Czytaj książkę: «Die göttliche Komödie», strona 5
Fünfzehnter Gesang
So trägt uns nun der eine jener Dämme,
Und so erstickend wirkt des Wassers Broden,
Daß vor der Glut er Bach und Ränder schützet.
Sowie die Flämen zwischen Brügg' und Kadsand,
Geängstet von der Flut, die auf sie anstürmt,
Schutzwehren baun, das Meer sich fernzuhalten,
Und wie die Padovaner längs der Brenta,
Eh' Chiarentana Sommerglut empfindet,
Vor Schlössern und vor Gärten Deich' errichten,
Also gebildet waren jene Dämme;
Nur daß ihr Meister, wer er immer sei,
In minderer Höh' und Stärke sie geschaffen.
Schon waren wir so weit entfernt vom Walde,
Daß, hätt' ich auch zurücke mich gewendet,
Ich nicht erspäht mehr seine Stelle hätte,
Als wir auf eine Schar von Seelen trafen,
Die längs des Dammes uns entgegen kamen,
Und deren jed' uns ansah, wie beim Neumond
Sich abends zwei Begegnende beschaun.
So hefteten auf uns sie ihre Blicke,
Wie auf das Nadelöhr ein greiser Schneider.
Als mich in solcher Art die Schar betrachtet,
Erkannte mich der ein', und an dem Saume
Des Kleid's mich fassend, rief er: Welch ein Wunder!
Und während nach mir hin den Arm er streckte,
Wandt' ich mein Aug' auf die verbrannten Züge,
So daß der Glut Entstellung meinen Sinn
Nicht mehr verhinderte, ihn zu erkennen.
Die Hand darauf zu seinem Antlitz neigend,
Sagt ich: O Herr Brunetto, seid ihr hier?
Er aber sprach zu mir: Mein Sohn gestatte,
Daß während die Gefährten weiter eilen,
Bruno Latini etwas mit dir umkehrt.
Ich sprach: So viel ich kann, bitt' ich euch drum,
Und, wollt' ihr's, will ich auch mich zu euch setzen,
Wenn dieser mir's erlaubt, denn mit ihm geh' ich.
Mein Sohn, sagt' er, wer sich von dieser Herde
Nur irgendwie verweilt, bleibt unbewegt
Dann hundert Jahr, ob auch das Feu'r ihn peitsche.
Geh' weiter denn; ich bleibe dir zur Seite
Und hole später die Gefährten ein,
Die um ihr Elend, das nie endet, weinen.
Ich wagte nicht, den Damm hinabzusteigen
Um neben ihm zu gehn. Gesenkten Hauptes
Schritt ich darum, wie wer in Ehrfurcht wandelt.
Drauf hub er an: Ist's Zufall oder Schickung,
Was vor dem letzten Tag dich hier herabführt?
Und wer ist jener, der den Weg dir weiset?
Dort oben, sagt' ich, in dem lichten Leben
Verirrt' ich mich in einem wald'gen Tale,
Eh voll geworden meiner Jahre Zahl;
Erst gestern morgen kehrt' ich ihm den Rücken
Als ich mich wieder wandte, traf ich diesen,
Der mich auf solchem Pfad heimführen will.
Drauf sagt' er mir: Folgst du nur deinem Sterne,
So kann des Ruhmes Port dir nicht entgehen,
Wenn recht ich wahrnahm dort im schönen Leben.
Und wär' ich nicht so früh von dir geschieden,
So hätt ich dich in deinem Werk gefördert,
Da ich den Himmel dir so günstig wußte.
Doch jenes Volk voll Bosheit und voll Undank,
Das niederstieg von Fiesole vor Alters
Und nach dem Berg' und dem Gestein noch schlachtet,
Wird feindlich dir ob deines Rechttums werden.
Wie sollt' es anders sein? Die süße Feige
Kann unter herben Schlehen nie gedeihen.
Schon alte Rede nennt sie blind dort oben;
Hochmütig sind sie, geizig und voll Neides.
Hab' acht, daß ihre Sitten du dir fernhältst!
Dein Schicksal hat zur Ehre dir beschieden,
Daß jede der Partei'n nach dir wird hungern;
Doch bleibe fern dem Schnabel solche Weide.
Das Fiesolaner Vieh zertret' einander
So viel es will; jedoch an keiner Pflanze,
Wenn eine noch in solchem Unrat aufkommt,
Vergreif' es sich, worin der heilge Samen
Von jenen Römern auflebt, die dort blieben,
Als einst so vieler Bosheit Nest gebaut ward.
Wenn meinem Wunsche voll entsprochen wäre,
Erwidert' ich ihm drauf, wär't aus dem Leben
Der Menschen wahrlich ihr noch nicht verbannet.
Eur lieb' und gutes väterliches Bild,
Das itzt mich weinen macht, trag' ich im Herzen,
Wie ihr dort in der Welt von Tag zu Tage
Mich lehrtet nach Unsterblichkeit zu ringen.
Wie wert ich's halte, soll, so lang' ich lebe,
In meiner Rede noch sich offenbaren.
Was ihr von meines Lebens Fortgang sagtet,
Bewahr' ich, daß es mir mit andrem Texte
Ein hohes Weib glossiert, die dessen kundig.
Doch so viel kann ich itzt schon euch versichern,
Daß, wenn mich mein Gewissen nur nicht schilt,
Bereit ich bin zu gut' und bösem Glücke.
Nicht neu ist meinem Ohr solch übles Angeld;
Drum möge nur ihr Rad Fortuna rollen,
Mir gilt's, als ob der Bauer seinen Karst schwingt.
Da wendete sein Haupt zur rechten Seite
Mein Meister, blickte nach mir hin und sprach:
Wer sich es merkt, der ist der beste Hörer.
Nicht hinderte das Reden unsre Schritte;
Doch bat ich Ser Brunetto, die Gefährten,
Die hochgestellt und namhaft, mir zu nennen.
Von einigen zu reden, ist geziemend;
Von andern ist es löblicher zu schweigen;
Es reicht die Zeit nicht hin zu so viel Namen:
Vernimm indes, daß sie teils geistlich waren
Teils grundgelehrte Leute hohen Ruhmes,
Von gleicher Schuld besudelt insgesamt.
Mit jener argen Schar geht Priscian
Und Franz, Accursens Sohn, auch konntest
Wenn anders du nach solcher Räude Lust trägst,
Du den erblicken, den der Knecht der Knechte
Vom Arnostrand verpflanzt zum Bacchiglione,
Wo er die sündentflammten Nerven ließ.
Gern spräch' ich weiter; doch Geleit und Rede
Muß ich beenden, weil dort aus dem Sande
Ich vor uns neuen Rauch aufsteigen sehe.
Fernbleiben muß ich denen, die da kommen.
Laß den Tesoro dir empfohlen sein,
In dem ich leben blieb, nur das begehr' ich.
Dann wandt' er sich zurück, gleich deren einem,
Die in Verona um den grünen Teppich
Den Plan durchlaufen; doch nicht dem Verlierer,
Nein, jenem glich er, der den Sieg davonträgt.
Sechzehnter Gesang
Schon waren wir am Ort, wo man das Tosen
Des Wasserfalls, der in dem nächsten Kreise
Hinabstürzt, hörte, wie Gesumm' von Bienen.
Da trennten vollen Laufes miteinander
Drei Schatten sich von einer größern Schar,
Die bei des Feuerregens Qual dahinflog.
Sie kamen auf uns zu und jeder rief:
Halt an, der nach der Weise deiner Kleidung
Du einer scheinst aus unsrer argen Heimat!
Ach was für Wunden, frisch' und halbvernarbte,
Sah eingebrannt ich allen ihren Gliedern;
Noch schaudert mich's wenn ich nur dran gedenke.
Aufmerksam ward durch ihren Ruf mein Meister;
Dann wandt' er sich zu mir und sprach: Hab' Achtung;
In Ehrfurcht ziemt sich's diesen zu begegnen.
Und wäre nicht das Feuer, das des Ortes
Natur herniederregnen läßt, so sagt' ich,
Daß, mehr als ihnen, Dir die Eil geziemte.
Kaum standen wir, so sangen sie auf's neue
Das alte Lied, und als sie uns erreichet,
Begannen sie selbdritt im Kreis zu laufen.
So wie die Kämpen, die gesalbt und nackend,
Eh' sie zum Schlagen und zum Stoßen schreiten,
Vorteil und Angriff spähend sich erwägen,
So wandt' im Kreislauf jeder das Gesicht
Fortwährend nach mir hin, weshalb den Füßen
Entgegen immer sich der Hals bewegte,
Entwertet uns vielleicht und unsre Bitten,
Begann der eine, dieses Ortes Elend
Und unser Aussehn, das voll Brand und Wunden,
So laß durch unsren Nachruhm dich bewegen
Zu sagen wer du bist, der du so sicher
Lebend'gen Fußes durch die Hölle schreitest.
Der, dessen Spuren meine Schritte folgen,
Wie nackt er und geschunden auch einhergeht,
War höher wohl gestellt, als du vermutest.
Gualdradens Enkel war er, jener guten:
Sein Nam' ist Guido Guerra und im Leben
Hat er mit Schwert und Klugheit viel geleistet.
Der, welcher hinter mir den Sand zertritt
Ist Tegghiai' Aldobrandi, dessen Wort
Dort in der Welt man gern vernehmen sollte.
Ich aber, der die gleiche Qual erdulde,
War Jacob Rusticucci, und wahrhaftig
Der Gattin Stolz war meines Unheils Hauptgrund.
Wär' ich gesichert vor der Glut gewesen,
So wär' ich unter sie hinabgeeilt,
Und zugelassen hätt' es wohl mein Lehrer.
Doch, weil des Feuers Glut verbrannt mich hätte,
Bewältigte die Furcht den guten Willen,
Der mich verlangen ließ, sie zu umarmen.
Drauf hub ich an: Sobald mein Herr und Meister
Mir Worte sagt', aus denen ich entnahm,
Daß solche Schatten wie ihr seid, sich nahten,
Erweckte nicht Mißachtung, sondern Schmerz
Eur traurig Los mir in der tiefsten Brust,
Und nicht sobald wird er daraus verschwinden.
Aus eurer Heimat bin ich und von jeher
Hab' eure Taten und gepriesne Namen
Ich liebevoll gehört und wiederholet.
Die Galle lassend, geh ich nach den Früchten,
Die süß der treue Führer mir verheißet,
Doch muß ich erst zum Zentrum niedersteigen.
Soll deine Seel', entgegnete nun jener,
Noch lange deines Leibes Glieder lenken
Und soll der Ruhm dein Leben überdauern,
So sag' ob Tapferkeit und Rittersitte
In unsrer Stadt wie sonst noch weilen, oder
Ob sie aus deren Mauern sind gewichen.
Denn Wilhelm Borsier, welcher unsre Qualen
Seit kurzem teilt und dort mit den Gefährten
Dahin läuft, kränkt uns oft durch seine Reden.
Das neue Volk, die plötzlichen Gewinnste,
Die haben Stolz und Übermaß, o Florenz,
In dir erzeugt, so daß du schon drum weinest!
So rief ich mit erhobnem Angesichte;
Und jene drei, die mich vernommen, winkten
Einander, wie man wohl der Wahrheit beistimmt.
Macht es dir jederzeit so wenig Mühe,
Die andern zu befried'gen, sagten alle,
So bist du glücklich, so nach Wunsch zu sprechen.
Entrinnst du aber diesen dunklen Räumen
Und kehrst zurück, zu sehn die schönen Sterne,
Wo du dann gerne sagen wirst, ich war,
So säume nicht, der Welt von uns zu reden.
Da brachen sie den Kreis ab und entflohen,
Daß die behenden Füße Flügel schienen.
Verschwunden waren sie in kürzrer Zeit
Als man bedarf ein Amen auszusprechen;
Drum schien zu gehn es an der Zeit dem Meister.
Ich folgt' ihm, und bevor wir weit gegangen,
War uns so nah des Wasserfalles Brausen,
Daß übertönt selbst laute Red' es hätte.
So wie der Fluß, der auf der linken Seite
Des Apennin gen Ost von Mont Viso
Zur Adria zuerst selbständigen Weg hat
Und oben Acquacheta heißt, bevor
Er talwärts fließt zu seinem niedren Bette,
Doch bei Forlì nicht mehr den Namen führet;
Wie dieser bei San Benedetto toset,
Weil er hinab zu einer Halde stürzet,
Wo Unterkunft für tausend sollte sein,
So hörten von des Ufers steilem Absturz
Die dunkelfarbne Flut wir niederbrausen;
In kurzem hätt' es weh dem Ohr getan.
Mit einem Stricke war mein Leib gegürtet,
Durch den, den Pardel mit dem bunten Felle
Zu fangen, ich gehofft vorzeiten hatte.
Nachdem ich, so wie jener mir befohlen,
Den losgebunden hatte, reicht' ich ihn
Verschlungen und verknotet meinem Meister.
Der aber wandte sich zur rechten Seite
Und warf, etwas entfernt noch von dem Ufer,
In jenen tiefen Abgrund ihn hinunter.
Ich sagte bei mir selbst: Was wird nur neues
Die Antwort sein auf dies besondre Zeichen,
Dem sorglich mit dem Aug' der Meister nachfolgt?
Ach, wie behutsam soll man sein bei denen,
Die, statt allein die äußre Tat zu sehn,
In die Gedanken mit dem Geiste dringen!
Er sprach zu mir: Auftauchen wird in Bälde
Was ich erwarte, und, was du jetzt träumend
Dir denkst; alsdann sich deinem Blick enthüllen.
Der Wahrheit, die der Lüge Antlitz trägt
Soll, wenn es möglich, man die Lippen schließen,
Denn unverschuldet bringt sie uns Beschämung.
Hier aber kann ich's nicht, und bei den Versen
Von diesem Liede schwör' ich dir, o Leser,
Wenn lange Gunst sie nicht entbehren sollen,
Daß ich durch jene dicke finstre Luft
Empor ein Untier schwimmen sah, so seltsam,
Daß wohl der Mutigste sich drob entsetzte.
Dem Manne glich es, der, nachdem den Anker
Vom Fels er löste, oder sonst'gem Anhalt,
Um aus dem Meeresgrund emporzutauchen,
Die Füße anzieht und sich streckt nach oben.
Siebzehnter Gesang
Sieh' da das Untier mit dem spitzen Schwanze,
Das Berge übersteigt und Waff' und Wehr bricht,
Sieh' jenen, dessen Stank die ganze Welt füllt!
So hub der Führer an zu mir zu reden.
Dann winkt' er jenem, daß er komm' ans Ufer
Nah her zum Rande der betretnen Steine.
Mit Haupt und Brust kam jenes schmutzge Sinnbild
Des Truges an das Ufer nun heran;
Den Schwanz indessen zog er nicht auf's Land.
Dem eines Biedermannes glich sein Antlitz,
So wohlgesinnt erschien er äußerlich;
Ein Schlangenleib indes war alles andre.
Zwei Tatzen hatt' er, haarig bis zur Achsel;
Bemalt mit Ringen und mit Knoten waren
Die Brust, der Rücken und die Flanken beide.
Nie machten Türken noch Tartaren Tücher,
Drin Einschlag sich so bunt dem Aufzug mischte,
Und nie begann Arachne solch Gewebe.
Wie manchmal Kähne wohl am Ufer stehen,
Zum Teil im Wasser und zum Teil am Lande,
Und so wie dort bei den gefräß'gen Deutschen
Der Biber sich, um Jagd zu machen, aufstellt,
So weilte jenes schnöde Tier am Rande
Der Steine, die des Sandes Ring beschließen.
Frei in dem Raum bewegte sich der Schwanz
Und aufwärts kehrt' er seine giftige Gabel,
Die nach Skorpionenart ein Stachel endet.
Mein Führer sagte: Wenden wir den Pfad
Ein wenig nun zur Seite bis zu jenem
Bösart'gen Tier, das dort am Ufer lagert.
So stiegen wir hinab zur rechten Seite
Und taten auf dem Uferrand zehn Schritte,
Um Sand und Feuerregen wohl zu meiden.
Als wir gelangt bis zu dem Tiere waren,
Erblickt' ich etwas jenseits auf dem Sande
Unfern dem Felsenabsturz Leute sitzen.
Der Meister sagte hier: Auf daß vollkommne
Erfahrung dieses Kreises du davonträgst,
So gehe hin und sieh auch ihr Verhalten;
Doch sorge, daß nur kurz dort dein Gespräch sei.
Bis du zurückkehrst werd' ich diesem sagen,
Daß seine starke Schultern er uns biete.
So ging ich denn entlang dem letzten Ende
Des siebenten der Kreise ganz allein
Dorthin, wo trauernd jene Schatten saßen.
Aus ihren Augen brach der Schmerz hervor,
Bald hier, bald dort erwehrten mit den Händen
Sie sich der Dünste Glut und der des Bodens.
Nicht anders tun zur Sommerszeit die Hunde
Mit Schnauz' und Pfote, wenn gequält durch Bisse
Von Fliegen, Bremsen oder Flöh'n sie werden.
Zwar heftet' ich auf einige den Blick,
Auf die das Feuer schmerzentzündend fiel,
Doch kannt' ich keinen; nur ward ich gewahr,
Daß jeglichem am Hals' ein Beutel hing
Besondrer Farbe und besondren Zeichens;
Ihr Auge aber schien sich dran zu weiden.
Und wie ich blickend ihnen näher trete,
Seh' Blaues ich auf einem gelben Beutel,
Das Kopf und Haltung eines Löwen hatte.
Und als ich weiterhin das Auge wandte,
Sah einen Beutel ich so rot als Blut,
Der eine Gans aufwies, so weiß als Rahm.
Der aber eine blaue trächtge Sau
Auf seiner weißen Tasche zeigte, rief:
Was hast in dieser Grube du zu schaffen?
So geh denn, und weil du noch bist am Leben
Vernimm, daß bald mein Nachbar Vitaliano
Hier sitzen wird zu meiner linken Seite.
Die sind aus Florenz, ich aus Padova.
Oft tun sie meinen Ohren weh mit ihrem
Geschrei: Wo bleibt der oberste der Ritter,
Der bringen soll die Tasche mit drei Böcken?
Das Maul verzog er drauf, und gleich dem Ochsen,
Der seine Nase leckt, wies er die Zunge.
Und weil ich glaubte, daß mein längres Säumen
Ihn, der zur Eile mich gemahnt, erzürne,
Kehrt' ich zurück von den gequälten Seelen.
Ich fand den Führer, der schon auf den Rücken
Des grauenhaften Tiers war gestiegen.
Er sagte: Zeige dich nun stark und mutig!
Auf solcher Treppe gilts hinabzusteigen.
Doch setze du dich vorn; damit der Stachel
Dir nicht gefährlich sei, bleib' ich inmitten.
Gleich einem, den des Wechselfiebers Schauer
Befallen, dem schon blau die Nägel werden
Und der sich schüttelt, sieht er nur den Schatten,
So wurde mir zu Mut bei jenen Worten;
Doch weckt' in mir sein Zuspruch jene Scham,
Die vor des Herrn Aug' dem Knechte Mut gibt.
Ich setzte mich zurecht auf jenen Schultern,
Und: Halte mich umschlungen, wollt' ich sagen,
Allein die Stimme drang nicht aus der Kehle.
Doch, der in andrer Not schon mir geholfen,
Umfaßte, als ich kaum erst aufgestiegen,
Und unterstützte mich mit seinen Armen.
Dann sprach er: Geryon, nun mach dich auf;
Doch steige langsam und in weiten Kreisen
Hinunter, denke an die neue Last.
So wie das Schiff, verläßt es seinen Standort,
Erst rückwärts sich bewegt, so tat auch er;
Kaum aber fühlt er völlig sich im Freien,
So kehrt' er dorthin wo die Brust gewesen
Den Schwanz und braucht' ihn, gleich dem Aal, als Steuer,
Doch mit den Tatzen schlug die Luft er rudernd.
Nicht größer war die Furcht des Phaëton,
So glaub ich, als die Zügel ihm entfielen,
Und sich verbrannt, wie noch zu sehn, der Himmel,
Noch die des Ikarus, als von den Schultern
Das Wachs ihm schmolz und sich die Flügel lösten.
Und: falsch ist deine Richtung! rief sein Vater,
Als nun die meine war, wie ich gewahr ward,
Daß rings um mich nur Luft sei, und nichts andres
Mir sichtbar blieb, als nur das Ungeheuer.
Das schwimmt dahin, bedächtig, sachte, sachte
Im Kreise senkt es sich, doch fühl ich's nur
Weil mein Gesicht die Luft von unten anhaucht.
Schon hört' ich rechts das grausenhafte Tosen,
Das unter uns der Sturz des Wassers machte,
Weshalb ich Haupt und Blick nach unten neigte.
Da mehrte noch die Furcht sich vor dem Anprall;
Denn Feuer sah ich und vernahm viel Klagen,
Weshalb ich zitternd mich zusammenduckte.
Nun sah ich auch an all den argen Qualen,
Die rechts und links sich nahten, was zuvor
Ich nicht gesehn, das Sinken und das Kreisen.
Dem Falken gleich, der lang' in Lüften schwebte
Und, weil nicht Federspiel er sieht noch Vogel,
Den Falkner sagen macht: O weh du senkst dich!
Der müde niedersteigt in hundert Kreisen,
Von wo er rasch sich aufschwang, und verdrießlich
Von seinem Herrn fern ab sich setzt und tückisch;
So setzte Geryon uns hart am Fuße
Der senkrecht steilen Felsenmauer ab,
Und als er sich entledigt seiner Last
Fuhr er dahin, wie von der Schnur die Kerbe.
Achtzehnter Gesang
Ein Ort der Hölle heißet Malebolge
Und, gleich der Felswand die ihn rings umschließet,
Ist er durchaus von Stein und eisenfarbig.
In dieses argen Feldes Mittelpunkte
Tut sich ein Brunnen auf, der weit und tief ist
Und dessen Weis' ich seinerzeit berichte.
Rund ist sonach der Raum, der frei bleibt, zwischen
Dem Brunnen und dem Fuß des Felsenufers,
Und in zehn Täler ist geteilt sein Boden.
Wie die Gestalt ist, die, wo zur Verteid'gung
Rings um die Mauern einer Burg viel Gräben
Gezogen sind, die Bodenfläche bietet,
So war das Bild, das jene Gräben zeigten.
Und so wie von den Toren solcher Burgen
Zum äußren Ufer kleine Brücklein ausgehn,
So gingen von dem untren Teil der Wand
Felsstücke aus, die bis hinab zum Brunnen
Die Dämm' und Gräben schnitten und verbanden.
Da war es, wo vom Rücken Geryon's
Wir abgesetzt uns fanden, und es wandte
Der Dichter, dem ich folgte, sich zur Linken;
Zur Rechten aber sah ich neuen Jammer
Sah neue Qualen, neue Peiniger,
Die dieser ersten Bolgia Raum erfüllten.
Nackt waren in des Tales Grund die Sünder;
Diesseits der Mitte kamen sie auf uns zu,
Doch jenseits gingen sie mit uns, nur schneller:
So wie die Römer, ob der großen Menge,
Im Jubiläumsjahr der Übergang
Der Brücke für die Pilgerschar geregelt,
Daß sie zur einen Seite, nach der Burg
Die Stirne kehrend, gen Sankt Peter gehn,
Und auf der andren sich zum Berge wenden.
Diesseits und jenseits in der dunklen Felskluft
Sah' ich gehörnte Teufel, die von hinten
Mit großen Geißeln jene Sünder schlugen.
Wie hoben die schon von den ersten Hieben
Die Hacken in die Höhe, und nicht einer
Erwartete die zweiten und die dritten!
Als ich so ging, da trafen meine Augen
Auf einen Schatten, und ich rief sofort:
Nicht fremd sind diese Züge meinen Blicken.
Ihn zu erkennen, hemmt' ich meine Schritte,
Der süße Führer aber tat das gleiche
Und ließ auch zu, daß ich zurück mich wandte.
Sich zu verbergen suchte der Gepeitschte
Und senkte drum das Haupt, indes vergebens;
Weshalb ich ausrief: Der du blickst zur Erde,
Sind täuschend nicht die Züge, die du trägst,
Bist du Venedico Caccianimico.
Was aber führt dich in so arge Schluchten?
Drauf er zu mir: Ungerne nur bekenn' ich's;
Doch deine klare Rede nötigt mich,
Die mich erinnert an die alte Welt.
Ich war es, der die schöne Ghisola
Bewogen, sich dem Markgraf preiszugeben,
Wie anders auch die schnöde Mähr berichte.
Auch wein' ich nicht als einz'ger Bolognese
An diesem Ort; nein, ihrer sind so viele,
Daß zwischen Sávena und Reno heute
Nicht so viel Zungen sind, die Sipa sagen.
Begehrst dafür du Zeugnis oder Bürgschaft,
So denke nur an unsre geiz'gen Herzen.
Noch sprach er also, da versetzt' ein Teufel
Ihm einen Geißelhieb und sagte: Pack dich,
Du Kuppler, feile Dirnen gibt's hier nicht.
Zu meinem Führer kehrt' ich nun zurück,
Und dorthin kamen wir nach wenig Schritten,
Wo von dem Ufer sich ein Felsblock löste.
Mit kleiner Mühe stiegen wir hinauf,
Und rechts gewandt auf seinem rauhen Rücken
Verließen wir die ew'gen Mauerkreise.
Als wir gelangten, wo der Fels nach unten
Zum Durchgang der Gepeitschten offnen Raum läßt,
Begann mein Führer: Weil und laß dein Auge
Jetzt dieser andren Sünder Antlitz treffen;
Noch sahst du, weil bisher in gleicher Richtung
Mit uns sie gingen, nicht in ihr Gesicht.
Und von der alten Brücke Rand beschauten
Die Schar wir, die uns dort entgegenkam
Und von der Geißel ebenfalls gejagt ward.
Und ungefragt begann der gute Meister:
Sieh' jenen Großen, der uns zugewendet,
Was er auch leide, keine Träne weinet.
Wie ist so königlich noch seine Haltung!
Jason ist es, durch dessen Mut und Schlauheit
Das goldne Vließ den Kolchiern geraubt ward.
Es hatten, als auf Lemnos er ans Land stieg,
Die kühnen und erbarmungslosen Weiber
Was auf der Insel männlich war getötet.
Durch Schmeicheln wußt' er und gewandte Rede
Hypsipyle, die junge, zu betrügen,
Die vorher all die andren Frau'n betrogen;
Dann ließ er schwanger einsam sie zurück.
Ob dieser Schuld erfährt er diese Strafe,
Doch wird zugleich Medea mitgerächt.
Wer so betrogen, geht in gleicher Richtung;
Und dies genüge dir vom ersten Tale
Zu wissen und von denen, die es einschließt.
Schon waren dort wir wo der enge Pfad,
Den zweiten Damm erreichend, Widerlage
Für einen andren Brückenbogen bildet.
Von dort aus hörten in der zweiten Bolgia
Wir Leute ächzen, prustend mit der Schnauze,
Und mit der flachen Hand sich selber schlagen.
Ein Schimmel überkleidete die Ufer,
Der sich gebildet von dem Qualm des Grundes
Und widrig war dem Auge wie der Nase.
So dunkel war das Tal, daß auf den Boden
Zu sehn, nur dem gelang, der auf die Höhe
Des Bogens stieg, wo senkrecht man hinabblickt.
Dorthin gelangten wir, und in der Tiefe
Gewahrt' ich Volk, ganz eingetaucht in Kot,
Der herzurühren schien aus Abtrittsgruben.
Und während noch mein Aug' dort unten spähte,
Erblickt ich einen, so beschmutzten Hauptes,
Daß ich nicht sah', ob Lai' er oder geistlich.
Der schrie mich an: Was bist du so begierig,
Vor all den andern nur auf mich zu blicken?
Und ich zu ihm: Weil, wenn ich mich nicht täusche,
Ich dich mit trocknem Haar schon sah, und du
Alessio bist Interminei aus Lucca;
Drum richtet sich mein Aug auf dich vor allen.
Da schlug er auf den Schädel sich und sagte,
Die Schmeichelreden tauchten mich hier ein,
Von denen nimmer meine Zunge abließ.
Mein Führer sagte drauf: Laß deine Blicke
Noch etwas weiter gehn, damit dein Auge
Das Angesicht der Dirne wohl erfasse,
Die dort voll Schmutzes und mit kahlem Kopfe
Sich eifrig kratzt mit ihren kotgen Nägeln,
Und bald sich niederduckt, bald aufrecht steht.
Das ist die Hure Thais, die dem Buhlen
Als er sie frug: Steh ich in großer Gunst
Bei dir? erwiderte: In wunderbarer.
Genügen möge dieses unsren Blicken.