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c) Vertretungsmacht nach BGB

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Jedes Vertreterhandeln vermag Rechtswirkungen für und gegen den Vertretenen nur zu zeitigen, wenn der Vertreter hierfür vom Vertretenen ermächtigt war, §§ 164 Abs. 1, 177 Abs. 1.[21] Vertretungsmacht ist der Oberbegriff. Vollmacht ist die durch Rechtsgeschäft erteilte Vertretungsmacht (§ 166 Abs. 2, egal ob für konkrete Willenserklärungen, so bei § 164 Abs. 1, oder für bestimmte Geschäftsvorfälle ausgesprochen, so bei §§ 49–56 HGB) im Unterschied zur gesetzlichen Vertretungsmacht (z.B. § 1629 Abs. 1 S. 1) oder organschaftlichen.

Überschreitet der Vertreter bewusst oder versehentlich den Ermächtigungsumfang, so berechtigt und verpflichtet das derart abgeschlossene Geschäft nicht den Hintermann (vgl. § 177 Abs. 2), vielmehr haftet der vermeintliche Vertreter selbst (vgl. § 179). Die genaue Bestimmung des Umfangs der Vertretungsmacht entscheidet also über die rechtsgeschäftlichen Wirkungen im Außenverhältnis und ist somit Maßstab für Verlässlichkeit im Geschäftsverkehr.

Es gilt im BGB: Das rechtliche Können (also die wirksame Zurechnung des Vertreterhandelns im Außenverhältnis mit einem Dritten) hängt ab vom rechtlichen Dürfen (also dem Innenverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Vertreter).

d) Vertretungsmacht nach HGB: Prokura, Handlungsvollmacht

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Im Handels- und Gesellschaftsrecht[22] ist Vertreterhandeln von Gesetzes wegen aus Verkehrsschutzgründen weitgehend typisiert und überdies im Außenverhältnis teils unbeschränkbar, so gem. §§ 49 f. HGB für die Prokura (sie „ermächtigt zu allen Arten von (…) Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb (irgend)eines Handelsgewerbes mit sich bringt“); für § 54 HGB mit den verschiedenen Formen der Handlungsvollmacht („alle Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines derartigen Handelsgewerbes (…) gewöhnlich mit sich bringt“), gilt dies eingeschränkt nur im Rahmen des Vertrauensschutzes (§ 54 Abs. 3 HGB). Handlungsvollmacht hat daher stets die Kassiererin im Supermarkt, solange sie an der Kasse sitzt, über §§ 55 Abs. 1, 91 Abs. 1 HGB aber auch alle Handelsvertreter, sofern sie überhaupt Abschlussvertreter und nicht nur Vermittler sind. § 56 HGB hat beim Ladenangestellten die gleiche Funktion wie § 54 HGB, lediglich mit viel geringerer Reichweite.

Diese Typisierung des Umfangs der Vertretungsmacht schützt den Vertragspartner und somit den Handelsverkehr an sich im Vertrauen auf die Gültigkeit eines Rechtsgeschäfts. Das rechtliche Können (Außenverhältnis) ist im HGB vom rechtlichen Dürfen (Innenverhältnis) unabhängig.

Sehr umfassend ist auch die Vertretungsbefugnis von Organen von Gesellschaften. Es sind dies der Geschäftsführer der GmbH, § 35 Abs. 1 GmbHG, der Vorstand der Aktiengesellschaft, § 78 Abs. 1 AktG, oder die Komplementäre einer OHG bzw. KG, §§ 125 f. HGB (für die KG über §§ 161 Abs. 2, 170 HGB). Hierbei sind alle im Gesetz nicht ausdrücklich genannten Beschränkungen des Umfangs der Vertretungsmacht Dritten gegenüber unwirksam, vgl. § 37 GmbHG, § 78 Abs. 1 AktG, § 126 Abs. 2 HGB. (Z.B. betragsmäßige) Einschränkungen, die sich aus dem Anstellungsvertrag des Organs oder dem Gesellschaftsvertrag ergeben können, binden also nur im Innenverhältnis von Organ und Gesellschaft. Bei Verstößen ist das Rechtsgeschäft wirksam, das handelnde Organ macht sich gegenüber seiner Gesellschaft schadensersatzpflichtig. Der Geschäftsführer sollte deshalb in solchen Fällen das Rechtsgeschäft ausdrücklich nur vorbehaltlich der Zustimmung etwa von Aufsichtsrat oder Gesellschafterversammlung („Gremienvorbehalt“), in Form einer aufschiebenden Bedingung nach § 161 Abs. 1, schließen.

Im Handels- und Gesellschaftsrecht sind einschränkend v.a. die Gesamtvertretung möglich, § 125 Abs. 2 HGB, oder sogar der gesetzlich vorgesehene, aber durch Gesellschaftsvertrag abänderbare Regelfall, § 35 Abs. 2 GmbHG, § 78 Abs. 2 AktG. Das Prinzip der Selbstorganschaft[23] lässt bei Fehlen oder Ausscheiden des letzten weiteren gesamtvertretungsberechtigten Organmitglieds die Einzelvertretungsbefugnis des Verbleibenden wieder aufleben. Eine organschaftliche Vertretung einer Gesellschaft ist dadurch stets sichergestellt (vgl. auch § 35 Abs. 1 S. 2 GmbHG zur Führungslosigkeit). Daneben beschränken sog. Grundlagengeschäfte, die das Unternehmen selbst zum Gegenstand haben und deshalb zwingend den Gesellschaftern vorbehalten bleiben müssen, den Umfang der organschaftlichen Vertretungsmacht. Tätigt ein organschaftlicher Vertreter dennoch solche Geschäfte, sind diese gem. § 177 Abs. 1 BGB schwebend unwirksam, allerdings meist ohne dass der Vertragspartner deswegen den Organvertreter belangen könnte (vgl. § 179 Abs. 3).

e) Grenzen jeder Vertretungsmacht

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Schließlich wird jede Vertretungsmacht beschränkt durch das Verbot des kollusiven Handelns von Vertreter und Geschäftspartner zum Nachteil des Vertretenen und des offenkundigen Missbrauchs der Vertretungsmacht durch den Vertreter.[24] § 181 verbietet Insichgeschäfte des Vertreters.[25]

f) Widerruf der Vollmacht

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Die Vertretungsbefugnis endet grundsätzlich durch ihren Widerruf.[26] Fälle organschaftlicher Vertretung enden üblicherweise durch das Ausscheiden aus dem Organ als solches. Hinsichtlich der handels- und gesellschaftsrechtlichen Vollmachten und Organstellungen ist zum Schutz des Vertragspartners § 15 HGB zu beachten, soweit die Handelsregisterlage nicht mit der wirklichen Rechtslage übereinstimmt; außerdem §§ 674 und 729 BGB, die das einer erteilten Vollmacht zugrundeliegende Rechtsverhältnis (Geschäftsführungsbefugnis aus Auftrag oder Gesellschaft) und damit gem. § 169 auch seine Vollmacht fortbestehen lassen, solange der Vertreter von ihrem Erlöschen nicht weiß oder wissen müsste. § 169 schützt damit den Vertreter im Hinblick auf § 179 Abs. 2.

g) Duldungs- und Anscheinsvollmacht

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Auch ohne Erteilung einer Vollmacht kann das Handeln eines angemaßten Vertreters Rechtsfolgen für den so Vertretenen haben: wenn er weiß, dass ein anderer für ihn handelt und er dessen Auftreten bewusst duldet, sog. Duldungsvollmacht. Die bewusste Duldung kann dabei als konkludente Vollmachtskundgabe nach §§ 171, 172 behandelt werden. Der Vertretene ist damit an das Rechtsgeschäft aus dem Vertreterhandeln gebunden.

Um eine Anscheinsvollmacht handelt es sich, wenn der Vertretene das Auftreten des anderen nicht kennt, bei pflichtgemäßer Sorgfalt aber hätte kennen und verhindern können. Ein solcher Fahrlässigkeitsvorwurf kann nur dann Bestand haben, wenn rechtlich ein bestimmtes Verhalten erwartbar gewesen wäre und der Dritte redlicherweise darauf vertrauen durfte (vgl. § 54 Abs. 3 HGB analog). Damit steht die Anscheinsvollmacht einem Verschulden bei Vertragsverhandlungen nahe, was sich aus gewisser Häufigkeit und Dauer des unbefugten Vertreterhandelns oder der Aufsichtspflicht über den Handelnden (z.B. elterliche Sorge) ergeben kann. Die Haftung des nur aus Anscheinsvollmacht Vertretenen wäre dann meist nur auf Ersatz des Vertrauensschadens (sog. negatives Interesse) gem. §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 und 3 beschränkt und ggf. wegen Mitverschuldens nach § 254 zu kürzen.[27]

h) Vollmacht und Publizität des Handelsregisters

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Noch weitergehend schützt § 15 Abs. 1 und Abs. 3 HGB den Rechtsschein des Handelsregisters. Zugunsten eines redlichen Dritten gilt ein unrichtiger Registerinhalt (Abs. 3) genauso, wie eine nicht eingetragene Tatsache ihm gegenüber als inexistent gilt (Abs. 1). Eine zu Unrecht eingetragene Vertretungsmacht gilt damit genauso als wirksam erteilt, wie ein nicht eingetragener Entzug einer Vertretungsmacht als nicht erfolgt gilt.

Einem redlichen Dritten entgegengehalten werden kann ebenfalls nur eine Registereintragung (Abs. 2).

Beispiel:

Das Auftreten eines falschen Prokuristen mag also trotz Widerspruchs zur Registerlage dennoch nicht unter § 15 Abs. 2 HGB fallen, wenn nämlich Prokura wirksam erteilt gewesen war (jedoch ohne die – bloß deklaratorische, vgl. § 53 HGB – Eintragung im Handelsregister), späterhin dann widerrufen und der Widerruf (an sich verständlich aber rechtsirrig, ebenfalls) nicht eingetragen wurde; der Widerruf ist selbstständig eintragungspflichtig und gilt also über § 15 Abs. 1 HGB als nicht erfolgt. Die fehlende Voreintragung spielt keine Rolle, insb. nicht über § 15 Abs. 2 HGB; auf die wahre Rechtslage (hier die zwischenzeitlich erteilte Prokura) kann sich selbstverständlich jeder Dritte jederzeit berufen.[28]

3. Prüfungsschema zum Vertragsschluss

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Zustandekommen des Vertrags durch Angebot und Annahme (§§ 145 ff.)


I. Angebot (alle essentialia negotii; Antwort könnte schlichtes „Ja“ sein) 1. Tatbestand einer Willenserklärung a) Abgrenzung zur invitatio ad offerendum b) Geschäftsfähigkeit des Erklärenden, § 105; §§ 106 ff. c) Ggf. wirksame Stellvertretung, § 164 Abs. 1 2. Wirksamwerden durch Zugang (§ 130 Abs. 1 S. 1); ggf. wirksame Empfangsvertretung 3. Kein Erlöschen des Angebots gem. §§ 145 a.E., 146 ff., 153 a.E. 4. Kein vorheriger oder gleichzeitiger Zugang eines Widerrufs (§ 130 Abs. 1 S. 2 BGB)
II. Annahme 1. Tatbestand einer Willenserklärung a) Geschäftsfähigkeit des Erklärenden b) Ggf. wirksame Stellvertretung, § 164 Abs. 1 c) Ausnahmen z.B. § 362 HGB 2. Wirksamwerden durch Zugang (Ausnahme § 151); ggf. wirksame Empfangsvertretung 3. Inhaltliche Übereinstimmung ggf. Auslegung, §§ 133, 157 a) Übereinstimmung im Willen („falsa demonstratio non nocet“) oder b) Übereinstimmung in den Erklärungen (Auslegung nach §§ 133, 157) c) Bei Änderungswünschen § 150 Abs. 2
III. Rechtsfolge, § 311 Abs. 1 1. Vertragliches Schuldverhältnis 2. Ggf. Anfechtbarkeit

4. Geschäftsfähigkeit

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Die Geschäftsfähigkeit ist die Befähigung, selbstständig wirksam Rechtsgeschäfte vornehmen zu können (§§ 104, 105). Abzugrenzen ist die Geschäftsfähigkeit von der Rechtsfähigkeit, Deliktsfähigkeit, und Verschuldensfähigkeit.

Die Rechtsfähigkeit ist die Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein. Sie beginnt gem. § 1 mit der Vollendung der Geburt und endet gem. § 1922 Abs. 1 mit dem Tod.

Die Deliktsfähigkeit ist die Fähigkeit, eine zum Schadenersatz verpflichtende unerlaubte Handlung zu begehen. Minderjährige sind nach § 828 Abs. 1 bis zur Vollendung des siebten Lebensjahrs nicht deliktisch verantwortlich. Bei nicht vorsätzlich herbeigeführten Unfällen mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn, beginnt die Deliktsfähigkeit erst mit Vollendung des zehnten Lebensjahrs. Im Übrigen sind Personen zwischen sieben und achtzehn Jahren gem. § 828 Abs. 3 beschränkt deliktsfähig. Eine Haftung tritt nur dann ein, wenn bei der Begehung der Pflichtverletzung die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit notwendige Einsicht vorgelegen hat.

Verschuldensfähigkeit ist die Fähigkeit, die zivilrechtlichen Konsequenzen eines Verhaltens zu tragen. Das BGB definiert den Begriff des Verschuldens nicht. Nach der Verweisung in § 276 Abs. 1 S. 2 finden die §§ 827, 828 Anwendung.

a) Geschäftsunfähigkeit

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Geschäftsunfähig ist, wer noch nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat, § 104 Nr. 1, oder nicht nur vorübergehend, also dauerhaft bzw. längerfristig in seiner Geistestätigkeit gestört ist (Nr. 2). Gem. § 105 Abs. 1 ist die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen nichtig. Diese Rechtsfolge bleibt auch bestehen, wenn die rechtlichen Auswirkungen lediglich vorteilhaft sind (§ 107 bezieht sich nur auf beschränkt geschäftsfähige Minderjährige). Für einen Geschäftsunfähigen hat regelmäßig ein gesetzlicher Vertreter (die Eltern gem. §§ 1626 Abs. 1, 1629 Abs. 1 oder ein Betreuer, § 1902) zu handeln.

Nur vorübergehend Geistesgestörte (z.B. im Alkoholrausch) sind nicht geschäftsunfähig. Gem. § 105 Abs. 2 ist für die Dauer der Störung die Vornahme wirksamer Rechtsgeschäfte aber ebenso ausgeschlossen.

Sind die Voraussetzungen des § 105a zur Integration geistig Behinderter gegeben, können die Geschäfte des täglichen Lebens (Lebensmitteleinkauf; Friseurbesuch; Straßenbahnfahrt), die ein volljähriger Geschäftsunfähiger (nur § 104 Nr. 2, nicht auch § 105 Abs. 2) vornimmt, wirksam sein. Der Alkoholkauf eines krankhaft Abhängigen oder der Erwerb von fünf Wintermänteln auch bei unterschiedlichen Verkäufern bleiben aber unwirksam („Gefahr für Person oder Vermögen“) und es ist irrelevant, ob der Geschäftspartner dies erkennen konnte.

b) Beschränkte Geschäftsfähigkeit

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Gem. § 106 sind Minderjährige vom vollendeten siebten bis zum vollendeten 18. Lebensjahr beschränkt geschäftsfähig. Beschränkt geschäftsfähige Minderjährige können im Einverständnis mit den gesetzlichen Vertretern (§§ 1626 Abs. 1, 1629 Abs. 1) selbstständig rechtsgeschäftlich handeln. Ihre Geschäftsfähigkeit bestimmt sich nach §§ 107–113.

aa) Insb. lediglich rechtlich vorteilhafte Rechtsgeschäfte

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Nach § 107 kann ein Minderjähriger ein Rechtsgeschäft auch ohne die Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters wirksam abschließen, wenn es ihm lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt. Darunter sind nur solche Rechtsgeschäfte zu fassen, die für den Minderjährigen keine unmittelbaren Pflichten begründen. Eine bloß wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit, etwa aufgrund eines verhandelten geringen Einkaufspreises, genügt nicht, § 107.

Zu differenzieren sind in diesem Zusammenhang Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte. Synallagmatische Verträge wie Kauf, Tausch, Miete, verzinsliches Darlehen können nie lediglich rechtlich vorteilhaft sein, da sie stets die Pflicht zur Gegenleistung beinhalten. Für die meisten nicht synallagmatischen Schuldverhältnisse gilt grundsätzlich dasselbe. Ferner begründen auch bloße Nebenpflichten wie z.B. die Rückgabe bei der Leihe, §§ 598, 604 Abs. 1, eine Verpflichtung. Im Schuldrecht gilt die Schenkung an den Minderjährigen (auch soweit Gegenleistungen nur aus dem Geschenk zu erbringen sind, vgl. § 525 – Schenkung unter Auflage), § 516, sowie der Bürgschaftsvertrag zugunsten des minderjährigen Gläubigers, §§ 765 ff., als rechtlich vorteilhaft.

Der dingliche Erwerb von unbelastetem Eigentum und von unbelasteten Rechten ist grundsätzlich rechtlich vorteilhaft. Der Minderjährige kann die entsprechenden Verfügungen wirksam vornehmen, auch wenn das zugrundeliegende Verpflichtungsgeschäft (z.B. der Kaufvertrag) wegen seiner rechtlichen Nachteilhaftigkeit unwirksam ist (Trennungs- und Abstraktionsprinzip).

bb) Insb. rechtlich neutrale Geschäfte

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Diese Fallkonstellation beschreibt Geschäfte, in denen der beschränkt Geschäftsfähige über einen Gegenstand verfügt, der im Eigentum eines Dritten steht. Diese neutralen Geschäfte werden von der ganz h.M. unter den Anwendungsbereich des § 107 gestellt. Der Minderjährige soll hier nicht schutzbedürftig sein, denn sein Vermögen wird überhaupt nicht tangiert. Diese Annahme wird im Schrifttum durch den Rechtsgedanken des § 165 belegt. Umstritten ist in diesem Zusammenhang, ob der Dritte gutgläubig Eigentum an der durch den nichtberechtigten Minderjährigen veräußerten Sache erlangen kann. Die h.M. lässt einen gutgläubigen Erwerb zu. Die Minderheitsmeinung wendet dagegen ein, dass die §§ 932 ff. den Erwerber lediglich so stellen wollen, wie er stünde, wenn seine Vorstellungen richtig wären. In diesem Fall wäre der Minderjährige dann Eigentümer und könnte aufgrund von § 107 die dingliche Einigung gerade nicht wirksam erklären. Daraus folgt, dass gerade aus der Nichtberechtigung erst die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs eröffnet würde. Aufgrund dessen sollten die §§ 929, 932 ff. in derartigen Fallkonstellationen teleologisch reduziert werden.

cc) Insb. Vertretung ohne Vertretungsmacht des beschränkt Geschäftsfähigen

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Wenn der Minderjährige ohne Vertretungsmacht handelt oder eine ihm übertragene Vertretungsmacht (vgl. § 165) überschreitet, haftet er ohne die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters nicht als Vertreter ohne Vertretungsmacht, § 179 Abs. 3 S. 2. Der Geschäftspartner kann genausowenig auf die Vollmacht eines Minderjährigen vertrauen, wie er ansonsten auf die Geschäftsfähigkeit seines Vertragspartners vertrauen darf.

dd) Insb. Rechtsgeschäfte mit Einwilligung

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Beschränkt geschäftsfähige Minderjährige können nach § 107 mit Einwilligung der gesetzlichen Vertreter selbstständig rechtsgeschäftlich handeln. Zur vorherigen Zustimmung (Einwilligung gem. § 182) berechtigt sind die gesetzlichen Vertreter, grundsätzlich die Eltern gemeinschaftlich, §§ 1626 Abs. 1, 1629 Abs. 1. Die Zustimmung ist eine formfreie (§ 182 Abs. 2) empfangsbedürftige Willenserklärung. Die Erklärung hat entweder gegenüber dem Minderjährigen oder gegenüber seinem Vertragspartner zu erfolgen (§ 182 Abs. 1). Ferner ist auch eine Generaleinwilligung zu einem Kreis bestimmter noch nicht individualisierter Geschäfte möglich, z.B. die Einwilligung in den Abschluss aller im Zusammenhang mit einer Urlaubsreise erforderlichen Rechtsgeschäfte. Die Generaleinwilligung ist allerdings im Hinblick auf den Minderjährigenschutz eng auszulegen und darf nicht zu einer partiellen Geschäftsfähigkeit führen; auch dürfen nicht die Grenzen der §§ 112, 113 überschritten werden.

ee) Insb. teilweise unbeschränkte Geschäftsfähigkeit

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Gem. §§ 112, 113 sind beschränkt Geschäftsfähige für bestimmte Geschäfte als voll geschäftsfähig anzusehen. Für diese Fälle bedarf es einer besonderen Ermächtigung durch den gesetzlichen Vertreter beziehungsweise durch das Familiengericht. Es sind dies der selbstständige Betrieb eines Erwerbsgeschäfts, § 112, oder ein Dienst- oder Arbeitsverhältnis, § 113.

ff) Insb. Rechtsgeschäfte, die der Minderjährige mit seinem Taschengeld erfüllt

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Der sog. Taschengeldparagraf (§ 110) ist eine Vorschrift, nach der ein von einem Minderjährigen ohne die erforderliche Zustimmung des gesetzlichen Vertreters geschlossener Vertrag wirksam ist, wenn der Minderjährige die vertragsgemäße Leistung mit eigenen Mitteln bewirkt. Nach der herrschenden Meinung ist § 110 eine Auslegungsregel zu § 107. Mit der Überlassung von Mitteln durch den gesetzlichen Vertreter an den Minderjährigen erteilt dieser dadurch konkludent die Einwilligung zur Vornahme des Rechtsgeschäfts. Voraussetzung für die Rechtsfolge des § 110 und damit die rückwirkende Wirksamkeit ist, dass der Minderjährige die Verpflichtung aus dem Geschäft tatsächlich bewirkt hat. Solange der Minderjährige z.B. den Kaufpreis nicht gezahlt hat, besteht eine schwebende Unwirksamkeit des Vertrages, der dann von der Zustimmung der gesetzlichen Vertreter abhängt.