Czytaj książkę: «Handbuch Wirtschaftsprüfungsexamen», strona 24

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I. Überblick

1. Interessenwahrnehmung im fremden Rechts- und Wirtschaftskreis

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Bei Anstellungsverträgen mit Organmitgliedern juristischer Personen verkehren sich die Verhältnisse augenscheinlich; obgleich in dieser Funktion möglicherweise sogar arbeitsvertraglich gebunden (vgl. Danosa Entscheidung des EuGH[165]), üben sie Arbeitgeberfunktion aus und sind weniger Weisungsempfänger (vgl. allerdings etwa §§ 45 f. GmbHG mit weitreichenden Befugnissen der Gesellschafter; ganz anders § 76 Abs. 1 AktG), als vielmehr selber weisungsbefugt und zur Führung des Unternehmens verpflichtet. Auch bei Werkverträgen, insb. solchen auf nicht verkörperte Werkleistung, wie etwa die auf Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen durch einen Agenten gerichteten, hängen in der Durchführung von der Initiative, Fürsorge und Pflichtauffassung des Werkunternehmers ab, ohne dass eine sachlich festgelegte Beschreibung im vorhinein möglich wäre (der Einkauf oder Verkauf soll „bestens“ erfolgen). Die wichtigsten solcher Fälle sind handelsrechtlicher Natur, wie Kommission, Spedition (im Unterschied zum bloßen Frachtvertrag). Diese Form der treuhänderischen Geschäftsbesorgung ist aber auch charakteristisch für die Tätigkeit des Rechtsanwalts bei der Prozessführung, der Bank bei der Vermögensverwaltung oder der Begleitung von Unternehmenstransaktionen, der Tätigkeit des Hausverwalters und des Schiedsrichters. Auch diese schulden zwar die sachlich abgegrenzte Durchführung einer Arbeit, sind dabei aber nicht sachlich festgelegt, sondern im Interesse des Mandanten selbstständig.

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Das Treuhandverhältnis betrifft das „Innenverhältnis“ zum Treugeber, also des Geschäftsführers zur Gesellschaft, des Rechtsanwalts zum Mandanten etc.; davon zu trennen ist das „Außenverhältnis“, nämlich die Vertretungs- und ggf. Verfügungsmacht gegenüber Dritten (vgl. deutlich § 37 Abs. 1 GmbHG im Unterschied zu § 37 Abs. 2 GmbHG).

Geschäftsführungsmaßnahme ist die Bestimmung der (Unternehmens-, Prozess-) Strategie oder die Entscheidung, dass eine unternehmerische, rechtsgeschäftliche, personalpolitische etc. Maßnahme erfolgen solle. Dagegen sind der Abschluss von Verträgen zur Umsetzung, die Abgabe von Erklärungen mit Außenwirkungen (Kauf-, Arbeitsverträge etc., aber auch Insolvenzanmeldung nach § 15 InsO oder Klageerhebung vgl. §§ 80, 81 ZPO etc.) Vertretung.

Vor allem im Handelsrecht sind Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht dessen unbeschadet zwar automatisch gekoppelt, aber nicht vermischt (vgl. z.B. im Gesellschaftsrecht die organschaftliche Vertretungsmacht nach § 26 BGB; §§ 114 ff., 125 Abs. 1 HGB; § 35 Abs. 1 GmbHG; § 78 Abs. 1 AktG; im Vertragsrecht nur in § 91 HGB; vgl. überdies etwa §§ 1626, 1629 im Eltern-Kind-Verhältnis, § 1793 für den Betreuer), in allen anderen Fällen bedarf die Vertretungsmacht einer zusätzlichen rechtsgeschäftlichen Einräumung.

2. Unterschied zu sachlich festgelegten Aufgaben

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Verträgen mit Treuhandbindung ist die treuhänderische Interessenwahrnehmung eigen. Diese besteht in der selbstständigen Aufgabenverfolgung, in Eigeninitiative, Fürsorge und einer Pflichtauffassung im Interesse des Bestellers. Die Treuepflicht, Fürsorge etc. ist dabei aber nicht Nebenpflicht (wie durchaus bei Kauf-, Dienst-, Arbeits- oder Werkverträgen mit sachlich genau festgelegter Aufgabenwaltung), sondern Hauptpflicht. Vertragsinhalt ist, ein übertragenes Geschäft zu besorgen (vgl. §§ 675 Abs. 1, 662). Die Treuhandbindung überlagert den gesamten Vertragsinhalt und bedingt eine eigene Vertragsstruktur mit wesentlichen Unterschieden zum Typus des sachlich festgelegten Austauschvertrags.

3. Begriff der Geschäftsbesorgung

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Geschäftsbesorgung ist jede (selbstständige) Tätigkeit wirtschaftlicher Art zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen. Nicht darunter fallen bloßes Dulden oder Unterlassen, ebensowenig rein mechanische Handreichungen. Tatsächliche oder rechtsähnliche Handlungen können hingegen ebenso Gegenstand von Geschäftsbesorgungen sein, wie die Vornahme von Rechtsgeschäften. Nicht der technische Begriff des „Geschäfts“ ist dabei entscheidend, sondern die Art der Interessenwahrnehmung. Der Ausführende hat nach innen und außen für die Interessen des Geschäftsherrn einzutreten. Treuhänderische Geschäftsbesorgung bedeutet, dass sich der Beauftragte vorbehaltlos mit dem Interessenstandpunkt seines Mandanten identifiziert, wobei die Rechtsordnung, insb. normierte Standespflichten (etwa bei Anwälten) und die guten Sitten einen Rahmen vorgeben. Der Beauftragte hat in jeder Lage die Absichten und Interessen seines Geschäftsherrn wahrzunehmen.

4. Interessenlage der Treuhandverhältnisse

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Kennzeichnend für die Geschäftsbesorgung ist deshalb allein die Interessenlage. Geschuldet ist nicht eine zeitlich oder wertmäßig abgegrenzte „Festleistung“, sondern ein Tätigwerden entsprechend dem Willen und dem Interesse des Geschäftsherrn in dessen Rechts- und Wirtschaftskreis.

Das Treuhandelement bedingt einerseits, dass die Wirkungen aus dem Geschäft ausschließlich den Geschäftsherrn treffen, in dessen Rechts- und Wirtschaftskreis sie erzeugt werden, er trägt die Leistungsgefahr also bereits von Anfang an. Damit korrespondiert die enge Interessenbindung, aus der besondere Sorgfaltspflichten des Geschäftsführers folgen. Seine strenge Bindung drückt sich in den §§ 664, 665, 671–674 besonders aus. Die Schutzwürdigkeit des Beauftragten tritt dahinter zurück. Der Geschäftsführer kann sich nicht auf etwaig fehlende Instruktionen hinausreden, sondern schuldet eigeninitiativ das Betreiben des Geschäfts entsprechend der Absichten und Interessen seines Geschäftsherrn; was ihn selbstverständlich gerade nicht von der laufenden Rückbindung an den Mandanten entbindet (§ 665).

Die Pflicht zur Geschäftsbesorgung betrifft das Verhältnis von Geschäftsführer (Mandatar) und Geschäftsherrn (Mandant), also das sog. Innenverhältnis. Gerichtet ist die Geschäftsführung jedoch auf die Entfaltung einer Tätigkeit gegenüber Dritten, also im sog. Außenverhältnis. Der Verpflichtung im Innenverhältnis muss deshalb die Einräumung einer Rechtsstellung im Außenverhältnis entsprechen, die den Geschäftsführer zum wirksamen Handeln ermächtigt. Ist die Tätigkeit mit dem Abschluss von Rechtsgeschäften oder der Abgabe von Willenserklärungen oder der Vornahme rechtsgeschäftsähnlicher Handlungen im Namen des Mandanten verbunden, wird dies zumeist eine Vollmacht (vgl. §§ 164 Abs. 1, 180 S. 2) und für allfällige Vollzugsgeschäfte die Einräumung einer sachenrechtlichen Ermächtigung (vgl. § 185 Abs. 1) sein. Noch einen Schritt weiter als eine Ermächtigung gehen insb. die fiduziarische Überlassung von Rechten, insb. im Zusammenhang mit der Verwaltungstreuhand, aber auch die mittelbare Stellvertretung.

Der organschaftliche Geschäftsführer muss Arbeitsverträge mit den Belegschaftsmitgliedern schließen und kündigen können, ebenso Umsatzgeschäfte mit Lieferanten und Abnehmern und muss in Erfüllung dieser Verträge das Eigentum an Gütern empfangen und übertragen können etc. Eben diese „überschießenden“ Möglichkeiten durch die Abstraktheit der Vertretungsmacht (bei der rechtsgeschäftlichen Vollmacht nach § 164 Abs. 1 fehlt diese weitgehend, bei Prokura und Handlungsvollmacht und noch mehr der Vertretungsmacht als Organ wird sie besonders deutlich) ist der besondere Gegenstand der treuhänderischen Bindung im Innenverhältnis.

Das Gewicht der internen Bindung durch den Geschäftsbesorgungsvertrag steigt, je weitergehender der Geschäftsführer in den Rechts- und Wirtschaftskreis seines Auftraggebers einzugreifen vermag und dabei nur durch Selbstbeschränkung und die Pflichtauffassung im Interesse des Auftraggebers in der Durchführung des erteilten Mandats geleitet und begrenzt wird.

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Die Treuhandbindung als Hauptpflicht eines Vertrags ist ein sozialer Leistungsinhalt, der eine besonders enge Persönlichkeitsbindung erfordert. Ähnlich dem Dienstvertragsrecht gehören hierzu je nach Gegenstand des Geschäfts die Höchstpersönlichkeit der Durchführung, stets die Möglichkeit zum freien Widerruf sowie Weisungsrechte (vgl. §§ 664, 665, 671–674). Die Geschäftsbesorgung steht im Unterschied zum reinen Dienst- und Werkvertrag aufgrund des Fehlens fest bestimmter Größen der auszutauschenden Leistungen nicht in einem synallagmatischen Verhältnis, so dass auf sie die §§ 320 ff. keine Anwendung finden. Trotz Entgeltlichkeit steht dem Geschäftsführer also bei Zahlungsverzug nicht ohne Weiteres das Zurückbehaltungsrecht an seiner Tätigkeit zu.

Der besonderen Interessenlage aus der Tätigkeit im fremden Rechts- und Wirtschaftskreis folgen überdies sachliche Fürsorgepflichten, die auf Seiten des Beauftragten in Auskunfts-, Rechenschafts- und Herausgabepflichten (vgl. §§ 666, 667) bestehen, auf Seiten des Geschäftsherrn im Aufwendungsersatz und in der Vorschusspflicht (§§ 669, 670).

5. Systematik

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Das BGB ist gerade hinsichtlich der Einordnung der Treuhand wenig lebensnah und verwischt die Unterschiede verschiedener Lebenstypen, die sich kaum klar abgrenzbar unter die gesetzlichen Vertragsformen bringen lassen. Außerdem ist die Regelungsdichte umgekehrt proportional zur Häufigkeit der Erscheinungsformen.

Praktische Bedeutung hat vorwiegend die entgeltliche Geschäftsbesorgung nach § 675 Abs. 1. Hierunter fallen all diejenigen Dienst- oder Werkverträge, deren Durchführung nicht sachlich abgegrenzt ist, bei denen also keine zeitliche oder wertmäßig abgegrenzte Festleistung geschuldet wird. Es handelt sich um einen entgeltlichen Dienst- oder Werkvertrag, dessen charakteristische Hauptpflicht (auf Leistung oder Arbeitswert) noch der Konkretisierung durch den Beauftragten im Rahmen der Treubindung bedarf.

a) Grundtatbestand

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In § 675 Abs. 1 wird deshalb das Recht des Dienst- oder Werkverhältnisses durch die Geltung der Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674, ggf. auch § 671 Abs. 2 ergänzt. Es wird also auf das Recht des Auftrags verwiesen. Der Auftrag nach §§ 662 ff. übernimmt insofern die Stellung als Grundtypus eines Treuhandverhältnisses. Allerdings durchmischt das BGB diese Stellung, in dem sie durch das weitere Ordnungselement der Unentgeltlichkeit überlagert wird. Beide Prinzipien bedingen sich nicht, sondern stehen unabhängig nebeneinander. Ursprung dieser Vermischung ist das historische Missverständnis, dass Treuhandverträge stets unentgeltlich zu sein hätten („mandatum est nihil nisi gratuitum“), während gar nicht das Entgeltversprechen jemals gegen die Treuhandbindung stand. Lediglich schließt das in der Treuhandbindung liegende besondere Personenelement auf Seiten des Beauftragten das Gegenseitigkeitsverhältnis (also die synallagmatische Verknüpfung i.S.d. §§ 320 ff.) aus; verkürzt ausgedrückt: Vertrauen, Treue und Treubindung sind nicht käuflich, dürfen aber ohne Weiteres belohnt und entgolten werden.

Durch die geforderte Unentgeltlichkeit haben die §§ 662 als Schuldtypus in der Rechtswirklichkeit keine eigenständige Bedeutung, sondern nur eine im Rahmen der Verweisung durch § 675 Abs. 1. Lediglich die Vorschriften der §§ 667 und 670 machen eine Ausnahme als Auffangtatbestände für Herausgabe- und Verwendungsersatzpflichten.

b) Gefälligkeitsverhältnisse

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Die geringere Bedeutung des reinen Auftrags (§ 662) folgt schließlich auch daraus, dass unentgeltliche Besorgungen oft fest umgrenzte Leistungen betreffen, die also gar keine Treubindung als Hauptpflicht enthalten (sondern sachliche und persönliche Fürsorgepflichten allenfalls als Nebenpflichten). Vor allem aber fehlt im Zusammenhang mit der Unentgeltlichkeit meist ganz ein rechtsgeschäftlicher Charakter. Die Abgrenzung soll (ganz technisch auf dem Boden der Rechtsgeschäftslehre) danach erfolgen, ob sich die Partner rechtsgeschäftlich binden wollten (Rechtsbindungswille als Voraussetzung einer Willenserklärung; auch der Auftrag kann nur als Vertrag zustande kommen, vgl. § 662). Bloße Gefälligkeitsverhältnisse sind danach kein Rechtsgeschäft also auch kein Auftrag; Unentgeltlichkeit kann einen Hinweis auf Unverbindlichkeit geben.

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Die Abgrenzung zwischen Gefälligkeit oder Geschäftsbesorgung betrifft gesellschaftliches Entgegenkommen, wie die nicht-professionelle Obhut etwa über Kinder, Mitfahrgelegenheit für Anhalter, die Zusage über das Ausfüllen des Lottoscheins bei Tippgemeinschaften, kann aber auch die berufliche Ebene betreffen, z.B. die Gestellung eines Aushilfsfahrers durch einen befreundeten Busunternehmer bei Personalengpässen, die freundschaftlich-kollegiale und deshalb unentgeltliche Erstattung eines Gutachtens zwischen Rechtsanwälten.

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Die Frage der Zuerkennung von Rechtsfolgen bei Gefälligkeiten kann dabei nicht nur aus der Nähe zum Auftrag, sondern auch zu anderen Typenverträgen erfolgen; etwa zur Leihe bei der Überlassung eines Fahrzeugs oder zur Verwahrung bei Garderoben in Gaststätten. Indizielle Bedeutung für den rechtsgeschäftlichen Charakter hat die wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber und das mit der Durchführung verbundene Risiko und seine Beherrschbarkeit für den Beauftragten; maßgeblich sind auch die Umstände des Zustandekommens (etwa die Bitte des Mitbewohners einer studentischen Wohngemeinschaft, ihm benötigte Lebensmittel aus der Stadt mitzubringen, ist ausnahmsweise verbindlicher Auftrag, wenn der Mitbewohner sich krankheitsbedingt erkennbar darauf verlassen muss und der Angesprochene die Erfüllung der „Bitte“ zugesagt hat).

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Während das Gefälligkeitsverhältnis charakteristischer Weise gerade keinen Erfüllungsanspruch gibt, können dennoch Haftungsfolgen aus ihm erwachsen; so Schadensersatzansprüche bei „Kündigung“ zur Unzeit analog § 671 Abs. 2 S. 2 (willkürliches Aussetzen eines Beifahrers auf freier Strecke) oder (diametral entgegen § 675 Abs. 2) aus einem außerhalb schuldrechtlicher Kundenbeziehungen gegebenen beruflich-fachlichen Rat in wirtschaftlichen Angelegenheiten, wenn der Beratene erkennbar danach vermögensmäßig disponiert.

Ausgeschlossen sind bei der Gefälligkeit jedoch konkret-rechtsgeschäftliche Pflichten. Beispiel ist das Verbot der Unter„vermietung“ bei der vertraglichen unentgeltlichen Leihe durch § 603 S. 2, dessen Verletzung dann nach § 280 Abs. 1 für jeden folgenden Zufallsschaden haftbar machte (ähnlich das Verbot der Substitution, § 664 Abs. 1 S. 1).

Ausgeschlossen sind bei der Gefälligkeit aber ebenso auch konkret-rechtsgeschäftliche Haftungsprivilegierungen (z.B. aus §§ 521, 599, 690 auf grobe Fahrlässigkeit bei unentgeltlichen Verträgen): Bei der Gefälligkeit bleibt es nach Grund und Umfang bei der deliktischen Haftung nach §§ 823 ff., 276. D.h., der Verleiher eines Pferdes haftet für dessen Ungestüm nur bei grober Pflichtverletzung hinsichtlich notwendiger Vorsichtsmaßnahmen, dagegen der es aus Gefälligkeit Überlassende bereits bei jeder Erkennbarkeit eines drohenden Schadens für den Reiter.

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Eine Zwitterstellung hat die Lottotippgemeinschaft, die zwar Pflichten auf Beitragszahlung und Verteilung vereinnahmter Gewinne begründet, nicht aber eine Haftung des geschäftsführenden Mitspielers bei versäumter Abgabe des Spielscheins auf den darauf entfallenden Gewinn. Eine Verabredung über Empfängnisverhütung in einer Ehe oder Partnerschaft hat dagegen keinerlei (haftungs-)rechtliche Bedeutung (auch nicht im Hinblick auf § 826). Schließlich ist die Probefahrt vor einem Autokauf allein nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo (vgl. §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1) zu beurteilen, wobei eine Haftungsbeschränkung des Probefahrers für Unfallschäden am Probefahrzeug auf grobe Fahrlässigkeit greift.

§ 2 Vertragsordnung des Bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts › E. Treuhandverhältnisse auf Arbeitsleistung und Herstellung › II. Entgeltliche Geschäftsbesorgung

II. Entgeltliche Geschäftsbesorgung

1. Lebenstypen

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Geschäftsbesorgungen nach § 675 Abs. 1 sind alle Verwaltungen an fremdem Vermögen. Typische Beispiele sind aus dem Dienstvertragsrecht die Tätigkeit von Organmitgliedern juristischer Personen, die laufende Beratung durch Rechtsanwälte und Steuerberater, aus dem Werkvertragsrecht etwa die anwaltliche Rechtsvertretung in einer konkreten Angelegenheit, ebenso bei Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern (z.B. Erstellung oder Prüfung des Jahresabschlusses; Buchführung), aber auch die Tätigkeit von Aufsichtsratsmitgliedern. Geschäftsbesorgungen sind auch Verträge im Giro- und Inkassoverkehr, insb. für sog. Zahlungsdienste (vgl. §§ 675c–676c; etwa der Girovertrag mit einer Bank nach § 675f Abs. 2).

Beispiele:

Die implantologische Leistung des Zahnarztes ist reiner Werkvertrag auch wenn die dabei von ihm zu verantwortenden und dem Patienten weiterzubelastenden Material- und Laborkosten seines Zahntechnikers noch so sehr die Honorarhöhe bestimmen und deshalb wichtiges Patienteninteresse sind; dieser wirtschaftliche Aspekt tritt dennoch als treugebundene Nebenpflicht nach den Parteianschauungen hinter die medizinische Werkleistung zurück. Für die Abrechnung z.B. des beschafften Zahngoldes – aber eben nur insoweit – gelten die betreffenden Auftragsnormen, insb. die §§ 665–670.

Dagegen wird ein bauleitender Architekt (Verantwortung für Rechnungsprüfung und -freigabe, Qualitätskontrolle der Bauleistungen, Sicherung von Rechten bei Mängeln etc.) aufgrund Geschäftsbesorgungsvertrags tätig.

2. Haupt- und Nebenleistungspflichten

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Kennzeichnend für die Treuhandbindung ist die Verpflichtung, übernommene Geschäfte in eigener Initiative und mit Pflichtauffassung im Interesse des Auftraggebers durchzuführen. Dies bedingt insb. Auskunfts-, Rechenschafts- und Herausgabepflichten (vgl. §§ 666, 667).

a) Herausgabepflicht

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Der Geschäftsführer wird auf Rechnung des Geschäftsherrn tätig und hat diesem alle ihm zur Auftragserledigung überlassenen Mittel zurückzugeben und außerdem alles, was er „aus der Geschäftsbesorgung erlangt“, abzuführen. Beides gehört zur Herausgabepflicht nach § 667. Umfasst ist alles, was in einem inneren Zusammenhang mit der Geschäftsführung zugeflossen ist, unabhängig davon, ob der zuwendende Dritte von der Herausgabe an den Geschäftsherrn ausging oder sogar umgekehrt sie ausschließen wollte (etwa Sonderprovisionen, Schmiergelder, aber auch alle Aufmerksamkeiten und Arbeitshilfen).

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Das Erlangte ist nicht nur gegenständlich, sondern hinsichtlich der vollen erlangten Rechtsmacht herauszugeben, was eine Pflicht zur Übereignung von erlangtem Eigentum, Übertragung eingeräumten Besitzes oder Abtretung von Forderungen und Rechten nach den jeweils geltenden Vorschriften umfasst.

Der Inhalt der Herausgabepflicht hängt dabei maßgeblich davon ab, wie sich der Treuhänder im Außenverhältnis geriert: Soweit der Treuhänder nach außen (selten) als Bote oder (zumeist) bei offener Treuhand ausdrücklich als Vertreter des Geschäftsherrn aufgetreten war, liegt bereits unmittelbarer Rechtserwerb des Geschäftsherrn vor, so dass sich die Herausgabe allenfalls auf Besitzherrschaft beschränken wird. Bei verdeckter Treuhand (Strohmanngeschäfte) tritt der Geschäftsführer gegenüber Dritten im eigenen Namen auf mit der Folge eigenen Rechtserwerbs und hierauf bezogener Übertragungspflicht an den Geschäftsherrn (also Übereignung bzw. Abtretung geschuldet); für letzteren Fall kann etwa bereits mit Auftragserteilung ein antezipiertes Besitzkonstitut (§§ 930, 868) vereinbart oder als Insichkonstitut (§§ 181, 930) geschlossen werden (sofern es sich nicht sowieso um ein sog. „Geschäft für den, den es angeht“, handelt). Das Geschäftsbesorgungs-, also das Innenverhältnis bestimmt, dass alles Erlangte herauszugeben ist; was und wie etwas erlangt wird und damit in der Folge der Inhalt der Herausgabepflicht, richtet sich nach dem Außenverhältnis.

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Die Gütegefahr hinsichtlich des Erlangten (das Kapitalrisiko) und die Leistungsgefahr für zufälligen Untergang trägt der Geschäftsherr, auf dessen Rechnung die Geschäftsführung erfolgt. Der Geschäftsführer übernimmt für das Erlangte keine Garantie, sondern haftet nur verschuldensabhängig nach §§ 280 ff., insb. also bei Verzug (vgl. §§ 280 Abs. 2, 286, insb. 287).

Besonderheiten gelten ggf. aufgrund eines parallelen Besitzkonstituts (vgl. z.B. bei der Kommission die Verwahrungshaftung nach § 930 BGB) und hinsichtlich der Wertverschaffungspflicht bei Geld.

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Die Herausgabepflicht eines Treuhänders kann aus anderen Vorschriften noch weitergehend sein. So stellen sich im Giroverkehr mit Banken hinsichtlich Gutschriften auf debitorischen Konten ihres Kunden zusätzliche Probleme insolvenzrechtlicher aber auch bereicherungsrechtlicher Art. Durch die Gutschrift erreicht die Bank eine Verminderung des Schuldsaldos ihres Kunden und bedient damit letztlich nur eigene Forderungen (vgl. §§ 129, 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Die Vorteile als Zahlstelle ihres Kunden darf die Bank auch nicht nutzen, um eine ansonsten sittenwidrige Globalzession zu umgehen; während eine Globalzession zu Ansprüchen im eigenen Interesse der Bank als Gläubigerin führt, vereinnahmt sie als Zahlstelle Treuhandgelder. Zurückweisungsrechte des Kunden gegen die Gutschrift auf einem (debitorischen) Konto bestehen allgemein jedoch nur gegen Fehlbuchungen (nicht zu beanspruchende Beträge oder Buchungen auf einem anderen als dem angegebenen Empfängerkonto; oder wenn der Zahlende bewusst zu Gunsten der Bank gehandelt hat[166].

Die für organschaftliche Geschäftsführer geltenden haftungsbewehrten Verbote der Masseschmälerung in der Liquiditätskrise, vgl. § 64 GmbHG; §§ 92 Abs. 2, 93 Abs. 2, 3 Nr. 6 AktG; §§ 130a Abs. 2, 177a HGB, die durch solche Saldierungen der Bank verletzt würden, zwingen ihn deshalb, im Valutaverhältnis mit dem Zahlungspflichtigen den Geldeingang auf einem Habenkonto sicherzustellen (das aufgrund des AGB Pfandrechts der Banken überdies nicht bei einer Gläubigerbank eingerichtet werden darf, vgl. Nr. 14.1 und .2 AGB Banken, Nr. 21.1 und .3 AGB Sparkassen).

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Die Herausgabepflicht umfasst schließlich auch alle Früchte, insb. Zinsen aus dem Erlangten, soweit sie dem Geschäftsführer zufließen (vgl. etwa § 668). Hinsichtlich der Rechtsform der Herausgabe sind für Sachfrüchte die §§ 953 ff. i.V.m. 99 Abs. 1 zu beachten, hinsichtlich der Zinsen als Früchte von Rechten (§ 99 Abs. 2) hingegen wieder das Auftreten des Geschäftsführers im Außenverhältnis bei der Fruchtziehung.

Die Pflicht zur Rechenschaftslegung (§ 666) sichert dem Geschäftsherrn den Anspruch auf das Erlangte. Rechenschaftslegung ist deshalb selbstständig klagbare Nebenleistungspflicht und prozessual im Rahmen der Stufenklage (vgl. § 254 ZPO) geltend zu machen.