Czytaj książkę: «Minna von Barnhelm», strona 4

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4. Szene

(Paul Werner. Der Wirt. Franziska.)

Werner

Da ist er ja!

Franziska

Hundert Pistolen? Ich meinte, nur achtzig.

Wirt

Es ist wahr, nur neunzig, nur neunzig. Das will ich tun, mein schönes

Kind, das will ich tun.

Franziska

Alles das wird sich finden, Herr Wirt.

Werner (der ihnen hinterwärts näher kömmt und auf einmal der Franziska auf die Schulter klopft). Frauenzimmerchen! Frauenzimmerchen!

Franziska (erschrickt). He!

Werner Erschrecke Sie nicht!—Frauenzimmerchen, Frauenzimmerchen, ich sehe, Sie ist hübsch und ist wohl gar fremd—Und hübsche fremde Leute müssen gewarnet werden—Frauenzimmerchen, Frauenzimmerchen, nehm Sie sich vor dem Manne in acht! (Auf den Wirt zeigend.)

Wirt Je, unvermutete Freude! Herr Paul Werner! Willkommen bei uns, willkommen!—Ah, es ist doch immer noch der lustige, spaßhafte, ehrliche Werner!—Sie soll sich vor mir in acht nehmen, mein schönes Kind! Ha, ha, ha!

Werner

Geh Sie ihm überall aus dem Wege!

Wirt Mir! mir!—Bin ich denn so gefährlich?—Ha, ha, ha! Hör' Sie doch, mein schönes Kind! Wie gefällt Ihr der Spaß?

Werner

Daß es doch immer Seinesgleichen für Spaß erklären, wenn man ihnen die

Wahrheit sagt.

Wirt Die Wahrheit! ha, ha, ha!—Nicht wahr, mein schönes Kind, immer besser! Der Mann kann spaßen! Ich gefährlich?—ich?—So vor zwanzig Jahren war was dran. Ja, ja, mein schönes Kind, da war ich gefährlich; da wußte manche davon zu sagen; aber jetzt—

Werner

Oh, über den alten Narrn!

Wirt

Da steckt's eben! Wenn wir alt werden, ist es mit unsrer Gefährlichkeit aus. Es wird Ihm auch nicht besser gehen, Herr Werner!

Werner Potz Geck und kein Ende!—Frauenzimmerchen, so viel Verstand wird Sie mir wohl zutrauen, daß ich von der Gefährlichkeit nicht rede. Der eine Teufel hat ihn verlassen, aber es sind dafür sieben andre in ihn gefahren—

Wirt Oh, hör Sie doch, hör Sie doch! Wie er das nun wieder so herumzubringen weiß!—Spaß über Spaß und immer was Neues! Oh, es ist ein vortrefflicher Mann, der Herr Paul Werner!—(Zur Franziska, als ins Ohr.) Ein wohlhabender Mann und noch ledig. Er hat drei Meilen von hier ein schönes Freischulzengerichte. Der hat Beute gemacht im Kriege!—Und ist Wachtmeister bei unserm Herrn Major gewesen. Oh, das ist ein Freund von unserm Herrn Major! das ist ein Freund! der sich für ihn totschlagen ließe!—

Werner Ja! und das ist ein Freund von meinem Major! das ist ein Freund!– den der Major sollte totschlagen lassen.

Wirt

Wie? was?—Nein, Herr Werner, das ist nicht guter Spaß.—Ich kein Freund vom Herrn Major?—Nein, den Spaß versteh ich nicht.

Werner

Just hat mir schöne Dinge erzählt.

Wirt Just? Ich dacht's wohl, daß Just durch Sie spräche. Just ist ein böser, garstiger Mensch. Aber hier ist ein schönes Kind zur Stelle; das kann reden; das mag sagen, ob ich kein Freund von dem Herrn Major bin? Ob ich ihm keine Dienste erwiesen habe? Und warum sollte ich nicht sein Freund sein? Ist er nicht ein verdienter Mann? Es ist wahr, er hat das Unglück gehabt, abgedankt zu werden: aber was tut das? Der König kann nicht alle verdiente Männer kennen, und wenn er sie auch alle kennte, so kann er sie nicht alle belohnen.

Werner Das heißt Ihn Gott sprechen!—Aber Just—freilich ist an Justen auch nicht viel Besonders, doch ein Lügner ist Just nicht; und wenn das wahr wäre, was er mir gesagt hat—

Wirt Ich will von Justen nichts hören! Wie gesagt: das schöne Kind hier mag sprechen! (Zu ihr ins Ohr.) Sie weiß, mein Kind, den Ring!– Erzähl' Sie es doch Herrn Wernern. Da wird er mich besser kennenlernen. Und damit es nicht herauskömmt, als ob Sie mir nur zu Gefallen rede, so will ich nicht einmal dabei sein. Ich will nicht dabei sein; ich will gehn; aber Sie sollen mir es wiedersagen, Herr Werner, Sie sollen mir es wiedersagen, ob Just nicht ein garstiger Verleumder ist.

5. Szene

(Paul Werner. Franziska)

Werner

Frauenzimmerchen, kennt Sie denn meinen Major?

Franziska

Den Major von Tellheim? Jawohl kenn ich den braven Mann.

Werner

Ist es nicht ein braver Mann? Ist Sie dem Manne wohl gut?—

Franziska

Vom Grund meines Herzens.

Werner Wahrhaftig? Sieht Sie, Frauenzimmerchen; nun kömmt Sie mir noch einmal so schön vor.—Aber was sind denn das für Dienste, die der Wirt unserm Major will erwiesen haben?

Franziska Ich wüßte eben nicht; es wäre denn, daß er sich das Gute zuschreiben wollte, welches glücklicherweise aus seinem schurkischen Betragen entstanden.

Werner So wäre es ja wahr, was mir Just gesagt hat?—(Gegen die Seite, wo der Wirt abgegangen.) Dein Glück, daß du gegangen bist!—Er hat ihm wirklich die Zimmer ausgeräumt?—So einem Manne so einen Streich zu spielen, weil sich das Eselsgehirn einbildet, daß der Mann kein Geld mehr habe! Der Major kein Geld?

Franziska

So? Hat der Major Geld?

Werner Wie Heu! Er weiß nicht, wieviel er hat. Er weiß nicht, wer ihm alles schuldig ist. Ich bin ihm selber schuldig und bringe ihm hier ein altes Restchen. Sieht Sie, Frauenzimmerchen, hier in diesem Beutelchen (das er aus der einen Tasche zieht) sind hundert Louisdor und in diesem Röllchen (das er aus der andern zieht) hundert Dukaten. Alles sein Geld!

Franziska Wahrhaftig? Aber warum versetzt denn der Major? Er hat ja einen Ring versetzt— Werner Versetzt! Glaub Sie doch so was nicht. Vielleicht, daß er den Bettel hat gern wollen los sein.

Franziska Es ist kein Bettel! Es ist ein sehr kostbarer Ring, den er wohl noch dazu von lieben Händen hat.

Werner Das wird's auch sein. Von lieben Händen; ja, ja! So was erinnert einen manchmal, woran man nicht gern erinnert sein will. Drum schafft man's aus den Augen.

Franziska

Wie?

Werner Dem Soldaten geht's in Winterquartieren wunderlich. Da hat er nichts zu tun und pflegt sich und macht vor langer Weile Bekanntschaften, die er nur auf den Winter meinet und die das gute Herz, mit dem er sie macht, für zeitlebens annimmt. Husch ist ihm denn ein Ringelchen an den Finger praktiziert; er weiß selbst nicht, wie es dran kömmt. Und nicht selten gäb' er gern den Finger mit drum, wenn er es nur wieder loswerden könnte.

Franziska

Ei! und sollte es dem Major auch so gegangen sein?

Werner Ganz gewiß. Besonders in Sachsen; wenn er zehn Finger an jeder Hand gehabt hätte, er hätte sie alle zwanzig voller Ringe gekriegt.

Franziska (beiseite). Das klingt ja ganz besonders und verdient untersucht zu werden.—Herr Freischulze oder Herr Wachmeister—

Werner Frauenzimmerchen, wenn's Ihr nichts verschlägt:—Herr Wachtmeister, höre ich am liebsten.

Franziska Nun, Herr Wachtmeister, hier habe ich ein Briefchen von dem Herrn Major an meine Herrschaft. Ich will es nur geschwind hereintragen und bin gleich wieder da. Will Er wohl so gut sein und so lange hier warten? Ich möchte gar zu gern mehr mit Ihm plaudern.

Werner Plaudert Sie gern, Frauenzimmerchen? Nun meinetwegen: geh Sie nur; ich plaudre auch gern; ich will warten.

Franziska

Oh, warte Er doch ja! (Geht ab.)

6. Szene

(Paul Werner.)

Werner Das ist kein unebenes Frauenzimmerchen!—Aber ich hätte ihr doch nicht versprechen sollen zu warten.—Denn das Wichtigste wäre wohl, ich suchte den Major auf.—Er will mein Geld nicht und versetzt lieber?– Daran kenn ich ihn.—Es fällt mir ein Schneller ein.—Als ich vor vierzehn Tagen in der Stadt war, besuchte ich die Rittmeisterin Marloff. Das arme Weib lag krank und jammerte, daß ihr Mann dem Major vierhundert Taler schuldig geblieben wäre, die sie nicht wüßte, wie sie sie bezahlen sollte. Heute wollte ich sie wieder besuchen—ich wollte ihr sagen, wenn ich das Geld für mein Gütchen ausgezahlt kriegte, daß ich ihr fünfhundert Taler leihen könnte.—Denn ich muß ja wohl was davon in Sicherheit bringen, wenn's in Persien nicht geht.– Aber sie war über alle Berge. Und ganz gewiß wird sie dem Major nicht haben bezahlen können.—Ja, so will ich's machen; und das je eher, je lieber.—Das Frauenzimmerchen mag mir's nicht übelnehmen; ich kann nicht warten. (Geht in Gedanken ab und stößt fast auf den Major, der ihm entgegenkömmt.)

7. Szene

(v. Tellheim. Paul Werner)

Tellheim

So in Gedanken, Werner?

Werner

Da sind Sie ja! ich wollte eben gehen und Sie in Ihrem neuen

Quartiere besuchen, Herr Major.

Tellheim Um mir auf den Wirt des alten die Ohren vollzufluchen. Gedenke mir nicht daran.

Werner Das hätte ich beiher getan; ja. Aber eigentlich wollte ich mich nur bei Ihnen bedanken, daß Sie so gut gewesen und mir die hundert Louisdor aufgehoben. Just hat mir sie wiedergegeben. Es wäre mir wohl freilich lieb, wenn Sie mir sie noch länger aufheben könnten. Aber Sie sind in ein neu Quartier gezogen, das weder Sie noch ich kennen. Wer weiß, wie's da ist. Sie könnten Ihnen da gestohlen werden, und Sie müßten mir sie ersetzen; da hülfe nichts davor. Also kann ich's Ihnen freilich nicht zumuten.

Tellheim (lächelnd). Seit wenn bist du so vorsichtig, Werner?

Werner Es lernt sich wohl. Man kann heutezutage mit seinem Gelde nicht vorsichtig genug sein.—Darnach hatte ich noch was an Sie zu bestellen, Herr Major; von der Rittmeisterin Marloff; ich kam eben von ihr her. Ihr Mann ist Ihnen ja vierhundert Taler schuldig geblieben; hier schickt sie Ihnen auf Abschlag hundert Dukaten. Das übrige will sie künftige Woche schicken. Ich mochte wohl selber Ursache sein, daß sie die Summe nicht ganz schickt. Denn sie war mir auch ein Taler achtzig schuldig; und weil sie dachte, ich wäre gekommen, sie zu mahnen—wie's denn auch wohl wahr war—, so gab sie mir sie und gab sie mir aus dem Röllchen, das sie für Sie schon zurechtgelegt hatte.—Sie können auch schon eher Ihre hundert Taler ein acht Tage noch missen als ich meine paar Groschen.—Da nehmen Sie doch! (Reicht ihm die Rolle Dukaten.)

Tellheim

Werner!

Werner

Nun? Warum sehen Sie mich so starr an?—So nehmen Sie doch, Herr

Major!—

Tellheim

Werner!

Werner

Was fehlt Ihnen? Was ärgert Sie?

Tellheim (bitter, indem er sich vor die Stirne schlägt und mit dem Fuße auftritt). Daß es—die vierhundert Taler nicht ganz sind!

Werner

Nun, nun, Herr Major! Haben Sie mich denn nicht verstanden?

Tellheim Eben weil ich dich verstanden habe!—Daß mich doch die besten Menschen heut am meisten quälen müssen!

Werner

Was sagen Sie?

Tellheim Es geht dich nur zur Hälfte an!—Geh, Werner! (Indem er die Hand, mit der ihm Werner die Dukaten reichet, zurückstößt.)

Werner

Sobald ich das los bin!

Tellheim Werner, wenn du nun von mir hörst, daß die Marloffin heute ganz früh selbst bei mir gewesen ist?

Werner

So?

Tellheim

Daß sie mir nichts mehr schuldig ist?

Werner

Wahrhaftig?

Tellheim Daß sie mich bei Heller und Pfennig bezahlt hat: was wirst du denn sagen?

Werner (der sich einen Augenblick besinnt). Ich werde sagen, daß ich gelogen habe, und daß es eine hundsfött'sche Sache ums Lügen ist, weil man drüber ertappt werden kann.

Tellheim Und wirst dich schämen? Aber er, der mich so zu lügen zwingt, was sollte der? Sollte der sich nicht auch schämen? Sehen Sie, Herr Major, wenn ich sagte, daß mich Ihr Verfahren nicht verdrösse, so hätte ich wieder gelogen, und ich will nicht mehr lügen.—

Tellheim Sei nicht verdrießlich, Werner! Ich erkenne dein Herz und deine Liebe zu mir. Aber ich brauche dein Geld nicht.

Werner Sie brauchen es nicht? Und verkaufen lieber und versetzen lieber und bringen sich lieber in der Leute Mäuler?

Tellheim Die Leute mögen es immer wissen, daß ich nichts mehr habe. Man muß nicht reicher scheinen wollen, als man ist.

Werner

Aber warum ärmer?—Wir haben, solange unser Freund hat.

Tellheim

Es ziemt sich nicht, daß ich dein Schuldner bin.

Werner Ziemt sich nicht?—Wenn an einem heißen Tage, den uns die Sonne und der Feind heiß machte, sich Ihr Reitknecht mit den Kantinen verloren hatte, und Sie zu mir kamen und sagten: "Werner, hast du nichts zu trinken?" und ich Ihnen meine Feldflasche reichte, nicht wahr, Sie nahmen und tranken?—Ziemte sich das?—Bei meiner armen Seele, wenn ein Trunk faules Wasser damals nicht oft mehr wert war als alle der Quark! (Indem er auch den Beutel mit den Louisdoren herauszieht und ihm beides hinreicht.) Nehmen Sie, lieber Major! Bilden Sie sich ein, es ist Wasser. Auch das hat Gott für alle geschaffen.

Tellheim

Du marterst mich; du hörst es ja, ich will dein Schuldner nicht sein.

Werner Erst ziemte es sich nicht; nun wollen Sie nicht? Ja, das ist was anders. (Etwas ärgerlich.) Sie wollen mein Schuldner nicht sein? Wenn Sie es denn aber schon wären, Herr Major? Oder sind Sie dem Manne nichts schuldig, der einmal den Hieb auffing, der Ihnen den Kopf spalten sollte, und ein andermal den Arm vom Rumpfe hieb, der eben losdrücken und Ihnen die Kugel durch die Brust jagen wollte?—Was können Sie diesem Manne mehr schuldig werden? Oder hat es mit meinem Halse weniger zu sagen als mit meinem Beutel?—Wenn das vornehm gedacht ist, bei meiner armen Seele, so ist es auch sehr abgeschmackt gedacht!

Tellheim Mit wem sprichst du so, Werner? Wir sind allein; jetzt darf ich es sagen; wenn uns ein Dritter hörte, so wäre es Windbeutelei. Ich bekenne es mit Vergnügen, daß ich dir zweimal mein Leben zu danken habe. Aber, Freund, woran fehlte mir es, daß ich bei Gelegenheit nicht ebensoviel für dich würde getan haben? He!

Werner

Nur an der Gelegenheit! Wer hat daran gezweifelt, Herr Major? Habe ich Sie nicht hundertmal für den gemeinsten Soldaten, wenn er ins Gedränge gekommen war, Ihr Leben wagen sehen?

Tellheim

Also!

Werner

Aber—

Tellheim

Warum verstehst du mich nicht recht? Ich sage: es ziemt sich nicht, daß ich dein Schuldner bin; ich will dein Schuldner nicht sein.

Nämlich in den Umständen nicht, in welchen ich mich jetzt befinde.

Werner So, so! Sie wollen es versparen bis auf bessre Zeiten; Sie wollen ein andermal Geld von mir borgen, wenn Sie keines brauchen, wenn Sie selbst welches haben und ich vielleicht keines.

Tellheim

Man muß nicht borgen, wenn man nicht widerzugeben weiß.

Werner

Einem Manne wie Sie kann es nicht immer fehlen.

Tellheim Du kennst die Welt!—Am wenigsten muß man sodann von einem borgen, der sein Geld selbst braucht.

Werner

O ja, so einer bin ich! Wozu braucht' ich's denn?—Wo man einen

Wachtmeister nötig hat, gibt man ihm auch zu leben.

Tellheim Du brauchst es, mehr als Wachtmeister zu werden, dich auf einer Bahn weiterzubringen, auf der ohne Geld auch der Würdigste zurückbleiben kann.

Werner Mehr als Wachtmeister zu werden? Daran denke ich nicht. Ich bin ein guter Wachtmeister und dürfte leicht ein schlechter Rittmeister und sicherlich noch ein schlechtrer General werden. Die Erfahrung hat man.

Tellheim Mache nicht, daß ich etwas Unrechtes von dir denken muß, Werner! Ich habe es nicht gern gehört, was mir Just gesagt hat. Du hast dein Gut verkauft und willst wieder herumschwärmen. Laß mich nicht von dir glauben, daß du nicht sowohl das Metier als die wilde, liederliche Lebensart liebest, die unglücklicherweise damit verbunden ist. Man muß Soldat sein für sein Land oder aus Liebe zu der Sache, für die gefochten wird. Ohne Absicht heute hier, morgen da dienen, heißt wie ein Fleischerknecht reisen, weiter nichts.

Werner Nun ja doch, Herr Major, ich will Ihnen folgen. Sie wissen besser, was sich gehört. Ich will bei Ihnen bleiben.—Aber, lieber Major, nehmen Sie doch auch derweile mein Geld. Heut oder morgen muß Ihre Sache aus sein. Sie müssen Geld die Menge bekommen. Sie sollen mir es sodann mit Interessen wiedergeben. Ich tu es ja nur der Interessen wegen.

Tellheim

Schweig davon!

Werner Bei meiner armen Seele, ich tu es nur der Interessen wegen!—Wenn ich manchmal dachte: Wie wird es mit dir aufs Alter werden? wenn du zuschanden gehauen bist? wenn du nichts haben wirst? wenn du wirst betteln gehen müssen? so dachte ich wieder: Nein, du wirst nicht betteln gehn; du wirst zum Major Tellheim gehn; der wird seinen letzten Pfennig mit dir teilen; der wird dich zu Tode füttern; bei dem wirst du als ein ehrlicher Kerl sterben können.

Tellheim (indem er Werners Hand ergreift). Und, Kamerad, das denkst du nicht noch?

Werner Nein, das denk ich nicht mehr.—Wer von mir nichts nehmen will, wenn er's bedarf, und ich's habe, der will mir auch nichts geben, wenn er's hat, und ich's bedarf.—Schon gut! (Will gehen.)

Tellheim Mensch, mache mich nicht rasend! Wo willst du hin? (Hält ihn zurück.) Wenn ich dich nun auf meine Ehre versichere, daß ich noch Geld habe; wenn ich dir auf meine Ehre verspreche, daß ich dir es sagen will, wenn ich keines mehr habe; daß du der erste und einzige sein sollst, bei dem ich mir etwas borgen will:—bist du dann zufrieden?

Werner

Muß ich nicht?—Geben Sie mir die Hand darauf, Herr Major.

Tellheim

Da, Paul!—Und nun genug davon. Ich kam hieher, um ein gewisses Mädchen zu sprechen—

8. Szene

(Franziska, aus dem Zimmer des Fräuleins. v. Tellheim. Paul Werner.)

Franziska (im Hereintreten). Sind Sie noch da, Herr Wachtmeister?—(Indem sie den Tellheim gewahr wird.) Und Sie sind auch da, Herr Major?—Den Augenblick bin ich zu Ihren Diensten. (Geht geschwind wieder in das Zimmer.)

9. Szene

(v. Tellheim. Paul Werner.)

Tellheim

Das war sie!—Aber ich höre ja, du kennst sie, Werner?

Werner

Ja, ich kenne das Frauenzimmerchen.—

Tellheim

Gleichwohl, wenn ich mich recht erinnere, als ich in Thüringen Winterquartier hatte, warst du nicht bei mir?

Werner

Nein, da besorgte ich in Leipzig Mundierungsstücke.

Tellheim

Woher kennst du sie denn also?

Werner Unsere Bekanntschaft ist noch blutjung. Sie ist von heute. Aber junge Bekanntschaft ist warm.

Tellheim

Also hast du ihr Fräulein wohl auch schon gesehen?

Werner Ist ihre Herrschaft ein Fräulein? Sie hat mir gesagt, Sie kennten ihre Herrschaft.

Tellheim

Hörst du nicht? aus Thüringen her.

Werner

Ist das Fräulein jung?

Tellheim

Ja.

Werner

Schön?

Tellheim

Sehr schön.

Werner

Reich?

Tellheim

Sehr reich.

Werner Ist Ihnen das Fräulein auch so gut wie das Mädchen? Das wäre ja vortrefflich!

Tellheim

Wie meinst du?

10. Szene

(Franziska wieder heraus, mit einem Brief in der Hand. v Tellheim.

Paul Werner.)

Franziska

Herr Major—

Tellheim

Liebe Franziska, ich habe dich noch nicht willkommen heißen können.

Franziska In Gedanken werden Sie es doch schon getan haben. Ich weiß, Sie sind mir gut. Ich Ihnen auch. Aber das ist gar nicht artig, daß Sie Leute, die Ihnen gut sind, so ängstigen.

Werner (vor sich). Ha, nun merk ich. Es ist richtig!

Tellheim

Mein Schicksal, Franziska!—Hast du ihr den Brief übergeben?

Franziska

Ja, und hier übergebe ich Ihnen—(Reicht ihm den Brief.)

Tellheim

Eine Antwort?—

Franziska

Nein, Ihren eignen Brief wieder.

Tellheim

Was? Sie will ihn nicht lesen?

Franziska

Sie wollte wohl, aber—wir können Geschriebenes nicht gut lesen.

Tellheim

Schäkerin!

Franziska Und wir denken, daß das Briefschreiben für die nicht erfunden ist, die sich mündlich miteinander unterhalten können, sobald sie wollen.

Tellheim Welcher Vorwand! Sie muß ihn lesen. Er enthält meine Rechtfertigung— alle die Gründe und Ursachen—

Franziska

Die will das Fräulein von Ihnen selbst hören, nicht lesen.

Tellheim

Von mir selbst hören? Damit mich jedes Wort, jede Miene von ihr verwirre; damit ich in jedem ihrer Blicke die ganze Größe meines Verlusts empfinde?—

Franziska

Ohne Barmherzigkeit!—Nehmen Sie! (Sie gibt ihm den Brief.) Sie erwartet Sie um drei Uhr. Sie will ausfahren und die Stadt besehen.

Sie sollen mit ihr fahren?

Tellheim

Mit ihr fahren?

Franziska Und was geben Sie mir, so laß ich Sie beide ganz allein fahren? Ich will zu Hause bleiben.

Tellheim

Ganz allein?

Franziska

In einem schönen verschloßnen Wagen.

Tellheim

Unmöglich!

Franziska Ja, ja; im Wagen muß der Herr Major Katz aushalten; da kann er uns nicht entwischen. Darum geschieht es eben.—Kurz, Sie kommen, Herr Major; und Punkte drei.—Nun? Sie wollten mich ja auch allein sprechen. Was haben Sie mir denn zu sagen?—Ja so, wir sind nicht allein. (Indem sie Wernern ansieht.)

Tellheim Doch, Franziska, wir wären allein. Aber da das Fräulein den Brief nicht gelesen hat, so habe ich dir noch nichts zu sagen.

Franziska So? wären wir doch allein? Sie haben vor dem Herrn Wachtmeister keine Geheimnisse?

Tellheim

Nein, keine.

Franziska

Gleichwohl, dünkt mich, sollten Sie welche vor ihm haben.

Tellheim

Wie das?

Werner

Warum das, Frauenzimmerchen?

Franziska

Besonders Geheimnisse von einer gewissen Art.—Alle zwanzig, Herr Wachtmeister? (Indem sie beide Hände mit gespreizten Fingern in die Höhe hält.)

Werner

St! st! Frauenzimmerchen, Frauenzimmerchen!

Tellheim

Was heißt das?

Franziska Husch ist's am Finger, Herr Wachtmeister? (Als ob sie einen Ring geschwind ansteckte.)

Tellheim

Was habt ihr?

Werner

Frauenzimmerchen, Frauenzimmerchen, Sie wird ja wohl Spaß verstehn?

Tellheim Werner, du hast doch nicht vergessen, was ich dir mehrmal gesagt habe, daß man über einen gewissen Punkt mit dem Frauenzimmer nie scherzen muß?

Werner Bei meiner armen Seele, ich kann's vergessen haben!—Frauenzimmerchen, ich bitte—

Franziska

Nun, wenn es Spaß gewesen ist; dasmal will ich es Ihm verzeihen.

Tellheim Wenn ich denn durchaus kommen muß, Franziska: so mache doch nur, daß das Fräulein den Brief vorher noch lieset. Das wird mir die Peinigung ersparen, Dinge noch einmal zu denken, noch einmal zu sagen, die ich so gern vergessen möchte. Da, gib ihr ihn! (Indem er den Brief umkehrt und ihr ihn zureichen will, wird er gewahr, daß er erbrochen ist.) Aber sehe ich recht? Der Brief, Franziska, ist ja erbrochen.

Franziska Das kann wohl sein. (Besieht ihn.) Wahrhaftig, er ist erbrochen. Wer muß ihn denn erbrochen haben? Doch gelesen haben wir ihn wirklich nicht, Herr Major, wirklich nicht. Wir wollen ihn auch nicht lesen, denn der Schreiber kömmt selbst. Kommen Sie ja; und wissen Sie was, Herr Major? Kommen Sie nicht so, wie Sie da sind, in Stiefeln, kaum frisiert. Sie sind zu entschuldigen, Sie haben uns nicht vermutet. Kommen Sie in Schuhen, und lassen Sie sich frisieren.—So sehen Sie mir gar zu brav, gar zu preußisch aus!

Tellheim

Ich danke dir, Franziska.

Franziska

Sie sehen aus, als ob Sie vorige Nacht kampiert hätten.

Tellheim

Du kannst es erraten haben.

Franziska Wir wollen uns gleich auch putzen und sodann essen. Wir behielten Sie gern zum Essen, aber Ihre Gegenwart möchte uns an dem Essen hindern; und sehen Sie, so gar verliebt sind wir nicht, daß uns nicht hungerte.

Tellheim Ich geh! Franziska, bereite sie indes ein wenig vor, damit ich weder in ihren noch in meinen Augen verächtlich werden darf.—Komm, Werner, du sollst mit mir essen.

Werner

An der Wirtstafel hier im Hause? Da wird mir kein Bissen schmecken.

Tellheim

Bei mir auf der Stube.

Werner

So folge ich Ihnen gleich. Nur noch ein Wort mit dem Frauenzimmerchen.

Tellheim

Das gefällt mir nicht übel! (Geht ab.)

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01 lipca 2019
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