Czytaj książkę: «Gesammelte Dramen: Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder • Die Jungfrau von Orleans • Die Räuber • Die Ve...», strona 13

Czcionka:

Sechster Auftritt

Talbot auf Fastolf gestützt und von Soldaten begleitet. Gleich darauf Lionel.

TALBOT.

Hier unter diesen Bäumen setzt mich nieder,

Und ihr begebt euch in die Schlacht zurück,

Ich brauche keines Beistands, um zu sterben.

FASTOLF.

O unglückselig jammervoller Tag!

Lionel tritt auf.

Zu welchem Anblick kommt Ihr, Lionel!

Hier liegt der Feldherr auf den Tod verwundet.

LIONEL.

Das wolle Gott nicht! Edler Lord, steht auf!

Jetzt ists nicht Zeit, ermattet hinzusinken.

Weicht nicht dem Tod, gebietet der Natur

Mit Eurem mächtgen Willen, daß sie lebe!

TALBOT.

Umsonst! Der Tag des Schicksals ist gekommen,

Der unsern Thron in Frankreich stürzen soll.

Vergebens in verzweiflungsvollem Kampf

Wagt ich das Letzte noch, ihn abzuwenden.

Vom Stahl dahin geschmettert lieg ich hier,

Um nicht mehr aufzustehn. – Reims ist verloren,

So eilt, Paris zu retten!

LIONEL.

Paris hat sich vertragen mit dem Dauphin,

Soeben bringt ein Eilbot uns die Nachricht.

TALBOT reißt den Verband ab.

So strömet hin, ihr Bäche meines Bluts,

Denn überdrüssig bin ich dieser Sonne!

LIONEL.

Ich kann nicht bleiben. – Fastolf, bringt den Feldherrn

An einen sichern Ort, wir können uns

Nicht lange mehr auf diesem Posten halten.

Die Unsern fliehen schon von allen Seiten,

Unwiderstehlich dringt das Mädchen vor –

TALBOT.

Unsinn, du siegst und ich muß untergehn!

Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens.

Erhabene Vernunft, lichthelle Tochter

Des göttlichen Hauptes, weise Gründerin

Des Weltgebäudes, Führerin der Sterne,

Wer bist du denn, wenn du dem tollen Roß

Des Aberwitzes an den Schweif gebunden,

Ohnmächtig rufend, mit dem Trunkenen

Dich sehend in den Abgrund stürzen mußt!

Verflucht sei, wer sein Leben an das Große

Und Würdge wendet und bedachte Plane

Mit weisem Geist entwirft! Dem Narrenkönig

Gehört die Welt –

LIONEL.

Mylord! Ihr habt nur noch

Für wenig Augenblicke Leben – denkt

An Euren Schöpfer!

TALBOT.

Wären wir als Tapfre

Durch andre Tapfere besiegt, wir könnten

Uns trösten mit dem allgemeinen Schicksal,

Das immer wechselnd seine Kugel dreht –

Doch solchem groben Gaukelspiel erliegen!

War unser ernstes arbeitvolles Leben

Keines ernsthaftern Ausgangs wert?

LIONEL reicht ihm die Hand.

Mylord, fahrt wohl! Der Tränen schuldgen Zoll

Will ich Euch redlich nach der Schlacht entrichten,

Wenn ich alsdann noch übrig bin. Jetzt aber

Ruft das Geschick mich fort, das auf dem Schlachtfeld

Noch richtend sitzt und seine Lose schüttelt.

Auf Wiedersehn in einer andern Welt,

Kurz ist der Abschied für die lange Freundschaft.

Geht ab.

TALBOT.

Bald ists vorüber und der Erde geb ich,

Der ewgen Sonne die Atome wieder,

Die sich zu Schmerz und Lust in mir gefügt –

Und von dem mächtgen Talbot, der die Welt

Mit seinem Kriegsruhm füllte, bleibt nichts übrig,

Als eine Handvoll leichten Staubs. – So geht

Der Mensch zu Ende – und die einzige

Ausbeute, die wir aus dem Kampf des Lebens

Wegtragen, ist die Einsicht in das Nichts,

Und herzliche Verachtung alles dessen,

Was uns erhaben schien und wünschenswert –

Siebenter Auftritt

Karl. Burgund. Dunois. Du Chatel und Soldaten treten auf.

BURGUND.

Die Schanze ist erstürmt.

DUNOIS.

Der Tag ist unser.

KARL Talbot bemerkend.

Seht, wer es ist, der dort vom Licht der Sonne

Den unfreiwillig schweren Abschied nimmt?

Die Rüstung zeigt mir keinen schlechten Mann,

Geht, springt ihm bei, wenn ihm noch Hülfe frommt.

Soldaten aus des Königs Gefolge treten hinzu.

FASTOLF.

Zurück! Bleibt fern! Habt Achtung vor dem Toten,

Dem ihr im Leben nie zu nahn gewünscht!

BURGUND.

Was seh ich! Talbot liegt in seinem Blut!

Er geht auf ihn zu. Talbot blickt ihn starr an und stirbt.

FASTOLF.

Hinweg, Burgund! Den letzten Blick des Helden

Vergifte nicht der Anblick des Verräters!

DUNOIS.

Furchtbarer Talbot! Unbezwinglicher!

Nimmst du vorlieb mit so geringem Raum,

Und Frankreichs weite Erde konnte nicht

Dem Streben deines Riesengeistes gnügen.

– Erst jetzo, Sire, begrüß ich Euch als König,

Die Krone zitterte auf Eurem Haupt,

So lang ein Geist in diesem Körper lebte.

KARL nachdem er den Toten stillschweigend betrachtet.

Ihn hat ein Höherer besiegt, nicht wir!

Er liegt auf Frankreichs Erde, wie der Held

Auf seinem Schild, den er nicht lassen wollte.

Bringt ihn hinweg!

Soldaten heben den Leichnam auf und tragen ihn fort.

Fried sei mit seinem Staube!

Ihm soll ein ehrenvolles Denkmal werden,

Mitten in Frankreich, wo er seinen Lauf

Als Held geendet, ruhe sein Gebein!

So weit als er, drang noch kein feindlich Schwert,

Seine Grabschrift sei der Ort, wo man ihn findet.

FASTOLF gibt sein Schwert ab.

Herr, ich bin dein Gefangener.

KARL gibt ihm sein Schwert zurück.

Nicht also!

Die fromme Pflicht ehrt auch der rohe Krieg,

Frei sollt Ihr Eurem Herrn zu Grabe folgen.

Jetzt eilt, Du Chatel – Meine Agnes zittert. –

Entreißt sie ihrer Angst um uns – Bringt ihr

Die Botschaft, daß wir leben, daß wir siegten,

Und führt sie im Triumph nach Reims!

Du Chatel geht ab.

Achter Auftritt

La Hire zu den Vorigen.

DUNOIS.

La Hire!

Wo ist die Jungfrau?

LA HIRE.

Wie? Das frag ich Euch.

An Eurer Seite fechtend ließ ich sie.

DUNOIS.

Von Eurem Arme glaubt ich sie beschützt,

Als ich dem König beizuspringen eilte.

BURGUND.

Im dichtsten Feindeshaufen sah ich noch

Vor kurzem ihre weiße Fahne wehn.

DUNOIS.

Weh uns, wo ist sie? Böses ahndet mir!

Kommt, eilen wir sie zu befrein. – Ich fürchte,

Sie hat der kühne Mut zu weit geführt,

Umringt von Feinden kämpft sie ganz allein,

Und hülflos unterliegt sie jetzt der Menge.

KARL.

Eilt, rettet sie!

LA HIRE.

Ich folg euch, kommt!

BURGUND.

Wir alle!

Sie eilen fort.

Eine andre öde Gegend des Schlachtfelds.

Man sieht die Türme von Reims in der Ferne, von der Sonne beleuchtet.

Neunter Auftritt

Ein Ritter in ganz schwarzer Rüstung, mit geschloßnem Visier. Johanna verfolgt ihn bis auf die vordere Bühne, wo er stille steht und sie erwartet.

JOHANNA.

Arglistger! Jetzt erkenn ich deine Tücke!

Du hast mich trüglich durch verstellte Flucht

Vom Schlachtfeld weggelockt und Tod und Schicksal

Von vieler Britensöhne Haupt entfernt.

Doch jetzt ereilt dich selber das Verderben.

SCHWARZER RITTER.

Warum verfolgst du mich und heftest dich

So wutentbrannt an meine Fersen? Mir

Ist nicht bestimmt, von deiner Hand zu fallen.

JOHANNA.

Verhaßt in tiefer Seele bist du mir,

Gleich wie die Nacht, die deine Farbe ist.

Dich weg zu tilgen von dem Licht des Tags

Treibt mich die unbezwingliche Begier.

Wer bist du? Öffne dein Visier. – Hätt ich

Den kriegerischen Talbot in der Schlacht

Nicht fallen sehn, so sagt ich, du wärst Talbot.

SCHWARZER RITTER.

Schweigt dir die Stimme des Prophetengeistes?

JOHANNA.

Sie redet laut in meiner tiefsten Brust,

Daß mir das Unglück an der Seite steht.

SCHWARZER RITTER.

Johanna d'Arc! Bis an die Tore Reims'

Bist du gedrungen auf des Sieges Flügeln.

Dir gnüge der erworbne Ruhm. Entlasse

Das Glück, das dir als Sklave hat gedient,

Eh es sich zürnend selbst befreit, es haßt

Die Treu und keinem dient es bis ans Ende.

JOHANNA.

Was heißest du in Mitte meines Laufs

Mich stille stehen und mein Werk verlassen?

Ich führ es aus und löse mein Gelübde!

SCHWARZER RITTER.

Nichts kann dir, du Gewaltge, widerstehn,

In jedem Kampfe siegst du. – Aber gehe

In keinen Kampf mehr. Höre meine Warnung!

JOHANNA.

Nicht aus den Händen leg ich dieses Schwert,

Als bis das stolze England niederliegt.

SCHWARZER RITTER.

Schau hin! Dort hebt sich Reims mit seinen Türmen,

Das Ziel und Ende deiner Fahrt – die Kuppel

Der hohen Kathedrale siehst du leuchten,

Dort wirst du einziehn im Triumphgepräng,

Deinen König krönen, dein Gelübde lösen.

– Geh nicht hinein. Kehr um. Hör meine Warnung.

JOHANNA.

Wer bist du, doppelzüngig falsches Wesen,

Das mich erschrecken und verwirren will?

Was maßest du dir an, mir falsch Orakel

Betrüglich zu verkündigen?

Der schwarze Ritter will abgehen, sie tritt ihm in den Weg.

Nein, du stehst

Mir Rede, oder stirbst von meinen Händen!

Sie will einen Streich auf ihn führen.

SCHWARZER RITTER berührt sie mit der Hand, sie bleibt unbeweglich stehen.

Töte, was sterblich ist!

Nacht, Blitz und Donnerschlag. Der Ritter versinkt.

JOHANNA steht anfangs erstaunt, faßt sich aber bald wieder.

Es war nichts Lebendes. – Ein trüglich Bild

Der Hölle wars, ein widerspenstger Geist,

Heraufgestiegen aus dem Feuerpfuhl,

Mein edles Herz im Busen zu erschüttern.

Wen fürcht ich mit dem Schwerte meines Gottes?

Siegreich vollenden will ich meine Bahn,

Und käm die Hölle selber in die Schranken,

Mir soll der Mut nicht weichen und nicht wanken!

Sie will abgehen.

Zehnter Auftritt

Lionel. Johanna.

LIONEL.

Verfluchte, rüste dich zum Kampf- Nicht beide

Verlassen wir lebendig diesen Platz.

Du hast die Besten meines Volks getötet,

Der edle Talbot hat die große Seele

In meinen Busen ausgehaucht. – Ich räche

Den Tapfern oder teile sein Geschick.

Und daß du wissest, wer dir Ruhm verleiht,

Er sterbe oder siege – Ich bin Lionel,

Der letzte von den Fürsten unsers Heers,

Und unbezwungen noch ist dieser Arm.

Er dringt auf sie ein, nach einem kurzen Gefecht schlägt sie ihm das Schwert aus der Hand.

Treuloses Glück!

Er ringt mit ihr.

JOHANNA ergreift ihn von hinten zu am Helmbusch und reißt ihm den Helm gewaltsam herunter, daß sein Gesicht entblößt wird, zugleich zuckt sie das Schwert mit der Rechten.

Erleide, was du suchtest,

Die heilge Jungfrau opfert dich durch mich!

In diesem Augenblick sieht sie ihm ins Gesicht, sein Anblick ergreift sie, sie bleibt unbeweglich stehen und läßt dann langsam den Arm sinken.

LIONEL.

Was zauderst du und hemmst den Todesstreich? Nimm mir das Leben auch, du nahmst den Ruhm, Ich bin in deiner Hand, ich will nicht Schonung.

Sie gibt ihm ein Zeichen mit der Hand, sich zu entfernen.

Entfliehen soll ich? Dir soll ich mein Leben

Verdanken? – Eher sterben!

JOHANNA mit abgewandtem Gesicht.

Rette dich!

Ich will nichts davon wissen, daß dein Leben

In meine Macht gegeben war.

LIONEL.

Ich hasse dich und dein Geschenk – Ich will

Nicht Schonung – Töte deinen Feind, der dich

Verabscheut, der dich töten wollte.

JOHANNA.

Töte mich

– Und fliehe!

LIONEL.

Ha! Was ist das?

JOHANNA verbirgt das Gesicht.

Weh mir!

LIONEL tritt ihr näher.

Du tötest, sagt man, alle Engelländer,

Die du im Kampf bezwingst – Warum nur mich

Verschonen?

JOHANNA erhebt das Schwert mit einer raschen Bewegung gegen ihn, läßt es aber, wie sie ihn ins Gesicht faßt, schnell wieder sinken.

Heilge Jungfrau!

LIONEL.

Warum nennst du

Die Heilge? Sie weiß nichts. von dir, der Himmel

Hat keinen Teil an dir.

JOHANNA in der heftigsten Beängstigung.

Was hab ich

Getan! Gebrochen hab ich mein Gelübde!

Sie ringt verzweifelnd die Hände.

LIONEL betrachtet sie mit Teilnahme und tritt ihr näher.

Unglücklich Mädchen! Ich beklage dich,

Du rührst mich, du hast Großmut ausgeübt

An mir allein, ich fühle, daß mein Haß

Verschwindet, ich muß Anteil an dir nehmen!

– Wer bist du? Woher kommst du?

JOHANNA.

Fort! Entfliehe!

LIONEL.

Mich jammert deine Jugend, deine Schönheit!

Dein Anblick dringt mir an das Herz. Ich möchte

Dich gerne retten – Sage mir, wie kann ichs!

Komm! Komm! Entsage dieser gräßlichen

Verbindung – Wirf sie von dir, diese Waffen!

JOHANNA.

Ich bin unwürdig, sie zu führen!

LIONEL.

Wirf

Sie von dir, schnell, und folge mir!

JOHANNA mit Entsetzen.

Dir folgen!

LIONEL.

Du kannst gerettet werden. Folge mir!

Ich will dich retten, aber säume nicht.

Mich faßt ein ungeheurer Schmerz um dich,

Und ein unnennbar Sehnen, dich zu retten –

Bemächtigt sich ihres Armes.

JOHANNA.

Der Bastard naht! Sie sinds! Sie suchen mich!

Wenn sie dich finden –

LIONEL.

Ich beschütze dich!

JOHANNA.

Ich sterbe, wenn du fällst von ihren Händen!

LIONEL.

Bin ich dir teuer?

JOHANNA.

Heilige des Himmels!

LIONEL.

Werd ich dich wiedersehen? Von dir hören?

JOHANNA.

Nie! Niemals!

LIONEL.

Dieses Schwert zum Pfand, daß ich

Dich wiedersehe!

Er entreißt ihr das Schwert.

JOHANNA.

Rasender, du wagst es?

LIONEL.

Jetzt weich ich der Gewalt, ich seh dich wieder!

Er geht ab.

Eilfter Auftritt

Dunois und La Hire. Johanna.

LA HIRE.

Sie lebt! Sie ists!

DUNOIS.

Johanna, fürchte nichts!

Die Freunde stehen mächtig dir zur Seite.

LA HIRE.

Flieht dort nicht Lionel?

DUNOIS.

Laß ihn entfliehn!

Johanna, die gerechte Sache siegt,

Reims öffnet seine Tore, alles Volk

Strömt jauchzend seinem Könige entgegen –

LA HIRE.

Was ist der Jungfrau? Sie erbleicht, sie sinkt!

Johanna schwindelt und will sinken.

DUNOIS.

Sie ist verwundet – Reißt den Panzer auf –

Es ist der Arm und leicht ist die Verletzung.

LA HIRE.

Ihr Blut fließt.

JOHANNA.

Laßt es mit meinem Leben

Hinströmen!

Sie liegt ohnmächtig in La Hires Armen.

Vierter Aufzug

Ein festlich ausgeschmückter Saal, die Säulen sind mit Festons umwunden, hinter der Szene Flöten und Hoboen.

Erster Auftritt

JOHANNA.

Die Waffen ruhn, des Krieges Stürme schweigen,

Auf blutge Schlachten folgt Gesang und Tanz,

Durch alle Straßen tönt der muntre Reigen,

Altar und Kirche prangt in Festes Glanz,

Und Pforten bauen sich aus grünen Zweigen,

Und um die Säule windet sich der Kranz,

Das weite Reims faßt nicht die Zahl der Gäste,

Die wallend strömen zu dem Völkerfeste.

Und einer Freude Hochgefühl entbrennet,

Und ein Gedanke schlägt in jeder Brust,

Was sich noch jüngst in blutgem Haß getrennet,

Das teilt entzückt die allgemeine Lust,

Wer nur zum Stamm der Franken sich bekennet,

Der ist des Namens stolzer sich bewußt,

Erneuert ist der Glanz der alten Krone,

Und Frankreich huldigt seinem Königssohne.

Doch mich, die all dies Herrliche vollendet,

Mich rührt es nicht, das allgemeine Glück,

Mir ist das Herz verwandelt und gewendet,

Es flieht von dieser Festlichkeit zurück,

Ins britsche Lager ist es hingewendet,

Hinüber zu dem Feinde schweift der Blick,

Und aus der Freude Kreis muß ich mich stehlen,

Die schwere Schuld des Busens zu verhehlen.

Wer? Ich? Ich eines Mannes Bild

In meinem reinen Busen tragen?

Dies Herz, von Himmels Glanz erfüllt,

Darf einer irdschen Liebe schlagen?

Ich meines Landes Retterin,

Des höchsten Gottes Kriegerin,

Für meines Landes Feind entbrennen!

Darf ichs der keuschen Sonne nennen,

Und mich vernichtet nicht die Scham!

Die Musik hinter der Szene geht in eine weiche schmelzende Melodie unter.

Wehe! Weh mir! Welche Töne!

Wie verführen sie mein Ohr!

Jeder ruft mir seine Stimme,

Zaubert mir sein Bild hervor!

Daß der Sturm der Schlacht mich faßte,

Speere sausend mich umtönten

In des heißen Streites Wut!

Wieder fänd ich meinen Mut!

Diese Stimmen, diese Töne,

Wie umstricken sie mein Herz,

Jede Kraft in meinem Busen

Lösen sie in weichem Sehnen,

Schmelzen sie in Wehmuts-Tränen!

Nach einer Pause lebhafter.

Sollt ich ihn töten? Konnt ichs, da ich ihm

Ins Auge sah? Ihn töten! Eher hätt ich

Den Mordstahl auf die eigne Brust gezückt!

Und bin ich strafbar, weil ich menschlich war?

Ist Mitleid Sünde? – Mitleid! Hörtest du

Des Mitleids Stimme und der Menschlichkeit

Auch bei den andern, die dein Schwert geopfert?

Warum verstummte sie, als der Walliser dich,

Der zarte Jüngling, um sein Leben flehte?

Arglistig Herz! Du lügst dem ewgen Licht,

Dich trieb des Mitleids fromme Stimme nicht!

Warum mußt ich ihm in die Augen sehn!

Die Züge schaun des edeln Angesichts!

Mit deinem Blick fing dein Verbrechen an,

Unglückliche! Ein blindes Werkzeug fodert Gott,

Mit blinden Augen mußtest dus vollbringen!

Sobald du sahst, verließ dich Gottes Schild,

Ergriffen dich der Hölle Schlingen!

Die Flöten wiederholen, sie versinkt in eine stille Wehmut.

Frommer Stab! O hätt ich nimmer

Mit dem Schwerte dich vertauscht!

Hätt es nie in deinen Zweigen,

Heilge Eiche! mir gerauscht!

Wärst du nimmer mir erschienen,

Hohe Himmelskönigin!

Nimm, ich kann sie nicht verdienen,

Deine Krone, nimm sie hin!

Ach, ich sah den Himmel offen

Und der Selgen Angesicht!

Doch auf Erden ist mein Hoffen,

Und im Himmel ist es nicht!

Mußtest du ihn auf mich laden

Diesen furchtbaren Beruf,

Konnt ich dieses Herz verhärten,

Das der Himmel fühlend schuf!

Willst du deine Macht verkünden

Wähle sie, die frei von Sünden

Stehn in deinem ewgen Haus,

Deine Geister sende aus,

Die Unsterblichen, die Reinen,

Die nicht fühlen, die nicht weinen!

Nicht die zarte Jungfrau wähle,

Nicht der Hirtin weiche Seele!

Kümmert mich das Los der Schlachten,

Mich der Zwist der Könige?

Schuldlos trieb ich meine Lämmer

Auf des stillen Berges Höh.

Doch du rissest mich ins Leben,

In den stolzen Fürstensaal,

Mich der Schuld dahinzugeben,

Ach! es war nicht meine Wahl!

Zweiter Auftritt

Agnes Sorel. Johanna.

SOREL kommt in lebhafter Rührung, wie sie die Jungfrau erblickt, eilt sie auf sie zu und fällt ihr um den Hals; plötzlich besinnt sie sich, läßt sie los und fällt vor ihr nieder.

Nein! Nicht so! Hier im Staub vor dir –

JOHANNA will sie aufheben.

Steh auf!

Was ist dir? Du vergissest dich und mich.

SOREL.

Laß mich! Es ist der Freude Drang, der mich

Zu deinen Füßen niederwirft – ich muß

Mein überwallend Herz vor Gott ergießen,

Den Unsichtbaren bet ich an in dir.

Du bist der Engel, der mir meinen Herrn

Nach Reims geführt und mit der Krone schmückt.

Was ich zu sehen nie geträumt, es ist

Erfüllt! Der Krönungszug bereitet sich,

Der König steht im festlichen Ornat,

Versammelt sind die Pairs, die Mächtigen

Der Krone, die Insignien zu tragen,

Zur Kathedrale wallend strömt das Volk,

Es schallt der Reigen und die Glocken tönen,

O dieses Glückes Fülle trag ich nicht!

Johanna hebt sie sanft in die Höhe. Agnes Sorel hält einen Augenblick inne, indem sie der Jungfrau näher ins Auge sieht.

Doch du bleibst immer ernst und streng, du kannst

Das Glück erschaffen, doch du teilst es nicht.

Dein Herz ist kalt, du fühlst nicht unsre Freuden,

Du hast der Himmel Herrlichkeit gesehn,

Die reine Brust bewegt kein irdisch Glück.

Johanna ergreift ihre Hand mit Heftigkeit, läßt sie aber schnell wieder fahren.

O könntest du ein Weib sein und empfinden!

Leg diese Rüstung ab, kein Krieg ist mehr,

Bekenne dich zum sanfteren Geschlechte!

Mein liebend Herz flieht scheu vor dir zurück,

Solange du der strengen Pallas gleichst.

JOHANNA.

Was foderst du von mir!

SOREL.

Entwaffne dich!

Leg diese Rüstung ab, die Liebe fürchtet,

Sich dieser stahlbedeckten Brust zu nahn.

O sei ein Weib und du wirst Liebe fühlen!

JOHANNA.

Jetzt soll ich mich entwaffnen! Jetzt! Dem Tod

Will ich die Brust entblößen in der Schlacht!

Jetzt nicht – o möchte siebenfaches Erz

Vor euren Festen, vor mir selbst mich schützen!

SOREL.

Dich liebt Graf Dunois. Sein edles Herz,

Dem Ruhm nur offen und der Heldentugend,

Es glüht für dich in heiligem Gefühl.

O es ist schön, von einem Helden sich geliebt

Zu sehn – es ist noch schöner, ihn zu lieben!

Johanna wendet sich mit Abscheu hinweg.

Du hassest ihn! – Nein, nein, du kannst ihn nur

Nicht lieben – Doch wie solltest du ihn hassen!

Man haßt nur den, der den Geliebten uns

Entreißt, doch dir ist keiner der Geliebte!

Dein Herz ist ruhig – Wenn es fühlen könnte –

JOHANNA.

Beklage mich! Beweine mein Geschick!

SOREL.

Was könnte dir zu deinem Glücke mangeln?

Du hast dein Wort gelöst, Frankreich ist frei,

Bis in die Krönungsstadt hast du den König

Siegreich geführt, und hohen Ruhm erstritten,

Dir huldiget, dich preist ein glücklich Volk,

Von allen Zungen überströmend fließt

Dein Lob, du bist die Göttin dieses Festes,

Der König selbst mit seiner Krone strahlt

Nicht herrlicher als du.

JOHANNA.

O könnt ich mich

Verbergen in den tiefsten Schoß der Erde!

SOREL.

Was ist dir? Welche seltsame Bewegung!

Wer dürfte frei aufschaun an diesem Tage,

Wenn du die Blicke niederschlagen sollst!

Mich laß erröten, mich, die neben dir

So klein sich fühlt, zu deiner Heldenstärke sich,

Zu deiner Hoheit nicht erheben kann!

Denn soll ich meine ganze Schwäche dir

Gestehen? – Nicht der Ruhm des Vaterlandes,

Nicht der erneute Glanz des Thrones, nicht

Der Völker Hochgefühl und Siegesfreude

Beschäftigt dieses schwache Herz. Es ist

Nur einer, der es ganz erfüllt, es hat

Nur Raum für dieses einzige Gefühl:

Er ist der Angebetete, ihm jauchzt das Volk,

Ihn segnet es, ihm streut es diese Blumen,

Er ist der Meine, der Geliebte ists.

JOHANNA.

O du bist glücklich! Selig preise dich!

Du liebst, wo alles liebt! Du darfst dein Herz

Aufschließen, laut aussprechen dein Entzücken

Und offen tragen vor der Menschen Blicken!

Dies Fest des Reichs ist deiner Liebe Fest,

Die Völker alle, die unendlichen,

Die sich in diesen Mauren flutend drängen,

Sie teilen dein Gefühl, sie heilgen es,

Dir jauchzen sie, dir flechten sie den Kranz,

Eins bist du mit der allgemeinen Wonne,

Du liebst das Allerfreuende, die Sonne,

Und was du siehst, ist deiner Liebe Glanz!

SOREL ihr um den Hals fallend.

O du entzückst mich, du verstehst mich ganz!

Ja ich verkannte dich, du kennst die Liebe,

Und was ich fühle, sprichst du mächtig aus.

Von seiner Furcht und Scheue löst sich mir

Das Herz, es wallt vertrauend dir entgegen –

JOHANNA entreißt sich mit Heftigkeit ihren Armen.

Verlaß mich. Wende dich von mir! Beflecke

Dich nicht mit meiner pesterfüllten Nähe!

Sei glücklich, geh, mich laß in tiefster Nacht

Mein Unglück, meine Schande, mein Entsetzen

Verbergen –

SOREL.

Du erschreckst mich, ich begreife

Dich nicht, doch ich begriff dich nie – und stets

Verhüllt war mir dein dunkel tiefes Wesen.

Wer möcht es fassen, was dein heilig Herz,

Der reinen Seele Zartgefühl erschreckt!

JOHANNA.

Du bist die Heilige! Du bist die Reine!

Sähst du mein Innerstes, du stießest schaudernd

Die Feindin von dir, die Verräterin!

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9783754181508
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