führen

12.1Unterrichtsgespräche kontrovers

12.2Was Unterrichtsgespräche leisten können

12.3Wie man Unterrichtsgespräche plant

12.4Unterrichtsgespräche sinnvoll durchführen

12.4.1Eine notwendige Voraussetzung: Auf vier Ohren hören

12.4.2Sechs Schritte zu einem gelingenden Unterrichtsgespräch

12.4.3Fragen und Impulse

12.4.4Gespräche moderieren und steuern

12.5… und was sind theologische Gespräche?

13Lernstände diagnostizieren, Leistungen beurteilen

13.1Religionspädagogische Förderkompetenz

13.2Das theologische Problem

13.3Funktionen von notenorientierter Leistungsbewertung

13.4Bezugsnormen der Leistungsbewertung

13.5Diagnose statt Bewertung, Diagnose und Bewertung

13.6Vielfalt der Diagnose, Vielfalt der Leistungsdarstellung und Überprüfungsverfahren

13.7Tests und Aufgaben formulieren, überprüfen und korrigieren – Tipps für die Praxis

14Hilfe, mein Unterricht wird gestört!

14.1Störendes Verhalten in der Schule

14.2Gründe für Unterrichtsstörungen

14.3Prävention von Störungen

14.4Reaktion auf Unterrichtsstörungen

15Feedback geben und nehmen

16Einen ‚Unterrichtsbesuch‘ absolvieren

16.1Was heißt hier ‚Besuch‘?

16.2Tipps zur schriftlichen Planung

16.3… und nun die Durchführung

16.4Eine Nachbesprechung durchführen

17Bilanz ziehen

Zitierte Literatur

Zur Einführung

An wen sich dieses Buch wendet

Natürlich an erster Stelle: an die Hauptpersonen! Und das sind die Studierenden für Lehrämter an Schulen, die zum ersten Mal ein komplettes Praxissemester absolvieren. Ganz gleich, ob sie in Nordrhein-Westfalen, in Niedersachsen oder in Thüringen studieren: Das Praxissemester macht Schule – und man muss kein Hellseher sein, um zu prognostizieren, dass über kurz oder lang immer mehr Bundesländer dazu übergehen werden, in das Studium nicht nur wie bisher Praxisphasen einzuflechten, sondern ein ganzes Semester lang das künftige Berufsfeld für Studierende zu öffnen. Dass dieses Buch vor allem Studierende mit dem Fach Theologie/Religionspädagogik im Blick hat, die später in der Schule als Religionslehrkräfte fungieren werden, bedeutet eine gewisse Begrenzung, lässt aber auch Konzentration zu. Über die Studierenden hinaus – das macht der Untertitel deutlich – sind auch alle Berufsanfängerinnen und -anfänger angesprochen, die sich des Handwerkszeugs vergewissern wollen, das sie für ihren Berufsalltag benötigen. Dazu gehören auch Lehramtsanwärterinnen und -anwärter, die auf der Suche nach einer konzentrierten Einführung in professionelles Handeln sind.

Die Spannbreite der Adressaten erschöpft sich nicht in den unmittelbar Betroffenen. Studierende, Berufsanfängerinnen und -anfänger, Lehramtsanwärter und -anwärterinnen sind eingebunden in institutionelle Kontexte. Aufseiten der Hochschule kommen die Lehrenden und Lehrbeauftragten ins Spiel, die Studierende im Praxissemester begleiten und fachdidaktische Angebote machen; in der Institution Schule sind Mentorinnen und Mentoren beteiligt, die vielleicht schon länger keinen Kontakt mehr zur wissenschaftlichen oder fachdidaktischen Arbeit an den Universitäten hatten; und schließlich kommen länderspezifisch auch Aufgaben auf Ausbilderinnen und Ausbilder der Studienseminare und Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung (NRW) zu. Allen drei Personengruppen mag dieses Buch eine Hilfe sein, wie die Studierenden im Praxissemester möglichst praxisnah unterstützt werden können.

Warum wir dieses Buch geschrieben haben

In Nordrhein-Westfalen beginnt das Praxissemester für die meisten Hochschulen im Jahr 2015. In § 12 des Gesetzes über die Ausbildung für Lehrämter an öffentlichen Schulen (Lehrerausbildungsgesetz – LABG) vom 12. Mai 2009 heißt es: Das Praxissemester „wird von den Hochschulen verantwortet und ist in Kooperation mit den Schulen sowie den Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung durchzuführen.“ Nicht in allen Bundesländern, in denen ein Praxissemester eingeführt wurde oder wird, ist die Zusammenarbeit zwischen den drei Institutionen Hochschule, Schule und Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung (=Studienseminare) so prägnant und verbindlich geregelt wie hier. Diese Regelung folgt der Einsicht, dass die seit Jahrzehnten beklagte Segmentierung der Lehrerausbildung nur durch ein striktes Gebot zur Zusammenarbeit – so schwierig sich diese im Einzelfall gestaltet – zu überwinden ist. Und dazu braucht man Menschen, die eine solche Kooperation vor Ort praktizieren wollen.

Wir, die Autorin und der Autor des Buches, sind der Ansicht, dass das Praxissemester eine ausgezeichnete Chance ist, fachdidaktische Wissenschaft und schulpraktische Erfahrung miteinander zu verknüpfen. Unsere Berufsbiografie – wir haben beide lange Jahre in der Schule, im Studienseminar und in der Hochschule gearbeitet – mag erklären, warum wir daran interessiert sind, dass das Praxissemester für die Studierenden zu einem Erfolg wird. Erfolg insofern, als sie besser als bisher eine Brücke zwischen Theorie und Praxis schlagen können, als der Weg der Professionalisierung bruchloser als früher verläuft und schließlich auch die Qualität des Religionsunterrichts durch eine solide berufsfeldbezogene Ausbildung gestärkt wird.

Wofür dieses Buch gedacht ist

Rezepte, Tipps, Ratschläge sind sowohl in der pädagogischen als auch in der religionspädagogischen Zunft verpönt – werden ihnen doch Theorielosigkeit und missbräuchliche Fixierungen auf alltagstaugliche, aber eben auch fragwürdige Routinen unterstellt. Erst recht gilt das für den Begriff „Handwerkszeug“, der der Selbsteinschätzung von Pädagogen, Unterrichten sei eine ‚Lehrkunst‘, geradewegs entgegenläuft. Aber brauchen nicht auch Künstler zuerst eine gute handwerkliche Ausbildung, müssen z.B. Bildhauer nicht auch gute Steinmetze sein? Außerdem lehren die Erfahrungen etwa in der Ausbildung am Studienseminar, dass Auszubildende nachdrücklich darauf pochen, konkrete Hinweise auf praktizierbare Strategien und Verhaltensweisen zu erhalten.1 „Angehende Lehrer wollen wissen, what works, und sie erwarten, dass die Ausbildung ihnen genau (und einzig) diese Frage beantwortet.“2 Zwischen beiden Polen zu balancieren, ist nicht einfach, riskiert man als Autor oder Autorin doch, weder den Vorbehalten und der Kritik der einen wirksam begegnen noch die dringenden Wünsche der anderen erfüllen zu können. Das Konzept, das wir mit diesem Buch verfolgen, ist daher eher bescheiden angelegt. Wir versuchen, die konkreten Herausforderungen des – im Praxissemester noch weitgehend experimentierend erfahrenen – Berufsfeldes theoriegestützt, aber praxistauglich aufzuarbeiten. Dass wir uns dabei auf das „Handwerkszeug“ beschränken, deutet an, dass der Lehrerberuf weitaus komplexer, schwieriger und anspruchsvoller ist als das, was man – hoffentlich – durch eine reflexive Praxis erlernen kann. Aber ein solches Handwerkszeug gehört eben auch dazu!

Was Sie vermissen werden? Dieses Buch kann und will keine ausgeführte Fachdidaktik Religion bieten. Daher fehlen z.B. Darstellungen zum Verständnis religiöser Bildung3, zu gängigen religionspädagogischen Konzeptionen und Ansätzen4, zu spezifischen Fragen etwa der Bibeldidaktik5, der Kirchengeschichtsdidaktik6 oder des interreligiösen Lernens, zu Modellen religiöser Entwicklungsverläufe7, zu spezifischen Methoden8 und zum aktuellen ‚Megathema‘ Inklusion9. Auch Themen wie Schulentwicklung, Schulkultur und Religion in der Schule, zu denen Religionslehrkräfte einiges beizutragen haben, konnten wir nicht entfalten. Erst recht nicht haben wir die Problemlagen des RU in den unterschiedlichen Schulformen und Schulstufen ansprechen können. Dies alles (und noch viel mehr) kann unser Buch nicht leisten und deshalb haben wir konsequent darauf verzichtet, verweisen aber schon hier und an den entsprechenden Stellen auf einschlägige Fachliteratur.

Wie man mit diesem Buch arbeiten kann

Das Buch ist mit seinen Texten und Arbeitsaufgaben als seminarbegleitende Lektüre im Rahmen des Praxissemesters angelegt. Deshalb werden teilweise auch Anregungen angeboten, die in Gruppen oder im Tandem bearbeitet werden sollen. Themen aus der Praxis für die Praxis werden theoretisch aufgearbeitet, Arbeitsaufgaben zur Vertiefung und Weiterarbeit sowie wichtige Literatur werden genannt. Das Buch kann aber auch selbstständig als Vorbereitung oder begleitend zum Praxissemester gelesen bzw. bearbeitet werden oder einzelne Themen, die z.B. aus der Praxis heraus als interessant erscheinen, können damit vertieft werden.

Der besseren Lesbarkeit halber werden Sie, liebe Leserinnen und Leser, an manchen Stellen direkt angesprochen: Wir versuchen, Sie über Beispiele und Szenen des Schulalltags mit hineinzunehmen in die Praxis, um dann in der theoretischen Aufarbeitung deutlich zu machen, wie eng in diesem Bereich Theorie und Praxis verzahnt sind und wie wertvoll theoretische Hinweise für die Praxis sein können.

Deshalb haben wir sowohl Wissenschaftler und Mitarbeitende aus der Universität als auch Lehrkräfte aus der Schule gebeten, das Buch kritisch gegenzulesen. Von allen Seiten haben wir wertvolle Anregungen erhalten. Dafür möchten wir uns bei Prof. Dr. Gerhard Büttner, Prof. Dr. Rita Burrichter und Prof. Dr. Ludwig Huber, Julian Enners, Saskia Flake und Lisa Unruh-Naber, Dr. Oliver Arnhold, Dr. Gabriele Obst und Sebastian Reichelt ganz herzlich bedanken.


Mirjam ZimmermannHartmut Lenhard

Alle im Buch angeführten Internet-Adressen finden Sie zur bequemen Nutzung in einer Link-Liste unter

www.v-r.de/praxissemester-religion oder unter www.utb-shop.de/9783825242664.

1Ähnlich das Anliegen schon bei Jendorff, 1994 „Fachpraktikum Religion. Leitfaden gegen den Praxisschock“.

2Oelkers, 1996, 9.

3Vgl. Schröder, 2012; Lämmermann 2005 u.a.

4Vgl. Platow/Lämmermann, 2014; Hilger/Ritter/Lindner/Simojoki/Stögbauer, 2014; Mendl, 2014, 2008; Brinkmann, 2013; Pohl-Patalong, 2013; Sajak, 2013; Hilger/Leimgruber/Ziebertz, 2013; Lindner, 2012; Schröder, 2012 (Religionsdidaktik S. 554-658); Kalloch/Leimgruber/Schwab, 2010; Grethlein, 2005; Lämmermann, 2005 Büttner/Dieterich, 2004.

5Vgl. Zimmermann/Zimmermann, 2013.

6Adam/Englert/Lachmann/Mette, 2008.

7Vgl. jüngst die zusammenfassende Darstellung bei Büttner/Dieterich, 2013.

8Adam/Lachmann, 2010; Bosold/Kliemann 2012; Rendle 2014.

9Kammeyer/Zonne/Pithan, 2014; Schröder/Wermke, 2013; Pemsel-Maier/Schambeck, 2014.

1 „Forschendes Lernen“ oder: Wie man professionelle Kompetenzen im Praxissemester erwirbt

Das Praxissemester ist kein vorgezogenes Referendariat. Es ist auch keine „lowlevel-Einübung“ in die spätere Berufstätigkeit. Und schon gar nicht ist es gedacht als willkommene Abwechslung von vermeintlich steriler Theorielastigkeit, Berufsfeldabstinenz und Praxisferne des Studiums, die manche Studierende möglichst bald hinter sich lassen möchten. Im Gegenteil: Das Praxissemester ist die Probe aufs Exempel, ob das, was im Studium gelehrt, gelernt und durchdacht wird, sich in den konkreten Handlungszusammenhängen von Schule und Unterricht bewährt – und umgekehrt: Ob ein theoriegestütztes und wissenschaftlich reflektiertes pädagogisches Tun nicht allemal fruchtbarer, effizienter ist als ein Berufsalltag, der sich mehr oder weniger erfolgreich von Routinen, eingefahrenen Pattern und Skripten sowie von vordergründigen Verhaltensstrategien leiten lässt.

Das Konzept des „Forschenden Lernens“ macht aus dem Praxissemester ein Experimentierfeld, in dem jede/r Studierende die konkrete Schulpraxis – eigene und auch fremde – theoriegeleitet und forschungsmethodisch fundiert reflektiert1 und durch diese unmittelbare Auseinandersetzung Erfahrungen macht, Erkenntnisse und Kompetenzen gewinnt.

1.1 Auf dem Weg zu professioneller Handlungsfähigkeit

Die Klage über die segmentierten Lernorte Universität, Studienseminar und Schule hat eine lange, mit Vorurteilen und Misstrauen gespickte Tradition. Mit der Einführung des Praxissemesters bietet sich nun die Chance, „Theorie und Praxis professionsorientiert miteinander zu verbinden und die Studierenden auf die Praxisanforderungen der Schule und des Vorbereitungsdienstes wissenschaftsund berufsfeldbezogen vorzubereiten“2. Dabei kommt dem „forschenden Lernen“3 eine Schlüsselrolle zu, da es als zentraler „Habitus“ nicht nur im Studium angeeignet und ausgeübt werden soll; vielmehr bestimmt es in dem weitläufig rezipierten Leitbild des „reflective practitioner“4 den Vorbereitungsdienst und sollte im späteren Berufsleben – etwa gemäß dem Ansatz von Altrichter/Posch „Lehrer erforschen ihren Unterricht“5 – auf Dauer gestellt werden. Deshalb wird forschendes Lernen in der Rahmenkonzeption zum Praxissemester in NRW als „forschende Lernhaltung“, als „forschende Grundhaltung“ beschrieben, durch die im Praxissemester eine professionelle Forschungs- und Reflexionskompetenz erworben werden soll6. Dabei werden Fachwissenschaft, Fachdidaktik und Humanwissenschaften so miteinander verknüpft, dass deren Potenzial zur Erschließung von Situationen, Prozessen, Handlungsweisen und Strukturen ins Spiel gebracht, problemhaltige Aufgaben und Herausforderungen gelöst und nachhaltige Wirkungen zur Verbesserung von Schule und Unterricht erzielt werden können.

1.2 Genese und Kennzeichen „forschenden Lernens“

Die Genese des Konzeptes geht auf die in den 60er-Jahren entstandene Methode des „inquiry- bzw. research-based learning“ zurück, die das Ziel hatte, über die Wissensaneignung hinaus auch Kompetenzen hinsichtlich eigener Forschungen zu entwickeln. Im deutschsprachigen Raum wurde der Begriff „Forschendes Lernen“ Ende der 60er-Jahre von Ludwig Huber im Zuge der Arbeit der Bundesassistentenkonferenz geprägt.7 Für die Entwicklung des Konzepts waren drei Momente leitend:

•Ein wissenschaftliches Studium muss den Studierenden eine „Teilhabe an Wissenschaft“ ermöglichen. Ein wissenschaftlicher Habitus im Sinne von „Suchen und Finden, Problematisieren und Einsehen, ‚Staunen‘ und Erfinden, Untersuchen und Darstellen“8 kann nur erworben werden, wenn Studierende selbst in wissenschaftliches Arbeiten ‚eintauchen‘.

•Statt rezeptiv Wissensbestände aufzunehmen, zielt forschendes Lernen auf eine selbstständige konstruktive Aneignung und wird daher angetrieben von intrinsischer Motivation. Eine kritisch-reflexive Grundhaltung kann nicht theoretisch gelehrt und trainiert werden, sondern nur aktiv und erfahrungsorientiert eingeübt werden.

•Dafür müssen spezifische Lernsituationen geschaffen werden, „in denen die eigene Wahl und Strukturierung einem nicht abgenommen ist, Interessen vertieft verfolgt werden können, in denen man mit anderen sich verständigen oder zusammentun muss“9.

Neuere Ansätze10, die z.B. der Grounded Theory oder dem konstruktivistischen Lernen verpflichtet sind, verweisen auf die Wende vom Lehren zum Lernen und auf die bereichernde Verbindung zwischen Lernen und Forschen. Sie fokussieren damit das lernende Individuum, das als beruflicher Novize den komplexen Zusammenhang von Theorie und Praxis vor Ort erfährt und kriteriengeleitet reflektiert. Unter berufsbiografischer Perspektive unterstützt ein solcher Lernprozess die Ausbildung eines professionellen Selbstkonzepts, er schärft die Wahrnehmung und Analyse der Berufswelt, öffnet den Blick für neue Erkenntnisse und Erfahrungen und dient der Ausbildung beruflicher Handlungsfähigkeit. Als Kennzeichen forschenden Lernens können gelten:11

•Selbstständigkeit des Lernenden als unverzichtbares Postulat schließt die Wahl und Präzisierung des Themas, die Auswahl möglicher Methoden und Strategien, das Risiko von Irrtümern, Sackgassen und Umwegen, die Verantwortung für wissenschaftliches Arbeiten, Dokumentieren, Präsentieren und Evaluieren ein.

•Theoriebezug rekurriert auf wissenschaftlich abgesicherte oder zumindest vertretbare Wissenskonstrukte als Referenzpunkte und zielt auf die theoriegeleitete und forschungsmethodisch fundierte Reflexion der Schulpraxis. „Dieses Wissen umfasst z.B. zentrale Begriffe, theoretische Schlüsselkonzepte, grundlegende Prinzipien und Kernkonzepte sowie die Verknüpfung zwischen inhaltlichen Einheiten einer Domäne. Es setzt der Lehrkraft sozusagen Augen ein, die ihr Gesichtsfeld bestimmen und ihre Wahrnehmung steuern. Wer nichts weiß, sieht auch nichts.“12 Zudem versetzt es die Lehrkraft in die Lage, die von ihr ausgeübten Praktiken zu begründen, zu überprüfen und zu verbessern.

•Praxiserfahrung bietet den Referenzrahmen für die Entwicklung konkreter Fragestellungen, die als Ausgangspunkt für das forschende Lernen dienen. Dabei kommen vor allem solche Erfahrungen in Betracht, in denen Praxis fragwürdig, problematisch, widersprüchlich, diffus und konflikthaltig erlebt wird. Insofern ist forschendes Lernen problemorientiert ausgerichtet und zielt auf wissenschaftsgestützte Problemlösungen.

•Methodenkontrolle sichert, dass die Arbeitsweise des forschend Lernenden wissenschaftlichen Gütekriterien im Blick auf Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit genügt und zu einer systematischen Erkenntnisgewinnung beiträgt.

•Reflexionskompetenz als ein zentrales Ziel forschenden Lernens dient der sukzessiven Entwicklung beruflicher Handlungskompetenz. Sie ist „quasi der ‚Motor‘ beruflicher Weiterentwicklung“13. Sie setzt voraus, dass der forschend Lernende in eine kritische Distanz zum Unterrichtsalltag und zu seiner eigenen Praxis tritt: „Praxis wird aus der Distanz heraus ‚beobachtet‘ und die Untersuchungsergebnisse werden reflektiert, um daraus Konsequenzen für die nächsten Handlungsschritte abzuleiten.“14 Bereits 2008 hat die Evangelische Kirche „religionspädagogische Reflexionsfähigkeit“ als „Schlüsselkompetenz“ bezeichnet, die im Studium angebahnt wird und in allen weiteren Ausbildungsphasen elaboriert werden muss.15

•Respektierung der in die Untersuchungen involvierten Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler impliziert eine berufs- und forschungsethische Komponente. Schülerinnen und Schüler dürfen ebenso wenig wie Lehrkräfte zu Objekten gemacht und forschungsmäßig ‚ausgebeutet‘ werden. Deshalb sind Aspekte wie Freiwilligkeit, Einverständnis, Transparenz, Anonymität und Wertschätzung im Umgang unverzichtbare Elemente forschenden Lernens.16

1.3 Forschendes Lernen – wie macht man das?

Wer forschend lernen will, hält sich am besten an eine idealtypische Abfolge von Forschungsschritten, die speziell für Praxisstudien entwickelt wurde, darüber hinaus aber auch in weiteren Feldern genutzt werden kann:17


Abb. 1: Schritte forschenden Lernens in Praxisstudien; Wildt, 2009, Nr. 2, 4-7; 6

Die Grafik unterscheidet zwischen dem inneren Lernprozess und der Forschungstätigkeit; beides hängt spiegelbildlich zusammen.

Schritt 1:18 Der forschend Lernende ‚taucht‘ in die Praxis ein, findet sich zunächst in einem Strudel von Situationen, Prozessen, Ereignissen, Begegnungen etc. wieder und beobachtet – mit den im Studium ‚eingesetzten Augen‘ (s.o.) – das Berufsfeld. Dabei fallen ihm Phänomene auf, die seine Neugier wecken, weil sie inkongruent zu seinem Theoriewissen sind oder Fragen und Probleme aufwerfen. Natürlich kann und soll der Blick für solche Ereignisse auch bereits im begleitenden Seminar geschärft werden.

Schritt 2: Er formuliert das Thema eines Forschungsprojekts. Weil es dabei auf Präzision, hinreichende Konkretheit und Machbarkeit im Rahmen des Praxissemesters ankommt, empfiehlt es sich, dafür Beratung einzuholen.

Schritt 3: In diesem Schritt wird eine konkrete Forschungsfrage entwickelt. Methodisch schließt sich daran eine Hypothesenbildung an, die bereits auf theoretische Konstrukte bezogen ist. Das Forschungsprojekt hat das Ziel, diese Hypothese entweder zu bestätigen, zu falsifizieren oder zu korrigieren bzw. zu erweitern.

Schritt 4: Der theoretische Rahmen der Untersuchung wird differenziert dargestellt und die Forschungsfrage in diesen Rahmen eingeordnet.

Schritt 5: Das Design bezieht sich auf die Auswahl sachgemäßer und praktikabler Methoden, die insbesondere in der hermeneutischen und empirischen Forschung standardmäßig verwendet werden. Auch bei diesem Schritt sind Unterstützung und Hinweise durch Lehrende empfehlenswert.

Schritt 6: Bei der Durchführung des Vorhabens ist ein Forschungstagebuch hilfreich. Wichtig ist es, auf möglichst exakte Dokumentation zu achten, damit bei der anschließenden …

Schritt 7: … Auswertung genügend valide Daten vorliegen. Die Auswertung umfasst eine systematische (nicht selektive) Datenerhebung, deren Interpretation vor dem gewählten theoretischen Hintergrund, die Überprüfung der eingangs erhobenen Hypothesen, die bilanzierende Evaluation des Vorgehens und der Ergebnisse sowie die Darstellung von Prozess und Produkt im Forschungsbericht.

Schritt 8: Abschließend werden die Ergebnisse an das in Schritt 1 entdeckte Praxisproblem rückgebunden. Leitfrage ist dabei: Können die Ergebnisse zur Lösung des Problems beitragen und helfen, die Qualität des Unterrichts oder der Schulentwicklung zu verbessern? Natürlich werden die Ergebnisse im Seminar vorgetragen und diskutiert.

1.4 Welche Themen eignen sich für ein Studienprojekt im Fach Religionslehre?

Grundsätzlich sollten solche Themen gewählt werden, bei denen im Schulalltag Probleme auftreten, bei denen Sie Widersprüche beobachten, Konflikte wahrnehmen, fragwürdiges Verhalten oder uneindeutige Situationen bemerken. Solche Beobachtungen zu problemhaltiger Praxis eignen sich, um sie mit theoretischen Ansätzen abzugleichen, zu überprüfen und ggf. auch eine theoriegestützte Lösung zu entwickeln. Dafür kommen fast alle Bereiche der Religionspädagogik in Betracht, insbesondere aber die Didaktik und Methodik des Unterrichts.19