Czytaj książkę: «Traumprotokolle»
Christof Wackernagel
Traumprotokolle
1993 bis 2011
Band 2
© 2020 zu Klampen Verlag • Röse 21 • 31832 Springe • zuklampen.de
Korrektorat: Miriam Marie Hirschauer • Schladen
Satz: Christof Wackernagel • München
Miriam Marie Hirschauer • Schladen
Umschlaggestaltung: Germano Wallmann • Gronau • geisterwort.de
E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH • Rudolstadt
ISBN 978-3-86674-780-7
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über ‹http://dnb.dnb.de› abrufbar.
Inhalt
Cover
Titel
Impressum
VORBEMERKUNG
AB 9. OKTOBER 1993
AB 2. MÄRZ 1994
AB 23. FEBRUAR 1995
AB 30. DEZEMBER 1995
AB 9. NOVEMBER 1999
AB 9. SEPTEMBER 2000
AB 9. NOVEMBER 2002
AB 7. FEBRUAR 2003
AB 3. AUGUST 2003
AB 9. NOVEMBER 2003
AB 23. JANUAR 2004
AB 27. AUGUST 2005
AB 5. MÄRZ 2007
AB 18. AUGUST 2009
AB 4. SEPTEMBER 2009
AB 18. OKTOBER 2009
AB 9. NOVEMBER 2009
AB 3. JANUAR 2010
AB 25. FEBRUAR 2010
AB 18. MÄRZ 2010
AB 7. APRIL 2010
AB 27. AUGUST 2010
AB 18. OKTOBER 2010
AB 4. FEBRUAR 2011
AB 26. MÄRZ 2011
PERSONENREGISTER
AUTORENVITA
Vorbemerkung
Träume sind flüchtig. Sie gleichen einer vorbeiwehenden Frau, die ahnen lässt, was für erregende Unterwäsche sie trägt, aber keine Chance gibt, sie auch nur zu grüßen. Träume sind ungreifbar, man kann sie nicht festhalten, selbst die Erinnerung an sie ist allein identisch mit der durch sie erzeugten Stimmung. Diese Tatsache stellt eine Herausforderung dar.
Träume sind Kunstwerke – Traumprotokolle sind die Plots dieser Kunstwerke, Skripts, Anhaltspunkte, nicht die Kunstwerke selbst. Selbst als solche bedeutet es eine sisyphosartige Anstrengung, sie zu erstellen: je näher man an den Traum heranreicht, desto weiter rückt er weg; die Frau mit der erotischen Unterwäsche ist nicht zu kriegen. Warum ich es trotzdem versuche, ist in meinem Buch »Politik des Traums«1 nachzulesen.
Die Veröffentlichung dieser Protokolle soll die Leser dazu einladen, Träume nicht nur individualpsychologisch zu interpretieren, sondern in ihnen Gesellschaftsbilder zu sehen.
Ein Beispiel: Ich rede mit einer Freundin über die Kommune, in der wir zusammen gelebt hatten, das Scheitern dieser Idee. Das drückt individualpsychologisch aus, dass uns dies bis heute beschäftigt.
Als Bild der Gesellschaft aufschlussreich an diesem Traum ist, dass wir dieses Gespräch in einem Automobil geführt hatten, das in einer stehenden Masse von Autos steckte.
In einer globalen Gesellschaft, in der das Auto wirtschaftlich wie psychologisch eine vorherrschende Rolle spielt, erinnert das stehende Auto daran, dass die meisten Autos die meiste Zeit sinnlos herumstehen. Da Autos aber zum Fahren da sind, erinnert diese Tatsache daran, dass die Landschaften so zubetoniert werden, dass Überflutungen überhandnehmen, die Ozonschicht zerstört wird, das Artensterben beschleunigt wird etc., also die Gesellschaft als solche, und zwar die globale, wegen des Automobils sinnlos stehen geblieben ist.
Dies erweitert die individualpsychologische Interpretation um eine gesellschaftliche Dimension: So könnte man die Erinnerung an die stehen gebliebene Kommuneutopie mit der an die stehen gebliebene Gesellschaft konstruktiv verbinden, indem man feststellte, dass kollektive gesellschaftliche Umgangsformen den Autowahnsinn überflüssig machten: Traum als Schlüssel zur Utopie.
Ein aktuelles Beispiel (die Pandemie 2020) verdeutlicht dies besonders eindringlich: Ich träumte von einem gläsernen Bus, in dem, in voneinander abgetrennten gläsernen Kabinen, Kinder mit Kopfhörern vor Laptops saßen, und auf diese Weise einen Kindergeburtstag feierten.
Der psychoanalytische »Tagesrest« war das Zoom-Pfadfindertreffen meines Sohnes am Laptop alleine in seinem Zimmer, meine mitfühlende Trauer über diese Entfremdung vom Pfadfindergedanken.
Gesellschaftlich könnte es keine beklemmendere künstlerische Ausdrucksform für die Traumatisierung der folgenden Generation, die Zerstörung urmenschlichster Ausdrucksformen durch das Herunterfahren gesellschaftlicher Aktivität aufgrund einer Pandemie geben: Albtraum als Warnung vor gesellschaftlicher Realität.
Dasselbe gilt für alle menschlichen Grundbedürfnisse und Tätigkeiten von Essen und Trinken über Politik bis zur Sexualität: jeder Mensch verarbeitet sie jede Nacht und kann daraus Schlüsse nicht nur in Bezug auf sich selbst, sondern auch auf die Gesellschaft, in der er lebt, ziehen.
Damit werden die über einen Zeitraum von vierzig Jahren festgehaltenen Traumprotokolle zu einer neuen Art von Geschichtsbuch. Die Nachtseite der Geschichte, ihr − mitunter grelles – Vexierbild. Die nicht sichtbare, die unbekannte, die verdrängte Seite der Geschichte und der sie gestaltenden Menschen im Großen wie im Kleinen: the Dark Side of the Moon.
So viele Leser diese Traumprotokolle haben werden, so viele verschiedene gesellschaftliche Schlussfolgerungen können aus diesem historischen »Entwicklungsroman« aus der Perspektive des Unbewussten gezogen werden.
Damit möchte ich die Leser anregen, ihre eigenen Träume in diesem Sinne anzunehmen und, so weit es geht, festzuhalten.
PS – technische Verständnishinweise:
1 Mit dem Zeichen: • voneinander getrennte Texte bezeichnen verschiedene Träume in derselben Nacht.
2 Nicht verständliche oder unlogische Wort- oder Satzkonstruktionen, meist in Anführungszeichen zitiert, sind erinnerte Wort- oder Satzbildungen aus dem Traum. Diese »Traumsprache« − eine Kreation der »Werkmeister des Traums« Verdichtung, Vermischung und Verschiebung − ist Vorbild der in meinem Roman »es. Traumtrilogie«2 in seiner mittleren Spalte geschriebenen Übersetzungen von Träumen in Halluzinationen.
3 In geschwungene Klammern gesetzte Textpassagen beziehen sich auf Träume, an die ich mich während des Aufschreibens erinnerte, weil sie die gleiche Stimmung ausdrückten. Diese Erfahrung ist Grundlage meiner in der »Politik des Traums« ausgeführten These, dass Situationsgebundenheit und Bildlichkeit der Träume austauschbar und damit für eine Interpretation nur bedingt verwendbar sind: entscheidend am Traum ist die durch ihn erzeugte Stimmung.
Ab 9. Oktober 1993
− über die Grenze, obwohl ich nur einen alten ungültigen Pass habe, aber dem Zöllner ist das egal, ich mache ihn, der hinter einem Fenster an einem Haus sitzt, darauf aufmerksam, aber er reagiert nicht; ich gebe ihm dann noch meinen Personalausweis, aber auch den sieht er nur flüchtig an, und ein paar Meter weiter überholt mich ein Mann auf einem Fahrrad und guckt mich auffordernd-erwartungsvoll an, bis er schließlich fragt, ob ich mich nicht an ihn erinnere, gestern hätten wir uns doch getroffen, und da fällt es mir auch ein, »aber da hatten Sie doch eine Halskrause«, sage ich, und er räumt ein, dass er ohne diese heute nicht so gut zu erkennen sei, und fährt rechts in eine Straße; ich muss jetzt durch Arkaden in der Altstadt, deren Boden renoviert wird, es ist so dunkel, dass man den Weg kaum sehen kann, mehrere Felder sind abgesteckt, mit Sand präpariert und an den oberen Enden mit Schrift aus Sand verziert, die ich nicht lesen kann; die Frage ist, wie ich Nata anrufen kann, die ja wohl etwas weiter weg in einer Kneipe sitzt, und in der Kneipe, in der ich jetzt sitze, erzählt mir der Typ, mit dem ich ein Drehbuch schreiben will, dass er in zwei Jahren tot sein werde − dabei denke ich, dass der Film dann wohl ihm gewidmet sein wird −, weil er schwul ist, ohne es zu wollen, sein Schwanz ganz klein, aber Frauen ekeln ihn an, Männer aber auch; Andres sitzt auch dabei, aber wir können nicht reden, und ich gehe an die Theke, wo ich ein Geplänkel mit einer Frau habe, aber dann fahren wir in dem VW von Kivelitz zur nächsten Lesung, ich sitze eng eingeklemmt zwischen der Tochter von Kivelitz und Nata − daneben sitzt noch jemand! −, und es ist so eng, dass man halb aufeinander sitzt, wozu die Tochter sagt: »die Sitzordnung ist ja die Härte«, gleich darauf aber unauffällig unter meine Hose nach meinem Schwanz greift, worauf ich versuche, genauso unauffällig an ihren Arsch zu fassen, den ich auch erwische und spüre, aber es klappt nicht, dass Nata es nicht merkt, sie sieht zu, sagt aber nichts, während die Tochter meinen Schwanz weiter knetet; es wird still im Auto, Kivelitz macht Musik, aber dann halten wir für eine Wurst, alle sind aus dem Auto, aber ich muss erst meine Hose wieder anziehen, komme aber nicht rein, außerdem ist der Reißverschluss kaputt, entdecke ich bei der Gelegenheit –
– wir brechen auf, von meinem großen Zimmer mit Vorhof, aber ich fahre mit dem letzten Tross und muss erst noch auf andere warten, die wieder viel zu spät kommen; vom Fenster aus sieht man, dass bei dem Volksfest auf der Burg am Berg viel los ist, die Leute stauen sich, heute morgen war ich auch noch oben, erzähle ich dem Kollegen, der jetzt gekommen ist, wir können also fahren, aber ich muss noch pinkeln, im Bad ist aber Erika, die Martin Feifel die vielen Klos zeigt, da sind zwei besonders raffinierte gegenüberliegende, die automatisch die Spülung wechseln, je nachdem, welches man nimmt, und erst, als die beiden draußen sind – Feifel hört sich alles höflich an – kann ich mich setzen –
– ich will Grimms Märchen neu rausbringen und arbeite an einem zellenartigen Raum mit jemandem daran am Computer, aber wir müssen dann weg, ins Gebirge mit einem großen Bus, der nach der Autobahnabfahrt allerdings einfach auf die Wiese fährt, zwar dann nochmal zurück auf die Straße, dann aber erst recht auf der Wiese, wobei Bullen durch den Bus gehen und kontrollieren und schließlich auf einen nur von Buldozern ausgehobenen beziehungsweise weggeschobenen Erdweg, und dann erzähle ich Astrid und Rüdiger, wie viel ich zwischen den Drehs an dem Grimm-Projekt gearbeitet habe –
– ich komme mit Barbara Rudnik in eine italienische Stadt, die noch völlig historisch erhalten ist, vielleicht zum Drehen oder nur so, wir freuen uns, dass wir uns wieder mal treffen, es sind breite Straßen und wir betrachten die dunklen, barocken, zum Teil hölzernen Häuser, nur wenige Menschen auf der Straße, Barbara schaut in eine Seitenstraße, ich betrachte aus einem Haus neben einem Fluss rausragende Tafeln, auf denen in etwa steht: »ARD – das war auch super – hier waren zum letzten Mal Kraimo-Gespräche«, da kommt Barbara auf dem Fahrrad vorbei und sagt, dass sie weiter vorne mal gucke; ich schlendere ihr nach, kicke meinen Geldbeutel auf der Straße vor mich hin –
– nach langem Hin und Her komme ich in die Wohnung zurück, und im hinteren Zimmer hängen sich zwei Katzen an mich an den Ärmel und singen höhnische Lieder, ich kann sie kaum abschütteln, obwohl ich den Gang runter bis zur Tür gehe, ich muss noch anrufen, dass ich später komme, obwohl schon Samstagmittag ist, und ich übers Wochenende kommen wollte, draußen sind die anderen und lagern am Rand des Parks, beleidigt, dass ich schon gegessen habe, essen sie Fleischstücke aus einer Pfanne, und ich bekomme nur wenig; die Besucher drehen inzwischen schon an der Hecke, und ich suche Renate, die bei den Arbeitern am Zaun sitzt und auch frustriert ist, da kommt Caren und erklärt, was schief gelaufen ist – ein Dreh, bei dem Magda dabei ist, »die hellste Birne«, sagt jemand, ein Spot, Fips und Nata auch dabei –
– in einer Hütte an einem steilen, bewaldeten Hang sehe ich eine fließende Stückdarstellungsform, ziehbar und bunt mit Fäden, parallel und geschwungen, Heiner Müller sitzt auf einem Hocker unterm Baum und ist deprimiert, während im Haus eine Razzia stattfindet, die aber normal ist, alles ist sowieso da, und ich finde es abstoßend ordnungsgemäß und spießig –
– ich helfe einem alten Mann beim Rasieren, er ist so tatterig, dass er kaum den Rasierpinsel halten kann, und meint, er brauche sowieso kaum mehr Seife, aber ich muss doch noch mich einseifen und erzähle, dass der Rasierpinsel noch von meinem verstorbenen Vater stammt, da kommt Renate und sagt, dass ein Herr Hensche für mich am Telefon sei, ich habe erstens keine Zeit und zweitens kenne ich keinen Hensche, der Detlef Hensche von der Gewerkschaft wird’s ja wohl nicht sein, er muss also warten, und ich rasiere bei mir auch noch die Koteletten weg, so dass meine an der Seite langen und vollen Haare damit abschließen, ich schüttele sie ein wenig und denke, dass Maren, mit der ich auf dem Gang des Maxgymnasiums gehe, mich bestimmt hübsch findet –
– die Stadt gibt einen Tageseinteilungsprospekt heraus, der drei farbige Kästchen hat: 1. Arbeit 2. Freizeit außer Haus 3. Freizeit zuhause, worin ein Hinweis auf den Sponsor der Aktion ist: Gerolsteiner − das man wohl dann trinken soll • an einem langen Tisch im Knast sitzt mir schräg gegenüber Günter Verheugen und wird von hinten von einem Knacki angegriffen, ich bin entsetzt, der Knacki, ein dicker, grobschlächtiger Kerl biegt Verheugens Kopf mit beiden Armen, die er unter seinen Schultern durchgezogen hat, vor, und ich sage schließlich: »bitte hör auf«, da lässt er ab und sagt: »ich bin doch zu so viel verurteilt«, resignierend, und Verheugen reibt sich den Hals –
– durch das Fenster sehe ich auf dem Schuldach gegenüber einen riesenechsenschuppigen Elefanten, er ist so groß, dass seine Hinterbeine auf der anderen Seite des großen roten Daches sind, die vorderen bis ganz vorne, und die Schuppen glänzen und er wiegt sich saft hin und her, sonst nichts –
– ein Mafia-Gericht verprügelt meinen Marquard-artigen Freund und ich muss auf dem Gang so lange warten, da kommt einer raus und flieht, gibt mir Geld, damit ich mit kann, aber am Ausgang des Gasteig-großen Gebäudes sind viele Bullen unter den Menschen und ich quatsche mit einem ganz harmlos auf Englisch, bis ich auf einem Gang neben der Heizung liege und die Mafiosi mit dem Verprügelten kommen, mich zwar erkennen, aber es gibt eine große Wiedersehensfreude und wir quetschen uns alle zusammen an einer vollbesetzten Theke vorbei, »seit Hamburg ist alles anders«, sage ich, und die Bedienung meint: »ja, schlechter, lauter Gas« und ich sitze in einer langen Reihe und will lesen, aber das Licht reicht nur bis in meine Nähe, so dass ich mich vorbeugen muss –
– »Ins Blaue«-Fortsetzung mit Charlotte und mir, nach einem Krach am Waldrand im Auto –
– ich fliege im obersten Stock des Hotels zunächst runter auf ein einstöckiges Nebengebäude, weil ich mit Sabine verabredet bin, und von da in einem weiten Bogen auf die Straße; ein Mann nickt anerkennend, aber dann muss ich wieder ins Hotel, was schwierig ist, weil eine lange Menschenschlange in einem engen Weg wartet, also versuche ich, aus der Menge heraus aufzusteigen – und es klappt: »man muss nur dran glauben«, ich habe ein Messer als Motor und steuere mit den Beinen, aber dann verstricke ich mich in der Luft in vielen Laken –
– in einem Haus mit vielen Leuten, auch Hunden, der Haushälter ist auch da und zwei Frauen essen aus Volkstöpfen, sind sie von der RAF?, egal, Fips ruft an und erzählt, dass es Mi schlecht geht, aber das Telefonat bricht ab, und Renate und ich gehen über eine Bergwiese einer Alpbach-artigen Szene, ich zeige ihr die Berge und den Tunnel, in dem wir gedreht haben, in dem, nach einer schwierigen eng-glitschigen Wegstelle in einer Bucht mit Fenster, Rosemarie Fendel sitzt, und wir begrüßen uns erfreut und setzen uns zu ihr an den Tisch und reden, wobei sie besonders die Beine von Renate bewundert, währenddessen ich ihr unter den Rock gucke bis an den Arsch, und Renate zieht verschämt die Beine weg, weil rote Flecken drauf sind, aber ich muss weiter und in einer Bucht daneben suche ich im Computer Adressen –
– eine neue Schiffstechnik wird eingeweiht auf feuchten Gleitrollen durch enge Gänge, der Dampfer rast die Wege hinunter, Abzweigungen, immer schneller, es gibt kaltes Büfett, und ich unterhalte mich mit der Bedienung, wie viel man so verdient und wie davon zu leben ist –
– ich fliege ziemlich hoch, allerdings oft sehr nah an den Elektrodrähten und ich kann noch nicht so gut steuern, dabei will ich noch bis in die USA, aber es ist tristes Wetter, und ich schwebe eher lustlos durch die Lüfte, komme schließlich unter einer breiten Brücke durch, unter der Angler stehen, und ich denke: »keiner sieht mich, weil es keiner glaubt, dass ich fliegen kann«, aber wie ich dann neben der Brücke kurz auf einer Straße stoppe und lande, komme ich kaum wieder weg, weil mich jetzt ja Leute sehen –
– ich gehe mit Abba in die Illegalität und wir fahren im Zug nach Paris zu einem Konzert, bei dem wir beiden Neuen mitsingen sollen, obwohl wir das ja nicht können, aber beim Essen sagt die eine Abba-Frau zu mir, ich sei ja vergiftet und deshalb uncool, weshalb ich im Hotel in Paris beschließe, zu gehen, obwohl ich keinen Pfennig Geld habe {Nacht zuvor: auch in Paris, in billiger Absteige, durch breite Straße, zum Teil mit Taxi}; Gerard gibt mir an der Rezeption eine Mark und findet auch, dass ich gehen soll, aber draußen treffe ich Nata und will ihr unbedingt die Gruppe zeigen, obwohl sie wenig interessiert scheint; Sicherheitsbeamte stehen überall rum, und eine Managerin fragt mich, ob sie die Gruppe wohl aus den Hotelzimmern holen soll, weil sich inzwischen Massen durch die Hotelhalle wälzen und das Konzert schon längst hätte losgehen sollen − sie hat wohl noch nicht mitgekriegt, dass ich nicht mehr dabei bin; ich rate ihr, das zu tun, und dann geht es auch gleich los, acht Leute singen acappella, sehr melodiös, Nata steht gelangweilt abseits, aber dann sehe ich und mache sie darauf aufmerksam, wie ich als »er«, als zweite Existenz, mit Langhaarperücke als Gerard verkleidet von hinten auf die Bühne komme und falsch dazwischen singe, und freue mich diebisch, sage zu Nata: »guck, er versalzt ihm die Suppe« –
– wir wollen in einem ziemlich kleinen Schiff bis Amerika fahren, und ich stelle meine Erfindung vor: ein unsinkbares Schiff etwa in dieser Form, das in der Mitte aufklappbar ist, dann aber vakuumdicht verschlossen wird und mit Sauerstoff gefüllt • Wolfgang Kieling bedroht an einem Tisch sitzend, an dem auch ich sitze, Gert beziehungsweise Fips mit einer Knarre, und als ich mich einmische, drückt er sie mir aufs Auge, dass es schmerzt und ich beschwere mich, so dass er ablässt und die Knarre fallen lässt; sie liegt unter dem Tisch und Gert schnappt sie sich und bedroht Kieling, bringt ihn aber nicht um, sondern lässt ihn laufen, bevor er aber zur Haustür, unterhalb des Fensters neben dem Tisch, rauskommen wird, wirft ein anderer »Bild«-Zeitungen auf den Weg, damit Kieling darauf erschossen werden kann, und wir unterhalten uns darüber, dass es eben doch unangenehm ist, jemanden zu erschießen, »ich hätte es eben ja können«, meint Gert und wir sind uns einig, dass er es besser nicht gemacht hat –
– bei sehr netten Leuten in einer großen Wohnung, alle sitzen im Zimmer, und ich lästere über den roten Whiskey, den es gibt; nur Frauen außer mir?, nein, noch zwei Männer, und wir setzen uns in einer Ecke zusammen; eigentlich wollte ich ja nur kurz vorbeischauen, aber nun bin ich schon den halben Tag da, und das erzähle ich der Frau, der die Wohnung gehört, als sie aus dem Zimmer geht, und ich gehe ihr nach − einige Leute pennen da schon −, und sie freut sich, als ich hinzufüge, dass in dieser Wohnung ja vorher schon Dieter Lattmann, dessen Name mir nicht gleich einfällt, und davor noch Sergej Radamsky gewohnt haben, später dann die alten Freunde aus München, die uns damals beim Filmen geholfen haben, und bei all dessen war es so, dass man immer länger hängen blieb, als man wollte, und sie freut sich so darüber, dass sie ihre Hosen auszieht und sich die Knie duscht und mich dabei zum Abendessen einlädt, was ich erfreut annehme, aber zwischendrin fahre ich noch nach Hause; draußen gräbt Gert an dem Steinbruch unterhalb der Wohnung und alle zerstreuen sich noch ein wenig vor dem Abendessen, in dem es auch Höhlen gibt {während des letzten Besuchs bei Lattmann Johannes von Günthers langes feierliches Bücherregale-Begucken} –
– in einem Schwimmbad, über dessen halbrund geschwungenem Eingang in verwitterten Buchstaben steht: »Automatisches Randloopopening«, »wahrscheinlich«, denke ich, »noch aus den Zeiten, als so was neu war« –
– im fernen Osten geraten wir in ein gefährliches Ritual von Massen, dem wir uns entziehen, indem wir im Dachgeschoss eines hohen Hauses Zuflucht finden, wobei wir erstmal eine Frau vertreiben müssen, die Bude geradezu stürmen, aber sie geht dann klaglos die Treppe runter und wir sind für uns, haben Gewehre, aber keine Munition, lange Flinten, in denen jeweils ein oder zwei Schuss drin sein dürften – aber was danach?; inzwischen versammeln sich unten die Massen, Millionen auf den Straßen, Menschenmeere, und gegenüber vor uns ein hellerleuchtetes Foyer eines Großkinos, in dem gerade ein Weg freigemacht wird für das Kaiserpaar; eine Frau fällt mitten im Weg auf den Rücken und wird gerade rechtzeitig weggetragen, und kurz darauf kommt die Prozession mit all den in dezent bunter Seide gekleideten steifen Menschen durch das Dachzimmer, ich denke noch, dass, wenn sie uns jetzt erwischen, ich wegen dieses Putschversuches nochmal in den Knast muss, aber einer der vornehmen Gestalten die, ohne uns ansonsten zu beachten, an uns vorbei durch das Dachzimmer schreiten, zu einer Tür rein, zur anderen wieder raus, erkennt mich und bringt mich runter, die anderen kommen auch weg, das Ritual geht weiter, und unten kommt auch noch die Frau mit dem Kind, die auch oben mit dabei war, auch unversehrt, sie erzählt, dass bei der Schießerei nur Nägele und zwei andere Schauspieler verletzt wurden, aber niemand tot, und zwei andere Frauen schon unterwegs nach Hause –
– ich haue einfach ab und fahre nach Frankreich, wo ich in einer kleinen Stadt aus dem Bus steige und in einen Eckladen gehe, in dem Dominik steht, der Frisör ist und sich sehr freut, dass ich komme, er hat einen roten Kopf, weil beinah er und seine Leute, auch in dem Hinterzimmer, in dem zwei Kunden auf den Stühlen sitzen, mit nassen Haaren und von zwei Mädchen geschnitten werden, weil alle zusammen beinahe vergast worden wären; ich denke: »wie ehrenvoll«, und bin eifersüchtig, aber sein Vater hatte es gerochen und Tabletten dagegen ausgegeben –
– Nata gibt ein TV-Interview und ist ziemlich aufgeregt, es ist draußen, und viele Leute stehen herum, die alle verscheucht werden, auch ich, und sich am Fluss zusammendrängen, wo Boote vorbeifahren, oder eins, denen applaudiert werden muss, was aufgenommen wird, aber beim ersten Mal nicht klappt, also das Boot zurück, die Massen am Fluss bleiben alle stehen und noch mal –
– Gert und ich machen einen Besuch in der Krümmede und zufällig ist bei Stefan die Tür offen und auch Besuch, aber wir sollen nicht rein, weil es schon drei sind, Gert geht aber einfach rein, ich nach, da ist Stefan sehr zurückhaltend, sogar sauer, sagt, an sich müsse er mich erwürgen, und legt sogar seine Hand an meinen Hals, aber dann weint er, seine Besucher auch, und wir gehen wieder, und auf der Treppe sagen wir nur, dass sie aber selbst schuld sind, geradezu erleichtert –
– wir fischen in einer großen Clique am Meer mit einem Netz, aber es lässt sich nichts fangen, da schickt Ernst Renate, Oli und mich, um die Spur eines kleinen Wildschweins zu verfolgen, was wir durch den Wald laufend auch tun, wir sehen die Spur sehr gut, auch Abweichungen rauf und runter von Hügeln, bis wir auf eine Ansammlung von Kühlschränken und Herden und Küchenschränken treffen, bei denen zwei Frauen stehen, von denen eine Oli hilft einen Kühlschrank wegzutragen, während die andere bewundert, dass ich außer einem Hemd nichts anhabe, meinen Arsch streichelt, was ich gut finde, und dann streichelt sie auch noch meinen Schwanz –
– ich besuche auf eigene Faust Libyen, in zwei Anläufen, ganz kompliziert muss ich eine bergartige Szenerie überwinden, an dicken Mauern heruntersteigen, mich von Eisenstange zu Eisenstange hangeln, die in die Mauer eingelassen sind, es geht tief runter, aber wenn ich vorsichtig jede Bewegung überlege, geht es, und unten muss ich jetzt, beim zweiten Mal, nicht über den Zaun in einen Garten, sondern durch das offene Tor, und in einer Schubkarre liegt auf dem Rücken ein dicker Mann, scheint tot, atmet aber, und auf dem schmalen Weg, es ist Nacht, begegne ich Leuten, die aus den Häusern an der Seite kommen, gemischt europäischarabisch gekleidet, ich grüße nuschelnd »Kief halik3«, obwohl ich ja keine Antwort will, außerdem vermeiden muss, dass man mich als Illegalen erkennt – und am vereinbarten Ort, einer Art Wartehäuschen, sind Nagia und Hadi, sie sehr selbstbewusst, er reserviert; ich habe meine Brille verloren, aber er gibt mir eine, die auch geht, und dann frage ich, ob der – kaum wiedererkennbare – Hammed mich wohl noch kennt: »ob ich dich noch kenne«, fragt er in fließendem Deutsch zurück, und ich bin baff, Hadi tut ganz stolz, und betont, dass Hammed besser Deutsch könne als Nagia und er, und wir gehen mit allen Brüdern, die mich zum Teil freundschaftlich anfassen, durch die Stadt, ein Kino wie in den Fünfzigern gibt es, und ein Haus hat eine Holzfassade, die man hoch- und wegklappen kann, und gerade wieder drangeklappt wird, und die Anmeldestelle mit dem Häuschen mit Fernseher und Scheißhaus, auf dem gerade einer sitzt –
– in einem Büro will ich mit einem Freund von Uwe Marx irgendeinen Deal machen, und nachdem alles klar ist, zieht er eine Pistole und nimmt mir meine Brieftasche ab und verschwindet mit seinem Spannmann, schießt aber schon auf dem Gang und dann unten auf der Straße nochmal, mehrmals Schreie, ich erschrecke, lösche die Lichter in dem Raum, um rausschauen zu können, es liegen Leichen auf der Straße, Leute laufen rum und rufen, ich habe Angst, dass bei der Gelegenheit mein Deal mit dem Typen auch rauskommt, abgesehen von der Brieftasche und das viele Geld, das ich wiederhaben will, ich warte, bis die Bullen da sind, bevor ich den Raum verlasse, das ganze Haus ist inzwischen leer, viele Gänge, breite Gänge in Wohnbereichen, die wie Runddörfer angelegt sind, auf deren natürlich innerhalb des Riesenhauses überdachten »Plätzen« Kinder spielen können, Matratzen liegen rum, ein Mann begegnet mir, und macht mir den Vorwurf, dass ich nichts gegen die Verbrecher gemacht habe, und ich protestiere, dass mich das doch das Leben gekostet hätte, was ihn aber nicht beeindruckt, und draußen suche ich zwiespältig die Polizei, einige Bullen stehen an Stehpulten, und eine sehr nette Bullin kümmert sich um mich, legt den Arm um mich und tröstet mich –
– eine riesige Kugel, die gerade zwischen die Häuser in der Straße passt, hebt sich langsam hoch bis unter das Dach eines hohen Hauses, auf dem an einem Absatz von hohen Fenstern zwei Männer mit schwarzen Fallschirmen stehen – der erste springt, die Fallschirm öffnet sich nicht und er matscht sich auf dem Boden fest, der zweite springt, wobei sich der Fallschirm ein wenig öffnet, und er beim Aufsetzen in die Knie geht, sich aber dann knirschend erhebt, inzwischen hat Renate eingekauft in einem Laden, in dem auch Gisela ist, und beide schauten geflissentlich aneinander vorbei, aber in der Mensa sitzt sie mit am Tisch, mir gegenüber, und Johannes Lill beklagt sich, dass sein Regenschirm schon wieder weg ist, ein seltenes Exemplar von seiner Großmutter, immer das gleiche Problem, er hat ihn wieder und zieht klagend ab, Gisela liegt halb auf zwei Stühlen und räkelt sich, über dem Mini der offene Bauchnabel, ich will unter dem Tisch ein wenig wixen, muss aber aufpassen, dass sie es nicht merkt, auch der Typ nicht, der noch am Tisch sitzt – dann kommt endlich Nata, und wir gehen alle –
– lange spaziere ich auf einer riesigen Baustelle herum, halbfertige Böden, durch die man abstürzen kann, Räume, die später meine werden könnten –
– Disco im Schulzentrum, erst bei den Jüngeren unten, wo ziemlich viel los ist, dann aber ist meine Jacke weg und ich gehe nach oben, wo bei den Älteren weniger Leute sind, aber mehr Alternative und Aufwand wie kaltes Büfett; als ich im Garderobenraum mir von jemandem in Sachen verlorene Jacke etwas zeigen lasse, sehen wir, wie im Raum daneben einer heimlich neben Spinde pisst; er sieht sich um und bemerkt nicht, dass wir ihn durch längliche Schlitze in der Wand sehen können –
– ich spiele eine Rolle wie Marquard, das ganze Stück auf der Bühne, aber nur ein Satz am Schluss, und nachdem ich den gesagt habe, müssen alle Schauspieler hinter mir als Bischöfe über die Bühne, es gibt Gerangel mit dem Vorhang, hinter mir Redl, das Publikum darf auch mit auf die Bühne und muss mitbeten, und dann ist Ende, aber unklar, wie es nun mit dem Applaus geht, man bereitet sich auch gleich auf die Premierenfeier vor, Redl verabschiedet sich vor mir mit Handschlag, ich muss mich noch umziehen und Marquard verwechselt die Hemden, geht nach hinten, in die Verschlingungen der riesigen Hinterbühne; ich höre ihn sprechen, aber als ich hingehe, ist es ein junger Mann in langem Mantel mit schwarzem Bart und Hut, den ich nicht kenne – nach längerem Hetzen lande ich in einem Burgcafé neben einem Fluss, schmal, nur ein paar Tische, aber man kann zum Ufer runtersehen, von wo sie kommen sollen, und dann sind sie auch endlich da, Fips, Ebby mit Sonnenbrille und Angelika Müller, Barbara Rudnik soll auch kommen, und Nata ist auf dem Rückweg komisch –