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2. Hauptpflichten

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Der Kaufvertrag entsteht durch übereinstimmende Willenserklärungen und begründet Hauptpflichten in Form der primären Pflichten auf Erfüllung des Versprochenen (einschließlich ggf. der Nacherfüllung), aber auch in Gestalt der sekundären gesetzlich festgelegten Pflichten im Falle seiner mangelhaften Erfüllung: auf Rücktritt, Minderung oder Schadensersatz, vgl. § 437. Die Sekundärpflichten folgen aus der Störung von Primärpflichten und treten dann an deren Stelle (z.B. Schadensersatz statt der Leistung aus §§ 280 Abs. 3, 281) oder auch neben sie (z.B. als Anspruch auf Ersatz des Verzugsschadens nach §§ 280 Abs. 2, 286). Beide Arten von Pflichten sind streng zu trennen, weil das Versprochene ohne Weiteres, Sekundärpflichten jedoch erst auf Nachfristsetzung oder bei Vertretenmüssen zu erfüllen sind.

Primärpflichten sind zuerst die für den Vertragstyp charakteristischen Hauptpflichten, aber genauso Nebenleistungspflichten und Schutzpflichten. Die Hauptpflichten des Verkäufers ergeben sich daraus, dass das Kaufobjekt dem Käufer nicht nur vorübergehend, sondern auf Dauer und zu vollem Recht verschafft werden soll. Bei körperlichen Kaufobjekten sind daher der Besitz und das Eigentumsrecht zu verschaffen. Nebenleistungspflichten dienen begleitend dazu der Vorbereitung, Durchführung und Sicherung der Hauptleistung. Schutzpflichten verlangen dagegen eine Rücksichtnahme außerhalb des eigentlichen Vertragszwecks auf (sonstige) Rechte, Rechtsgüter und Interessen des jeweils anderen Teils (vgl. § 241 Abs. 2).

Der Verkäufer schuldet Übergabe und Übereignung, § 433 Abs. 1 S. 1; die Pflicht zur Besitzverschaffung durch Übergabe hat indes im Hinblick auf die sachenrechtlichen Vorschriften zum Vollzug der Übereignung (vgl. § 929 S. 1: Übergabe oder – i.V.m. §§ 930, 931 – Übergabesurrogate), oft keine selbstständige Bedeutung.

Übergabe und Übereignung können jedoch vorübergehend auch getrennte Wege gehen, so bei Veräußerung einer vermieteten Sache (z.B. Grundstückskaufvertrag über Mietshäuser), weshalb im Kaufvertrag dann zwingend ein Hinweis erforderlich ist, dass die Übergabe nur durch Abtretung des aus dem Mietverhältnis mit dem Dritten folgenden Herausgabeanspruchs erfolge (für Wohnraummiete besorgt bereits der Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“ diesen Rechtsübergang, vgl. § 566 Abs. 1); das folgt nicht erst aus § 931 (danach ist Übertragung des mittelbaren Besitzes einer beweglichen Sache auch für den Eigentumserwerb nötig), sondern bereits aus der obligatorischen Verschaffungspflicht am Besitz.

Der andere – umgekehrte – Fall ist der des Eigentumsvorbehaltskaufs (§ 449 Abs. 1), wobei Verschaffung des unmittelbaren Besitzes durch Übergabe, aber nur die aufschiebend auf die Kaufpreiszahlung bedingte Übereignung geschuldet wird; durch solche Abrede kann zwar Übergabe der Sache, jedoch noch nicht Übertragung des Eigentums als Vollrecht verlangt werden.

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Der Verkäufer einer Forderung (§ 453) schuldet als Erfüllung die Abtretung der Forderung, was nochmals durch Abschluss eines – nun verfügenden – Vertrags zu erfolgen hat (§ 398).

Beim Kauf sonstiger Rechte schuldet der Verkäufer nach Form und Inhalt entsprechend der für sie geltenden besonderen Vorschriften etwa des UrhG, GmbHG. Besonderheiten der Verkäuferpflichten können aus §§ 448, 475g, 524 HGB hinsichtlich der Pflicht zur Begebung von Traditionspapieren, insb. Orderpapieren folgen, die sich etwa in Bezug auf § 931 auswirken (vgl. Rn. 1193 ff.).

Hauptpflicht des Käufers ist nach § 433 Abs. 2 die Zahlung des vereinbarten Kaufpreises und die Abnahme der gekauften Sache. Die Zahlungspflicht ist regelmäßig eine Geldschuld und als solche eine modifizierte Schickschuld (§ 270 Abs. 1). Mangels anderer Vereinbarung gilt für sie ebenso wie für die Hauptpflicht des Verkäufers die sofortige Fälligkeit (vgl. § 271 Abs. 1). Darin zeigt sich das Gegenseitigkeitsverhältnis der wechselseitigen Hauptpflichten (Synallagma), welches mangels ausdrücklich vereinbarter Vorleistungspflichten der einen oder anderen Vertragspartei vom Grundsatz des Bargeschäfts ausgeht (§ 320 Abs. 1 S. 1).

Dies führt allerdings nur bei beiderseitigen Handelsgeschäften dazu, dass eine Verzinsung der Kaufpreisforderung bereits ab Fälligkeit der Kaufpreisforderung geschuldet wird (§ 353 HGB). Die Abnahmepflicht des Käufers (vgl. § 433 Abs. 2) ist als Käuferpflicht scheinbar parallel zur Hauptpflicht des Verkäufers auf Besitzverschaffung. Beim privaten Verkäufer wird aber ohne explizite Vereinbarung einer Abnahmepflicht und mangels anderweitiger konkreter Umstände regelmäßig nicht von einer selbstständigen Klagbarkeit auszugehen sein. Die Folgen des Annahmeverzugs des Käufers erschöpfen sich dann in den §§ 300 ff. und dort insb. im vorgezogenen Gefahrübergang. Lediglich beim Handelskauf enthält § 373 HGB darüber hinausgehende Folgen des Gläubigerverzugs betreffend die Abnahmeverpflichtung. Diese Vorschriften gelten gem. §§ 343, 345 HGB allerdings gegenüber jedem Käufer, der Vertragspartner eines Kaufmanns ist, also auch dem privaten.

3. Nebenleistungspflichten

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Nebenpflichten werden (hier) verstanden als Nebenleistungspflichten, die zur Erreichung des Vertragszwecks notwendig den Hauptpflichten beitreten müssen, ohne dass ihre Erfüllung das eigentliche Ziel des Vertrages darstellt. Nebenleistungspflichten erweitern den Vertragsinhalt und sind daher als primäre Pflichten selbstständig einklagbar; anders gebieten Nebenpflichten als bloße Verhaltens- oder Rücksichtspflichten keine zusätzliche Leistung, sondern ergänzen vielmehr die Hauptleistung und sichern den Leistungserfolg; sie sind dann nicht selbstständig einklagbar.[45]

Rechtliche Relevanz hat überhaupt nur die Grenzziehung der Klagbarkeit. Klagbare Leistungspflichten außerhalb der Hauptpflichten sind etwa die Kosten der Übergabe der Kaufsache (§ 448) oder öffentlicher Lasten (§ 436 Abs. 1: z.B. haben kommunale Erschließungskosten für beschlossene, aber noch nicht ausgeführte, für bautechnisch begonnene und v.a. für bereits abgeschlossene, aber bisweilen nach vielen Jahren noch nicht abgerechnete Straßen- oder Kanalbaumaßnahmen beim Grundstückskauf erhebliches und oft verstecktes, vertraglich gestaltbares Kostenpotenzial). Ebenfalls selbstständig klagbar ist die Beschaffenheits- oder Haltbarkeitsgarantie (§ 443). Und schließlich eine vereinbarte Montage oder bei zur Montage bestimmten Sachen die Beifügung einer korrekten und verständlichen Montageanleitung (§ 434 Abs. 2). Weitere Leistungspflichten können von den Parteien beliebig vereinbart werden oder sich aus dem Vertragszweck ergeben, etwa die Einweisung des Käufers in den Gebrauch einer gekauften Maschine oder die einmalige Wartung nach einer Anlaufphase (soweit diese Zusatzleistung das Gesamtbild der Hauptleistung jedenfalls kaum verändert; sonst sog. gemischter Vertrag aus Kauf mit Dienst- oder Werkelementen).

4. Unterscheidung

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Die Hauptpflichten charakterisieren den Vertragstyp. Der (formalistische) Leistungsaustausch genügt allein meist noch nicht zur Erreichung des dem Schuldverhältnis zugrundeliegenden Vertragszwecks. Zur Erfüllung der nach den konkreten Umständen berechtigten Erwartungen des Gläubigers und soweit diese dem Schuldner bekannt sind oder sein müssten, erweitern Nebenleistungspflichten die vertraglichen Leistungsgebote.[46] Auch diese Pflichten sind als primäre selbstständig einklagbar, allerdings nicht für den Vertragstyp charakteristisch (z.B. die Schlüsselübergabe bei Mietbeginn und -ende oder die Montagepflicht eines gelieferten Schrankes eines konventionellen Einrichtungsgeschäfts).

Diese Einteilung ist praktisch wichtig, indem der Gläubiger echte (Neben-)Leistungspflichten selbstständig einklagen kann. Überdies gibt ihm die Einrede des nichterfüllten Vertrags gem. § 320 Abs. 1 insoweit ein Zurückbehaltungsrecht an seiner geschuldeten Gegenleistung, jedenfalls sobald er mit dieser nicht seinerseits vorleistungspflichtig ist (vgl. § 321). Außerdem führen nur Mängel in der Erfüllung von Leistungspflichten (Schlechtleistung) zu Gewährleistungsansprüchen, welche wiederum zuerst auf Nacherfüllung gerichtet sind, §§ 437 Nr. 1, 439, und insoweit das Zurückbehaltungsrecht des § 320 Abs. 1 verlängern.

5. Schutzpflichten

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Neben diesen Haupt- und Nebenleistungspflichten bestehen im Rahmen des Schuldverhältnisses, aufgrund Auslegung nach § 157 und aus Treu und Glauben (§ 242) eine Vielzahl von (sog. Neben-, Schutz- und Treu-)Pflichten, die unselbstständig und also nicht als solche einklagbar sind. Sie erweitern nicht die Leistungsgebote, sondern ergänzen die Hauptleistung. Sie können (umgangssprachlich) durchaus in einer „Leistung“ bestehen, etwa Auskunfts-, Beratungs-, Verpackungs- oder Versicherungspflichten, ohne dass diese Pflichten aber durch Erfüllungsklage aus dem Vertrag oder mittels Gewährleistungsfolgen erreicht werden könnten. Obwohl auf die Hauptleistung bezogen, stehen sie nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis (Synallagma) und ihr Versäumnis macht die eigentliche Leistung nicht mangelhaft. Die Pflichten schützen „nur“ das Integritätsinteresse.

Beispiel:

Die mangelhafte Verpackung etwa beim Versendungskauf (§ 447) an einen Verbraucher bleibt folgenlos, wenn die Ware dennoch unversehrt ankommt.[47] Führt sie zu einem Transportschaden, so war die Kaufsache im Zeitpunkt des Gefahrübergangs, nämlich bei Übergabe an die Transportperson, dennoch mangelfrei (§ 434); Rechte des Käufers bestehen aber auf Schadensersatz gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2. Gleiches gilt zu geschuldeten Hinweisen zu Wartung und Pflege etc.

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Die Abgrenzung kann nur im Einzelfall anhand des konkreten Vertragszwecks erfolgen. So ist die Verpackungspflicht gegenüber einem gewerblichen Wiederverkäufer sicher synallagmatische Nebenleistungspflicht; ihr Versäumnis führt dann an sich bereits zur Mangelhaftigkeit (unabhängig von Transportschäden).

Beispiel:

Schuldet ein Küchenfachgeschäft anders als beim bloßen Abverkauf regelmäßig und auch ohne besonderes Entgelt sowohl eine Gestaltungsberatung wie das Einmessen des Raumes, dann im Hinblick auf die erkennbare und berechtigte Erwartungshaltung auf eine passgenaue, subjektiv wohlgefällige und arbeitsökonomisch sinnvolle Küche. Fehlende Passung ist dabei ein Sachmangel, das Einmessen des Raumes hierfür lediglich notwendiges Hilfsmittel, selbst aber keine klagbare Pflicht. Die Gestaltungsberatung dagegen ist Nebenleistungspflicht und steht als solche im Gegenseitigkeitsverhältnis, weil selbst eine bedürfnisgerechte Küche berechtigte Fragen zu Alternativen und des Geschmacks jedenfalls nicht ausschließt.

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Schutzpflichten bestehen auch außerhalb des eigentlichen Vertragszwecks; so die aus § 242 abgeleiteten und in § 241 Abs. 2 ausdrücklich benannten Rücksichtspflichten, die auf eine durch den Schutz des Vertragspartners gebotene Fürsorge gerichtet sind. Der Umfang solcher Fürsorgepflichten ergibt sich wiederum aus dem Vertragszweck, insb. der persönlichen Enge der schuldrechtlichen Bindung und ist ein anderer, je danach, ob es sich um einen alltäglichen Supermarkteinkauf, den Erwerb von Haute Couture in einer exklusiven Boutique oder von Medikamenten in der Apotheke handelt. Während der Supermarkt sich auf den Schutz vor herabfallenden Gegenständen und Sturzgefahren beschränken kann, mag man beim Erwerb von Luxusgütern von einer darauf spezialisierten Boutique durchaus erwarten, vor einem Fehlkauf auch insoweit gewarnt zu werden, als individuelle Umstände für die Nutzungsmöglichkeiten berücksichtigt werden (bei außergewöhnlichen Pflanzen auch z.B. hinsichtlich der Standort- und Pflegeanforderungen) oder der Apotheker auf Risiken und Nebenwirkungen ebenfalls ungefragt hinweisen muss.

Beachte:

Die fehlende Eignung des Kleidungsstücks für einen dem Verkäufer konkret angegebenen Anlass ist hingegen die Verletzung einer echten Nebenleistungspflicht jedes Bekleidungsfachgeschäfts und damit ein Sachmangel (selbstredend nicht so beim Textil-Discounter), etwa wenn ein Hochzeitsgast mit der dafür zu erwerbenden Robe erkennbar Gefahr läuft, einer Braut „die Show zu stehlen“.[48]

6. Culpa in Contrahendo

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Bei Verletzung solcher Schutz- oder Fürsorgepflichten aus Schuldverhältnissen richtet sich die Haftung nach § 280 Abs. 1 auf Ersatz des hierdurch schuldhaft verursachten Schadens (z.B. hinsichtlich herabfallender Gegenstände oder Rutschgefahren im Supermarkt auch ohne Vertragsschluss als vorvertragliche Pflichtverletzung über § 311 Abs. 2; ähnlich Probefahrten vor einem Pkw-Kauf). Verliert dadurch auch die Hauptleistung ausnahmsweise ihr Interesse, kann gem. § 282 sogar Schadensersatz statt der (ganzen) Leistung verlangt werden.

7. Prüfungsschema zum Schadensersatz neben der Leistung, § 280 Abs. 1 (culpa in contrahendo oder Nebenpflichtverletzung)

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I. Anspruchsvoraussetzungen 1. Schuldverhältnis a) Vertragliches oder gesetzliches Schuldverhältnis, § 311 Abs. 1 b) Oder als c.i.c bei vorvertraglichem Schuldverhältnis, § 311 Abs. 2 – Nr. 1: Vertragsverhandlungen – Nr. 2: Vertragsanbahnung – Nr. 3: ähnliche geschäftliche Kontakte c) Oder Eigenhaftung eines Dritten, § 311 Abs. 3 – Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens (mehr als Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte) – besonderes wirtschaftliches Eigeninteresse (z.B. Strohmanngeschäfte; mittelbare Stellvertretung) 2. (Neben-)Pflichtverletzung a) Verletzung von Nebenpflichten (§ 241 Abs. 2) – Schutz-, Aufklärungs-, Verkehrssicherungspflichten – Grundloser Abbruch von Vertragsverhandlungen b) Achtung: Verletzung von Leistungspflichten nur hinsichtlich von Mangelfolgeschäden (Besonderheiten bei Kauf- und Werkverträgen). 3. Vermutetes Verschulden, § 280 Abs. 1 S. 2
II. Rechtsfolgen 1. Schadensersatz neben der Leistung 2. Evtl. parallel Aufwendungsersatz, § 284
III. Keine Verjährung (§§ 195, 199 Abs. 1, beachte § 199 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 2)

8. Rechtsfolgen

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Diese Einteilung dient zuerst dazu nachzuvollziehen, was die Vertragschließenden sich von dem Kauf als Planungsgeschäft und vor allem sodann gegenseitig versprochen haben. Dies ist maßgeblich für die berechtigte Erwartung des jeweils anderen (Äquivalenzinteresse). Daran richten sich die Voraussetzungen der Haftung des Versprechenden aus. Sowohl die inhaltliche Bestimmung der übernommenen Verpflichtungen an sich als auch ihre Einteilung als echte (Neben-)Leistungs- oder begleitende Schutzpflicht ist deshalb im Zweifel durch Vertragsauslegung vorzunehmen.[49] (Erst) Anschließend können die Voraussetzungen für Störungen in diesem Pflichtenverhältnis und Rechtsfolgen bestimmt werden. Die Primärpflichten gehen dann aufgrund ihrer Störungen in unterschiedliche Sekundärpflichten über.[50]

Solche Pflichtverletzungen sind als Unmöglichkeit, Verzögerung oder Schlechterfüllung einer bestehenden (Neben-) Leistungspflicht (Leistungsstörungen) oder als allgemeine Verletzung einer Schutzpflicht denkbar. Obwohl das BGB mittlerweile das Ziel einer einheitlichen Sekundärhaftung verfolgt (§§ 280 ff.), kommt es nicht umhin, eine besondere Sach- und Rechtsmängelhaftung für die Schlechterfüllung einer Hauptleistung als besonderes Leistungsstörungsrecht bei bestimmten Vertragstypen (insb. Kauf, Werkvertrag, Mietvertrag und Reisevertrag) selbstständig zu regeln. Das besondere Gewährleistungsrecht bei Kauf-, Werk-, Miet- und Reisemängeln berücksichtigt die besondere Interessenverteilung bei diesen Schuldverhältnissen.

9. Sachmängelhaftung beim Kauf

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Der Verkäufer ist zur Leistung mangelfreier Ware verpflichtet. Mit Lieferung des als gekauft identifizierten Gegenstands (Stückschuld) oder Aussonderung und Lieferung (vgl. § 243 Abs. 2) eines nur der Gattung nach geschuldeten Gegenstands (Gattungsschuld) ist zunächst die Verkäuferpflicht erfüllt; es obliegt nun dem Käufer, Schlechterfüllung geltend zu machen. Der Verkäufer ist nicht im Verzug. Vielmehr ist es nunmehr am Käufer zu entscheiden, ob er mit der Qualität, Menge etc. (vgl. § 434) zufrieden ist. Liegt ein Sachmangel vor, gibt das BGB dem Käufer bestimmte und nur diese Rechtsbehelfe, für deren Geltendmachung ihm Ausschlussfristen gesetzt werden.

10. Nacherfüllungsverlangen

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An erster Stelle steht das Wiederaufleben des aus dem Schuldverhältnis bereits anfänglich erwachsenen Erfüllungsanspruchs. Mit Lieferung der mangelhaften Sache hat der Verkäufer eben nicht das „Geschuldete“ geleistet. Er muss sich erneut um das „Erbringen“ der Leistung bis zum Erfolgseintritt bemühen, jedenfalls soweit ihm das etwa durch Reparatur oder Ersatzlieferung möglich ist. Aus diesem Grund stehen die weiteren Gewährleistungsrechte in § 437 Nr. 2, 3 grundsätzlich unter dem Vorbehalt einer Nachfristsetzung betreffend die zuvor zu verlangende Nacherfüllung (vgl. § 440). Der Verkäufer erhält dadurch eine „zweite Chance“, die Vertragsdurchführung zu „retten“.[51] Erst wenn diese ohne zureichenden Grund verweigert wurde oder (nach regelmäßig zu duldenden zwei Versuchen, § 440 S. 2) als fehlgeschlagen gilt, oder aber wenn die Nacherfüllung unmöglich ist, stehen die eigentlichen Gewährleistungsrechte dem Käufer zur Verfügung.[52]

a) Wahlrecht des Käufers

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Der Käufer hat nach §§ 437 Nr. 1, 439 die freie Wahl zwischen Reparatur und Ersatzlieferung, kann aber aus v.a. ökonomischen Gründen auch auf eine Nacherfüllungsart verwiesen sein (§ 439 Abs. 4). Bei Ersatzlieferung ist die mangelhafte Sache zurück zu übereignen (§§ 439 Abs. 5, 346 ff.); Nutzungsersatz ist nicht geschuldet, der Käufer hatte ja von Anfang an ein Nutzungsrecht (str., vgl. auch § 475 Abs. 3). Verbleibt nach Reparatur ein von vornherein erkennbar nicht zu beseitigender Mangel (etwa ein sog. merkantiler Minderwert einer „nur“ reparierten Sache), ist dieser zusätzlich über die Minderung auszugleichen; erweist sich die Reparatur lediglich als ungenügend, ist sie zu wiederholen bis sie als fehlgeschlagen (vgl. § 440 S. 2) oder undurchführbar gelten kann.

Der Verkäufer darf einen Mangel nicht (unbemerkt) einfach beseitigen und den Käufer damit auf diese Art der Nachbesserung festlegen (Aufspielen neuer Software in einem Pkw[53].

Ein Recht des Käufers zur Selbstvornahme und Aufwendungsersatz (wie etwa nach §§ 536a Abs. 2 Nr. 1, 637) existiert nicht. Lässt der Käufer die Sache vielmehr vorschnell selbst anderweitig reparieren, verliert er alle Gewährleistungsrechte gegen den Verkäufer, dem er dadurch dessen Nacherfüllung unmöglich macht (vgl. § 275 Abs. 1); entsprechende Kosten könnten erst als Schadensersatz nach §§ 437 Nr. 3, 440 liquidiert werden (vgl. § 249 Abs. 2 S. 1; Voraussetzung dafür wäre aber ein vom Verkäufer verschuldeter Mangel, § 280 Abs. 1 S. 2).[54]

Zwecks allfälliger Reparatur muss der Käufer die Sache jedenfalls dann zum Verkäufer verbringen und anschließend wieder abholen, wenn dafür ein Werkstattaufenthalt erforderlich ist;[55] anfallende Transport- und Reparaturkosten hat stets der Verkäufer zu tragen (§§ 439 Abs. 2, 269 Abs. 3).

Problematisch sind sog. Einbaufälle, wenn also die mangelhafte Kaufsache vor Entdeckung des Mangels bereits verbaut wurde (z.B. Dachziegel eingedeckt, Parkettstäbchen verlegt). Es geht dann um Kosten für Ausbau, Abtransport der mangelhaften und Wiedereinbau der mangelfreien Sache. Seit 2018 bestimmt hierfür § 439 Abs. 3 einen – verschuldensunabhängigen – Aufwendungsersatzanspruch des Käufers. Hat der Käufer


eine neu hergestellte mangelhafte Kaufsache
gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck

ist der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung (d.h. der Nachbesserung oder der Ersatzlieferung) verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften Sache und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen. Dieser Anspruch ist insofern bemerkenswert, als er einen Schaden ersetzt, ohne dafür die Voraussetzungen nach §§ 437 Nr. 3, 280 ff., insb. also §§ 280 Abs. 1 S. 2, 276, zu verlangen. Der „normale“ Verkäufer ist nämlich bloß Lieferant; ihn trifft für den Mangel meist gar kein Sorgfaltspflichtverstoß, also keine Schadensersatzpflicht; Schuld ist meist allein der Hersteller, der aber nicht der Verkäufer ist und deshalb selbst keine Gewährleistung schuldet. Auch ist das Herstellerverschulden dem Verkäufer nicht gem. § 278 zurechenbar, weil er sich des Herstellers eben nicht „zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient“; der Verkäufer schuldet die Herstellung nicht.

In einem zweiten Schritt wälzt § 445a das wirtschaftliche Risiko entlang der Lieferkette zurück auf den/die Vor-Lieferanten (als Regresskette letztlich auf den unternehmerisch tätigen Hersteller, vgl. § 445a Abs. 3). Es handelt sich um einen selbstständigen Regressanspruch des Verkäufers.