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gg) Insb. nachträgliche Zustimmung (Genehmigung)

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Schließt der Minderjährige einen nicht lediglich rechtlich vorteilhaften zwei- oder mehrseitigen Vertrag ohne die erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, ist dieser Vertrag schwebend unwirksam, § 108 Abs. 1 (einseitige Rechtsgeschäfte des Minderjährigen, etwa eine Kündigung durch ihn, sind nach § 111 von vornherein unwirksam). Die gesetzlichen Vertreter sind völlig frei zu genehmigen (dann Wirksamkeit gem. § 184 Abs. 1) oder die Genehmigung zu verweigern, womit der Vertrag endgültig unwirksam wird. Der Geschäftspartner kann sie nach § 108 Abs. 2 zur Erklärung auffordern, welche sodann binnen zwei Wochen nach Empfang der Aufforderung abgegeben werden kann; mit Fristablauf gilt sie als endgültig verweigert (Schweigen gilt als Ablehnung). Alternativ kann der Dritte seinerseits nach § 109 Abs. 1 widerrufen, sofern keine Einschränkungen nach Abs. 2 vorliegen. Soweit ein vom Minderjährigen geschlossener Vertrag an seinem 18. Geburtstag noch schwebend unwirksam ist, kann auch der dann Volljährige selbst die Genehmigung erteilen, vgl. § 108 Abs. 3, ist darin aber ebenfalls völlig frei; eine fortgesetzte Benutzung des Vertragsgegenstands über den Eintritt der Volljährigkeit hinaus stellt regelmäßig eine konkludente Genehmigung dar.

5. Zustandekommen von AGB-Verträgen

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Besonderheiten ergeben sich, wenn ein Vertrag einseitig durch standardisierte Inhalte (sofern sie rechtliche Regelungen enthalten!) ergänzt werden soll, die nicht lediglich das Gesetzesrecht wiederholen (vgl. § 307 Abs. 3). Häufiger Gegenstand solcher Klauseln sind z.B. Zahlungsfristen, Vorbehalte zu Material- oder Farbabweichungen, der Vorbehalt einer Selbstbelieferung, sei es als Rücktrittsvorbehalt oder auflösende Bedingung, aber auch Haftungsfreizeichnungen und Verjährungsfristen.

a) Bedeutung, Begriff und Abgrenzung zum Individualvertrag

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Allgemeine Geschäftsbedingungen sind in § 305 Abs. 1 definiert. Es sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss des Vertrages stellt. Die Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen erleichtert und beschleunigt den Abschluss von Standardverträgen und passt sie an die besonderen Bedürfnisse des Verwenders an.

Es ist im Verhältnis B2C (Unternehmer zu Verbraucher) unerheblich, ob der Verwender selbst oder ein Dritter, etwa ein Notar, die Vertragsbedingungen in den Vertragstext einbringt (vgl. §§ 310 Abs. 3 Nr. 1, 305 Abs. 1 S. 3). Ebenso ist nicht erforderlich, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen bereits zuvor verwendet wurden. Vielmehr genügt die Absicht, sie mehrfach zu verwenden und selbst dies ist bei B2C Geschäften entbehrlich (vgl. § 310 Abs. 3 Nr. 2).

§ 305b gibt im Einzelnen ausgehandelten Klauseln den Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen (so geht z.B. eine spätere mündliche Abrede als konkludenter Änderungsvertrag einer Schriftformklausel in AGB vor). Solche Individualabreden setzen die ernsthafte Möglichkeit der anderen Vertragspartei zu einer inhaltlichen Änderung der Bestimmung voraus.[29]

Schließlich gehen Unklarheiten bei der Auslegung von AGB nach § 305c Abs. 2 zu Lasten des Verwenders (verbraucherfreundliche Auslegung): Auszugehen ist vom Wortlaut jeder einzelnen Klausel, dem bei Missverständlichkeiten über seine Reichweite oder Bedeutung die für den Verwendungsgegner nachteiligste Auslegung beizumessen und anhand dieser sodann die Inhaltskontrolle nach §§ 307–309 durchzuführen ist.[30]

b) Einbeziehung von AGB

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Die Einbeziehung von AGB setzt nach § 305 Abs. 2 den ausdrücklichen Hinweis im Zeitpunkt des Vertragsschlusses und zwar nicht nur auf ihre Geltung, sondern auf ihren Inhalt voraus. Nur in Ausnahmefällen genügt ein deutlich sichtbarer Aushang am Ort des Vertragsabschlusses (z.B. bei der Parkhausbenutzung). Der bloße Abdruck Allgemeiner Geschäftsbedingungen auf der Rückseite eines Vertragsangebotes ohne ausdrücklichen Hinweis oberhalb der Unterschrift genügt zur Einbeziehung in den Vertrag ebenso wenig, wie ein Hinweis nach Vertragsschluss auf der Rechnung, einem Lieferschein oder der Eintrittskarte.[31]

Schließlich sind sog. überraschende Klauseln in den AGB, die nicht übersichtlich dargestellt und mühelos lesbar sind, oder einzelne versteckte (etwa im konkreten Zusammenhang ganz untypische oder unter irreführender Überschrift abgedruckte) Klauseln unbeachtlich, vgl. § 305c. Trotz einseitiger Stellung von AGB muss der Vertragspartner also durch den Abschluss des Vertrags mindestens konkludent sein Einverständnis mit ihnen und ihrer Geltung zu verstehen geben; diesem Zweck dienen die §§ 305 Abs. 2 bis 305c.

Im unternehmerischen Geschäftsverkehr ist § 305 Abs. 2 durch § 310 Abs. 1 S. 1 ausgeschlossen. Nach allgemeinen rechtsgeschäftlichen Regeln genügt damit jede konkludente Verständigung über die Einbeziehung solcher Inhalte, etwa durch einen bloßen Hinweis darauf, dass einem Angebot die eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen zugrunde liegen. Eine Beifügung ist dann entbehrlich. Bei branchenüblichen AGB kann ein Handelsbrauch zur Einbeziehung standardisierter AGB bestehen, der dann sogar jeden Hinweis auf deren Geltung entbehrlich macht (z.B. die Allgemeinen Deutschen Spediteur-Bedingungen, ADSp, die Vertragsbedingungen für den Güterkraftverkehrs- und Logistikunternehmer, VBGL).[32]

c) Inhaltskontrolle

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Der einseitigen Gestaltungsmacht des Verwenders werden Grenzen durch bestimmte Klauselverbote in §§ 307–309 gesetzt. Dadurch soll im Einzelfall ein zugunsten des Verwenders wirkendes einseitiges Abbedingen bestimmter gesetzlicher Regeln vermieden werden. Spezielle Klauselverbote enthalten die §§ 309, 308 und § 307 Abs. 1, 2 (als Generalklauseln).

Die in § 309 BGB genannten Klauseln „ohne Wertungsmöglichkeit“ sind ohne Weiteres immer unwirksam, wohingegen die in § 308 BGB genannten Klauseln „mit Wertungsmöglichkeit“ nur dann unwirksam sind, wenn sie im konkreten Einzelfall zu einer unangemessenen Benachteiligung führen; dafür verwendet § 308 unbestimmte Rechtsbegriffe wie z.B. „unangemessen lange“ (Nr. 1–2), „ohne sachlich gerechtfertigten (…) Grund“ (Nr. 3).

Im unternehmerischen Geschäftsverkehr gelten die §§ 308 f. nicht, vgl. § 310 Abs. 1 S. 1; lediglich § 308 Nr. 1a und 1b bleiben anwendbar. Eine Inhaltskontrolle erfolgt bei B2B Geschäften im Übrigen nur nach § 307 Abs. 1, 2, wofür die §§ 308 f. immerhin Fingerzeige geben können. Dabei sind insb. auch die Wertungen des HGB heranzuziehen.

Sind danach Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht nach § 308 oder § 309 unwirksam, verbietet § 307 solche Bedingungen, die „den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen“. Solches wird nach § 307 Abs. 2 vermutet, wenn eine Bestimmung „mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist“ (Nr. 1) oder „wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist“ (Nr. 2).

d) Nichtigkeit von Klauseln

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Nicht einbezogene oder unwirksame Klauseln sind nach § 306 Abs. 1 nichtig, während der Vertrag im Übrigen, wie auch ggf. davon nicht betroffene weitere AGB-Klauseln, wirksam bleiben (umgekehrte Vermutungsregelung als in §§ 154 Abs. 1 S. 1, 139; Ausnahme in § 306 Abs. 3). Für die unwirksamen oder nicht einbezogenen Klauseln bleibt es bei der Geltung des dispositiven Gesetzesrechts (vgl. § 306 Abs. 2). Möglich ist zwar ggf. eine ergänzende Vertragsauslegung (BGHZ 90, 69), die jedoch nicht dazu führen darf, unwirksame Klauseln in einem gerade noch billigenswerten Umfang zu retten (Verbot „geltungserhaltender Reduktion“).

Weitere Nichtigkeitsgründe bleiben unberührt. So ist insb. die Vorschrift des § 276 Abs. 3 zu beachten, wonach die Haftung für Vorsatz niemals im Voraus ausgeschlossen werden kann. Beim Verbrauchsgüterkauf gem. § 474 verbietet § 476 Abs. 1 jede dem Verbraucher nachteilige Abweichung von der gesetzlichen Mangelhaftung einschließlich einer Verkürzung der Verjährung jenseits der Mindestdauer in § 476 Abs. 2. Diese Nichtigkeitsgründe überschneiden sich mit § 309 Nr. 7 und Nr. 8 lit. b; die Wirksamkeit von Klauseln entscheidet sich nach der restriktivsten Regelung (beachte aber § 475 Abs. 3: Restriktionen des Anspruchs auf Schadensersatz bei Mängeln richten sich nur nach AGB-Recht). In Verbraucherverträgen i.S.d. § 312 sind Entgeltklauseln nach § 312a Abs. 2–5 nur eingeschränkt wirksam; alle Abweichungen von den Vorschriften der Verbraucherverträge (§§ 312–312j) zum Nachteil von Verbrauchern und Kunden sind nach § 312k unwirksam.

e) Besonderheiten kollidierender AGB; einseitiger Eigentumsvorbehalt

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Verweisen, wie oftmals zwischen Unternehmen (B2B), beide Seiten auf je ihre AGB und wird ein inhaltlicher Widerspruch nicht beseitigt, werden nach dem Prinzip der Kongruenzgeltung nur die übereinstimmenden Klauseln Vertragsbestandteil.[33] Bezüglich der anderen Klauseln ist dann auf dispositives Gesetzesrecht zurückzugreifen. Hinsichtlich eines einseitigen Eigentumsvorbehalts in AGB gelten Besonderheiten, als dieser den fehlenden Einigungswillen zur Übereignung dokumentiert (und zwar unabhängig von der Zulässigkeit der Klausel) und damit den Eigentumsübergang hindert. So ist z.B. gegenüber Verbrauchern nur der einfache EV zulässig (bedingt auf die Kaufpreiszahlung), nicht aber ein erweiterter (Kontokorrent- oder Konzernvorbehalt; Verstoß gegen § 307 Abs. 1, 2). Der Veräußerer ist in einem solchen Fall zwar zur Übereignung nach Kaufpreiszahlung verpflichtet, seine Einigung i.S.d. § 929 S. 1 fehlt dennoch und kann in eine bloße Warenübersendung eben nicht hineingelesen werden, solange noch anderweitige Verbindlichkeiten bestehen.

f) Besonderheiten des kaufmännischen Bestätigungsschreibens

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Im kaufmännischen Bestätigungsschreiben ist der erstmalige Verweis auf AGB wirksam, wenn ihre Geltung keine so schwerwiegende Abweichung vom zuvor Besprochenen bedeutet, dass redlicherweise nicht mit dem Einverständnis des Empfängers gerechnet werden kann. So können z.B. (nachträgliche) Spesenklauseln für die Kosten von Warenlieferungen auferlegt werden, was der Geschäftspartner nur durch unverzüglichen Widerspruch und auch nur dann vermeiden kann, wenn nicht ihre Geltung aufgrund eines nach § 310 Abs. 1 S. 1 genügenden Hinweises im Telefonat oder auch ohne solchen Hinweis aufgrund eines Handelsbrauchs bereits vereinbart gewesen war.

Im Falle fernmündlich geschlossener Verträge können ansonsten AGB nur durch Verlesen oder vorheriges Zusenden der AGB einbezogen werden. Der Vertragspartner hat auch die Möglichkeit, auf die Kenntnisnahme zu verzichten; alternativ kann eine aufschiebende Bedingung vereinbart werden, dass der Vertragspartner die ihm zu übermittelnden AGB genehmige.

g) Besonderheiten im Transportrecht, E-Commerce und Versicherungsrecht

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Generell gelten im Handelsrecht Restriktionen für AGB-Regelungen gem. §§ 449 (Fracht), 452d (multimodaler Transport) und 466 (Spedition) HGB. Nach §§ 449 Abs. 2 Nr. 1, 466 Abs. 2 Nr. 1 HGB sind Haftungsbeschränkungen in AGB für die vom Frachtführer oder Spediteur bei Verlust oder Beschädigung des Gutes zu leistende Entschädigung nur wirksam, wenn sie drucktechnisch besonders hervorgehoben sind; diese sind dann auch im B2B-Geschäft trotz § 310 Abs. 1 S. 1 zu übermitteln.

Beim E-Commerce-Geschäft nach § 312i Abs. 1 Nr. 4 ist der Unternehmer verpflichtet, jedem Vertragspartner, also trotz § 310 Abs. 1 S. 1 auch im B2B-Geschäft, die Möglichkeit zu verschaffen, die AGB beim Vertragsabschluss abrufen und speichern zu können. Gleiches gilt im Versicherungsvertragsrecht nach § 7 Abs. 1 VVG. Insoweit genügt der bloße Hinweis auf die Geltung nicht.

6. Verbraucherverträge

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Verbraucherverträge regelt das Zivilrecht erst seit 1985. Damit werden eine stetig wachsende Zahl EU-Richtlinien in deutsches Recht umgesetzt, die Verbraucherrechte im europäischen Binnenmarkt unter ganz verschiedenen Blickwinkeln vereinheitlichen („harmonisieren“). Gemeinsam ist ihnen nur, dass es sich um B2C-Geschäfte handelt (Definition in § 310 Abs. 3), also zwischen Unternehmer und Verbraucher (§§ 13, 14). Solche allgemeinen Verbraucherverträge bilden auch die Grundlage der Verbraucherdarlehensverträge (vgl. §§ 491 ff.), Finanzierungshilfen (vgl. §§ 506 ff.), Ratenliefergeschäfte (vgl. § 510) und des Verbrauchsgüterkaufs (vgl. §§ 474 ff.) zwischen Verbrauchern und Unternehmern, für welche aber ergänzende Sondervorschriften bestehen; vergleichbar Darlehensvermittlungsverträge für Verbraucherdarlehen (§§ 655a–e) und der Verbraucherbauvertrag (§§ 650i–n; teilweise analog auf den Bauträgervertrag anwendbar, § 650u). So wurden als Verbraucherrechte insb. das Widerrufsrecht (§ 355) geschaffen, unabhängig davon Gewährleistungsrechte beim Verbrauchsgüterkauf erweitert oder zuletzt die Rechtsstellung von Verbrauchern bei Verbraucherbauverträgen gestärkt.

a) Verbraucherbegriff

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§ 13 definiert für eine Vielzahl von Vorschriften des BGB, wer als Verbraucher zu gelten hat. Richtigerweise geht es nicht um eine Spezies Mensch, sondern um konkrete Geschäfte, die als Verbrauchergeschäfte anzusehen ist. Es sind solche, die überwiegend privaten (bzw. nicht überwiegend unternehmerischen oder selbstständigen) Zwecken dienen. Existenzgründer bzw. genauer: Geschäft im Zuge der Aufnahme einer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit fallen nicht unter den Verbraucherbegriff des § 13. Allerdings werden einzelne Geschäfte von Existenzgründern doch wieder verbraucherschützenden Rechten unterstellt (z.B. in § 513 für Finanzierungen). Komplementär dazu weist § 14 dem Unternehmerbegriff Geschäfte in Ausübung einer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit zu.

b) Verbraucherverträge und besondere Vertriebsformen

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§ 312 Abs. 1 legt einleitend den Anwendungsbereich und verschiedene allgemeine Grundsätze von Verbraucherverträgen fest. §§ 312a–h sind auf Verbraucherverträge (vgl. § 310 Abs. 3, nämlich solchen zwischen Verbrauchern und Unternehmern) anwendbar, welche entgeltlich erfolgen.

§ 312 Abs. 2–6 enthält dann (allgemeine) Sonderregeln zu bestimmten Arten von Verbraucherverträgen, die aus dem Sachzusammenhang folgen. Z.B. sind bei notariell beurkundeten Verträgen (§ 312 Abs. 2 Nr. 1) weitergehende Informationspflichten entbehrlich, weil bereits der Notar zur Belehrung verpflichtet ist und ein Widerrufsrecht nicht zur wirtschaftlichen Bedeutung solcher Verträge passte; §§ 312a–h finden deshalb regelmäßig keine Anwendung. Ähnliches gilt für (ärztliche) Behandlungsverträge nach Nr. 7, bei denen Aufklärungspflichten ebenfalls gesondert in § 630c und §§ 630e–g geregelt sind. § 312 Abs. 3–6 nimmt weiterhin auch bestimmte Geschäftsgegenstände teilweise aus. Auch Wohnungsmietverträge (§ 312 Abs. 4) und Verträge über Pflegeleistungen (Abs. 3) fallen mit einigen Ausnahmen ebenfalls unter die Verbraucherverträge.

Nach §§ 312a–k werden mehrere allgemeine Regelungen für jeweils besondere Vertriebsformen zum Abschluss von Verbraucherverträgen (§§ 312 Abs. 1, 310 Abs. 3) aufgestellt. Es sind dies Offenlegungspflichten bei Telefonanrufen (§ 312a Abs. 1) und im stehenden Handel (§ 312a Abs. 2), wobei für Fernabsatzverträge, im Reisegewerbe bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Finanzdienstleistungen strengere Sonderregelungen Vorrang haben. § 312a Abs. 3–6 schränkt Vereinbarungen über Nebenentgelte (z.B. Lieferspesen, Kosten des Zahlungsverkehrs oder einer „Hotline“ etc.) ein.

§§ 312b–g definieren zuerst zwei Vertriebsformen, nämlich die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge (hier sog. „Haustürgeschäfte“, vgl. § 312b) und die Fernabsatzverträge (vgl. § 312c). Für beide werden den Unternehmern sodann jeweils unterschiedlich weitgehende Informations- (§ 312d–e) und Dokumentationspflichten (§ 312f) auferlegt, während Verbrauchern einheitlich ein Widerrufsrecht (§ 312g) eingeräumt wird. Daran schließen sich Besonderheiten des E-Commerce in §§ 312i–j an. § 312k verbietet sodann jedes für den Verbraucher nachteilige Abweichen von den Vorschriften der §§ 312–312k.

Das Widerrufsrecht aus § 312g Abs. 1 gilt für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge (Haustürgeschäfte) und für Fernabsatzverträge. Ausnahmen bestehen nach § 312g Abs. 2 Nr. 1–13 für einige Sonderfälle, etwa für auf Wunsch des Verbrauchers individualisierte oder untrennbar mit anderen Gütern vermischte Waren, also beispielsweise digitale Inhalte auf Datenträgern. § 312g Abs. 3 räumt schließlich den Widerrufsrechten aus §§ 495, 506 und 512 (Verbraucherdarlehen, Finanzierungshilfen bzw. Teilzahlungsverträge und Ratenlieferverträge) den Vorrang ein.

c) Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen

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Die Ausübung eines in § 312g (für besondere Vertriebsformen) oder in §§ 495, 506 und 512 (Verbraucherdarlehen u.ä.) sowie in § 650l (beim Verbraucherbauvertrag) eingeräumten Widerrufsrechts und die Rechtsfolgen solchen Widerrufs werden in §§ 355–361 in 16 Paragrafen eigenständig geregelt und entsprechen seit 2014 nicht mehr den Rücktrittsfolgen.

aa) Widerruf

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Gem. § 355 Abs. 1 sind nach einem Widerruf weder Verbraucher noch Unternehmer an ihre ursprünglichen Willenserklärungen gebunden. Der Widerruf bedarf keiner Begründung, bloßes Zurücksenden der Ware reicht jedoch nicht aus. Die Frist für den Widerruf beträgt 14 Tage (§ 355 Abs. 2 S. 1) und beginnt regelmäßig mit Erhalt der Ware (§ 356 Abs. 2). Bei fehlender oder unrichtiger Belehrung über das Widerrufsrecht, kann es nach § 356 Abs. 3 S. 2 bis zwölf Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss ausgeübt werden, bei Finanzdienstleistungsverträgen sogar unbefristet. Belehrung und Widerruf bedürfen der Textform (vgl. § 126b).

bb) Rückabwicklung

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Für die Rückabwicklung sieht § 357 Abs. 1 vor, dass die empfangenen Leistungen spätestens nach 14 Tagen zurück zu gewähren sind und (Abs. 2) die ursprünglichen Lieferkosten nach der angebotenen günstigsten Versandart ersetzt werden müssen (weshalb im E-Commerce dem Käufer oft auch eine an sich völlig unrealistische „kostenlose“ Abholvariante angeboten wird). Rücksendekosten trägt nach § 357 Abs. 6 der Verbraucher (Hinweis erforderlich), der Unternehmer jedoch die Transportgefahr bei der Rücksendung. Rückzahlung des Kaufpreises kann der Verbraucher wegen § 357 Abs. 4 erst nach Rücksendung der Ware beanspruchen.

Dem Verbraucher zurechenbare Wertminderungen der Ware unterliegen nach § 357 Abs. 7 einer verschuldensunabhängigen Wertersatzpflicht des Verbrauchers.

Ist eine gelieferte Ware mangelhaft und kann der Verbraucher Rechte aus § 437 geltend machen, sind für ihn Rücktritt und Schadensersatz ggf. rechnerisch günstiger als ein parallel noch offener Widerruf.[34]

d) Beispiele

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Ein Verbrauchervertrag, der eine entgeltliche Leistung zum Gegenstand hat und zu dessen Abschluss der Verbraucher durch mündliche Verhandlungen im Bereich einer Privatwohnung bestimmt worden ist (Haustürgeschäft, vgl. §§ 312 Abs. 4, 312b), ist auch dann gegeben, wenn ein gewerblicher Vermieter einen Wohnungsmieter an der Wohnungstüre eine Modernisierungsvereinbarung mit Mieterhöhung unterschreiben lässt[35].

Standardisierte Mieterhöhungsverlangen gewerblicher Großvermieter, die eine auf die Versendung ausgerichtete Software verwenden, bei der sich lediglich der Name des Mieters, die Wohnungsbezeichnung, die Fläche der Wohnung und die Angaben zur Miete einfügen ließen, nutzen damit systematisch Techniken der Fernkommunikation. Es liegt also ein Fernabsatzvertrag i.S.d. §§ 312 Abs. 4, 312c auch dann vor, wenn diese Daten in ein nach dem äußeren Anschein individualisiertes Anschreiben einfließen, das mit Briefpost versandt wird. Allerdings soll der Widerruf einer gem. § 558b Abs. 1 erklärten Zustimmung des Mieters zu einem – im Rahmen der sog. Vergleichsmiete berechtigten – Mieterhöhungsverlangen des Vermieters nach §§ 558 Abs. 1, 558a Abs. 1 vom Anwendungsbereich des § 312 Abs. 4 S. 1 nicht erfasst sein. Die dafür vorgeschriebene Textform und die Kenntnis des Mieters von den Umständen erfordern nicht den Schutz vor Überraschung[36].

§ 2 Vertragsordnung des Bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts › A. Grundsätze › III. Schuldverhältnisse