Czytaj książkę: «Handbuch Wirtschaftsprüfungsexamen», strona 42

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4. Zusammenfassung

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Zu unterscheiden sind zuerst Zahlungen bzw. Lieferungen des Dritten ohne Veranlassung durch den Schuldner. Der Dritte hat hier bei objektiver Betrachtung nicht auf Geheiß seines Vertragspartners an den Empfänger gezahlt oder geliefert hat. Hierher rechnen Fälle des Fehlens jeder dem Schuldner zurechenbaren Anweisung oder Überweisung (etwa wegen Minderjährigkeit) ebenso wie die Einbaufälle hinsichtlich dem Dritten abhanden gekommenen Materials (das etwa der Bauhandwerker als Schuldner beim Lieferanten nicht bestellt sondern gestohlen hatte). Vergleichbar sind sodann auch Zessions- und Pfändungsfälle einer von Anfang an nicht existenten Forderung; auch bei diesen hat der Schuldner, etwa als Zedent, zwar einen Anlass für die Vermögensverschiebung gesetzt, der Dritte hat jedoch nicht deswegen, sondern aufgrund eigenen Irrtums über seine Zahlungspflicht überhaupt gezahlt (objektiv bestand keine Verpflichtung gegenüber dem Schuldner); dass das Leistungsverhältnis dadurch nicht zum (verhinderten) Zedenten entsteht, folgt daraus, dass seine Schuld beim „Zessionar“ mangels wirksamer Zession nicht getilgt werden konnte..

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Beispielhaft lässt sich das an der Zahlung auf fremde Schuld (§ 267) verdeutlichen. Erweist sich die nach § 267 zu tilgende Forderung aus dem Valutaverhältnis des Schuldners zum Empfänger als unwirksam, hat der Zahlende als Leistender die Leistungskondiktion als Direktkondiktion gegen den Empfänger.[52] Gleiches gilt etwa bei schlichter Personenverwechslung durch den Dritten bei seiner Zahlung an den vermeintlichen Gläubiger. Die Zahlung hat keine Tilgungswirkung für den (nur vermeintlichen) Schuldner und ist also nicht sein Geschäft. Zudem wird der Empfänger zumeist auch subjektiv erkennen können, dass die Zahlung wohl keine Leistung seines Schuldners ist, und ist in keiner Weise schutzwürdig. Im Grundfall gilt für den Empfänger: „Wie gewonnen, so zerronnen“.

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Anders verhält sich dies, soweit der zahlende Dritte durch die Tilgung der fremden Schuld zum Ausdruck gebracht hat, dem – vermeintlichen – Schuldner den Betrag auf jeden Fall schenken zu wollen. Hiermit vergleichbar ist die (ggf. irrige) Annahme des Bestehens eines Ablösungsrechts des Zahlenden, etwa §§ 268, 1142, 1150 etc. oder des Bestehens einer persönlichen Schuld des Dritten, wo nur dingliche Haftung vorliegt, wie beim schuldnerverschiedenen Eigentümer des mit einem Grundpfandrecht belasteten Grundstücks; jeweils sollte dem (vermeintlichen oder echten) Schuldner – erkennbar – etwas zugewandt werden, sei es nur ein Bereicherungsanspruch gegen den Empfänger.[53]

Darin sind diese Fälle irriger Annahme eines Ablöserechts zu denen anfänglich fehlender Zession oder Pfändung der Schuldnerforderung gegen den Dritten zugunsten des Empfängers verschieden. Zwar meint auch der Drittschuldner, seine Leistungspflicht im Deckungsverhältnis erfüllen zu wollen, aber das ist nicht der mit § 267 identische Vergleichsgegenstand. Die von Anfang an fehlende Zession an sich schafft bereits die zu § 267 vergleichbare Situation und führt zur Direktkondiktion als Leistungskondiktion; in solchen Fällen der Lieferkette oder solchen Zessionsfällen etc. will der zahlende Dritte dem Schuldner nicht auf alle Fälle etwas zuwenden, sondern muss exakt erfüllen und zwar nicht ggf. mit einem erfüllungshalber geschaffenen Bereicherungsanspruch gegen den (falschen) Empfänger. In der Terminologie der GoA gesprochen läge ein objektiv-neutrales Geschäft vor, wobei der Fremdgeschäftsführungswillen, nämlich gerade die Zuwendungsabsicht fehlte. Diese Zuwendungsabsicht oder die Ablöserechte sind dagegen schwerwiegende Ausnahmefälle und machen das neutrale zum subjektiv-fremden Geschäft und damit zur Leistungszuwendung.

5. Verfügung eines Nichtberechtigten

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Eine Ausnahme vom Grundsatz, dass Geleistetes nur im Leistungsverhältnis und nur mit den Leistungskondiktionen herausverlangt werden kann, enthalten §§ 816 Abs. 1 S. 1 und 816 Abs. 2 (vgl. dazu Rn. 691 ff.).

Im Unterschied zu den bisherigen Fallgruppen handelt es sich um eine Eingriffskondiktion, weshalb ihre Darstellung im dortigen Zusammenhang erfolgt; dazu gehören dann die sog. Einbaufälle, welche ganz parallel zu behandeln sind, allerdings die ggf. zugestandene Direktkondiktion (z.B. bei abhanden gekommenem Material) zumeist und aufgrund des gesetzlichen statt rechtsgeschäftlichen Eigentumsübergangs als Eingriffskondiktion greift (a.A. auch als Leistungskondiktion).

Während auch der Ausgleich nach §§ 816 Abs. 1 S. 1 und 816 Abs. 2 noch im Deckungsverhältnis erfolgt, gewähren darüber hinaus die §§ 816 Abs. 1 S. 2 und 822 die Direktkondiktion als Durchgriff gegen den Letztempfänger, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass dieser nach dem Valutaverhältnis eine unentgeltliche Zuwendung erhielt.

§ 3 Ausgleichsordnung › C. Bereicherungsausgleich › IV. Erscheinungsformen der Leistungskondiktionen

IV. Erscheinungsformen der Leistungskondiktionen

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Die Hauptfälle der Leistungskondiktionen regelt das BGB in § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 (condictio indebiti) und § 812 Abs. 1 S. 2 Alt.1 (condictio ob causam finitam). Die condictio indebiti erfährt in § 813 Abs. 1 S. 1 sodann noch eine Erweiterung ihres Anwendungsbereichs.

Weitere Bereicherungsklagen, bei denen jedoch im Unterschied zu den vorgenannten nicht die Nichtschuld, sondern der Nichteintritt bzw. der Sittenverstoß des Leistungszwecks maßgeblich sind, enthalten § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 (condictio ob rem) und § 817 S. 1 (condictio ob turpem vel iniustam causam).

1. Condictio indebiti

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Anwendungsfall ist die Leistung zur Erfüllung einer nicht bestehenden Verbindlichkeit. Der Bereicherungsanspruch ist nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 gegeben, wenn jemand „durch die Leistung eines anderen etwas ohne rechtlichen Grund erlangt“. Jener ist sodann (nur!) diesem zur Herausgabe verpflichtet.

a) Fehlender Rechtsgrund

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Die Nichtschuld kann auf einem nicht wirksam begründeten Rechtsverhältnis beruhen (etwa wegen §§ 138, 134 oder 154) oder auf rückwirkender Anfechtung des Rechtsgeschäfts (vgl. § 142 Abs. 1) aufgrund eines Anfechtungsgrundes (vgl. §§ 119, 123, 120). Hierher gehören auch Auszahlungen aus dem Stammkapital, § 30 GmbHG (vgl. Rn. 1775).

Eine Überschneidung zum Gewährleistungsrecht im Kauf- oder Werkverhältnis gibt es nur im Grenzbereich, nämlich der Zuviellieferung und der Lieferung einer anderen als der geschuldeten Sache (vgl. § 434 Abs. 3, was deshalb an sich nur nach den §§ 437 f. zu korrigieren wäre), sofern die tatsächliche Lieferung wertvoller ist als die geschuldete (und der Empfänger deshalb wirtschaftlich keinen Grund zu einem entsprechenden Vorgehen hat; die Bereicherungsklage hilft hier dem Verkäufer); Gleiches gilt für § 633 Abs. 2 und 3.[54]

Klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass die Rückgewähr wechselseitig empfangener Leistungen nach Ausübung eines (gesetzlichen oder vertraglichen) Rücktrittsrechts ausschließlich nach §§ 346 ff. erfolgt. Der Rücktritt (vgl. §§ 323 ff., 437 Nr. 2, 634 Nr. 3 etc.) lässt das ursprüngliche Schuldverhältnis als Rückabwicklungsverhältnis fortbestehen. Die ausgetauschten Leistungen sind und waren deshalb mit Rechtsgrund erfolgt.

Gleiches gilt im Falle der Ausübung eines Widerrufsrechts im Rahmen von Verbraucherverträgen (vgl. §§ 355, 356, 357 Abs. 1 S. 1, 312g Abs. 1, 312b bei Haustürgeschäften; §§ 355, 506 Abs. 1, 495 Abs. 1 bei Teilzahlungsgeschäften; § 485 mit §§ 356a, 357b, 360 Abs. 1 S. 3 bei Teilzeit-Wohnrechteverträgen; §§ 355, 356b, 495 bei Verbraucherdarlehen), wofür ebenfalls ein Rückabwicklungsschuldverhältnis (§§ 355 ff.) und nicht Nichtigkeit angeordnet ist.

b) Erweiterung durch § 813

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§ 813 regelt einen Sonderfall der Kondiktion wegen Nichtschuld. Hiernach kann das zum Zweck der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete auch dann kondiziert werden, wenn die Schuld durch eine dauernde (peremptorische) Einrede für den Gläubiger nicht durchsetzbar war.

Beispiele:

Anwendungsfälle sind die Einrede aus § 821, aus unerlaubter Handlung (vgl. § 853), erbrechtliche Einreden (etwa §§ 2083, 2345 oder 1166) sowie allgemein die Arglisteinrede und die Einrede treuwidrigen Verhaltens (vgl. § 242). Bei Leistung auf eine verjährte Forderung ist dagegen kein bereicherungsrechtlicher Rückgewähranspruch eröffnet (vgl. § 813 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 214 Abs. 2).

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Keine Kondiktion geben lediglich vorübergehende (dilatorische) Einreden (etwa aus §§ 320, 273, die Stundungseinrede oder diejenige des § 770); sie begründen also keinen Rückforderungsanspruch. Gleiches gilt bei vorzeitiger Erfüllung einer betagten Verbindlichkeit (§ 813 Abs. 2).

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Leistung in Verkennung einer Anfechtungs- oder Aufrechnungslage geben ebenfalls keinen Rückforderungsanspruch nach § 813, weil die Schuld in diesen Fällen durchaus bestanden hatte und erst durch Anfechtung oder Aufrechnung erloschen wäre bzw. im Falle der Anfechtung ggf. auch noch innerhalb offener Anfechtungsfrist erlöschen könnte.

c) Ausschlusstatbestand nach § 814

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In zwei Fällen ist der Leistende nicht schutzwürdig, weshalb § 814 die condictio indebiti ausschließt. Es ist dies die Kondiktionssperre in Folge positiver Kenntnis des Leistenden vom Fehlen des Rechtsgrundes (oder auch der die Durchsetzung der Schuld dauernd hindernden Einrede i.S.d. § 813).

Im Falle des Vertreterhandelns ist auf die Kenntnis des Vertreters abzustellen (vgl. § 166 Abs. 1 analog).

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Ebenfalls keine Rückforderung ist möglich bei Leistungen aufgrund sittlicher Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht. Der Schuldner, der sich lediglich unsicher ist, hat keine positive Kenntnis. Leistet der Schuldner trotz besserer Kenntnis unter dem Druck drohender Zwangsvollstreckung, soll die Rückforderung ebenfalls nicht ausgeschlossen sein. In Zweifelsfällen ist es für den Schuldner jedenfalls zweckmäßig, einen „Vorbehalt“ in Form auflösender Bedingung bei seiner Zahlung zu erklären. Durch ausdrücklichen Vorbehalt wird die Kondiktionssperre des § 814 ausgeschlossen.

2. Prüfungsschema zur Leistungskondiktion, § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1

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I. Voraussetzungen 1. (Kondiktionsschuldner hat) Etwas erlangt 2. Durch Leistung (des Kondiktionsgläubigers) 3. Ohne rechtlichen Grund
II. Kein Ausschluss 1. § 814 2. § 817 S. 2
III. Rechtsfolgen, §§ 818 ff.

3. Condictio ob causam finitam

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Eine Unterart der condictio indebiti ist die condictio ob causam finitam des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1. Sie stellt das Fehlen eines Rechtsgrundes bei der Leistung seinem nachträglichen Wegfall gleich.

Beispiel:

Die Herausgabepflicht besteht danach etwa beim Eintritt einer auflösenden Bedingung (vgl. § 158 Abs. 2) oder bei einverständlicher Vertragsaufhebung (i.e. Änderungsvertrag nach § 311 Abs. 1) und zwar hinsichtlich der bereits erbrachten Vorleistungen für Zeiträume nach dem dadurch bestimmten Beendigungstermin des Rechtsgeschäfts (regelmäßig Beendigung ex nunc). Ob auch der Fall der (rückwirkenden) Anfechtung (vgl. § 142 Abs. 1) nach der condictio ob causam finitam (also als nachträglicher Wegfall des Rechtsgrundes) oder nach der condictio indebiti (wegen der Wirkung ex tunc) behandelt wird, kann dahinstehen.

Zu beachten sind vorrangige Sonderregelungen etwa für die Herausgabepflicht des Beschenkten nach Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks (§§ 530, 531 Abs. 2). Ebenso die wenig relevanten Fälle der §§ 337 Abs. 2, 371 und parallel 1144.

4. Condictio ob rem

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Es handelt sich um eine Leistungskondiktion wegen Zweckverfehlung, die nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 gegeben ist, wenn „der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt“. Dieser „Erfolg“ ist nicht etwa die verfehlte Erfüllungswirkung einer Leistung an sich, weil für diesen Fall bereits der Rechtsgrund der Leistung fehlte und die condictio indebiti gegeben wäre. Auch kann kein irgendwie gearteter, über den Anspruch auf die Gegenleistung hinausgehender Erfolg Vertragsinhalt sein, bei dem die Leistung zwar dem Rechtsgrund entsprechen würde, aber dennoch zurückgefordert werden könnte; entsprechende Vorstellungen müssten, um justitiabel zu sein, als Bedingung formuliert oder zumindest interpretiert werden können (dann aber vielmehr die Condictio ob causam finitam). Im Übrigen ist die Tauglichkeit einer Leistung eine Frage der Leistungsbeschreibung und damit des Gewährleistungsrechts. Soweit dem Geschäftsinhalt vorausliegende Vorstellungen über Wertverhältnisse von Leistung und Gegenleistung sich durch nachfolgende Umstände nicht mehr aufrechterhalten lassen, greift im Übrigen die Lehre von der Geschäftsgrundlage (vgl. § 313 Abs. 1, 2).

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Die Zweckverfehlungskondiktion hat damit nur zum Gegenstand, dass eine Leistung einverständlich zum Zweck der Herbeiführung eines bestimmten in einem Verhalten des Empfängers liegenden Erfolgs bewirkt wird, dieses Verhalten dann aber ausbleibt. Aber auch insoweit ist für die Anwendbarkeit der condictio ob rem entscheidend, dass der Leistende trotz einvernehmlicher Annahme seiner Leistung keinen Anspruch auf das erwartete Verhalten erworben hätte, den er anderenfalls durchsetzen müsste und seine Leistung jedenfalls nicht nach Bereicherungsrecht zurückverlangen könnte.

Beispiele:

Anwendungsfälle der condictio ob rem[55] sind etwa die absichtsvolle Leistung eines anderen als des geschuldeten Gegenstands in der Erwartung ihrer Annahme erfüllungshalber oder an Erfüllungs statt (vgl. §§ 363 ff.). Ebenso Vorleistungen auf einen noch nicht geschlossenen Vertrag in der Erwartung, dadurch den Vertragsabschluss selbst befördern zu können. Schließlich sollen auch sog. Zweckschenkungen hierunter fallen.

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Parallel zum Ausschluss der condictio indebiti durch § 814 schließt § 815 die condictio ob rem ebenfalls unter dem Blickwinkel der Schutzunwürdigkeit des Leistenden aus, wenn dieser bei seiner Leistung positiv gewusst hatte, dass der spezielle Zuwendungszweck objektiv nicht erreichbar war oder, wenn er die Zweckerreichung später selbst treuwidrig verhindert.

5. Condictio ob turpem vel iniustam causam

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Diese Sonderform einer Leistungskondiktion greift nach § 817 S. 1, wenn der Zweck einer Leistung so bestimmt war, dass (nur) der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen hat. Ihr Anwendungsbereich ist gering, weil in solchen Fällen zumeist auch Nichtigkeit des Grundgeschäfts nach §§ 134 oder 138 eingetreten ist und daher bereits die condictio indebiti greift. § 817 S. 1 ergänzt insoweit die condictio indebiti, als im Einzelfall ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten nicht zur Nichtigkeit des Grundgeschäfts führen, und ergänzt insofern die condictio ob rem, als einer entsprechenden Zweckerreichung die rechtfertigende Bedeutung für das Behaltendürfen der Leistung genommen wird.

Beispiele:

Diese Auffangwirkung kommt insb. dort zum Tragen, wo die Rückforderung nach der condictio indebiti wegen positiver Kenntnis der Nichtschuld (vgl. § 814) ausgeschlossen ist, also etwa hinsichtlich von mittels Erpressung o.Ä. erreichten Leistungen (als solche erkannte, aber dennoch bezahlte Wucherzinsen für in einer Notlage benötigte Darlehen). Genannt wird verschiedentlich auch die Zahlung von Lehrgeld entgegen § 12 Abs. 2 BBiG oder die Zahlung von Erpressungsgeldern zur Abwendung anderenfalls angedrohter Strafanzeigen.

a) Ausschlusstatbestand des § 817 S. 2

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Nach § 817 S. 2 ist die Rückforderung ausgeschlossen, wenn (neben dem Empfänger) dem Leistendengleichfalls“ ein Gesetzes- oder Sittenverstoß zur Last fällt. Stellen sich beide Parteien derart außerhalb des Gesetzes, soll ihnen jedenfalls der Rechtschutz insoweit verweigert werden.

Beispiele für § 817 S. 2 sind etwa verbotene Schmiergeldzahlungen, Ämterkauf oder Darlehen für verbotene Glückspiele.[56] Bei solchen oder etwa wucherischen Darlehen soll allerdings die Darlehensvaluta selbst dennoch nicht beim Empfänger verbleiben,[57] was angesichts des beiderseitigen Sittenverstoßes eine einseitige Übervorteilung bedeutete, sondern nur die vorzeitige Rückforderung soll ausgeschlossen werden (da selbstverständlich auch die Vereinbarung der Laufzeit eines sittenwidrigen Darlehens unwirksam ist, handelt es sich um einen zugrunde gelegten unverbindlichen Fälligkeitstermin). Überdies soll das Darlehen nach der Rechtsprechung bis zu diesem unverbindlichen Fälligkeitstermin zinslos sein (umstritten), so dass ein zuerst überhöhter Zins in sein Gegenteil umschlägt.[58] Für dennoch gezahlte Zinsen gilt dann die condictio indebiti, ggf. mit dem Ausschlussgrund des § 814, oder wiederum § 817 S. 1 für die Rückforderungsklage.

b) Weitergehender Anwendungsbereich des § 817 S. 2

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Nach seinem Wortlaut bezieht sich § 817 S. 2 lediglich auf die Kondiktion nach S. 1.[59] Darüber hinaus soll der Ausschlussgrund auch auf die condictio ob rem (Zweckverfehlungskondiktion) anzuwenden sein, wenn also das erstrebte Verhalten ein sittenwidriges sein würde. Dabei genügt es, dass allein dem Leistenden der Sittenverstoß zur Last fällt. Der Sittenverstoß allein durch den Leistenden genügt im Übrigen stets zur Anwendung von § 817 S. 2 (so fällt bei Bewucherung oder Monopolmissbrauch der Sittenverstoß zumeist nur dem Leistenden zur Last).

§ 817 S. 2 enthält zudem die Einschränkung, „dass die Leistung in der Eingehung einer Verbindlichkeit bestand“. Dadurch bleibt die Leistungskondiktion also unberührt, wenn der sittenwidrig Leistende noch gar keine Güter zuwendet, sondern eine solche Zuwendung (als Vorstufe) lediglich verspricht (vgl. § 780). Im Ergebnis verbleiben also sittenwidrig zugewendete Güter beim ebenfalls kriminellen Empfänger (Kondiktionsausschluss), ein ihm gegebenes sittenwidriges Versprechen kann aber kondiziert werden. Hier soll der Sittenverstoß nicht mit Hilfe des Bereicherungsrechts vertieft werden, in dem dieses Leistungsversprechen dann durchsetzbar wäre.

6. Bereicherungseinrede

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Die Bereicherungsklagen wegen Nichtschuld der Leistung sind in erster Linie als Leistungsansprüche auf Herausgabe des Erlangten in Höhe der noch vorhandenen Bereicherung (vgl. §§ 818 Abs. 3 und 4, 819) gerichtet. Das Risiko inzwischen eintretender Entreicherung des Herausgabeschuldners trägt damit der Gläubiger. Soweit Leistungen noch nicht erbracht worden sind, braucht der (ehemals) Verpflichtete in Folge des Wegfalls des Rechtsgrundes seinerseits keine Leistungsklage zu befürchten.

Anders nur, wenn das unwirksam gewordene Schuldverhältnis zuvor durch eine abstrakte Verpflichtungserklärung bestätigt worden war, also insb. ein abstraktes Schuldanerkenntnis (§ 781) oder eine Stipulation (§ 780) erteilt worden war, könnte der Gläubiger trotz Nichtigkeit des Schuldverhältnisses aus diesem (hiervon „abstrakten“) Schuldgrund dennoch die Leistung fordern, welche er allerdings sodann in Folge umgekehrter Bereicherungsklage zurückgeben müsste. Dadurch würde dem Kondiktionsgläubiger aufgrund nur formaler Leistungspflicht ohne Not das Entreicherungs- wie das Insolvenzrisiko aufgebürdet. Dies zu vermeiden ist er berechtigt, die Kondiktionsklage bereits zur Verteidigung gegen das Leistungsverlangen, nämlich als Einrede, zu erheben (vgl. § 821).

Beispiel solcher abstrakten Verpflichtung ist die Gutschrift eines Zahlungseingangs auf dem Tagesauszug eines Bankkontos; diese hat zwar nach der Kontokorrentabrede keine Novationswirkung, gestattet aber dem Kunden die Verfügung über die Valuta. Handelt es sich nun um eine Fehlbuchung, darf die Bank zwar eine Korrekturbuchung vornehmen, welcher der Kunde aber u.U. widersprechen kann (vgl. dazu Nr. 8.1 AGB Banken), so dass die Bank die Bereicherungsklage erheben muss.

Durch § 821 wird nun vermieden, dass der Kunde solche Verzögerung nutzen könnte, um mit der ihm nicht zustehenden Valuta „zu verschwinden“. In der Praxis schreiben Banken typischerweise unsichere Zahlungseingänge aber von vornherein nur „Eingang vorbehalten“ (E.v.), also unter auflösender Bedingung gut. Sie greifen damit zeitlich dem § 821 nochmals vor.

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Die Bereicherungseinrede kann aus diesem Rechtsgedanken in allen Fällen erhoben werden, in denen das zu Leistende umgehend zurückgefordert werden könnte (Grundsatz des dolo agit, qui petit, quod restituere oportet eundem) und hindert dann die Durchsetzbarkeit des Leistungsanspruchs.

§ 3 Ausgleichsordnung › C. Bereicherungsausgleich › V. Nichtleistungskondiktionen, allgemeine Eingriffskondiktion