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Czcionka:

Harley Barker

Love and Crime

The next Adventure

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Inhaltsverzeichnis

Titel

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Impressum neobooks

1

Harley Barker

Love and Crime

The Next Adventure

Sarah Weber

Alter Postweg 31a

48477 Hörstel

Copyright by Sarah Weber

Covergestaltung: A&K Buchcover Design

Alle Rechte vorbehalten!

Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der offiziellen schriftlichen Genehmigung der Autorin!

„Sechs Wochen ist es jetzt her, dass du dafür gesorgt hast, dass dieser Kerl verhaftet werden konnte. Ich weiß nicht, ob ich den Mut dazu gehabt hätte. Wahrscheinlich hätte ich mich in meiner Wohnung unter der Decke verkrochen und wäre erst wieder herausgekommen, wenn die Gefahr vorbei gewesen wäre“, stellt Katie fest.

Nachdenklich sieht sie mich an, zieht eine Wasserflasche aus ihrer Handtasche und nimmt einen großen Schluck daraus.

Mir ist bewusst, dass sie noch mehr dazu sagen will. Bevor sie das allerdings machen kann, schüttle ich energisch den Kopf und falle ihr ins Wort.

„Ich hatte nicht wirklich die Wahl“, erinnere ich sie.

„Man hat immer die Wahl. Und du hast dich dafür entschieden, was ich cool finde.“

„Hmmm“, mache ich nur. „Ich habe nicht dafür gesorgt, dass er verhaftet werden konnte. Das würde bedeuten, dass ich der Polizei einen Hinweis gegeben habe, wo sie ihn finden können. Allerdings habe ich mit meinem Vater oder seinen Kollegen nie darüber gesprochen. Deswegen kann man schon irgendwie sagen, dass ich ihn mehr oder weniger selber verhaftet habe“, gebe ich zu bedenken.

Ich will mich damit nicht noch mehr hervorheben, ich will sie nur daran erinnern, wie es wirklich abgelaufen ist.

Auch wenn ich in den letzten Wochen reichlich Zeit hatte, um es zu verarbeiten, so kann ich noch immer nicht glauben, dass diese Geschichte wirklich geschehen ist. Es kommt mir vor, als hätte ich es geträumt. Als ich hier gelandet bin habe ich nicht einmal im Traum daran gedacht, dass ich einige Tage später bereits auf der Suche nach einem Verbrecher bin.

Aber wer hätte das schon?

Hätte mir das jemand vor meinem Abflug erzählt, hätte ich ihn für bescheuert erklärt. Schließlich hatte ich andere Pläne für mein Leben in den USA. Erst recht für die erste Zeit. Da ist es beinahe seltsam, dass ich mich auf die Suche nach dem Typen gemacht habe, der nicht nur das Auto meiner Stiefmom aufgebrochen hat, sondern auch in mein Elternhaus eingebrochen ist. Von Anfang an hat er nur für Ärger gesucht und ich hatte keine Ahnung, wieso das nur mir passiert.

Niemand, mit einigermaßen gesundem Menschenverstand, hätte das getan, was ich gemacht habe. Deswegen schiebe ich es darauf, dass ich nach meiner Ankunft noch keinen Job und dementsprechend auch nichts zu tun hatte. Man könnte auch sagen, dass es ein Zeitvertreib war. Allerdings muss ich auch erwähnen, dass ich es nicht wirklich freiwillig gemacht habe. Ich bin mehr oder weniger hineingestolpert, als ich Zane, einen verdammt scharfen Kopfgeldjäger, am Flughafen über den Haufen gerannt habe.

Aber sind wir doch mal ehrlich. Jeder der mich kennt weiß, dass es in meinem Leben schon immer chaotisch zuging. Und ich glaube auch nicht, dass sich das jemals ändern wird. Da war es wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit, bis mir so etwas passiert. Daher sollte es auch nicht weiter verwundern und dennoch tut es genau das.

Einfach wäre aber auch langweilig. Deswegen genieße ich es, die Chaos-Queen zu sein. Meine Freunde kennen mich alle nur so.

„Sechs Wochen, und ich habe übrigens noch kein Wort darüber in Gegenwart meines Vaters oder meiner Mutter verloren. Abgesehen von dir und Zane und seinen Kollegen weiß niemand davon. Ich weiß aber auch nicht, wie ich es ihnen sagen soll. So einfach ist das nicht.“

„Ich kann mir vorstellen, dass dein Vater nicht gerade begeistert davon sein wird, sobald er es erfährt“, stellt sie fest und verzieht das Gesicht. „Vielleicht wird er dich nie wieder alleine aus dem Haus lassen. Dann müsstest du immer einen Bodyguard dabei haben. In dem Fall würde ich mir aber wünschen, dass er wenigstens gut aussieht, damit es sich wenigstens lohnt.“

So ungern ich es auch tue, aber in diesem Fall muss ich ihr wirklich recht geben. Mein Vater hat mich schon immer in Watte gepackt, was auch daran liegt, weil ich in jedes Fettnäpfchen trete, was ich finden kann. Außerdem ist er Polizist und sieht daher die Gefahren anders, als ich oder jeder andere, der nicht diesen Job hat.

Wenn er nun wüsste, wer in seinem Wohnzimmer stand und mich bedroht hat, würde ihm das sicherlich nicht gefallen. Da bin ich mir sicher. Aus diesem Grund habe ich wirklich schon mit dem Gedanken gespielt, ob ich es nicht einfach für mich behalten soll.

„Vermutlich würde er mich ins nächste Flugzeug zurück nach Deutschland setzen“, murmle ich.

Aber dort hätte er mich nicht mehr im Auge.

Dabei kann ich das Grinsen nicht für mich behalten, was sich bei der Vorstellung daran, auf meinen Lippen bildet. Vor meinem inneren Auge habe ich ein Bild, wie er mich beinahe in den Flieger zerren muss, weil ich mich beharrlich weigere. Eins steht nämlich für mich fest: freiwillig verschwinde ich nicht wieder.

Ich wollte mir hier ein Leben aufbauen und das ist mir in den letzten Wochen sehr gut gelungen. Auch wenn mir noch Freunde und eine Wohnung fehlen, so habe ich wenigstens das wichtigste geschafft zu finden: einen Job.

„Das kann ich mir nicht vorstellen. Dafür hat er sich zu sehr darüber gefreut, dass seine kleine Tochter endlich hier ist. Aber er würde dir wahrscheinlich einen Bodyguard vor die Nase stellen. Das kannst du nicht verneinen“, überlegt meine Freundin und verzieht nachdenklich das Gesicht.

„Einen Babysitter?“ Alleine bei dem Gedanken daran, dass er das wirklich machen würde, rümpfe ich die Nase.

„Nein, einen Bodyguard“, verbessert Katie mich.

„Es ist egal, wie du es nennst. Es bleibt ein Babysitter, der mir auf Schritt und Tritt folgt und darauf achtet, dass ich keine Dummheiten mache.“

Katie gibt ein schrilles Lachen von sich. Dabei bilden sich Lachfalten um ihre Augen.

„Dabei hast du schon einen. Nachdem ich nun die ganze Geschichte kenne bin ich der Meinung, dass Zane sehr gut auf dich aufgepasst hat. Sonst wäre er nicht passend in euer Wohnzimmer gestürmt.“ Während sie spricht wackelt sie mit den Augenbrauen, sodass ich nur die Augen verdrehe.

In den letzten Wochen ist ein paar Mal sein Name gefallen. Allerdings habe ich es jedes Mal geschafft, ihr auszuweichen. Doch ich weiß, dass ich nicht immer dieses Glück haben werde. Und langsam aber sicher sehe ich dieses Gespräch mit großen Schritten auf mich zukommen.

„Du kannst mich ruhig damit aufziehen, es ist mir egal“, erkläre ich abweisend. Auf diese Weise will ich ihr klarmachen, dass ich nicht näher darauf eingehen werde und hoffe, dass sie es auch lässt.

Allerdings brauche ich nur einen Blick in das Gesicht meiner Freundin zu werfen, um zu wissen, dass sie weiß, dass meine Ansage nur halb ernst gemeint ist. Tatsache ist nämlich, dass von Anfang an irgendetwas zwischen uns war, was ich nicht genau beschreiben kann. Allerdings will ich mich auch nicht näher damit beschäftigen. In diesem Punkt springt mein Selbstschutz an. Ich ziehe das Chaos zwar an, aber das heißt nicht, dass ich doof bin. Mir ist sehr wohl bewusst, dass er mit einer Frau wie mir nichts anfangen könnte. Nicht, dass ich mir irgendwelche Hoffnungen machen würde. Doch ich bin mir sicher, dass er sich normalerweise mit anderen Frauen trifft. Vorzugsweise Frauen, die er nicht beschützen muss, weil sie nicht auf ihn hören und sich deswegen in Gefahr bringen. Und wenn wir es genau nehmen, habe ich genau das getan.

„Hast du ihn seitdem eigentlich wieder gesehen?“

Neugierig schaut mich meine Freundin an, während sie einen weiteren Schluck aus ihrer Flasche nimmt.

Ich nehme mir einige Sekunden Zeit und weiche dabei ein paar Passanten aus. Gleichzeitig überlege ich mir, wie ich am besten das Thema wechseln kann.

„Na los, antworte schon. Mein eigenes Liebesleben liegt auf Eis. Deswegen möchte ich so viel wie mögliches über deines erfahren.“

Überrascht drehe ich mich in ihre Richtung und ziehe die Augenbrauen ein Stück nach oben. Ich wusste ja, dass sie keinen Freund hat. Aber anscheinend stört sie das mehr, als ich bin jetzt gedacht habe. Sie hat seit meiner Ankunft kein Wort darüber verloren. Allerdings muss ich zugeben, dass ich auch nicht nachgefragt habe. Auf der einen Seite hatte ich soviel zu tun, dass dieses Thema nie aufkam und andererseits wusste ich nicht, wie sie darauf reagiert. Ich bin einfach davon ausgegangen, dass sie schon damit anfangen wird, wenn sie darüber sprechen will.

Während ich meine Freundin ansehe, bin ich so sehr auf sie konzentriert, dass ich nicht merke, wie ich auf einen Mülleimer zulaufe, über den ich in der nächsten Sekunde bereits stolpere.

Erschrocken reiße ich meine Augen auf, während ich versuche mein Gleichgewicht zu halten. Doch das gelingt mir nicht, sodass meine Hände flink nach etwas tasten, an dem ich mich festhalten kann. Doch da ist es bereits zu spät. Mit einem lauten Knall lande ich auf dem Boden, wobei ich es gerade noch schaffe, mich mit der Hand abzustützen, sodass ich nicht mit dem Kopf auf die Steine knalle.

Stöhnend verziehe ich das Gesicht, während ich langsam realisiere, was passiert ist. Mein Herz rast und mein Mund öffnet sich ein Stück, damit ich besser Luft bekomme.

„Na super“, gebe ich brummend von mir, hebe meinen Kopf und werfe einen Blick auf die Leute, die vorbeigehen. Ein paar werfen mir mitleidige Blicke zu, während andere mich anscheinend gar nicht bemerken. Sie sind in ihre Handys versunken, wobei es egal ist, ob sie telefonieren oder eine Nachricht beantworten. Ich bin mir nicht sicher, aber ich meine, dass ich bei ein paar sogar einen genervten Gesichtsausdruck feststelle, weil sie mir ausweichen müssen.

Als ich in das Gesicht meiner Freundin schaue, erkenne ich das Funkeln in ihren Augen. Es zeigt mir, dass sie sich gerade so ein Grinsen verkneifen kann.

„Du solltest mehr auf deine Umgebung achten“, erklärt sie und reicht mir die Hand, um mich auf die Füße zu ziehen. „Irgendwann wirst du dich sonst nochmal richtig verletzen. Gerade war schon Glück gewesen.“

„Danke, so ein Mist kann auch wirklich nur mir passieren“, erwidere ich und betrachte meine nun dreckige Hose.

„Hast du ein Glück, dass wir eh auf dem Weg zum shoppen sind. Ich bin mir sicher, dass du etwas finden wirst, was du direkt anziehen kannst.“

Ich ringe mir ein Lächeln ab. In der nächsten Sekunde verdrehe ich allerdings die Augen.

„Na komm, ich bin mir sicher, dass die Mädels bereits auf uns warten.“ Mit diesen Worten setzt sie sich in Bewegung und geht weiter.

Mit Mädels meint sie ihre Freundinnen Jessica und Caroline. Ich kenne die beiden von meinen Besuchen hier, allerdings hatte ich nie viel mit ihnen zu tun. Wir haben uns nur ein paar Mal abends getroffen und etwas unternommen. Deswegen würde ich sie nicht unbedingt als meine Freundinnen bezeichnen, sondern eher als Bekannte. Doch mir ist bewusst, dass ich Freunde hier brauche. Schließlich will ich hier leben. Deswegen habe ich mich auf dieses Treffen eingelassen.

„Aber du hast mir meine Frage noch nicht beantwortet“, spricht sie nun weiter und reißt mich so aus meinen Gedanken.

„Welche?“

„Hast du Zane in der letzten Zeit mal gesehen?“

Ich erkenne die Ungeduld in ihrer Stimme und bin mir sicher, dass ich ihr kein zweites Mal ausweichen kann.

„Einmal habe ich seinen Kollegen gesehen, den ich damals nachts ausgefragt habe“, gebe ich also nach. „Er war gerade auf der Polizeistation, als ich den Wagen von meinem Vater abholen wollte. Zane war aber nicht dabei. Auf jeden Fall habe ich ihn nicht gesehen.“

Hoffentlich reicht ihr diese Antwort. Mehr möchte ich nämlich nicht dazu von mir geben.

Ich versuche so zu tun, als würde es mich nicht stören. Doch die Wahrheit sieht anders aus, auch wenn ich sie nicht wahrhaben will. Ich hätte ihn gerne noch ein weiteres Mal getroffen. Und, wenn ich mich nur bei ihm bedankt hätte. Ohne ihn wäre ich nämlich nicht so glimpflich aus dieser Geschichte herausgekommen. Da brauche ich mir nichts vorzumachen.

„Ich habe das Gefühl, als würde er dir bald wieder über den Weg laufen“, verkündet meine Freundin nun.

Eigentlich will ich meinen Mund aufmachen und etwas erwidern, als sie die Hand hebt und sie wild bewegt. Ich lasse meinen Blick in die entsprechende Richtung wandern und erkenne Caroline und Jessica. Sie stehen vor einer Boutique und unterhalten sich angeregt.

Nun werden sie jedoch auf uns aufmerksam und begrüßen uns mit einem breiten Strahlen.

„Hi“, begrüßt uns Caroline und zieht mich für eine feste Umarmung an sich.

Ich tue es nur sehr ungern, aber ich gebe zu, dass ich sie nicht einschätzen kann. Sie ist nett und schlau, das stelle ich überhaupt nicht infrage. Außerdem ist sie zielstrebig und weiß, was sie will. Allerdings gehört ihrem Vater in dritter Generation eine große und erfolgreiche Firma, was dafür sorgt, dass sie nicht gerade das ist, was man als eine Durchschnittsverdienerin bezeichnen kann. Um genau zu sein bin ich mir ziemlich sicher, dass sie in einem Monat mehr verdient, als ich in einem halben Jahr. Und diese Überheblichkeit merkt man manchmal bei ihr im Ansatz. Allerdings hat sie es noch nie Katie oder mir gegenüber raus hängenlassen. Zumindest hat meine Freunde bis jetzt noch nichts in diese Richtung verlauten lassen.

Mir ist klar, dass man Gefühle besser für sich behält, wenn die Familie soviel Geld besitzt. Allerdings hat das zur Folge, dass ich sie nicht richtig einschätzen kann und deswegen nicht weiß, ob sie mich wirklich mag, oder einfach nur eine gute Schauspielerin ist. Und eigentlich würde ich das schon gerne wissen.

Doch jetzt lasse ich mir davon nichts anmerken, sondern begrüße auch Jessica.

„Schade, dass wir uns erst jetzt treffen können. Aber ich war die ersten zwei Wochen nur auf der Arbeit und musste für einen geschäftlichen Termin nach Washington.“

Jessica ist Reporterin. Katie hat erwähnt, dass sie die letzten Wochen wegen eines Prozesses in Washington war, bei dem es um Mord ging. Diese Verhandlung dauerte eine Ewigkeit, sodass alle beinahe erleichtert aufgeatmet haben, als das Urteil bekannt gegeben wurde. Natürlich waren allerhand Medien vor Ort, um nichts zu verpassen. Und da sie als Auswärts-Journalistin für eine Zeitung in Miami arbeitet, wurde sie geschickt.

„Überhaupt kein Problem“, winke ich ab.

„Dann kommt“, entscheidet Caroline und entfernt sich bereits einige Schritte, bevor sie sich zu uns umdreht und wartet.

Die nächsten Stunden machen wir die Stadt unsicher. Während ich noch immer Ausschau nach einer neuen Hose halte, haben meine Freundinnen die Hände voll mit Tüten aus diversen Geschäften. Im letzten Geschäft finde ich endlich eine, die ich direkt gegen meine dreckige eintauschen kann. Doch eigentlich wäre es jetzt auch schon egal. Schließlich bin ich so ja schon durch sämtliche Geschäfte gelaufen, die sich in der Innenstadt befinden.

Nicht zum ersten Mal verfluche ich die Tatsache, dass ich in jedes Fettnäpfchen trete, das ich finden kann.

„Du hast ja überhaupt nichts gekauft“, stellt Caroline fest, als wir uns voneinander verabschieden.

„Ich habe nichts gefunden, was ich schön finde.“ Das ist nicht einmal gelogen. Allerdings behalte ich für mich, dass ich auch nicht wirklich danach Ausschau gehalten habe, da ich auf der Suche nach einer Hose oder einem Rock war.

„Ich hoffe, dass wir uns bald wiedersehen“, erklärt Jessica und schließt mich noch einmal in die Arme.

Ich mag ihre herzliche Art, die sie immer an den Tag legt. Sie bezieht einen jederzeit überall mit ein, dass man sich nicht einmal überflüssig fühlen kann, wenn man mit seinen Gedanken eigentlich ganz woanders ist. Außerdem glaube ich, dass es nichts gibt, was ihr die schlechte Laune verderben kann.

„Das werden wir bestimmt“, pflichte ich ihr bei.

Nachdem auch Katie sich von ihren Freundinnen verabschiedet hat, machen wir uns auf den Weg zurück nach Hause. Das Gute an Tarpon Springs ist, dass man meistens kein Auto braucht. Dies hat aber auch zur Folge, dass ich mir noch immer keinen Wagen gekauft habe und den von meiner Stiefmutter nehmen muss, sobald ich mal einen brauche. Allerdings klappt das nicht immer, da sie ihn auch öfters benötigt.

„Hast du dir schon ein paar Wohnungen angesehen?“, erkundigt sich Katie, als wir vor dem Haus meiner Eltern stehen bleiben.

Nachdenklich blickt sie hoch zu dem Fenster, hinter dem sich mein Schlafzimmer befindet.

„Bis jetzt hatte ich noch keine Zeit. Entweder bin ich den ganzen Tag auf der Arbeit oder ich bin mit dir unterwegs. Aber noch geht es. So habe ich wenigstens Zeit, um meine Ersparnisse zu vergrößern, sodass ich mir direkt alle Möbel kaufen kann. Ich habe in Deutschland soviel zur Seite gelegt, wie es ging. Aber sind wir doch mal ehrlich. Die Ausstattung für die erste eigene Wohnung kann man nicht gerade als günstig bezeichnen.“

Ich zucke mit den Schultern, sodass Katie lachen muss.

„Sollten deine Eltern dir zu viel werden, kannst du auf jeden Fall jederzeit bei mir übernachten. Ich würde mich freuen. Wir könnten eine Pyjamaparty machen.“

Mit diesen Worten zieht sie mich an sich für eine Umarmung.

„Ich muss mich jetzt auch auf den Weg machen. Meine Eltern warten bereits auf mich.“

„Bestell ihnen schöne Grüße von mir.“

Ein letztes Mal winke ich ihr noch zu, bevor ich in dem Inneren verschwinde. Dort schaue ich mich einmal um und seufze leise.

Mir ist klar, dass die meisten in meinem Alter bereits eine eigene Wohnung haben. Deswegen ist es mir in den letzten Wochen mehrmals passiert, dass die Leute mich verständnislos angesehen haben, wenn sie erfahren haben, dass ich noch in meinem alten Kinderzimmer wohne. Doch für mich ist es die beste Lösung und meine Eltern haben auch kein Problem damit. Ganz im Gegenteil: Mein Vater freut sich darüber, dass sein kleines Mädchen bei ihm wohnt.

Deswegen sehe ich keinen Grund, auf Würgen und Brechen etwas an dieser Situation zu ändern.

2

Müde schleppe ich mich am nächsten Tag ins Badezimmer. Ich habe eindeutig zu wenig in der letzten Nacht geschlafen. In den letzten Wochen hatte ich es immer mehr geschafft, Zane aus meinem Kopf, beziehungsweise aus meinen Träumen, in die er mich teilweise verfolgt hat, zu bekommen. Doch dank meiner Unterhaltung gestern mit Katie war das nun nicht mehr der Fall.

Als wäre es erst gestern gewesen, dass ich ihn das letzte Mal gesehen habe, hatte ich sein Gesicht lebhaft vor Augen. An jedes Detail, jedes schiefes Grinsen und jedes freche Funkeln konnte ich mich erinnern. Auch, wenn ich das überhaupt nicht will. Allerdings erscheint er mir so, als hätte ich in diesem Fall kein Mitspracherecht.

Seufzend lasse ich meine Schultern kreisen, um die verspannten Muskeln zu lösen. Ohne auf die Wassertemperatur zu achten, ziehe ich meine Klamotten aus und stelle mich unter das fließende Wasser. In der nächsten Sekunde reiße ich jedoch erschrocken die Augen auf und gebe einen viel zu hohen Ton von mir, der in den Ohren weh tut. Schnell greife ich nach dem Regler und stelle das Wasser wärmer. Allerdings dauert es einige Sekunden, bis die Temperatur auch wirklich steigt.

Auf jeden Fall bin ich jetzt wach, denke ich zähneknirschend. Auch wenn ich zugeben muss, dass ich auf diesen Wecker gut hätte verzichten können.

Schnell wasche ich mich, greife nach dem Handtuch und wickle es mir um den Körper.

Nachdem ich mir ein knielanges Sommerkleid angezogen habe, gehe ich nach unten, wo bereits meine Stiefmutter in der Küche steht. Mit einem erwartungsvollen Gesichtsausdruck gießt sie mir Kaffee ein und reicht mir die Tasse.

„Guten Morgen, Sonnenschein“, begrüßt sie mich mit guter Laune.

„Hi“, gebe ich zurück. Dabei betrachte ich sie skeptisch. Ein wenig kommt sie mir so vor, als würde sie mir etwas mitteilen wollen, aber nicht wissen, wie sie das am besten angehen soll.

„Ist etwas passiert?“, erkundige ich mich, als sie auch nach ein paar Sekunden keine Anstalten gemacht hat, um etwas von sich zu geben.

„Myles hat gestern angerufen. Er würde gerne für ein paar Tage vorbeikommen und Zeit mit uns verbringen, da er gehört hat, dass du nun hier lebst. Er ist beruflich in der Nähe, da bietet es sich an.“

Noch während sie spricht bekomme ich große Augen und verschlucke mich beinahe an meinem heißen Getränk. Myles ist der Sohn ihrer Schwester und so gesehen mein Cousin. Ich kann aber nicht gerade behaupten, dass ich mich gut mit ihm verstehe. Für einen Außenstehenden, der ihn nur zwei oder drei Stunden sieht, ist er ja vielleicht ganz nett. Ich finde ihn allerdings nervig. Und das behalte ich meistens auch nicht für mich, was dafür gesorgt hat, dass wir das eine oder andere Mal bereits aneinander geraten sind.

Er ist ein Besserwisser. Ich sage etwas und er korrigiert mich. Dabei ist es egal, worum es geht. Ich frage meinen Vater etwas, er antwortet mir. Irgendwann geht einem dieses Verhalten einfach auf die Nerven und ich gehöre nicht zu den Menschen, die das für sich behalten.

„Wann?“, frage ich nur.

„Heute schon. Ich weiß, ihr versteht euch nicht so gut. Eure kleinen Meinungsverschiedenheiten habe ich mitbekommen. Doch er freut sich wirklich, dass du diesen Schritt gegangen bist. Deswegen wollte ich es dir vorher sagen, auch wenn er der Meinung war, dass es ein Überraschungsbesuch werden soll. Du brauchst es ihm ja nicht verraten, dass du es schon wusstest.“

„So kann man das wahrscheinlich auch sagen“, erwidere ich und denke dabei an den lauten Streit, den wir geführt haben, als wir uns das letzte Mal gesehen haben.

Er hat mich als eine überhebliche Zicke betitelt und ich ihn als einen eingebildeten Schnösel. Und dabei ging es nur darum, dass ich in seinen Augen das Auto meines Vaters weiter an den Zaun hätte stellen sollen, obwohl seiner super daneben gepasst hat.

„Aber ich weiß ja, dass du eh den ganzen Tag auf der Arbeit bist und danach triffst du dich meistens mit Katie. Daher gehe ich davon aus, dass es dieses Mal keine Reibereien zwischen euch geben wird.“

Mit einem beinahe hoffnungsvollen Blick sieht sie mich an. Ich weiß, dass es nicht leicht für sie ist. In gewisser Weise steht sie jedes Mal zwischen den Fronten. Deswegen nehme ich mir vor, dass ich mich dieses Mal zurückhalten werde. Und ich kann nur hoffen, dass er das ebenfalls machen wird.

„Ich gebe mir Mühe.“

Einen Moment betrachtet sie mich, als würde sie sicher gehen wollen, dass ich es auch wirklich ernst meine. Doch ich lächle sie an und hoffe, dass ich so sämtliche Bedenken zur Seite wischen kann.

„Es wäre schön, wenn du zum Essen hier bist.“

Vorsichtig sieht sie mich an.

Auch wenn ich eigentlich keine Lust habe und auch definitiv kein gutes Gefühl dabei, nicke ich und signalisiere ihr so, dass ich hier sein werde.

„Danke“, raunt sie mir noch zu, bevor sie verschwindet und mich alleine lässt.

Noch beschissener kann ein Tag nicht starten, als mit dieser Nachricht. Und ja, ich verbuche es definitiv als ein Fettnäpfchen, dass ich überhaupt einen Abend mit ihm verbringen muss.

Ich kenne keine Person, die so arrogant ist wie er. Er hört nicht auf damit anzugeben, was er alles beruflich erreicht hat. Dabei ist er nichts anderes als ein Staubsaugervertreter, nur für Autoteile.

Aber vielleicht wird der Abend ja nicht ganz so schlimm, wie ich denke, schießt es mir von einer Sekunde auf die nächste durch den Kopf. Und genau das ist die Hoffnung, an der ich mich den restlichen Tag festhalten werde.

Mit einem genervten Seufzen leere ich meine Tasse und stelle sie in den Geschirrspüler. Dann greife ich nach meiner Tasche und mache mich auf den Weg zur Arbeit. Allerdings kann ich nicht gerade behaupten, dass ich mich nun darauf freue. Die Nachricht, dass ich hier heute Abend mit ihm sitzen werde, hat mir doch ziemlich die Laune verdorben.

Schon von außen kann ich erkennen, dass reges Treiben in dem Haarsalon, in dem ich als Friseurin arbeite, herrscht. Aber wundern tut es mich nicht. Die halbe Belegschaft ist im Urlaub und es wurde die gleiche Menge an Kunden angenommen, wie sonst auch. Außerdem gehört es zu einem der besten Salons in der Stadt.

Während ich in den Aufenthaltsraum gehe, um meine Tasche in meinen Spind zu legen, werde ich von den wenigen Kollegen begrüßt, die sich noch hier befinden. Ein Teil von ihnen wird nächste Woche in den Urlaub gehen und der restliche, zu dem ich auch gehöre, erst übernächste.

„Du kümmerst dich heute bitte um Misses Miller. Sie ist eine neue Kundin und scheint nicht so genau zu wissen, was sie eigentlich möchte. Sie scheint ziemlich unentschlossen zu sein. Wenn ich das richtig mitbekommen habe, hat sie mehrere Ideen. Es kann also sein, dass sie noch ein wenig braucht, bis sie sich für Farbe und Schnitt entschieden hat“, erklärt mir Cindy.

Mit einem Nicken deutet sie in die entsprechende Richtung. Auf dem Stuhl kann ich eine ältere Frau entdecken, die nachdenklichen die Farbproben betrachtet und sich Bilder von verschiedenen Schnitten ansieht.

„Ich habe aber schon einiges von ihr gehört. Wenn es stimmt, dann soll sie sehr rüstig für ihr Alter sein.“ Sie wackelt mit den Augenbrauen, was mich zum Lachen bringt.

„Danke“, murmle ich leise vor mir hin und mache mich auf den Weg zu meiner ersten Kundin heute.

„Guten Tag, Misses Miller. Ich bin Harley“, begrüße ich sie und stelle mich gleichzeitig vor.

„Harley? Wie sind Sie denn zu diesem außergewöhnlichen Namen gekommen?“ Fragend zieht sie die Augenbrauen zusammen.

„Mein Vater wollte immer eine Harley haben und ist meiner Mutter damit ständig auf die Nerven gegangen. Diese hat es ihm verboten und deswegen habe ich diesen Namen bekommen. Man kann also sagen, dass es eine Art Kompromiss zwischen ihnen war“, erkläre ich ihr schnell.

Ihr leises Lachen ertönt. Es lässt sie sympathisch wirken. Ein wenig erinnert sie mich an meine Großmutter, die leider viel zu früh verstorben ist. Sie war genauso offen und für jeden Scherz zu haben. Und auch wenn ich Misses Miller noch nicht so lange kenne, bin ich mir sicher, dass sie auch so ist.

„Ich muss zugeben, dass das wirklich gut ist. Sowas habe ich auch noch nie gehört.“

„Meine Mutter hatte ihm den Vorschlag gemacht, damit er nicht mehr so sauer ist. Er kann wie ein kleines Kind schmollen.“

Ich zucke mit den Schultern, da ich nicht so genau weiß, was ich deswegen von mir geben soll. Ich kann ihr ja schlecht auf die Nase binden, dass meine Eltern sich da noch verstanden haben und meine Mutter bereits drei Jahre später mit mir nach Deutschland gegangen ist.

„Das können alle Männer. Ich war dreimal verheiratet und weiß, wovon ich spreche. Letztes Jahr ist er gestorben und meine Kinder und Enkel wohnen auch nicht hier. Für sie ist die Stadt zu klein. Sie hat es nach Miami und New York verschlagen.“

„Das tut mir leid“, murmle ich.

„Muss es nicht“, winkt sie mit einem breiten Strahlen ab. „Ich sehe sie oft genug und gönne es ihnen. Jeder einzelne von ihnen hat es sich hart erarbeitet, dass sie nun das Leben führen können, was sie sich immer vorgestellt haben. Du kannst mich ruhig Dorothy nennen. Misses Miller werde ich nur von meiner Schwiegertochter genannt. Auf diese Weise will sie mir Respekt erweisen. Allerdings bin ich mir bei ihr manchmal nicht so sicher, ob sie überhaupt weiß, was das ist.“

Dorothy verzieht ein wenig das Gesicht, sodass ich nicht verhindern kann, leise zu lachen. Ich weiß, es ist gemein. Schließlich kenne ich die Frau ihres Sohnes nicht. Doch es ist auch viel mehr die Weise, wie Dorothy es sagt.

„Was kann ich dir denn gutes tun?“, frage ich sie nun und spiele damit auf ihre neue Frisur an.

„Ich möchte etwas peppiges. Sagt man das noch so? Ich bin zwar schon sechzig, allerdings gehöre ich noch lange nicht zu den alten Schachteln, die ihre Nachmittage mit den Frauen aus der Nachbarschaft beim Kaffeekränzchen verbringen. Um genau zu sein, will ich das auch nicht. Ich will noch Spaß haben.“ Während sie spricht, kann ich im Spiegel das schelmische Grinsen auf ihren Lippen erkennen, sodass ich lachen muss.

Ich mag ihre offene Art. Sie nimmt kein Blatt vor den Mund und hat ihre eigene Ansicht des Lebens. Alleine deswegen frage ich mich schon, was sie den ganzen Tag so macht, wenn sie nicht gerade beim Friseur ist. Doch ich werde sie nicht danach fragen, da ich die Befürchtung habe, dass ich damit eindeutig einen Schritt zu weit gehe.

Ich brauche nicht lange zu überlegen, bis mir etwas einfällt, von dem ich mir sicher bin, dass es ihr gefallen wird.

„Wie wäre es mit blond mit einem Hauch von rot? Und einem frechen Schnitt?“, frage ich sie und lasse sie über den Spiegel keine Sekunde aus den Augen.

Deswegen kann ich genau erkennen, wie sie große Augen bekommt, die zu leuchten beginnen.

„Ich sehe schon, wir verstehen uns.“

Sie zwinkert mir zu und gibt mir so ihr Einverständnis.

Die nächsten drei Stunden zaubere ich ihr eine neue Frisur, von der ich mir sicher, dass sie zu ihr passt.

Als sie endlich fertig ist, kann ich nicht für mich behalten, dass ich nervös bin, was sie von dem Ergebnis hält. Meistens ist es nämlich so, dass die Kunden ihre ganz eigene Vorstellung haben, wie es aussieht, sobald es fertig ist. Doch ich brauche nur einen Blick in ihr Gesicht zu werfen um zu wissen, dass ich mir umsonst Sorgen gemacht habe.

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