Czytaj książkę: «Seewölfe - Piraten der Weltmeere 252»
Impressum
© 1976/2016 Pabel-Moewig Verlag KG,
Pabel ebook, Rastatt.
ISBN: 978-3-95439-588-0
Internet: www.vpm.de und E-Mail: info@vpm.de
Inhalt
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
1.
Die Hitze setzte ihnen allen zu, diese mörderische Hitze, die über dem Nil wie eine Mauer stand und das Atmen zur Qual werden ließ.
Seit Tagen ging das nun schon so. Hin und wieder fauchte ein glühend heißer Luftstoß aus der Wüste herüber, blies feinen rötlichgelben Sand über die Decks und ließ die Männer der „Isabella VIII.“ leise stöhnen. Dann war der Wind wieder weg, als hielte er den Atem an.
Danach sanken die Segel der „Isabella“ jedesmal schlaff in sich zusammen, wie alte Blasebälge hingen sie dann an den Rahen.
„Wenn man das Maul aufreißt, hat man gleich jede Menge Sand drin“, sagte Luke Morgan verbiestert. „Und atmet man durch die Nase, dann hat man das Zeug im Gehirn.“
Smoky, zu dem Luke das sagte, drehte sich schwerfällig um. Jede Bewegung war eine Qual, am liebsten hätten sie den ganzen Tag lang bis zum Hals im Wasser gestanden. Aber auch das ging nicht, denn die mörderischen Krokodile des Nils hatten etwas dagegen. Es schien so, als hätte sich die ganze Welt wieder einmal gegen die Seewölfe verschworen.
„Im Gehirn?“ sagte der Decksälteste. „Das ist doch bei dieser Affenhitze längst ausgetrocknet. Und bei dir hat die Sonne dazu ja nur ein paar Lidschläge gebraucht.“
Jetzt zeigte sich am besten, was die Hitze alles bewirkte. Normalerweise wäre der hitzige Luke Morgan sofort explodiert, aber diesmal tippte er nur müde mit dem Finger an die Stirn.
Er lehnte sich auf der Kuhlgräting noch weiter in den Schatten zurück und starrte auf Edwin Carberrys breites Kreuz. Merkwürdig, überlegte er, den Profos juckte die Hitze überhaupt nicht. Der stand mit entblößtem Oberkörper und nur mit seiner groben Leinenhose bekleidet am Schanzkleid direkt in der Sonne. Hin und wieder holte er eine Pütz Wasser an Bord, und bevor er sie sich über den Schädel goß, schaute er jedesmal neugierig in die Pütz, als hätte sich dort ein Krokodil drin versteckt.
„Suchst du Nilflöhe, Ed?“ fragte Smoky grinsend.
Der Profos gab keine Antwort. Er zog die nächste Pütz hoch, sah wieder hinein und schüttete sie genüßlich über seinen Kopf. Anschließend ließ er sich von der Sonne trocknen.
„Den kratzt die Hitze überhaupt nicht“, sagte Luke.
„Kein Wunder bei dem dicken Fell, das er hat“, meinte Smoky. „Unseren Profos hat wahrscheinlich der Teufel persönlich gezeugt.“
Luke begann schläfrig zu kichern. „Das ist aber stark untertrieben, Smoky. Den hat nicht der Teufel gezeugt, den hat der Satan damals aus der Wiege geklaut und dann selbst seinen Platz eingenommen.“
„Und was hat er dann mit dem kleinen Windelpisser Edwin getan?“ fragte Smoky anzüglich.
„Den hat er vermutlich weggeschmissen. Au!“ schrie Luke im selben Moment, als er das letzte Wort gerade heraus hatte.
Eine Pütz flog durch die Luft und knallte Luke an den Schädel. Von dort prallte sie ab und donnerte Smoky auf die Schulter.
„Wenn ihr plattgewalzten Nilfrösche noch mal über mich lästert“, grollte Carberrys Stimme, „dann werde ich euch mal ans Achterschott klopfen, daß ihr die Nilfrösche husten hört.“
Die beiden Männer grinsten sich an, und als der Profos dieses infame Grinsen sah, da grinste er mit, denn wenn er es ganz genau nahm, war das ja schließlich als Kompliment aufzufassen. Er hob die Pütz auf, ließ sie erneut hinunter und schüttete sie den beiden blitzschnell über die Köpfe.
„Damit ihr euch nicht heiß redet“, sagte er trocken. „Aber so ein Pützchen Wasser ist bei dieser Hitze eine Erholung, das könnt ihr mir glauben.“
„Wir glauben es“, sagte Smoky. „Wir waren nur zu faul, um selbst Wasser zu pützen, aber wenn du das für uns übernimmst, dann soll es uns recht sein.“
Wieder flog die Pütz, leer allerdings, und bei dieser Art von Sport konnte von Erholung nicht mehr die Rede sein.
Wieder blies heiß der Wind von Westen her, ein paar Minuten lang, dann erschöpfte sich seine Kraft. Gleich darauf erklang vom Achterdeck ein bitterböser Fluch, der sogar den Profos zusammenzucken ließ. Schnell blickte er nach achtern.
Hasards Gesicht war verkniffen. Auf seiner Stirn perlte Schweiß, der ihm klebrig in die Augen rann. Staubfeiner Sand hatte sich wie Puder darauf gelegt, und wenn sich der Seewolf über das Gesicht wischte, glaubte er, geschmirgelt zu werden.
Das war es aber nicht, was ihn zum Fluchen veranlaßte. Es war viel mehr der Fluch mit seinen Tücken, der die Männer langsam, aber sicher zur Verzweiflung trieb. Und dieser höllische Wind natürlich, der von der Wüste herüberfauchte, seinen Glutatem hinterließ und dann wieder einschlief.
Jedes Fauchen brachte die Galeone ein Stück voran, bis die Segel wieder schlaff an den Rahen hingen. Dann begann der Strom zu drücken, und sie blieb stehen wie ein störrischer Esel, der seinem Herrn nicht mehr gehorcht. Dadurch fehlte der Druck aufs Ruderblatt, und die „Isabella“ lief aus dem Kurs.
Pete Ballie schwitzte Blut und Wasser. Er hatte gerade die Ruderwache übernommen und war noch frisch, denn Hasard ließ zu jeder vollen Stunde einen anderen Mann ans Ruder.
Jetzt drehte die „Tante“ wieder neugierig zum Land hin und wollte „Hasen füttern“, wie Pete die Bewegung zum Land hin bezeichnete.
Seine klobigen Fäuste drehten das Ruder bis fast zum Anschlag, erst dann gehorchte die „Isabella“, und Pete drehte wieder wie ein Wilder zur anderen Seite.
Das andere Übel waren die kleinen Schilfinseln und die Sandbänke, die man mitunter gar nicht sah oder erst dann, wenn es bereits zu spät war.
„Dieser Nil treibt mich noch zum Wahnsinn“, sagte Pete Ballie keuchend. „Das ist kein Fluß mehr, das ist ein heimtückisches, völlig unberechenbares Wasser, und es sollte mich verdammt nicht wundern, wenn wir bald wieder auf irgendeiner Schlickinsel hängen.“
Hasard blickte auf den Strom, der so hell im Sonnenlicht gleißte, daß man die Augen zukneifen mußte, um nicht geblendet zu werden.
„Einen Lotsen müßte man haben“, sagte er knurrig. „Einen, der diesen lausigen Fluß genau kennt. Selbst dann wird es immer schwieriger, weiter hinaufzusegeln.“
„Leider haben wir den Alten weggeschickt, der sich neulich angeboten hatte“, sagte Pete, und so etwas wie ein leiser Vorwurf lag in seiner Stimme.
Hasard winkte unwillig ab.
„Der hat sicher auch nur einen Teil des Nildeltas gekannt und hätte uns hier nichts genutzt.“
„Und an den Karten kann man sich gar nicht orientieren, Sir?“
„Nein, verdammt.“ Hasards Laune war nicht die beste. „Das habe ich schon hundertmal gesagt. Du hast die Karten doch selbst gesehen. Sie zeigen Dörfer, Städte und Tempel. Der Strom ist lediglich eine dünne Linie darin. Den Grabräubern, die sie angefertigt haben, ging es nur um Pyramiden, Königsgräber und Totentempel.“
Carberry erschien auf dem Achterdeck und stellte sich lauernd an die Schmuckbalustrade.
„Eigentlich“, sagte er langsam, „haben wir ja genug erbeutet. Schon der Spanier, dem wir alles abgeknöpft haben, hat unser schönes Schiffchen gut gefüllt. Er hat nichts mehr, und wir haben alles. Das müßte doch genügen.“
„Was willst du damit sagen, Ed?“ fragte der Seewolf.
„Nun, wir könnten beispielsweise umkehren und diesen schönen Fluß mit seinem Scheißwind den Krokodilen überlassen. Oder den Nilflöhen. Umkehren“, wiederholte er nachdenklich, „dann den neuen Seeweg durch den Kanal suchen, nach England zurückkehren, und der guten alten Lissy den Krempel abliefern, unseren Anteil natürlich abgezogen, sozusagen.“
Was der Profos so lässig als Krempel bezeichnete war nicht nur ein Vermögen, es war ein unvorstellbarer Reichtum, mit dem man ganze Länder kaufen konnte. Den letzten Schlag hatten sie gerade gelandet, und der überstieg an Wert selbst das, was die „Isabella“ schon vorher in ihrem Rumpf verbarg, denn der Spanier hatte rigoros und rücksichtslos alles geplündert, was ihm auf dem oberen Nil in die Hände gefallen war. Allerdings hatte er jetzt keinen Spaß mehr an seiner Beute und war arm wie eine Kirchenmaus abgezogen.
„Das muß an der Hitze liegen“, sagte Hasard.
„An der Hitze, Sir? Was muß daran liegen?“
„Daß du vergessen hast, daß wir bis zum ersten Katarakt segeln werden. Und wir segeln dahin, verlaß dich darauf!“
Carberry deutete mit dem Daumen zum Land hin, das sich jetzt ebenfalls verändert hatte. Kahle Felsen tauchten auf, steinbruchartige Gebiete, in denen es nur finstere Höhlen gab, und die von der ewigen Sonneneinstrahlung schon glühten.
Es war kaum denkbar, daß in dieser heißen, trostlosen Einöde Menschen hausten, und doch war es so. Hier war auch die Zeit stehengeblieben. Nach dem Ableben der alten Pharaonen hatte sich anscheinend nichts mehr geändert. Sie fühlten sich um ein paar tausend Jahre in die Vergangenheit zurückversetzt, wenn sie einen Blick an Land warfen.
„Bei dem Wind“, sagte Ed. „brauchen wir noch ein gutes halbes Jahr, bis wir den Kaka … äh – den Dingsbums erreichen, Sir. Wir schleichen ja den Fluß hinauf wie lahmarschige Krebse.“
„Auch die gelangen ans Ziel“, sagte Hasard.
„Die Themse“, sagte der Profos versonnen, „die ist gegen diesen Nil das reinste Weltmeer. Die würde ich bei Nacht und mit verbundenen Augen hochsegeln.“
„Das kannst du später ruhig tun, ich werde dich daran erinnern. Und jetzt darf ich dich wohl bitten, Mister Carberry, jeden Gedanken an Umkehr aus deinem Kopf vorerst zu streichen. Dort vorn gibt es eine ekelhafte Flußbiegung, und da brauchen wir jede Hand an Deck, um sie zu umsegeln.“
„Da werden sich die Kerls aber freuen“, sagte Ed aufsässig.
Als Hasards eisiger Blick ihn traf, duckte sich der Profos leicht und versuchte zu grinsen, was ihm aber mißlang.
„Diesmal schreibe ich es wirklich noch der Hitze zu“, sagte der Seewolf sanft. „Auch meine Laune ist nicht die beste, aber wenn sie sich noch verschlechtert, dann fangen selbst die Mumien in ihren Gräbern an zu tanzen, und ein gewisser Mister Carberry wird den Reigen anführen.“
„Entschuldigung, Sir“, sagte Ed sehr leise, „manchmal geht einem einfach der Gaul durch.“
„Nicht so schlimm, wenn man ihn wieder rechtzeitig einfängt. Er darf nur nicht über das Gatter springen.“
„Aye, aye, Sir.“
Hasard sah seinem Profos nachdenklich hinterher. Es war schon eine mörderische Sache bei dieser Hitze und dem Staub einen unbekannten Fluß hochzusegeln, auf dem man zu jeder Minute Gefahr lief, irgendwo aufzubrummen.
Und jetzt tauchte diese Flußbiegung auf, die gar nicht schön aussah und mit diesem bißchen Wind umsegelt werden mußte. Ausgerechnet dort gab es auch wieder viele kleine Inseln, auf denen Krokodile dösig in der Sonne lagen und auf Beute lauerten.
Selbst Hasard hatte ein ungutes Gefühl dabei.
Den Flußverlauf auszusegeln, war eine Knochenarbeit. Zudem wies er tückische Untiefen auf. Es war diesmal nicht allein das seemännische Können der Besatzung, es war viel Glück dabei, weil auch der Wind ein paar Minuten länger blies.
So schrammten sie jetzt dicht an einer Schilfinsel vorbei, gerieten aus dem Kurs und spürten das feine Beben, das die „Isabella“ durchlief, als sie sich über den Schlamm schob.
In jedem Gesicht stand die bange Frage, ob sie es schafften. Wenn man zum Land blickte, schien sich die Galeone nicht mehr von der Stelle zu bewegen, doch der Eindruck täuschte, denn sie bewegte sich fast unmerklich weiter.
„In den letzten drei Stunden“, sagte Ferris Tucker, „haben wir mit Mühe und Not eine Meile zurückgelegt. Das ist ein verdammtes Trauerspiel. Man möchte am liebsten über Bord springen, um die Lady zu schieben.“
„Hoffentlich steht uns etwas Ähnliches nicht bevor“, meinte Matt Davies. „Mir reicht vollauf das ständige Arbeiten an Brassen und Schoten bei dieser lausigen Hitze.“
„Wir sind drüber weg“, sagte Blakky erleichtert und atmete tief aus. „Gott sei Dank, wir haben es geschafft.“
„Hier mußt du dich bei Allah bedanken“, sagte Jeff Bowie. „Der ist für dieses Revier zuständig. Seht mal, jetzt fängt die Tante an zu strampeln wie ein Holzquirl.“
Heißer Wind füllte die Segel, und tatsächlich marschierte die Galeone gleich darauf los. Das Land glitt jetzt schneller vorbei, auf der einen Seite zurückweichende Wüste, auf der anderen trostlose, in der Sonne bratende Felsen.
Sam Roskill brüllte aus dem Großmars an Deck: „Der Fluß teilt sich weiter vorn hinter der Biegung. Dazwischen ist festes Land oder eine Insel.“
„Was heißt hier ‚oder‘, Sam?“ rief Smoky. „Sperr deine Klüsen gefälligst auf!“
„Kann ich nicht erkennen, da ist alles zugewachsen!“
„Ja, holt denn der Satan nicht bald diesen lausigen Fluß“, begann Carberry zu fluchen. „Los, Smoky, sag’s dem Kapitän, damit es keine unangenehmen Überraschungen gibt.“
Bevor Smoky nach achtern ging, enterte er ein Stück ins Großwant auf, um ein ungefähres Bild zu erhalten. Hoch über ihm blickte Sam Roskill hinunter.
„Du wirst auch nichts anderes sehen, Smoky! Da scheint alles zugewachsen zu sein.“
„Quatsch, das gibt es nicht.“
„Gibt es doch!“ brummte Sam aus seiner luftigen Höhe.
Smoky konnte auch nicht mehr erkennen als Sam. Er sah inmitten des Flusses hohes Schilf und erkannte deutlich, daß der Nil dort vorn zwei Arme hatte, oder einer der beiden war ein Zufluß. Die flachen Berge entzogen alles weitere seinem Blick.
Aber er sah noch etwas anderes, und das waren kleine Ruinen. Relikte eines halbverfallenen Tempels auf der Steuerbordseite.
Blitzschnell enterte er ab und eilte aufs Achterdeck. Dort hatte der blonde Schwede Stenmark jetzt das Ruder übernommen. Ben Brighton stand dicht neben ihm. Auch Big Old Shane und Dan O’Flynn standen da und spähten angestrengt nach vorn.
„Der Fluß teilt sich“, sagte Hasard, als Smoky gerade den Mund öffnen wollte. „Hab ich schon gehört. Wie sieht es dahinter aus? Konntest du was erkennen?“
„Nein, Sir. Beide Flußverläufe sind gleich stark, und noch weiter voraus läßt sich wegen der Berge nichts erkennen. An Steuerbord gibt es einen verfallenen Tempel. Was tun wir jetzt?“
„Noch einmal die Karten vergleichen.“
Dan O’Flynn breitete wortlos die Karten aus, schüttelte aber schon den Kopf, bevor er einen Blick darauf warf.
Hasard fuhr die abgefahrene Strecke mit dem Finger nach und preßte die Lippen zusammen.
„Othman Mustafa Ashmun hat die Ruinen bezeichnet“, sagte er dann. „Demnach befinden wir uns jetzt in der Nähe von Baljana, dann liegt weiter im Landesinneren Abydos, und die Ruine an Steuerbord müßte der Tempel von Ramses dem Zweiten sein.“
„Und zwei Nilarme sind nicht eingezeichnet?“
„Nein, nichts, der Nil bildet eine einzige Linie.“
Hasard hob den Kopf und blickte in die Ferne, dann sah er wieder auf die Karte.
„Weiter oben geht nur eine Linie weiter. Das heißt also, daß es sich höchstwahrscheinlich um eine große Insel im Strom handelt. Der Fluß teilt sich nur auf einer Strecke, dann läuft er vermutlich wieder zusammen, und es wird egal sein, ob wir am östlichen oder westlichen Ufer entlangsegeln.“
„Und wenn nicht?“ fragte Smoky.
„Dann sitzen wir irgendwo fest“, sagte Ben trocken.
„Dann sollten wir ganz einfach abstimmen, Sir“, schlug Smoky vor. „Einfach frei nach Schnauze, dann kann hinterher niemand mehr mekkern.“
„Du hast vielleicht Nerven, Smoky.“
Dan mischte sich ein: „Es gibt auch noch eine andere Möglichkeit, das festzustellen. Der Arm, der weniger Strömung mit sich führt, ist für uns so gut wie nicht befahrbar, denn da geraten wir in Stauwasser oder in eine schmale Passage, die wir nicht durchfahren können.“
„Eine verdammte Situation“, meinte Shane, der ernsthaft den Gedanken erwog, bei dieser brütenden Hitze seinen Bart abzurasieren, sich aber doch noch nicht dazu durchringen konnte. „Wir sollten aber Dans Vorschlag überdenken. Wir könnten ein Boot vorausschicken, das ständig Tiefe lotet. Ich melde mich freiwillig zum Ruder, und ein wenig Unterstützung durch den Wind haben wir ja auch noch.“
„Batuti rudern auch freiwillig“, meldete sich der riesige Gambia-Neger vom Quarterdeck aus.
Auch der Moses Bill war dabei, und so meldete sich auch noch Bob Grey sofort danach.
„Vier Mann genügen für das kleine Beiboot“, sagte Hasard. „Das ist also entschieden. Und so dumm ist Smokys Gedanke mit der Abstimmung eigentlich nicht.“
„Gut, dann stimmen wir ab, reine Gefühlssache“, sagte Ben. „Ich selbst bin für Steuerbord, falls wir nicht feststellen können, welche Strömung stärker ist.“
Es war seltsam, aber von der gesamten Mannschaft entschieden sich nur der alte O’Flynn und Will Thorne für Backbord, während alle anderen die Richtung an Steuerbord wählten. Woran das lag, ließ sich nur schwer ergründen, vermutlich rührte es aber daher, daß sich an Steuerbord die Relikte des Ramsestempels befanden, während auf der anderen Seite nur die öden heißen Felsen zu sehen waren.
„Auf das Ergebnis bin ich gespannt“, sagte Hasard.
Während alle Mann wieder auf Stationen gingen, um die Schleife auszusegeln, schlief der Wind ein, und das Fluchen an Bord nahm kein Ende. Stimmen wurden laut, es sei am besten, wieder umzukehren, und diese Stimmen verstummten erst dann, als wieder eine heiße Brise vom Land herüberblies und die Segel füllte. Die „Isabella“ stand auf der Stelle, und schon drohte die Strömung, sie achteraus zu drücken, da ging es langsam weiter.
Unter Keuchen, Schwitzen und den übelsten Flüchen wurde die Nilschleife ausgesegelt. Brassen, brassen, brassen, hieß es, bis zum Umfallen, bis es endlich geschafft war.
Carberrys Gesicht war rot wie eine überreife Tomate, und von seinen Haaren tropfte es, als hätte er den Schädel gerade frisch in die Pütz gesteckt. Die anderen troffen ebenfalls vor Nässe, und als sie tief Luft holten, da stach es ihnen wie mit glühenden Nadeln in die Lungen.
Sie tranken fast ein Wasserfaß leer, hockten sich in den Schatten unter die Segel und dösten vor sich hin, bis die riesige Schilfinsel in Sicht geriet und Hasards Befehl erklang.
„Fallen Anker!“
„Auch das noch“, sagte der Profos ergeben. „Fallen ist ja ganz gut, aber diese Krücke wieder hieven!“
Er drehte sich zu Luke Morgan um und grinste bösartig.
„Hast du triefäugige Nilwanze nicht gesagt, mich hätte der Teufel in der Wiege vertauscht und den richtigen Carberry weggeschmissen?“
„So hab ich es wohl gesagt“, meinte Luke kleinlaut.
„Ein Glück“, sagte Ed, „dann bin ich ja beruhigt.“
„Wieso – das verstehe ich nicht.“
„Ganz einfach“, erklärte Ed. „Wenn das stimmt, dann bin ich es doch gar nicht, der sich hier zu Tode rackert, was, wie? Ist doch ganz logisch, oder?“
Luke Morgan kratzte sich den Schädel, nickte dann und sann über die Worte des Profos nach. Aber ein brauchbares Ergebnis kriegte er nicht zusammen.
„Ja, ja, ganz logisch“, murmelte er. „Nein, das muß dann wirklich ein anderer sein.“
„Der Teufel nämlich“, sagte Ed hämisch. „Und wenn du nicht gleich am Anker bist, dann holt er dich mit Feuer und Schwefel, du halbverhungerter, von einer räudigen Ziege in den Nil geschissener Wanderkrebs.“
Der Anker fiel, die Segel hingen wieder schlaff an den Rahen. Luke Morgan versuchte schwitzend, Ordnung in des Profos letzten Satz zu bringen und wie viele Beleidigungen der wohl auf einen Schlag enthielt, doch er stieg nicht dahinter. Außerdem brüllte Carberry jetzt noch weiter.
„Wollt ihr wohl nicht soviel Trosse stecken, ihr verschwitzten Hammelbökke! Der Kahn soll sich gerade so halten, es geht bald wieder weiter. Wenn ihr tausend Yards Tau steckt, dann liegen wir bald wieder im Nildelta. Und warum, zum Teufel, hängt das Boot noch nicht außenbords?“
„Hauptsächlich darum, weil es noch auf der Gräting steht, Mister Profos“, sagte der rothaarige Schiffszimmermann Ferris Tucker grinsend.
Diesmal wußte Ed nicht so richtig, was er erwidern sollte, denn was sein Freund da sagte, war ja ebenfalls ganz logisch, oder?
Also begnügte er sich mit einem scheelen Blick und half selbst mit, um das kleine Beiboot ins Wasser zu bringen.
Danach fand an Deck erst einmal eine Schlacht mit den Pützen statt, bis sie sich einigermaßen abgekühlt hatten. Das frische Nilwasser tat gut, und es war herrlich kühl, nur leider war das Baden im Fluß gefährlich.
Da waren die großen Krokodile, und hin und wieder tauchte auch mal der mächtige Körper eines Flußpferdes auf. Wenn dieser breite Schädel einmal dümmlich aus dem Wasser glotzte und das riesige Maul aufriß, dann konnte einem angst und bange werden, obwohl die Flußpferde noch nie angegriffen hatten.
Danach wurde das kleine Boot abgefiert, und Big Shane, Bob Grey, Batuti und Bill nahmen Platz. Gleich darauf lösten sie sich von der Bordwand und pullten los.
Darmowy fragment się skończył.