Hashimoto. Kompakt-Ratgeber

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Hashimoto. Kompakt-Ratgeber
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Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Dr. med. Eberhard J. Wormer

Hashimoto Kompakt-Ratgeber E-Book (epub): ISBN 978-3-86374-177-8 (Druckausgabe: ISBN 978-3-86374-175-4, 1. Auflage 2014)

Mankau Verlag GmbH

Postfach 13 22, D-82413 Murnau a. Staffelsee

Im Netz: www.mankau-verlag.de Internetforum: www.mankau-verlag.de/forum

Redaktion: Julia Feldbaum, Augsburg Endkorrektorat: Susanne Langer M. A., Traunstein Cover/Umschlag: Andrea Barth, Guter Punkt GmbH & Co. KG, München Energ. Beratung: Gerhard Albustin, Raum & Form, Winhöring Layout: X-Design, München Satz und Gestaltung: Lydia Kühn, Aix-en-Provence, Frankreich

Abbildungen/Fotos: Maridav – fotolia.com (8/9); Nobilior – fotolia.com (10/11); Sebastian Kaulitzki – fotolia.com (13); Eberhard J. Wormer/Archiv (17, 19 oben, 47); Patho/wikimedia.org (19 unten); Grafikstudio Heike Brückner, Regensburg (27); Dan Race – fotolia.com (32); Alterfalter – fotolia.com (35); Drahreg01/wikimedia.org (41); Saperaud/wikimedia.org (42); werbefoto-burger.ch – fotolia. com (44/45); absolutimages – fotolia.com (50), lightpoet – fotolia.com (57); psdesign1 – fotolia.com (71); Sunny studio – fotolia.com (81); Wormer/Archiv + lom123 – fotolia.com (83); Alexandr Vasilyev – fotolia.com (89); drubig-photo – fotolia.com (100); ARochau – fotolia.com (106/107); lenets_tan – fotolia.com (110); Hetizia – fotolia.com (116); goodluz – fotolia.com (121)

Hinweis für die Leser: Der Autor hat bei der Erstellung dieses Buches Informationen und Ratschläge mit Sorgfalt recherchiert und geprüft, dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Verlag und Autor können keinerlei Haftung für etwaige Schäden oder Nachteile übernehmen, die sich aus der praktischen Umsetzung der in diesem Buch vorgestellten Anwendungen ergeben. Bitte respektieren Sie die Grenzen der Selbstbehandlung und suchen Sie bei Erkrankungen einen erfahrenen Arzt oder Heilpraktiker auf.

eBook-Herstellung und Auslieferung:

Brockhaus Commission, Kornwestheim

www.brocom.de

Vorwort

Der mit einem Eigennamen verknüpfte Begriff Hashimoto-Thyreoiditis suggeriert, dass es um eine seltene exotische Krankheit geht. Das Gegenteil ist der Fall. Es ist die häufigste bekannte Autoimmunerkrankung – eine fortschreitende Entzündung von Schilddrüsengewebe mit nachfolgendem Funktionsverlust.

Gesunde werden nichts davon bemerken, dass die Schilddrüse die Aktivität fast aller Organe beeinflusst. Anders sieht die Sache aus, wenn Störungen auftreten. Dann gerät das komplizierte Regelwerk durcheinander, und das Gleichgewicht der Hormone ist dahin. Das hat zur Folge, dass eine Vielzahl mitunter hartnäckiger und rätselhafter Beschwerden auftritt. Kein Zweifel, es besteht großer Informationsbedarf über die Schilddrüse im Allgemeinen und die autoimmune Hashimoto-Thyreoiditis im Besonderen.

Der vorliegende Kompakt-Ratgeber präsentiert in gebotener Kürze Basiswissen zur Schilddrüsenfunktion, endokrinologische Diagnostik, Kennzeichen der Erkrankung, Risikofaktoren, aktuelle Therapiekonzepte und Bewältigungsstrategien.

Dr. med. Eberhard J. Wormer

Inhalt

Vorwort

Einführung


FOKUS Schilddrüse

Drüse mit Kontrollfunktion

Anatomie und Histologie

Schilddrüsenfunktion

Schilddrüsenhormone

Die Schilddrüse im Regelkreis

TSH

Schilddrüsenhormon-Muster

TRH

Normale Schilddrüsenfunktion

Schilddrüsenunterfunktion – Hypothyreose

Schilddrüsenüberfunktion – Hyperthyreose

Struma

Möglichkeiten der Schilddrüsenuntersuchung

Anamnese

Körperliche Untersuchung

Laborwerte

Ultraschalluntersuchung

Szintigrafie

Histologie


FOKUS Hashimoto-Thyreoiditis

Wenn das Immunsystem kränkelt

100 Jahre Hashimoto

Steckbrief der Krankheit

Krankheitsverläufe

Krankheitshäufigkeit

Ursachen

Immunmechanismen

Genmechanismen

Symptome

Symptome der Unterfunktion

Symptome der Überfunktion

Symptome von Autoimmunerkrankungen

Risikofaktoren

Genetische Faktoren

Infektionen

Jodbelastung

Arzneistoffe

Vitamin-D-Mangel

Selenmangel

Glutenintoleranz

Psychische Belastung

Hormonelle Veränderungen

Diagnose

Hashimoto-Thyreoiditis bei Frauen, Männern und Kindern

Das gebärfähige Alter

Schwangerschaft

Die Wechseljahre

Die Krankheit bei Kindern

Die Krankheit bei Männern

 

Therapeutische Möglichkeiten

Hormonersatz

Behandlung mit L-Thyroxin

Behandlung mit T3/T4-Kombination

Antioxidantien

Vitamin D


FOKUS Selbsthilfe

Der Weg der Eigeninitiative

Stressfaktor Arzt

Stressfaktor persönliches Umfeld

Stressfaktor Partner

Stressabbau durch Entspannung

Gesunde Ernährung

Risikofaktoren vermeiden

Infoservice

Hilfe im Netz

Deutschland

Österreich

Schweiz

Glossar Register

Einführung

Der japanische Arzt Hakaru Hashimoto berichtete erstmals 1912 über das feingewebliche Erscheinungsbild dieser Erkrankung: ein Entzündungszustand der Schilddrüse (Thyreoiditis). Fehlfunktionen und Beschwerden werden aber nicht von der Schilddrüse selbst verursacht, sondern sind das Ergebnis einer Immunstörung: Das Immunsystem attackiert fälschlich die eigene Schilddrüse, was den Entzündungsprozess auslöst und schleichend oder schubweise zum Verlust von funktionsfähigem Schilddrüsengewebe führt. Die Hashimoto-Thyreoiditis gilt demnach als Autoimmunerkrankung wie Typ-1-Diabetes, rheumatische Erkrankungen, die Weißfleckenkrankheit Vitiligo oder Morbus Addison (Nebennieren-Erkrankung). Fest steht: Bei all diesen Erkrankungen greift das Immunsystem aus bislang unbekannten Gründen körpereigenes Gewebe an.

Das größte Problem ist die Tatsache, dass die Erkrankung sowohl in der breiten Öffentlichkeit als auch bei der Ärzteschaft zu wenig bekannt ist – ein klassisches Informations- und Kommunikationsproblem. Und das vor dem Hintergrund, dass bis zu 10 Prozent der Bevölkerung betroffen sind.

Das zweite Problem betrifft die Medizin, die sich mit Hashimoto äußerst schwertut. Das hat viele Gründe. Das innersekretorische System (Endokrinium) ist kompliziert und beansprucht überdurchschnittliches Vorstellungs-vermögen. Darüber hinaus sind Erkrankungen unbekannter Ursache aus naheliegenden Gründen für die Medizin problematisch: Die Behandlung ist schwierig, oftmals frustrierend oder gar erfolglos. Zudem werden neue Erkenntnisse häufig zu langsam in die praktische Medizin umgesetzt. Im Fall der Hashimoto-Thyreoiditis betrifft dies vor allem die Bewertung von Laborbefunden, etwa den TSH-Wert: Sind die Schilddrüsenwerte normal, ist für den Arzt die Diskussion beendet – obwohl manche Patienten unübersehbar an Beschwerden leiden. Betroffene landen dann rasch in der Schublade »eingebildete Kranke«, »Hypochonder« oder »Psycho« – einmal mehr sind es überwiegend Frauen, die so abgefertigt werden. Gibt es gute Nachrichten? Ja. Es gibt in Deutschland eine sehr aktive Gemeinde von Betroffenen, die sich bevorzugt via Internet um eine Verbesserung der Information über diese Erkrankung bemüht (www.hashimotothy-reoiditis.de). Hier findet man in Diskussionsforen und Selbsthilfegruppen wertvolle Hinweise auf Problemlösungen.

Erfreulich ist auch, dass die Mehrheit der Patienten relativ gut mit der Erkrankung zurechtkommt und ein fast normales Leben führen kann. Etwa ein Fünftel der Betroffenen leidet allerdings unter teilweise anhaltenden und mitunter schweren Symptomen. Hier besteht ein dringender Handlungsbedarf.

Was die Hashimoto-Therapie betrifft, gibt es gleichfalls gute Nachrichten – vorausgesetzt, man nimmt das Management der Erkrankung in die eigene Hand. Je besser informiert, desto größer das Erfolgserlebnis! Auch der kritische Blick auf ärztliche Befunde ist empfehlenswert. Das betrifft vor allem die Diskrepanz von normalen Schilddrüsenwerten und vorliegenden Beschwerden sowie die Anwendung von Schilddrüsenhormonen. Nur die individuelle und auf den Stoffwechsel abgestimmte Hormontherapie ergibt einen Sinn.


Das Beste zum Schluss: Es mehren sich Hinweise darauf, dass ein gesunder Lebensstil, der insbesondere auf ein starkes Immunsystem abzielt, wirksam dazu beiträgt, dass man die Schilddrüsenfunktion langfristig günstig beeinflussen und ein weitgehend beschwerdefreies Leben mit Hashimoto erreichen kann. Ernährung, Bewegung, Entspannung, Antioxidantien und die Beachtung von Risikofaktoren spielen eine Rolle. Deshalb ist die frühzeitige Diagnose von großer Bedeutung. In jedem Fall können Sie selbst die Bedingungen für ein normales Leben mit Hashimoto-Thyreoiditis schaffen.


FOKUS Schilddrüse

In diesem Kapitel erfahren Sie alles Wichtige über die Schilddrüse, ihre Funktion für den Organismus und ihre möglichen Störungen.

Drüse mit Kontrollfunktion

Man könnte die Schilddrüse (glandula thyreoidea) salopp als »Agentur« oder »Börse« zur Bereitstellung von Energie durch Stoffwechselaktivierung betrachten. Sie ist in ein Regelwerk bzw. Kontrollsystem übergeordneter »Agenturen« (Hypophyse und Hypothalamus) eingebunden und gehört zu den innersekretorischen (endokrinen) Drüsen. Solche Drüsen produzieren Hormone. Das sind Botenstoffe, die über das Blut zu den Organen gelangen, dort an passende Zellstrukturen (Rezeptoren) andocken und so bestimmte Wirkungen auslösen.

Man muss die Schilddrüse als Teil des gesamten endokrinen Systems sehen. Alle Hormon produzierenden Organe bilden ein komplexes Netzwerk mit geschlossenen Funktionskreisen (Hormonproduktion), das zudem vom vegetativen Nervensystem beeinflusst wird. Die Hormonspiegel im Blut werden von Messfühlern kontrolliert (Istwert), bewertet und dem tatsächlichen Bedarf (Sollwert) angepasst. Zudem gibt es positive und negative Rückkopplung im System. All diese komplizierten Vorgänge dienen nur einem Zweck: der Aufrechterhaltung des inneren Gleichgewichts der Organfunktionen (Homöostase).

In Bezug auf Störungen der Schilddrüse ist es nützlich, den Gesamtzusammenhang mit den Hormon produzierenden Drüsen im Blick zu behalten. Dann versteht man »unerklärliche« Symptome der Schilddrüsenunter-/überfunktion besser. Kommt es zur Störung der Schilddrüsenfunktion, hat dies auch Auswirkungen auf die Regelkreise anderer endokriner Drüsen. Das kann den Zuckerstoffwechsel betreffen (Diabetes, Übergewicht), die Sexualfunktion (Fruchtbarkeit), die Stressresistenz (Kortison), die Darmfunktion (Nährstoffverwertung) oder das Herz-Kreislauf-System (Blutdruck). Der Bogen spannt sich von höheren Hirnfunktionen (der Hypothalamus kommuniziert mit dem limbischen System) bis zur Muskelzelle – das erklärt Symptome von der Depression bis zum Rückenschmerz.


Hormon produzierende Organe


OrganHormoneWirkungen
HypothalamusADH, Oxytocin, RH, IHWasserretention, Wehenförderung, Releasing-Hormone (Liberine)
Hypophyse (Adenohypophyse)ACTH, FSH, LH, TSH, GH, ProlaktinWachstum, Follikelreifung/Spermienproduktion, Geschlechtsdrüsen-, Schilddrüsenhormon-Aktivierung, Milchbildung
SchilddrüseT3 (Trijodthyronin), T4 (Thyroxin/Tetrajodthyronin), CalcitoninWachstum, Entwicklung, Stoffwechselaktivierung, Wärmebildung, Sauerstoffverbrauch, Herzaktivierung; Calcitonin: Calciumstoffwechsel, Knochenaufbau
NebenschilddrüseParathormonCalciumstoffwechsel, Knochenabbau
BauchspeicheldrüseInsulin, Glukagon, SomatostatinZuckerstoffwechsel; Somatostatin: Wachstumshemmung
NebennierenrindeAldosteron, Cortisol, AndrogeneBlut-/Kreislaufregulierung, Stresshormone, Eiweißauf-/abbau
NebennierenmarkAdrenalin, NoradrenalinBeeinflussung der Aktivität zahlreicher Organe (Herz, Lungen, Blutgefäße, Magen, Darm, Harnblase, Fettgewebe, Augen) durch α-/β-Rezeptoren
NierenErythropoetin, Thrombopoetin, D3-HormonBlutbildung, Vitamin-D-Produktion
EierstöckeÖstradiol, Progesteron, Testosteronweibliches/männliches Geschlechtshormon
HodenTestosteronmännliches Geschlechtshormon
PlazentaHCG, Östrogene, GestageneSchwangerschaftshormone
Andere Organe: Leber, Herzvorhöfe, Verdauungsorgane Gewebehormone: Prostazykline/-glandine, Histamin, Serotonin

Anatomie und Histologie

Die Schilddrüse des Menschen besteht aus zwei Lappen, die durch einen schmalen Steg (Isthmus) miteinander verbunden sind. In frontaler Aufsicht erscheint das Drüsenorgan schmetterlingsförmig. Es befindet sich vor der Luftröhre und grenzt oben an den Schildknorpel des Kehlkopfes (»Adamsapfel«). Beidseits seitlich auf der Rückseite, außerhalb der aus Bindegewebe bestehenden Organkapsel der Schilddrüse, befinden sich die reiskorngroßen Epithelkörperchen der Nebenschilddrüsen (Glandulae parathyreoideae), die das Parathormon produzieren (Calcium-/Knochenstoffwechsel).

Die Schilddrüse wird durch Gefäße, die aus der Schlüsselbein- und Halsarterie entspringen, mit arteriellem Blut versorgt. Venöses Blut fließt hauptsächlich in Richtung obere Hohlvene ab. Das Lymphsystem der Schilddrüse ist mit Knoten und Gefäßen gut ausgebildet. Sympathische und parasympathische Fasern des vegetativen Nervensystems versorgen die Schilddrüse. Seitlich hinter der Schilddrüse verläuft beidseits ein Stimmbandnerv, auf dessen Unversehrtheit bei Operationen besonders geachtet werden muss.

Im Schnittbild unter dem Mikroskop (Histologie) fallen typische kleine Bläschen (Schilddrüsenfollikel) als Strukturmerkmal von Schilddrüsengewebe auf. Sie werden von den T3-/T4-produzierenden Zellen (Thyreozyten) gebildet und umschließen das Lumen (den rundlichen Innenraum). Im Follikellumen befindet sich das Eiweiß Thyreoglobulin, eine Vorstufe der Schilddrüsenhormone. Es handelt sich um eine zähflüssige Masse (Kolloid), ein gespeicherter Hormonvorrat für bis zu drei Monate – bei Gesunden. Der Follikeldurchmesser kann je nach Drüsenaktivität stark variieren. Die Größe des Drüsenorgans kann stark nach oben und unten vom Durchschnittswert abweichen, ohne dass krankhafte Zustände vorliegen müssen. Hashimoto-Thyreoiditis kann ein Kloßgefühl im Hals und Heiserkeit auslösen – sowohl bei Vergrößerung als auch bei Verkleinerung des Organs. Heiserkeit entsteht durch Beeinträchtigung der Stimmbandnerven, die der Schilddrüse seitlich hinten anliegen.

 

Die schmetterlingsförmige Schilddrüse liegt vor der Luftröhre und grenzt oben an den Schildknorpel. Die venöse Blutversorgung ist blau, die arterielle rot dargestellt. Auf der Rückseite der Schilddrüse befinden sich die Epithelkörperchen der Nebenschilddrüsen.

Schilddrüsendaten (Normalwerte)


Höhe/Breite/Dicke3–4/7–11/1–2 cm
Gewicht18–60g
Volumen bei erwachsenen Frauenbis 18 ml
Volumen bei erwachsenen Männernbis 25 ml
Volumen bei Kindern (4–14 Jahre)< 3 ml bis < 10 ml

Schilddrüsenfunktion

Hauptaufgabe der Schilddrüse ist die Regulation von Grundfunktionen des Stoffwechsels. Schilddrüsenhormone im Blut sorgen dafür, dass die Stoffwechselaktivität des Körpers der wechselnden Leistungsanforderung entspricht. Sie regen die Sauerstoffaufnahme in Körperzellen an, regulieren den Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel und beeinflussen somit den energetischen Grundumsatz. Nach der Geburt und in der Wachstumsphase bestehen hohe Leistungsanforderungen, die ein erhöhtes Stoffwechselniveau erfordern, um Mangelerscheinungen mit verzögertem Wachstum und Reifestörungen zu verhindern. Da bei allen Stoffwechselprozessen Wärme erzeugt wird, ist die Schilddrüse auch an der Wärmeregulation beteiligt. Bei Kälte werden vermehrt Hormone ausgeschüttet, um die innere Energieproduktion anzufachen und Wärme zu erzeugen.


Normale Hormonproduktion in Schilddrüsenfollikeln im Gewebeschnittbild. In den Follikeln befinden sich gespeicherte Schilddrüsenhormone.


Im mikroskopisehen Gewebeschnittbild erkennt man noch Hormon bildende Schilddrüsenfollikel (oben) und entzündlich infiltriertes, verändertes (sekundärer Lymphfollikel) und funktionsloses Schilddrüsengewebe (unten) bei Hashimoto-Thyreoiditis.

Schilddrüsenhormone

Schilddrüsenhormone sind essenziell für den Energiestoffwechsel und interagieren mit zahlreichen anderen Hormonen (Insulin, Glukagon, STH, Adrenalin u. a.). Das übergeordnete Kontrollhormon ist TSH (Thyreoideastimulierendes Hormon).

T3/fT3 und T4/fT4 In der Schilddrüse werden zwei Hormone produziert: T3 (Trijodthyronin) und T4 (Thyroxin/Tetrajodthyronin). Zur Produktion beider Hormone wird Jod benötigt. Unterscheidungsmerkmal ist die Anzahl gebundener Jodatome: bei T3 drei und bei T4 vier. Im Blut sind die Hormone im Verhältnis 1 : 10 (T3 : T4) vorhanden. T3 ist das an Zellrezeptoren wirksame Hormon. T4 ist die Speicher- und Reservevariante des Hormons. Beide Hormone liegen in freier, aktiver und an Transportproteine gebundener, inaktiver Form vor. Bei Bedarf wird mit Hilfe des Enzyms Dejodase T3 aus T4 gebildet. Das Verhältnis gebundener (T3, T4) und freier Hormone (fT3, fT4) beträgt 99,95 : 0,05 Prozent. Hier erkennt man, dass der Körper sehr vorsichtig mit wirksamen Schilddrüsenhormonen umgeht und fein abgestimmt auf Bedarfssituationen reagieren kann.

Reverses T3 (rT3) Eine Hormonvariante, bei der am inneren Benzolring ein und am äußeren zwei Jodatome sitzen, wird als reverses T3 bezeichnet. Es ist ein inaktives Abbauprodukt von T4 (Thyroxin). Der Blutspiegel von rT3 weist indirekt auf die Umwandlung von T4 in T3 in Geweben hin. Der Laborwert von rT3 wird nur bei speziellen Fragestellungen bestimmt.

Schilddrüsenhormone


MerkmaleT3T4
Jodatome34
Halbwertszeit (im Körper)10 bis 19 Stunden8 Tage
Anteil gebunden/freiT3/fT3: 99,95%/0,05%T4/fT4: 99,95%/0,05%


Laborwerte
Gebundenes Hormon: Normalwerte T3, T40,9–1,8 ng/ml (1,4–2,8 nmol/l) (Erwachsene)• 55-110 µg/dl (77–142 nmol/l) (Erwachsene) • 49-107 µg/dl (63–138 nmol/l) (Kinder/Jugend liche)
Freies Hormon: Normalwerte fT3, fT43,5–8,0 ng/l (5,4–12,3 pmol/l) (Erwachsene)• 8-18 ng/l (10–23 pmol/l) (Erwachsene) • 9-155 ng/| (12–23 pmol/l) (Kinder/Jugendliche)
Reverses T3 (rT3)0,10-0,30 µg/l (0,15–0,50 nmol/l)

Thyreoperoxidase (TpO) ist ein Eiweiß (Transmembranprotein) und Enzym, das den ersten Schritt zur Produktion von Schilddrüsenhormonen aus der Aminosäure Tyrosin veranlasst. Die Thyreoperoxidase kommt an der Membran von Schilddrüsenzellen vor. Bei Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse können Thyreoperoxidase-Antikörper (TPO-AK) nachgewiesen werden.

Thyreoglobulin (TG) ist ein Schilddrüseneiweiß, das an der Produktion von T3 und T4 beteiligt ist. Hierbei werden Jodatome an Tyrosinanteile des Thyreoglobulins gebunden (Jodisation). Thyreoglobulin wird von Thyreozyten gebildet und als zähflüssiges Kolloid in den Schilddrüsenfollikeln gespeichert. TG ist eine Kenngröße des vorhandenen Schilddrüsengewebes. Bei Hashimoto-Thyreoiditis können vermehrt Antikörper gegen Thyreoglobulin (TG-AK) nachweisbar sein. Wird die Schilddrüse entfernt, sinkt der TG-Wert auf unter 1-2 µg/l ab.

Thyroxin-bindendes globulin (TBG) ist ein spezifisches Transporteiweiß für die Schilddrüsenhormone T3 und T4. TBG wird in der Leber produziert und ins Blut abgegeben. Wenn die Laborwerte T3, T4 und TSH widersprüchlich sind, kann die Bestimmung von TBG weiterhelfen. Man beurteilt insbesondere den Quotienten T4/TBG. In der Schwangerschaft und bei Anwendung der Antibabypille sowie angeborenem TBG-Defekt ist der TBG-Wert erhöht.


Normalwert TBG13–30 mg/l (220–510 nmol/l)
T4/TBG-Quotient
Normale Schilddrüsenfunktion (Euthyreose)4,3 ± 1,2
Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)1,1 ± 0,9
Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose)11,2 ± 3,6

Calcitonin ist ein Eiweißhormon (Peptidhormon), das in den C-Zellen der Schilddrüse gebildet wird. Die C-Zellen befinden sich neben den Follikelepithelzellen (Thyreozyten) der Schilddrüse. Calcitonin ist der Gegenspieler (Antagonist) des Parathormons, das die Nebenschilddrüsen bilden. Beide Hormone regulieren den Calcium-/Phosphatstoffwechsel bzw. den Knochenauf-/-abbau. Calcitonin senkt den Calciumspiegel im Blut, hemmt die Freisetzung von Calcium aus den Knochen bzw. die Aktivität von Knochenabbauzellen (Osteoklasten), fördert den Einbau von Calcium in Knochen und die Ausscheidung von Calcium über die Nieren. Calcitonin hat in Bezug auf die Hashimoto-Thyreoiditis allerdings keine Bedeutung.

INFO

PARATHORMON

Das Eiweißhormon Parathormon wird in den vier Nebenschilddrüsen gebildet (Epithelkörperchen). Ist zu wenig Calcium im Blut, wird Parathormon ausgeschüttet. Parathormon fördert die Freisetzung von Calcium aus den Knochen, die Aufnahme von Calcium im Dünndarm und hemmt die Ausscheidung von Calcium über die Nieren. Parathormon, Calcitonin und Vitamin-D3-Hormon regulieren gemeinsam den Calciumhaushalt des Körpers. Calcium ist ein lebenswichtiger Mineralstoff für das knöcherne Skelett, die Herz- und Skelettmuskulatur sowie für die Blutgerinnung.

Werden bei Schilddrüsenoperationen die Nebenschilddrüsen versehentlich entfernt, wird der Calciumhaushalt nachhaltig gestört. Missempfindungen und Krampfzustände können dann auftreten. Die Unterfunktion der Nebenschilddrüsen wird mit Calcium und Vitamin D behandelt. Die Therapie wird mit den Laborwerten von Calcium, Phosphat und Magnesium im Blutserum kontrolliert. Hashimoto-Thyreoiditis führt zu keiner Beeinträchtigung der Nebenschilddrüsenfunktion.

♦ Calcium-Normalwert: 2,15–2,75 mmol/l (Serum), 4,02–4,99 mmol/l (24h-Urin)

♦ Phosphat-Normalwert: 0,84–1,45 mmo/l (Serum)

Die Schilddrüse im Regelkreis

Die Schilddrüsenfunktion ist in einen Regelkreis mit folgenden Komponenten integriert: Hypothalamus, Adenohypophyse, Schilddrüse, Peripherie (Blut und Organgewebe). Wie viel Schilddrüsenhormon produziert und ausgeschüttet wird, hängt vom komplexen Zusammenspiel der Rückmeldungen aller Komponenten des thyreotropen Regelkreises ab. Im Ergebnis kommt es zu einer fein abgestimmten und auf den aktuellen Bedarf zugeschnittenen Hormonfreisetzung – das heißt, der gesunde Mensch bemerkt die permanenten Anpassungsprozesse aller endokrinen Komponenten nicht.

Das ändert sich, wenn eine Störung wie die Hashimoto-Thyreoditis vorliegt. Dann bekommt man die Folgen des gestörten Hormongleichgewichts regelrecht zu spüren.

♦ Die oberste Instanz des Regelkreises ist der Hypothalamus. Er gibt den Sollwert der Schilddrüsenwerte im Blut vor und misst fortlaufend den Istwert. Um den Istwert an den bedarfsgerechten Sollwert der Schilddrüsenhormone im Blut anzupassen, kann der Hypothalamus Thyreotropin Releasing-Hormon (TRH) und Somatostatin ausschütten. Beide Hormone beeinflussen die Produktion von TSH in der nächsten Instanz.

♦ Die zweite Instanz ist die Hypophyse. Die Ausschüttung von TRH informiert die Hypophyse darüber, dass zu wenig Schilddrüsenhormon im Blut ist. Dies führt dazu, dass die Hypophyse Thyreoidea-stimulierendes Hormon (TSH) ausschüttet. Das Eiweißhormon TSH stimuliert das Wachstum der Schilddrüse, die Aufnahme von Jod in die Schilddrüsenzellen und die Bildung von Schilddrüsenhormon.

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