Czytaj książkę: «Handbuch Wirtschaftsprüfungsexamen», strona 51

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A. Grundlagen

§ 4 Sachenrecht › A. Grundlagen › I. Begriff und Überblick: „das Sachenrecht“

I. Begriff und Überblick: „das Sachenrecht“

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„Sachenrecht“ trifft den Inhalt dieses Abschnitts nur zum Teil. Der überwiegende Umfang widmet sich den Verfügungsgeschäften, also zumeist dinglichen Verträgen[1]. Dazu gehören v.a. die Übereignungstatbestände (§§ 929 ff. und § 873) und der gutgläubige Erwerb des Eigentums (§§ 932 ff. und § 892). Ebenso gehören dazu die Einräumung und die Übertragung von Nutzungs- und Verwertungsrechten an beweglichen und unbeweglichen Sachen. Verfügungsgeschäfte sind (wie vertragliche Schuldverhältnisse) einfach Rechtsgeschäfte. Dazu gehört auch die Abtretung von Forderungen. Sodann behandelt dieser Band einige gesetzliche Schuldverhältnisse, die nämlich durch die Einräumung von Nutzungs- und Verwertungsrechten an Sachen geschaffen werden. Alles das ist strenggenommen kein Sachenrecht, vielmehr handelt es sich um Rechtsgeschäfte und allgemeines Schuldrecht.

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Sachenrecht sind dann nur die Befugnisse und Ansprüche, die den Inhalt des Eigentums und der dinglichen Verwertungs- und Nutzungsrechte (als sog. beschränkte dingliche Rechte) bilden. Dazu gehören insb. die §§ 985 ff., welche nicht nur betreffend das Eigentum gelten, sondern durch zahlreiche Verweisungen auch weitgehend für die übrigen dinglichen Rechte. Aber auch darauf ist vielfach Schuldrecht anwendbar.

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Nachfolgend werden, eingebettet in ein grundsätzliches Verständnis von Vermögensrechten, zuerst die verfügenden Rechtsgeschäfte und damit die Übertragung aller Vermögenspositionen nebeneinandergestellt. Daran schließt sich die Erläuterung derjenigen Sachen und Sachbestandteile an, an denen überhaupt dingliche Rechte (Sachenrechte) bestehen können, gefolgt von den Inhalten dieser Sachenrechte (Eigentum und davon abgespaltene beschränkte dingliche Rechte). Die jeweiligen Erwerbs- und Übertragungsmöglichkeiten stehen sodann wieder damit im Zusammenhang (Verfügungsgeschäfte und der gesetzliche Erwerb).

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Die sachenrechtlichen Wertpapiere sind Teil der Verfügungsgeschäfte: Traditionspapiere schaffen zusätzliche Übertragungstatbestände für die ihnen zugrundeliegenden Waren.

§ 4 Sachenrecht › A. Grundlagen › II. Bedeutung einer Eigentumsordnung

II. Bedeutung einer Eigentumsordnung

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Die Freiheit der Person liegt als tragende (vor-rechtliche) Entscheidung dem Bürgerlichen Gesetz zugrunde. Eine wesentliche Ausprägung ist die Freiheit des Wirtschaftens, die nach dem Verständnis der Gesetzesverfasser insb. im freien Handel mit Gütern bestand. Handel braucht neben seiner Möglichkeit zu freier Betätigung (in der Vertragsfreiheit einschließlich der Klagbarkeit vereinbarter Forderungen und Pflichten) Sicherheit in Bezug auf den Vermögensbestand als Grundlage und Ziel jedes Wirtschaftens.

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Das vorliegend darzustellende zivilrechtliche Eigentum ist lediglich ein Ausschnitt dessen, was Grund und Zweck von „Privateigentum“ ist. Individualzweck des Privateigentums ist die individuelle Sicherheit in der Vorsorge für die Zukunft, Eigenverantwortung und die Möglichkeit freier Lebensentfaltung des Einzelnen, wozu auch das Recht auf Vererbung und die Gewährleistung von Schadensersatz im Falle widerrechtlicher Eigentumsverletzung gehört. Privateigentum ist zugleich Teil der Friedensordnung einer Gesellschaft, als es die Disposition über Konsum- wie Produktionseigentum regelt. Als Sozialzweck führt es zu einer besseren Auswertung der verfügbaren Güter, die über das Interesse am selbst zu verantwortenden Fruchtgenuss gesteuert wird. Jede legitime Rechtsordnung muss deshalb eine Privateigentumsordnung vorsehen. Privateigentum ist eine Forderung aus der Natur der individuellen menschlichen Person und zugleich der Natur der Gesellschaft. Die Ausgestaltung ist dennoch stets eine zeitgebundene Erscheinung der politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Zustände: Privateigentum führt zu einer Gliederung der Gesellschaft, etwa als Voraussetzung eines freien Marktes. Die Marktfreiheit ist ein Mittel der Sicherung sozialer Freiheit der menschlichen Person als Marktteilnehmer – im Unterschied zur Abhängigkeit von staatlicher Zuteilung.

Die zivilrechtliche Ausgestaltung des Eigentums als Rechtsinstitut des BGB und die Möglichkeit der Abspaltung bestimmter beschränkter dinglicher Sachenrechte daraus beruhen auf einem liberalen Begriff bürgerlicher Freiheit. Sie berücksichtigt (nur) die Freiheit, Eigentum zu erwerben und damit zu wirtschaften und ergänzt die Vertragsfreiheit des Schuldrechts und die Freiheit zu erben und zu vererben (Erbrecht).[2]

§ 4 Sachenrecht › A. Grundlagen › III. Sachenrechtliche Ordnung des Bürgerlichen Gesetzbuchs

III. Sachenrechtliche Ordnung des Bürgerlichen Gesetzbuchs

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Das „Sachenrecht“, wesentlich im dritten Buch des BGB geregelt, beschreibt, welche Vermögenspositionen gegenüber jedermann Schutz genießen. Dazu muss es vom Inhalt der zu schützenden Vermögensrechte ausgehen und festlegen, an welchen Gegenständen entsprechende Rechte überhaupt bestehen können und wie diese begründet und übertragen werden. Im Unterschied zu den schuldrechtlichen Vermögenspositionen, die inhaltlich weitgehend der Beliebigkeit der Beteiligten unterliegen und entsprechend nur zwischen den Vereinbarenden klagbar sind, kennzeichnet das Sachenrecht feststehende Inhalte und Formen, um Geltung gegenüber jedermann beanspruchen zu können.

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Sachenrechtliche Rechte (und ggf. korrespondierende Pflichten eines Anderen) müssen für alle in gleicher Weise unabhängig von der einzelnen Willensbetätigung gelten, nur dann sind ein allgemeines Erkennen und damit ein Schutz gegenüber jedermann möglich. Gegenstand des Sachrechts sind nicht die Sachen als körperliche Gegenstände (§ 90), sondern die an ihnen bestehenden rechtlichen Verhältnisse. Solche sachenrechtlichen Verhältnisse sind inhaltlich durch die Sachen und was man mit ihnen tun kann, bedingt.

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Das Eigentumsrecht ist das umfassende Recht an einer Sache (§ 903). Es ist ein natürliches Recht, dessen Inhalt empirisch erfahrbar und feststellbar ist. Davon abgespalten kennt das BGB zahlreiche weitere sog. beschränkte dingliche Rechte an einer Sache, die wahrnehmbar konturierte Teilinhalte des Eigentumsrechts umfassen (Nutzungsrechte, Sicherungs- bzw. Verwertungsrechte und Aneignungsrechte). Schließlich werden auch an die schlichte Innehabung einer Sache, den Besitz, (Abwehr)Rechte geknüpft.

Beispiele:

So hat der Mieter nach Überlassung der Mietsache sachenrechtlich das gegenüber jedermann wirkende Besitzrecht an ihr (vgl. die Besitzschutzansprüche der §§ 858 ff.), und kann sich Besitzstörungen und Besitzentziehungen unmittelbar gegen den Störer erwehren, etwa wenn ihm die Ausübung der Sachherrschaft durch Auswechseln der Schließzylinder an seiner Wohnungstür vereitelt wird. Auch Immissionen von Nachbarn, wie etwa Lärm oder eindringender Zigarettenqualm, können ihn in der Innehabung der Sache stören und ihm einen Beseitigungsanspruch gegen die Nachbarn geben (§ 861).

Soweit dagegen „nur“ sein Mietrecht verletzt, nicht aber zugleich die Sachherrschaft eingeschränkt wird, kann sich der Mieter gegen solche Störungen zivilrechtlich nur im Verhältnis zu seinem Vermieter zur Wehr setzen (unbeschadet evtl. daneben bestehender ordnungsrechtlicher Möglichkeiten des Öffentlichen Rechts). Dazu gehört etwa die Anbringung belästigender Überwachungskameras (außerhalb der Mietwohnung) durch Nachbarn, wobei insoweit parallel ein Beseitigungsanspruch gegen die Photographen nach § 823 Abs. 1 wegen Persönlichkeitsverletzung gegeben sein kann. Gleiches gilt z.B. hinsichtlich der Sperre der Strom-, Wasser- und Wärmezufuhr durch Versorgungsunternehmen bzw. durch eine Eigentümergemeinschaft; nicht der Besitz, sondern die Gebrauchstauglichkeit wird dadurch eingeschränkt, die aber nur der Vermieter sicherzustellen schuldet (eine Versorgungssperre kann natürlich auch eine rein schuldrechtliche Angelegenheit zwischen Mieter und Versorger sein).

§ 4 Sachenrecht › A. Grundlagen › IV. Inhalt der Sachenrechte

IV. Inhalt der Sachenrechte

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Inhalt der Sachenrechte sind daher – abstrakt gesprochen[3] – dingliche rechtliche Verhältnisse an dinglichen Rechtsgegenständen. Dingliche rechtliche Verhältnisse bestehen im Unterschied zu (schuldrechtlichen) persönlichen rechtlichen Verhältnissen an Objekten, denen solche Objekt-Eigenschaft sachenrechtlich zuerkannt ist und die damit zu dinglichen Rechtsgegenständen werden. Daraus ergibt sich zugleich, dass sie stets nur an einem – konkreten, bestimmten und einzelnen – dinglichen Rechtsgegenstand bestehen können (Bestimmtheitsgrundsatz). Schuldrechtliche Verhältnisse können dagegen in Bezug auf jedwedes Interesse als Rechtsgegenstand begründet werden. Da Schuldverhältnisse auf beliebige Objekte bezogen werden können und nicht an ihnen bestehen – sondern in Bezug auf sie – bringt die Rechtswirklichkeit beständig neue Gegenstände schuldrechtlicher Verhältnisse hervor, etwa neue Vertriebsformen wie das Franchising, „Sharing“-Modelle für die Nutzung von Fahrzeugen oder Ferienimmobilien durch mehrere Berechtigte, und lässt im Rahmen der Privatautonomie Vertragsgestaltungen zu. Dingliche Verhältnisse können dagegen sowohl ihrem Inhalt nach, wie hinsichtlich ihrer Objekte, nur in den gesetzlichen Formen begründet werden.

Beispiel:

Grundsätzlich hat der Eigentümer etwa einer Kiesgrube gem. § 903 selbst das Gebrauchsrecht, darf sie also ausbeuten. Aber er kann es auch durch Einräumung eines Nießbrauchs nach § 1030 mit dinglicher Wirkung übertragen. Dann wird der Erwerber des beschränkten dinglichen Rechts Inhaber des entsprechenden Nießbrauchs mit dem (dinglichen) Recht, auf fremdem Grund Früchte zu ziehen, also den Kies auszubeuten.

Rechtlich ausgeschlossen wäre, ein „Schürfrecht“ als Reallast einzuräumen. Nach § 1105 ist für die Reallast kennzeichnend, dass an den Berechtigten wiederkehrende Leistungen aus dem Grundstück zu entrichten sind, es sich also um ein Lieferungsrecht handelt. Inhalt einer Reallast kann also nur sein, dass sich der Eigentümer verpflichtet, die Auskiesung selbst vorzunehmen. Er „schuldet“ dabei nicht wie im Fall einer vertraglichen Pflicht, vielmehr haftet das Grundstück (und damit jeder künftige Eigentümer gleichermaßen). Gerade das erklärt, weshalb das Sachenrecht, hier die Reallast, einer individuellen Gestaltung nicht zugänglich ist.

Der Kiesabbau könnte schuldrechtlich als Pacht gestattet werden. Das Pachtrecht bestünde wegen §§ 566, 578 Abs. 1, 581 Abs. 2 ebenfalls gegenüber einem neuen Eigentümer fort. Allerdings hätte der Ersteher des Grundstücks aus einer Zwangsvollstreckung (§ 57a ZVG) oder der Erwerber bei Veräußerung durch einen Insolvenzverwalter (§ 111 InsO) ein Sonderkündigungsrecht. Der Pächter wäre also nicht gegen einen Vermögensverfall des Verpächters geschützt. Ein Nießbraucher dagegen schon, weil der Nießbrauch das Grundstück belastet, wohingegen sich die Pacht auf das Grundstück bezieht und nur den Vertragspartner belastet.

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Dabei kann das Gesetz den Kreis dinglicher Rechtsgegenstände insofern erweitern, als Sachenrechte an unkörperlichen und damit nicht sinnlich wahrnehmbaren Gegenständen zugelassen werden (z.B. dingliche Verwertungsrechte wie Nießbrauch oder Pfandrecht an schuldrechtlichen Forderungen). So kündigt das am 7. März 2019 von den Bundesministerien der Finanzen und der Justiz und für Verbraucherschutz veröffentlichte Eckpunktepapier „Eckpunkte für die regulatorische Behandlung von elektronischen Wertpapieren und Krypto-Token – Digitale Innovationen ermöglichen – Anlegerschutz gewährleisten“ an, dass elektronische Wertpapiere (sog. Security Token) kraft gesetzlicher Fiktion als Sachen anerkannt werden könnten, so dass zivilrechtliche Vorschriften zur Eigentumsübertragung Anwendung finden könnten (neben eigenständigen Regelungen zum Erwerb, Übertragung und Gutglaubensschutz von elektronischen Wertpapieren).

§ 4 Sachenrecht › A. Grundlagen › V. Sachenrecht als Teil des Vermögensrechts

V. Sachenrecht als Teil des Vermögensrechts

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Das Sachenrecht ist Teil des bürgerlichen Vermögensrechts. Vermögen kann z.B. in Form von Herrschaftsrechten an Sachen (Eigentum), als Inhaber von Forderungen, in Beteiligungen an Gesellschaften, als Inhaber von Immaterialgüterrechten (Patenten, Urheberrechten, Gebrauchs- und Geschmacksmustern) oder in Mitgliedschaftsrechten bestehen. Dem Vermögensrecht steht das Personenrecht gegenüber, welches die Sorge für das Wohl eines anderen Menschen zum Inhalt hat (vgl. z.B. die elterliche Sorge für die Person und das Vermögen des Kindes, §§ 1626, 1629).

Die personenrechtliche Sorge ist umfassend, aber der Verpflichtete weitgehend frei, wie und mit welcher Perspektive für den Sorgeberechtigten er diesem personenrechtlichen Verhältnis genügt. Jedes Vermögensrecht hat dagegen einen konkret bestimmten Erfolg zum Inhalt, der ein subjektives Recht (Anspruch), eine Pflicht oder eine Beschränkung bzw. Belastung sein kann.

Beispiel:

Nach § 903 kann der Eigentümer mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von Einwirkung ausschließen (soweit nicht Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen). § 1204 berechtigt einen Pfandgläubiger, bei Fälligkeit der Forderung Befriedigung aus der Sache zu suchen. Nach § 1191 kann der Grundschuldgläubiger eine bestimmte Geldsumme aus dem Grundstück fordern, d.h. das Grundstück haftet dafür, dass eine bestimmte Geldsumme gezahlt werde (§§ 1192, 1147).

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Das Vermögensrecht kann ein schuldrechtliches, nämlich aus einem Verpflichtungsvertrag bestehendes sein und ist dann stets ein relatives, nur dem Vertragspartner gegenüber bestehendes oder eben ein dingliches, sachenrechtliches. Das dingliche Vermögensrecht kann sowohl relative Wirkung nur gegenüber bestimmten Personen haben, so z.B. die dinglichen Ansprüche aus dem Eigentum, vgl. § 985 oder §§ 987 ff., es wirkt jedoch zumeist gegenüber jedermann, also absolut.

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Sachenrechte bestehen an einem Rechtsgegenstand und wirken daher im Gegensatz zum Schuldrecht regelmäßig auch gegen einen Sonderrechtsnachfolger in diesen Gegenstand (z.B. das dingliche Vorkaufsrecht, wenn es für mehrere oder für alle Vorkaufsfälle bestellt wird, §§ 1094 Abs. 1, 1097 HS. 2) im Unterschied zum schuldrechtlichen Vorkauf nach §§ 463 ff.; vgl. auch §§ 883 Abs. 2, 913 Abs. 1).

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Wie bereits in der Einleitung dargelegt, sind Gegenstand des Sachenrechts dingliche rechtliche Verhältnisse an einem dinglichen Rechtsgegenstand. Als Grundbegriffe des Sachenrechts sind deshalb nachfolgend die dinglichen Rechtsgegenstände und sodann vor allem die Gliederung der an ihnen bestehenden dinglichen Rechte darzustellen. Der Hauptteil widmet sich sodann Inhalt und Wirkungen sowie Begründung, Übertragung und Beendigung dinglicher rechtlicher Verhältnisse, also von Sachenrechten.

Vermögensrechte des Schuldrechts und des Sachenrechts sind übertragbar. Ausnahmen bestehen hier wie dort aus einer höchstpersönlichen Bindung der Rechte, wie etwa im Sachenrecht für den Nießbrauch (vgl. § 1059 S. 1) und die beschränkte persönliche Dienstbarkeit (vgl. § 1092 Abs. 1 S. 1).

§ 137 S. 1 schließt ein vertragliches Veräußerungsverbot („Veräußerung“ ist die Übertragung des Eigentums durch Verfügungsgeschäft) ausdrücklich aus und S. 2 der Vorschrift beschränkt einen solchen Willen auf das schuldrechtliche Innenverhältnis der Parteien. Sie können lediglich eine Bindung in Gestalt der Treuhand wirksam vereinbaren (vgl. Sicherungseigentum).

§ 4 Sachenrecht › A. Grundlagen › VI. Grundsätze des Sachenrechts

VI. Grundsätze des Sachenrechts

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Im Schuldrecht besteht – anders als im Sachenrecht – Privatautonomie. Erscheinungsform ist die Vertragsfreiheit. Solche besteht als Abschlussfreiheit, nämlich der Befugnis, Verpflichtungsgeschäfte mit einer sich dazu anbietenden anderen Person nach freiem Belieben zu vereinbaren oder nicht zu vereinbaren. Ausnahmen hierzu bilden seltene Kontrahierungszwänge, die vornehmlich im Interesse öffentlicher Daseinsvorsorge spezialgesetzlich angeordnet sind, ebenso Diskriminierungsverbote, wie das vor allem im Arbeitsrecht geltende allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), wodurch bei Nichtabschluss von Schuldverträgen, wenn der Weigerung diskriminierende Motive zugrunde liegen, jedenfalls Schadensersatzpflichten begründet werden. Schuldrechtliche Vertragsfreiheit bedeutet darüber hinaus auch inhaltliche Gestaltungsfreiheit. Sowohl die zu übernehmenden Rechte und Pflichten eines Schuldverhältnisses wie auch die Gegenstände, auf welche diese sich beziehen, können die Vertragspartner im Verpflichtungsvertrag nach freiem Belieben bestimmen. Sie können selbstverständlich auch noch nicht vorhandene, nämlich herzustellende Gewerke, genauso aber auch noch gar nicht erfundene Gegenstände und selbst die Entwicklung noch nicht dagewesener Ideen zum Inhalt von Verpflichtungsverträgen (etwa in der Auftragsforschung entsprechender Institute) machen. Gewisse Grenzen vor allem aus systemimmanenten Gründen setzt die Rechtsordnung etwa bei Sittenwidrigkeit (vgl. § 138), beim Verstoß gegen gesetzliche Verbote (vgl. § 134). Möglich ist damit die Gestaltung auch gänzlich neuer Vertragstypen des Verpflichtungsgeschäfts, wie sich z.B. an den im Teil 1 erwähnten neuartigen Netzverträgen im Vertriebsrecht zeigt.[4] Schließlich gehört auch die weitgehende Formfreiheit von Schuldverträgen hierher.

1. Typenzwang und numerus clausus

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Das Sachenrecht schränkt im Interesse einer eindeutigen Vermögenszuordnung die Möglichkeit ein, andere sachenrechtliche „Typen“ zu erfinden.

Beispiele:

An einem Kfz kann keine Hypothek (§ 1113 Abs. 1: ein besitzloses Pfandrecht an einem Grundstück) errichtet werden. Zwar spräche technisch nichts dagegen (vgl. Fahrzeughypothek nach ital. Recht). Allerdings hält das BGB die Ersichtlichkeit dinglicher Rechte wegen ihrer Geltung gegenüber jedermann für angemessen und lässt daher an Mobilien nur Faustpfandrechte zu (vgl. § 1205 Abs. 1: Übergabe erforderlich).

Ein Ausweg war die Anerkennung der Sicherungsübereignung (im Wege des § 930) als Ersatz für die Mobiliarhypothek. Sie beruht auf einer pragmatischen Idee: Wenn der Sicherungsgeber als Eigentümer des Pkw kein Verwertungsrecht ohne Besitzübertragung bestellen kann, dann überträgt er stattdessen das Eigentum (und damit automatisch die Verwertungsbefugnis), behält sich aber das Nutzungsrecht (in Form des Besitzes) zurück.

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Sachenrechte unterliegen einem Typenzwang und sog. numerus clausus. Der Inhalt der einzelnen Sachenrechtsverhältnisse und die Sachenrechtsgegenstände, an denen sie bestehen, sind vorgegeben und stehen nicht zur Disposition, damit auch die Zahl ihrer Möglichkeiten.[5] Das Eigentumsrecht als umfassendes und grundlegendes Sachenrecht hat den in § 903 bestimmten weitreichenden Inhalt, nämlich mit seinem Gegenstand nach Belieben zu verfahren und andere von jeder Einwirkung auszuschließen. An Inhalt und Umfang des Eigentumsrechts als solchem kann es deshalb weder Beschränkungen noch Belastungen (mit dinglicher Wirkung) geben, vielmehr wird das Eigentumsrecht nur durch andere typisierte sachenrechtliche Verhältnisse am Eigentumsobjekt, also z.B. durch dingliche Belastungen an der im Eigentum stehenden Sache, beschränkt.

Schuldrechtliche „Belastungen“ des Eigentums, z.B. Mietrechte oder Treuhandabreden, können bei Verstößen zwar (schuldrechtliche) Schadensersatzansprüche auslösen, hindern den Eigentümer jedoch (dinglich) nicht an der umfassenden Ausübung seines Eigentumsrechts – selbstverständlich können zum Schutz bestimmter Schuldrechte korrespondierende Sachenrechte bestellt werden.

Beispiel:

Wird dem Mieter die angemietete Wohnung überlassen, begründet dies sein Besitzrecht (vgl. §§ 854 ff.) an der gemieteten Sache. Als sachenrechtlicher Besitzer kann der Mieter auch dem Eigentümer mit einem Sachenrecht entgegentreten. Er tut das dann jedoch nicht eigentlich „als Mieter“, sondern als (mietrechtlich berechtigter) Besitzer, etwa gegen besonders rabiate Vermieter.

In der Verdinglichung schuldrechtlicher Forderungen liegt auch die Bedeutung etwa einer Vormerkung (vgl. § 883 Abs. 1). Sie ist eine Belastung an einer Sache dergestalt, dass eine schuldrechtlich z.B. durch Kauf begründete Forderung in Bezug auf das Grundstück (z.B. auf Übereignung) verdinglicht wird, also mit diesem Inhalt ein Sachenrechtsverhältnis am Grundstück begründet wird. Eine nun dieses Sachenrecht beeinträchtigende anderweitigen Verfügung des Eigentümers wäre dem dinglich gesicherten Käufer gegenüber unwirksam (§ 883 Abs. 2). Die Berechtigung oder Sicherung „des Käufers“ als Vormerkungsberechtigter ist keine schuldrechtliche, sondern eine gesondert hinzutretende typisierte sachenrechtliche.

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Wo eine solche (inhaltlich passende) Type fehlt, kann diese von den Beteiligten aber nicht neu geschaffen werden. Relevant ist das auch für spätere Übertragungen etwa in der Unternehmensnachfolge.

Beispiel:

Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, dass jemand daran ein Sachenrecht erhält und „das Grundstück in einzelnen Beziehungen benutzen darf“ (Dienstbarkeit), also z.B. dort einen Strom- oder Funkmasten unterhalten, einen Parkplatz oder ein Gewerbe betreiben darf. Dies kann (1) „zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks“ (vgl. § 1018) oder (2) zu Gunsten einer beliebigen, konkret zu benennenden Person erfolgen (vgl. § 1090 Abs. 1).

Im Fall (2) wäre die sog. beschränkte persönliche Dienstbarkeit nach § 1092 Abs. 1 S. 1 „nicht übertragbar“. Sie ist personengebunden, so dass sie nur indirekt durch Share Deal übertragen werden kann, wenn sie zugunsten einer juristischen Person bestellt wurde (sie bleibt „bei dieser“ bestehen). Ist Begünstigter ein Einzelunternehmer, scheidet der Share Deal am selbst nicht rechtsfähigen Einzelunternehmen aus.[6]

Aber auch die Grunddienstbarkeit als Möglichkeit (1) ist ausschließlich an ein herrschendes Grundstück gebunden, nicht an ein darauf betriebenes Unternehmen. Eine sachenrechtliche Gestaltung im Hinblick auf eine Unternehmensveräußerung ist deshalb auch bei der Grunddienstbarkeit weder als Share Deal noch als Asset Deal möglich, solange nicht das herrschende Grundstück mitübertragen wird (die Grunddienstbarkeit bleibt „bei diesem“ bestehen).