Czytaj książkę: «DSA 109: Hjaldinger-Saga 3 - Eis»

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Impressum

Ulisses Spiele

Band US25729EPUB

Titelbild: Florian Häckh

Karte: Steffen Brand

Redaktion: Nikolai Hoch

Lektorat: Daniela Knor

Korrektorat: Frauke Forster

Umschlaggestaltung und Illustrationen:

Steffen Brand, Nadine Schäkel, Patrick Soeder

Layout und Satz: Jörn Aust, Michael Mingers

Administration Christian Elsässer, Cora Elsässer, Carsten Moos, Sven Paff, Stefanie Peuser, Marlies Plötz, Markus Plötz Marketing Philipp Jerulank, Björn Meyer, Katharina Wagner, Wolfgang G. Wettach Ulisses Digital Alina Conard, Nico Dreßen, Thomas Engelbert, Nele Klumpe, Julia Metzger, Phillip Nuss, Maximilian Thiele, Jan Wagner, Carina Wittrin, Kai Woitczyk Verlag Zoe Adamietz, Jörn Aust, Mirko Bader, Steffen Brand, Bill Bridges, Timothy Brown, Simon Burandt, Carlos Dias, Christiane Ebrecht, Frauke Forster, Christof Grobelski, Kai Großkordt, Darrell Hayhurst, Nikolai Hoch, Nadine Hoffmann, Johannes Kaub, Christian Lonsing, Matthias Lück, Susanne Majewski, Thomas Michalski, Elisabeth Raasch, Nadine Schäkel, Maik Schmidt, Ulrich-Alexander Schmidt, Nils Schürmann, Eric Simon, Alex Spohr, Ross Watson Vertrieb Stefan Heinrichs, Jan Hulverscheidt, Anke Kühn, Thomas Schwertfeger, Stefan Tannert

Copyright © 2021 by Ulisses Spiele GmbH, Waldems. DAS SCHWARZE AUGE, AVENTURIEN, DERE, MYRANOR, RIESLAND, THARUN, UTHURIA und THE DARK EYE sind eingetragene Marken der Ulisses Spiele GmbH, Waldems.

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Daniel Jödemann

Eis

Hjaldinger-Saga III

Ein Roman in der Welt von

Das Schwarze Auge©


Originalausgabe

Nach einer Idee von Daniela Knor

Dramatis Personae

Die Havar-Sippe

Vardur Arnarssun – Enkel der verstorbenen Hersirin Salbjerg

Horm Ohnehand – Vardurs bester Freund

Arnthrud – eine Freundin Vardurs

Solwa – eine angesehene Skaldin

Esa – eine Heilerin

Erla – erfahrene Schiffbauerin und Steuerfrau

Otur – Sohn von Salbjerg und Onkel Vardurs

Mardal – eine blinde Saithakwena

Fridgerd – eine Kriegerin

Eindridi – ein Krieger

Yoldra Saunsduhter – ein Familienoberhaupt der Sippe

Halljadur – ein Bauer

Jarngerd – eine Bäuerin

Die Aasa-Sippe

Gautaz Dagurssun – Hersir der Sippe

Hrok – ein junger Krieger

Godrun – eine Runenmagierin

Stainar – ein Krieger und Schiffbauer

Haukur – ein Krieger

Die Hagni-Sippe

Jurga Tjalfsduhter – Hersirin der Sippe

Hasgar Tjalfssun – Jurgas Bruder

Tjalf – Jurgas Vater

Hjalda – Jurgas und Hasgars Stiefmutter

Grani Tjalfssun – Jurgas und Hasgars Stiefbruder

Tola Hjaldasduhter – Jurgas und Hasgars Stiefschwester

Die Gunna-Sippe

Katla Oddasduhter – Hersirin der Sippe

Thidrik Hrodmarssun – ein Runaman (Runenmagier)

Skidi Gautazsun – der kleine Sohn Katlas und Gautaz’

Odda – Katlas Mutter

Die Isleif-Sippe

Solweig Thordisduhter – Hersirin der Sippe

Sunna Solweigsduhter – Solweigs Tochter

Thursdur Gudmundurssun – ein erfahrener Steuermann der Isleif-Sippe

Jofridis – Thursdurs Nichte

Hjalbera – eine Kriegerin

Sigvatur – ein Krieger

Die Groa-Sippe

Ullbjern Eirikssun – Hersir der Sippe

Firnvild Ullbjernsduhter – die Tochter Ullbjerns

Faravid Berassun – ein junger Skalde und Xelias’ bester Freund

Arnfridis – eine Kriegerin

Serkaz Thurassun – ein Krieger

Wrekar – Firnvilds Vargaz, ein Halbwolf

Imperiale

Pythatheriope te Aldangara – eine Optimatin und Spionin

Aegobarenes ul Charybalis – Strategu und Befehlshaber der ­Myriade 5 Thalassia

Palomelios te Aldangara – ein Optimat

Pheronolios te Aldangara – ein Optimat

Isodoras an Charybalis – Pythatheriopes Adjutant in der Myriade 5 Thalassia

Darene – eine Sklavin Pythatheriopes

Weitere Personen

Xelias Arnarssun – der Halbbruder Vardurs

Ragnvald Steinbjernssun – der Hersir der Baukaz-Sippe

Alsvinn – der Hersir der Hallaz-Sippe

Brandur – der Hersir der Joreida-Sippe

Hallerna – die Hersirin der Kjora-Sippe

Kolfaz – der Hersir der Frodi-Sippe

Oddbjerg – ein Mitglied der Ingwar-Sippe

»In den Tagen der Ahnen lebte ein Mann, der Havar hieß.

Vornehmer Abkunft war er,

aus einem Geschlecht, das der Gott Ullramnar selbst gezeugt hatte.

Groß war der Ruhm seiner Taten,

und es erfüllte die Herzen der Krieger mit Stolz, an seiner Seite zu kämpfen.

In den Tagen Havars lebte ein Kuninga1, der Uskur hieß.

Ein Löwengestaltiger war er,

denn die Löwengestaltigen herrschten damals über die Menschen.

Der Gott Khorraz war sein Vater,

und sein Wüten im Kampf füllte die Herzen der Krieger mit Furcht.

Maßlos wie Khorraz vergoss Uskur das Blut der Menschen,

blind und taub in seinem Rausch.

Die Lehren der Rondris, Khorraz’ göttlicher Schwester,

die den Kriegern Ehre gebot,

verschwendet waren sie an den schwarzmähnigen Kuninga.

Maßlose Wut erwuchs darüber unter den Menschen.

Die Völker des Nordens begehrten auf.

Nur Spott und Hohn hatte Uskur für ihren Hass übrig.

Feige Memmen nannte er sie.

Zum Zweikampf forderte er, was er für ein Volk von Schwächlingen hielt.

Da richteten sich die Augen der Menschen auf den Tapfersten unter ihnen,

Havar aus der Sippe Ullramnars.

Groß war Havars Zorn über die Schmähungen aus dem blutigen Löwenmaul.

Mutig trat er vor den Kuninga

und kühn waren die Worte, mit denen er Uskurs Ehre in Zweifel zog.

Da geriet auch der Khorrazsohn in heiligen Zorn und stellte sich Havar zum Kampf.

Freiheit vom Joch der Löwengestaltigen,

das war der Preis, um den sie stritten, einen Tag und eine Nacht hindurch,

bis die Sonne über dem Sieger aufging.

Tot lag der Kuninga auf verwüsteter Walstatt, zerbrochen war sein riesiges Reich.

Die Stämme des Nordens feierten Havar aus Ullramnars Sippe.

Freiheit machte er ihnen zum Geschenk.

Über dem löwengestaltigen Leib seines Gegners leistete der Held einen Schwur.

Nie wieder Knechtschaft zu dulden,

das erlegte er sich auf und seinen Kindern und Kindeskindern

und allen, die nach ihnen kamen.«

—aus der Havar-Saga, aufgezeichnet von der gelehrten Völkerkundlerin Dariaxena te Illacrion

1 hjaldingsche Bezeichnung für ›König‹

Was bisher geschah …

Erster Teil: Glut

Im Sommer 2114 imperialer Zeitrechnung lebt Vardur Arnarssun bei seinen Pflegeeltern am Angarfjord. Seine Mutter und Schwester erlagen einem Fieber, als er ein Kleinkind war, und sein Vater starb auf einer Seereise in den Süden Myranors. Salbjerg, seine Großmutter und Hersirin der Havar-Sippe, schickte ihn zu entfernten Verwandten.

Eines Tages taucht ein feindliches Drachenschiff im Angarfjord auf und überfällt die Siedlung. Wieder verliert Vardur seine Eltern. Er ist nun endgültig davon überzeugt, dass ein Fluch auf ihm liegt, der allen Unglück bringt, die ihm nahestehen, wurde Vardur doch bei seiner Geburt prophezeit, dass ihm ein schweres Los bestimmt ist.

Im Frühling 2119 IZ fährt er an Bord der Otta Thurehs gen Norden. Er lebt nun wieder bei seiner Großmutter in Havarskog, dem Stammsitz der Havar-Sippe. An den Küsten des Gletschermeeres treffen sie auf die geheimnisvolle Jurga Tjalfsduhter, die von ihrer Sippe, den Hagni, verbannt wurde. Obwohl Jurga abweisend ist, fühlt sich Vardur sofort zu ihr hingezogen.

Der Rückweg verläuft jedoch nicht so reibungslos wie die Hinfahrt: Jurga vereitelt eine Waljagd, indem sie beinahe das Schiff versenkt, das daraufhin von haushohen Wellen ergriffen wird. Die Gemeinschaft will sie deshalb zurücklassen, doch Vardur bürgt gegen ihren Willen für Jurga. Nach dem Angriff eines Nachtalben rettet Jurga einem verletzten Mitglied der Fahrtgemeinschaft das Leben, behauptet aber, dass dabei keine Magie im Spiel war. Manche glauben nun, sie sei eine Auserwählte des Meeresgottes Effar, doch Jurga besteht darauf, dass sie von einem anderen Wesen geleitet wird, das sie meist als ihren Schutzgeist bezeichnet. Sie kann selbst nicht sagen, um was es sich dabei genau handelt.

Gautaz Dagurssun, der Hersir der Aasa-Sippe, macht derweil auf dem Weg nach Süden bei der Hersirin Katla Oddasduhter Station, mit der er einen Sohn hat. Er erfährt dort, dass Katla Gerüchte über einen bevorstehenden Krieg mit dem Imperium gehört hat.

Im weit entfernten Balan Mayek gibt sich zu dieser Zeit die Optimatin Pythatheriope te Aldangara als Mitglied des Hauses Charybalis aus. Sie will so für ihr eigenes Haus, die Aldangara, Informationen beschaffen, die sich im imperialen Senat gegen die Charybalis verwenden lassen. Schon lange ist der Kult der Daimonin Charypta und die wachsende Macht der Charybalis den anderen Häusern des Imperiums ein Dorn im Auge. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Charybalis Charypta wie eine Göttin verehren, was allerdings auch nicht verboten ist. Pythatheriope soll herausfinden, ob die Gerüchte wahr sind, dass die Charybalis noch dunklere Geheimnisse haben, vielleicht sogar nach der Macht im Imperium greifen wollen. Tatsächlich erhält sie einen Posten als Offizierin.

Zurück in Havarskog nimmt Vardur an einem großen Opferfest, dem Sumarblot teil, das zur Sommersonnenwende stattfindet. Er wähnt sich zunächst glücklich, weil Jurga ihn zum Fest begleitet, doch die Zeremonie gerät zur Katastrophe und die alte Orakelpriesterin prophezeit den Untergang Hjaldingards.

Salbjerg nimmt die Prophezeiung ernst und liest aus den kryptischen Worten eine Warnung vor einem Angriff des Imperiums heraus. Vardur gerät zunächst in Streit mit ihr, weil er aufgrund seines Fluchs keinen Ehrgeiz hat, seiner Großmutter im Amt des Hersirs zu folgen. Schließlich willigt er aber ein, sie zu Ullbjern Eirikssun zu begleiten, dem einflussreichen Hersir der Groa-Sippe. Dieser unterstellt den Imperialen schon lange, dem Bösen zu dienen und es auf Hjaldingard abgesehen zu haben. Bei den Groa trifft bald auch Katla ein, die ebenfalls von einer Prophezeiung beim Sumarblot zu Ullbjern getrieben wurde. Die drei Hersire entschließen sich, einen gemeinsamen Erkundungstrupp nach Trivina zu schicken, um herauszufinden, ob das Imperium tatsächlich einen Angriff plant. Vardur und Jurga melden sich freiwillig für diese Aufgabe und stechen mit einigen anderen in See.

In der Zwischenzeit erhält die Flotte in Balan Mayek den Befehl, gen Trivina auszulaufen. Ein junger Halbhjaldinger namens Xelias, der in Trivina lebt, merkt nun am eigenen Leib, dass die Stimmung gegen die ›Barbaren‹ immer feindseliger wird.

Vardur und seine Gefährten erfahren durch Xelias, der – wie sich bald herausstellt – sein Halbbruder ist, dass die imperiale Flotte bereits auf dem Weg sein soll.

Die Hjaldinger nehmen Xelias mit und wollen aus Trivina fliehen, werden jedoch von Kriegsschiffen des Imperiums gestellt. Es gelingt Vardur, Xelias und Jurga zwar, dem Feind zu entkommen, doch ihr Schiff sinkt. Jurga beschwört ihre Kameraden, durchzuhalten, und wendet sich an ihren Schutzgeist. Tatsächlich tauchen Delfine auf, die die Schiffbrüchigen retten.

Zweiter Teil: Sturm

Im Frühjahr 2120 Imperialer Zeitrechnung beginnen die Truppen des Imperiums mit ihrem Angriff und rücken sowohl mit einer Landstreitmacht, als auch mit einer Flotte auf Hjaldingard vor.

Die Hjaldinger stellen sich ihren Gegnern in der Wildnis ihrer Heimat und fügen ihnen immer wieder Verluste zu. Jurga erweist sich dabei als geschickte und glückliche Anführerin, die von vielen ihrer Landsleute respektiert wird. Vardur, der fürchtet, dass er der Frau, die er liebt, mit seinem Fluch schadet, lässt sie schließlich zurück und macht sich auf den Weg nach Hause.

Auch der Halbhjaldinger Xelias wird nun von vielen Hjaldingern akzeptiert, ausgerechnet Ullbjerns Tochter Firnvild Ullbjernsduhter, für die er insgeheim Gefühle hegt, bleibt aber abweisend und demütigt ihn gar.

Ullbjern bittet Gautaz, den Hersir der Aasa-Sippe, derweil, sich ihm anzuschließen und die imperialen Invasoren zu bekämpfen. Der stolze Gautaz lehnt ab, viele andere Sippen folgen jedoch Ullbjerns Ruf und nehmen unter seiner Führung den Kampf gegen das Imperium auf.

Jurga erhält zu dieser Zeit eine Vision von ihrem Schutzgeist und sieht den Untergang ihrer Heimat, einen Schiffsverband und ein weites Eismeer. Sie kommt zu der Überzeugung, dass sie ihr Volk über das Immermeer nach Osten führen soll – auch wenn nach dem Glauben der Hjaldinger der Ozean irgendwo dort endet und seine Wasser über den Rand ins Nichts stürzen. Dennoch berichtet sie ihren Landsleuten von der Vision.

Gautaz, der nach einem Überfall auf seine Sippe seine Meinung geändert hat, trifft nun gemeinsam mit Katla in der Siedlung von Vardurs Sippe ein.

Salbjerg will ihren Enkel zu dieser Zeit endlich als ihren Nachfolger vorschlagen, doch das Hjalding, die dazu einberufene Versammlung, wird gestört, als ein Mitglied der Havar-Sippe die hochschwangere Katla aus Rache für vergangene Taten verletzt. In einem rituellen Kampf entscheidet Katlas Stellvertreter Gautaz die Auseinandersetzung für sich. Die Nachfolge Salbjergs bleibt für den Moment noch offen.

Die Hjaldinger sind sich uneinig über Jurgas Vision. Jurga heilt erneut einen Verwundeten und ruft einen Sturmwind, um ein imperiales Fluggerät zu zerstören, das die Hjaldinger angreift. Damit beeindruckt sie ihre Landsleute noch mehr und schart weitere Anhänger um sich.

Pythatheriope bemüht sich derweil, ihrer Aufgabe als Spionin nachzugehen, auch wenn sie nun als Offizierin an der Unterwerfung der Hjaldinger beteiligt ist. Sie entgeht nur knapp der Entdeckung durch den einflussreichen und ambitionierten Strategu Aegobarenes ul Charybalis, den Befehlshaber ihrer Myriade. Dieser spricht ihr gegenüber jedoch eine Einladung zu einem geheimen Zirkel von Eingeweihten aus. Pythatheriope hofft, so endlich mehr über die Charybalis und ihre Pläne herauszufinden und dann etwas in der Hand zu haben, was die Aldangara gegen das Haus verwenden können.

In Hjaldingafjord sammeln sich unter Ullbjerns Führung immer mehr Sippen zum Widerstandskampf. Eine Abgesandte der Aldangara verspricht, dass ihr Haus Truppen schicken wird, um den Hjaldingern zu helfen. Sie warnt aber auch davor, dass der Thearch persönlich seine gefürchtete Tighrirgarde entsandt hat, um dafür zu sorgen, dass der Feldzug mit einem Erfolg endet.

Jurga findet in der Zwischenzeit ebenfalls immer mehr Anhänger, die vom Wirken ihres Schutzgeistes und ihrer Vision beeindruckt sind. Ullbjern bietet ihr an, mit ihm gemeinsam gegen die Imperialen vorzugehen und erst dann dem Rat des Schutzgeistes zu folgen, wenn ihr Kampf tatsächlich glücklos ausgeht. Jurga lehnt diesen Vorschlag klar ab, da sie aufgrund ihrer Vision davon überzeugt ist, dass ihr Widerstand gegen die Übermacht aussichtslos ist. Viele betrachten sie dafür als Feigling.

Die Hjaldinger bemannen Schiffe und ziehen der imperialen Flotte entgegen, doch die Auseinandersetzung endet in einer schmerzhaften Niederlage mit etlichen Toten, als ihre Gegner Charyptas daimonische Kreaturen rufen und auf ihre Feinde hetzen.

Nach der verlorenen Schlacht sind nun viele Sippen, darunter auch die von Vardur, Gautaz und Katla, bereit, sich Jurga anzuschließen und die Flucht über das Immermeer anzutreten, um das prophezeite neue Land zu finden. Ullbjern und andere Hjaldinger wollen sich dagegen den Imperialen stellen und ihre Heimat verteidigen.

Prolog

Hagnisdala, Brajan 2111 IZ

Jurga legte sich mit einer solchen Inbrunst in die Riemen, dass das kleine Boot auch mit einem Segel kaum rascher vorangekommen wäre. Hasgar ließ die engen Maschen des Fangnetzes durch seine Finger gleiten und prüfte die Senker, die das Netz in der vorgesehenen Tiefe halten würden. Er hatte das engmaschigste ausgewählt, das sie besaßen. Sie konnten es sich nicht leisten, Beute entkommen zu lassen, selbst im Sommer. Schon ein Korb voller Strohfische wäre heute ein großer Erfolg.

»Das Meer.« Er blickte zurück, über die weite Wasserfläche hinweg und bis zur Küste. Das Gletschermeer lag so glatt und reglos da wie ein Spiegel. Die grauen Wolkenfronten, die Glaiwa den Blick verwehrten, spiegelten sich darin wider. Feine weiße Nebelschwaden schwebten knapp über der Oberfläche. »Es schmeckt mir nicht. Die See ist zu ruhig. Effar hat sich abgewandt. Wäre er hier, würde er das Meer in Wallung bringen.«

Die Muskeln an Jurgas Armen spannten sich bei jedem neuen Zug an. Sie hielt die Augen auf das Boot gerichtet und sah nicht zurück nach Hagnisdala. Sie hatte gerade erst ihren dreizehnten Winter erlebt und war nicht so kräftig wie Hasgar. Er wusste es aber besser, als seiner Schwester das Rudern abzunehmen. Zorn und Frustration suchten nach einem Weg aus ihr heraus. Besser so, als es mit den Fäusten zu tun – oder sich mit Vater anzulegen. Jurgas Wangen röteten sich mit jedem Zug mehr.

Es war früh am Morgen und die Sippenrune, die ihre Stiefmutter Jurga auf den linken Oberarm aufgemalt hatte, war immer noch frisch. Dennoch hatte seine Schwester sofort ihr Wams übergezogen, auch wenn sie so Gefahr lief, dass das Hautbild verwischte. Hasgar verzichtete auf ein Obergewand. Selbst so weit im Norden war es im Frühsommer warm genug.

Über der flachen Bucht zu Füßen der Hardun stiegen feine Rauchsäulen aus den Hütten von Hagnisdala empor. Dahinter, umgeben von Nebel und Wolken, ragten schroffe Gebirgszüge in den Himmel. Ein Anblick, der ihm so vertraut war wie der seines Handrückens. Die Hardun schützten die Odalwik vor den harschen Winden des Eiwara, des ewigen und unendlichen Meeres auf der anderen Seite der Halbinsel.

»Hagnisdala sieht vom Wasser aus immer so klein aus«, murmelte Hasgar. »Es erinnert mich daran, wie groß die Welt wirklich ist und wie wenig ich schon davon gesehen habe. Ergeht es dir genauso?«

Jurga fuhr mit ihren gleichmäßigen Ruderbewegungen fort.

»Hab ein Auge auf die Gletschermöwen, wenn wir später das Fangnetz einholen.« Er wies zum Himmel. »Erinnerst du dich noch, als mir letzten Sommer eine Möwe diesen Dotterbutt aus dem Netz stahl – den, der so lang war wie mein Arm?«

Endlich reagierte sie. »Er wächst mit jeder Erzählung. Das nächste Mal ist der Dotterbutt so lang wie dein Bein. Danach dann so groß wie das Boot.«

Er grinste. »Da du mich nicht verraten wirst, kann mich auch niemand der Lüge bezichtigen.«

Jurga hatte den ganzen Morgen kaum drei Worte über die Lippen bekommen. Das war nicht ungewöhnlich, aber er hatte gehofft, dass es half, wenn sie endlich allein waren und Hagnisdala und damit ihr Vater Tjalf und ihre Stiefmutter Hjalda nur noch fingerkuppengroße Punkte am Horizont waren.

»Nur drei Sommer Geduld und sie stechen dir auch die Sippenrune.« Er wies auf ihren Arm. »Dann musst du nicht mehr jeden Morgen bei Hjalda vorsprechen.«

»Ich hab nichts gegen sie«, presste Jurga hervor, ohne dem Blick ihres älteren Bruders zu begegnen. »Ganz egal, was Vater behauptet.«

Hasgar räusperte sich. Hätte sie all das doch am Ufer zurückgelassen. »Halt dich etwas weiter südlich. Letztens habe ich bei Alfarz’ Insel zwei volle Netze aus dem Wasser gezogen, wir sollten dort unser Glück versuchen.« Er sah zurück. »Wenn uns die Möwen nicht bestehlen.«

Noch waren die ebenso frechen wie flinken Räuber nicht auf die Kinder des Hersirs aufmerksam geworden. Die Gletschermöwen blieben an den Klippen. Dabei waren die pfeilschnellen Vögel doch eigentlich gerissen genug, um zu wissen, dass leichte Beute heraussprang, wenn eines der kleinen Boote von Hagnisdala auf das Meer hinausfuhr. Niemand konnte es ihnen verdenken – so hoch im Norden war jeder darauf angewiesen, dem kargen Land so viel wie nur möglich an Essbarem abzutrotzen.

Er seufzte laut. »Wünschst du dir nicht manchmal auch, Vater hätte die Sippe nicht hierhin zurückgeführt, als wir Eyjattur verlassen mussten?«

»Wir waren zu klein – selbst du. Behaupte nicht, du erinnerst dich noch daran.«

»Ein wenig«, beharrte er.

»Das hier ist unser Land«, presste Jurga hervor. »Es war nur richtig, dass wir hierher zurückkehren. Hier sind unsere Wurzeln, hier liegen unsere Ahnen begraben. Keine Sippe sollte sich zu weit von den Gebeinen ihrer Vorfahren entfernen – ist es nicht das, was Vater immer sagt?«

Hagnisdala war nach Hagni benannt, auf den sich auch ihre Sippe als Stammvater berief; ihr legendärer Ahn, der für seine Beharrlichkeit bekannt war und sich standfest geweigert hatte, seine Heimat zu verlassen.

»Zumindest müssen wir uns keiner Riesen erwehren.« Hasgar beendete die Prüfung des Netzes. »Sicher erinnern sie sich noch an die Abreibungen, die Hagni ihnen verpasst hat, und sie ziehen es vor, in ihren Höhlen zu bleiben. Trotzdem wünschte ich mir manchmal, im Sommer ein paar mehr Blumen blühen zu sehen und nicht Stunden damit zu verbringen, einige abgemagerte Fische zur Bereicherung unseres Speiseplans zusammenzutreiben. Schon etwas weiter südlich sind die Winter milder, die Wiesen grüner und das Wild zahlreicher.«

»So solltest du nicht reden, wenn du jemals in Vaters Fußstapfen treten willst.«

Er grinste flüchtig. »Ich denke nicht, dass das Hersirsamt in meiner Zukunft liegt.« Er musterte seine jüngere Schwester aufmerksam. »Jemand, der für seine Dickköpfigkeit und Sturheit bekannt ist, so wie Hagni und Vater, den wählen sie in unserer Sippe immer.«

»Das sind gute Nachrichten für Tola«, murmelte Jurga.

Schmunzelnd ließ er den Blick über die Wasseroberfläche wandern, den weiten grauen Spiegel. Sie kamen gut voran. Das Meer fiel kurz hinter der Bucht stark ab und das graublaue Wasser wurde von tiefdunklem abgelöst. Ein Stück entfernt ragte ein zerklüfteter Holm hervor. »Wir sind da, leg die Riemen beiseite. Kommen wir der Insel nicht zu nahe. Eine Nikwis lebt da, vergiss das nicht. Sie wird zornig und die Fische vertreiben, wenn wir sie stören.«

Jurga verharrte. Ihre dunkelgrünen Augen wanderten, wie so oft, zum Horizont – wie immer, wenn sie auf dem Meer waren, so als sähe sie dort etwas, was ihm verborgen blieb. In ihrem Gesicht regte sich kein Muskel.

Er kannte diesen Ausdruck nur zu gut. Ihre Gedanken waren woanders und sie vergaß alles um sich herum – so als lauschte sie einem fernen Lied, das über das Meer heran wehte. Früher hatte er sie bisweilen damit aufgezogen. Inzwischen wusste er, dass es mehr war als nur eine wunderliche Eigenart oder eine kindliche Marotte.

Doch es war besser, sie nicht darauf anzusprechen, selbst wenn ihr Vater sie hier draußen nicht hörte. Das Thema war zu brenzlig und führte nicht selten zu Geschrei und fliegenden Fäusten. Eine Ablenkung musste her.

»Auf mit dir!« Er gab ihr einen ungeduldigen Wink. »Hilf mir mit dem Netz, ehe die Fische zu dem Schluss kommen, dass sie heute nicht mehr gefangen werden und sich ein anderes Boot suchen.«

Sie reagierte nicht, runzelte lediglich die Stirn. Sie strich sich über die Arme, so als fröstelte sie.

»Jurga?«, hakte er nach.

Ihre Augen huschten unruhig umher.

Hasgar folgte ihrem Blick, hinaus auf die weite dunkelgraue Wasserfläche, in der sich die Wolkenmassen widerspiegelten. Es war düster geworden, und das ungewöhnlich rasch. Doch selbst wenn nun Regen einsetzte oder ein Sturm aufkam, war die rettende Bucht von Hagnisdala nicht fern.

Allerdings lag auch der feine grauweiße Schleier immer noch über dem spiegelnden Meer – einer, der sich sonst nur im Frühjahr oder Herbst zeigte. Die Nebelschwaden regten sich kaum, kein Lüftchen versetzte sie in Wallung.

»Kehren wir besser um«, murmelte Jurga.

»Warum das?«

»Nur so ein Gefühl«, raunte sie, kaum noch zu hören.

Jeder andere würde sie ermahnen, ihre Warnung als unsinnig abtun – das Geschwätz eines verängstigten Kindes. Er wusste es nach all den Jahren besser. »Ist es … Ist er es? Spricht er mit dir?«

»So funktioniert es nicht, und das weißt du.« Jurga kniff die Augen zusammen und spähte hinaus aufs Gletschermeer.

Hasgar blickte sich um. »Das Meer ist doch ruhig. Denk daran, was Vater gesagt hat. Kehren wir besser nicht mit leeren Händen zurück.«

Seine Schwester riss sich von dem Anblick los und schüttelte den Kopf, so als vertriebe sie eine unangenehme Erinnerung oder einen störenden Gedanken. »Verzeih mir.«

Sie erhoben sich. Das Boot schwankte kaum unter ihren Füßen, als sie behutsam und hundertmal eingespielt das Netz entfalteten. Dabei achteten sie sorgsam darauf, dass sich die Senker nicht verwickelten.

»Willst du es werfen?«, bot Hasgar an.

Sie sah auf. »Du fragst doch sonst nicht. Warum heute?«

Er grinste schief. »Vielleicht habe ich ja …«

Ihre Augen weiteten sich. Sie hob abrupt die Hand. »Vorsicht, da …«

Ein heftiger Stoß erschütterte das Fischerboot. Hasgar wurde von den Beinen gerissen und landete kopfüber im Netz. »Was, bei Rondris …«

Jurga rappelte sich wieder auf. Alarmiert hob sie den Kopf, spähte über den Rand des Bootes hinweg. Was auch immer sie sah, Entsetzen lag in ihren Augen. »Hasgar …«

Er sah rundum nur Bordwände und über sich den stumpfgrauen Wolkenhimmel. Die Panik im Gesicht seiner Schwester ließ ihm einen kalten Schauder über den Rücken laufen. Verzweifelt kämpfte er gegen das Netz an. »Jurga! Hilf mir, verdammt!«

Ein weiterer Stoß ging durch das Boot und warf Jurga zu Boden. Dieses Mal neigte es sich bedenklich zur Seite und ein Schwall frostig-kalten Wassers schoss herein. Nur für den Bruchteil eines Augenblicks erhaschte Hasgar einen Blick auf einen dunklen, feuchten Leib, ehe sich die Bootswand wieder hob.

»Hilf mir!« Hasgar nestelte das Messer unter der Tunika hervor, das er wie alle Hjaldinger an einem Lederriemen um den Hals trug. Die Panik schnürte seine Brust zusammen. Was ging hier vor, was attackierte sie?

Stöhnend griff Jurga nach der Platzwunde an ihrem Hinterkopf.

Hasgar schob das Messer zwischen die Maschen.

Ein weiterer Stoß traf ihr Boot und ließ es ächzen.

Hastig durchtrennte Hasgar das einengende Netz und schob es beiseite. Noch im Aufrichten griff er nach der kurzen Harpune, die an der Bordwand lag. »War es ein Streifenhai? Hast du ihn gesehen, Jurga?« Er zog sich empor. »Bist du schwer verletzt?«

»Es geht schon«, presste sie benommen hervor und tastete nach ihrem Hinterkopf.

»Was war das?« Sein Blick flog über die Wasseroberfläche, auf der Suche nach einer Rückenfinne. Er umklammerte den Schaft der Harpune. Sie war dazu gedacht, größere Fisch zu erlegen, die sich im Netz verfingen, aber er machte sich ohnehin nichts vor: Töten konnte er einen ausgewachsenen Streifenhai oder gar einen Brackhai damit nicht, auch wenn sie eine willkommene Beute wären. Er konnte ihn allerdings davon überzeugen, sie in Frieden zu lassen.

»Es ist schnell«, warnte Jurga, immer noch benommen.

»Bleib unten!« Er wog die Waffe in der Hand. Nie zuvor hatte er sich gegen einen Hai wehren müssen, doch das war nicht der Moment, um zu zögern. Ich bin der Erwachsene hier und ich werde meine Schwester beschützen!

Seine Augen huschten umher, darum bemüht, den feinen Nebel über der still und reglos daliegenden See zu durchdringen. Keine Bewegung war zu sehen, kein Laut drang an seine Ohren, nur das heftige Pochen seines Herzens. Er hat aufgegeben. Hat es zwei Mal versucht und erkannt, dass wir keine Beute sind. »Nimm die Riemen!«, bat er. »Wir kehren um, das Netz ist ohnehin …«

»Hasgar!« Sie wies auf das Meer hinaus.

Die Oberfläche kräuselte sich dort, gerade einmal fünfzig Schritt entfernt. Der feine Nebel teilte sich, ein dunkler Schatten schob die Schwaden vor sich her. Er näherte sich rasch.

»Ich sehe keine Rückenflosse.« Er stemmte den rechten Fuß gegen die Bordwand hinter sich, wog die Harpune in der Hand. »Wenn er heran ist, werfe ich. Bleib unten, falls das Boot wieder schwankt!«

Der Schatten kam stetig näher, ein schlanker Umriss, der sich ihnen mit sich seltsam windenden Bewegungen näherte. Er zog eine Welle hinter sich her, die sich ebenso schlängelte wie der dunkle Leib.

Nur noch vierzig Schritt.

Er war viel zu groß für einen Hai. Der Angreifer bewegte sich schnell und nahm immer mehr Fahrt auf.

Hasgar hob die Harpune. Dass sie lediglich in einem winzigen Boot standen, konnte er nicht ändern. Er konnte nur versuchen, seinen zitternden Arm zu beruhigen und im richtigen Moment zu reagieren.

Zwanzig Schritt.

»Jurga, es ist wichtig, dass du mir zuhörst«, stieß er hervor. »Was auch passiert – rudere sofort zurück. Auf gar keinen Fall darfst du mich …«

In diesem Moment wandte sich der Angreifer ab, sank tiefer und schlug einen Haken – schneller und gewandter als jeder Hai. Lediglich ein sanftes Schaukeln ging durch ihr Boot, als die Welle sie erreichte.

Hasgar sah sich alarmiert um, die Harpune immer noch erhoben. »Siehst du ihn? Ist er getaucht?«

Jurga rappelte sich auf. Sie packte ihn am Arm. »Schau!«

Er wandte sich in die gewiesene Richtung.

Etwas Großes brach langsam durch die Wasseroberfläche, vielleicht einhundert Schritt entfernt. Eine Fontäne stieß zischend in die Luft empor, etliche Schritt hoch, aber schräg, zur Seite. Das fahle Zwielicht des bewölkten Tags gleißte auf feuchter grauer Haut und einem eckigen, langgezogenen Kopf.

Hasgar hatte schon einen Svartspiki gesehen, doch noch nie einen solchen Wal. Dennoch war eindeutig, womit sie es zu tun hatten. »Ein Antjahwalaz! So weit weg vom Eiwara?«

Jurga ließ den Blick nicht von dem Pottwal. Sie starrte ihn aus aufgerissenen Augen an.

»Siehst du den Kopf?«, fuhr er aufgeregt fort. »Der misst sicher zwei Mannslängen. Bestimmt ein Bulle, zwölf, vielleicht dreizehn Schritt lang!« Er suchte nach den Riemen. »Weißt du, was das bedeutet?«

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