Czytaj książkę: «Geschichten aus dem Schwemmsandland»

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Geschichten aus dem Schwemmsandland

Was die Parthen-Trolle erzählen:

Wissenswertes & Sagenhaftes rund um Leipzig

Brigitte Schubert


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Impressum:

Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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© 2020 Papierfresserchens MTM-Verlag GbR

Mühlstraße 10, 88085 Langenargen

Alle Rechte vorbehalten. Taschenbuchausgabe erschienen 2010.

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.

Titelbild und Illustrationen: Ralf Schütze

Lektorat: Hedda Esselborn

Liedtexte: Dirk Heinze

Quellenangaben: Die Chronik von Schönefeld (Bürgerverein Schönefeld) - bv-schoenefeld.de

„Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen“, 1874 (Dingsda-Verlag)

ISBN: 978-3-86196-017-1 - Taschenbuch

ISBN: 978-3-96074-339-2 - E-Book

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Inhalt

Vorwort

Wie die Trolle ins Schwemmsandland kamen

Wie Schönefeld zu seinem Namen kam

Die Kartoffeln

Der Kirchturm zu Schönefeld

Schönefeld - 18.Oktober 1813

Die Glocken

Lieschens Büsche bei Schönefeld

Die hochmütige Albertine

Der Ring

Der Trick

Von den Irrlichtern

Mitternachtstraum

Die Hauslaternen

Der Jüngling

Vom wütenden Weidenbaum-Troll

Abtnaundorfer Park

Der Branntwein

Agatha

Der Brücken-Troll

Drei Gänseblümchen

Die Quelle

Der Schnecken-Troll

Der Erdbeer-Troll

Mit Pinsel und Palette

Herr Fribe und die Mücken

Der goldene Taler

Blitz und Donner

Der Wasser-Troll

Die Vogelhochzeit

Der Wandervogel

Schönefeld

Regenbogen

Was uns die Dinge verraten

Die windige Else

Der Winzling und der Riese

Der alte Baumkreis

Nachwort

Wissenswertes + Sagenhaftes

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Vorwort

Weit in den Auen der Tieflandsbucht, hinter Hecken und Büschen, in Matsch und Moder liegt ein geheimnisvolles Schwemmsandland.

Er, der kleine Finn, saß auf dem Grasteppich und schluchzte. Sollte das wirklich alles zu Ende sein? Sollte hier niemand mehr spielen, fröhlich lachen und umhertoben? Niemand mehr mit den Fröschen um die Wette quaken oder Gänseblümchen sammeln? Ein tiefer Seufzer kam aus seiner Brust empor und vermischte sich mit dem Murmeln des klaren Wassers vom nahen Bach.

Wie hatte der Älteste zur Troll-Versammlung gesagt? „Wir müssen dieses Schwemmsandland mit seinen Auen und Wiesen verlassen, denn die Menschen haben uns vergessen. Sie glauben nicht mehr an uns, sondern nur noch an das, was sie mit den Augen sehen, mit den Händen fühlen und mit dem Geist erklären können. Aber uns kann man nur mit dem Herzen sehen. Das haben die Menschenkinder verlernt. Wir müssen sterben, wenn niemand mehr an uns denkt. Lasst uns hinter den Horizont reisen.“ Alle Parthen-Trolle hatten zugestimmt. Nur der alte Brücken-Troll hatte eine andere Meinung.

„Lasst uns noch sieben Sonnentage hier verweilen. Geben wir den Menschenkindern eine Chance, an uns zu denken oder von uns zu erzählen. Wenn dann keiner unseren Namen ausspricht oder eine Geschichte über uns vorliest, dann wollen wir gehen.“

Finn, der kleine Parthen-Troll, wollte etwas tun, damit die Menschen wieder ihre Herzen öffneten und die Trolle nicht ihr Paradies verlassen mussten. Es musste unbedingt etwas geschehen!

Hinter dem Grasbüschel an der alten Weide kramte er geschwind das große Lehrbuch hervor. Das Wissen von seinen alten Vorfahren und deren Freunden musste doch zu etwas nütze sein! Vielleicht erfuhr er aus den alten Geschichten, wie er mit den Menschen Freundschaft schließen konnte und so für jedermann sichtbar wurde.

Dann, ja nur dann würden die menschlichen Wesen über die Parthen-Trolle sprechen und sie müssten ihr Schwemmsandland nicht verlassen.

Und der kleine Finn begann zu lesen ...

*


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Wie die Trolle ins Schwemmsandland kamen

Das Heimatland der Trolle lag hoch im Norden, dort wo es die Mitternachtssonne gab, das eisige Meer und Phänomene, die nur sie erklären konnten. Sie liebten ihr Land und wollten auch dort bleiben. Das hätte sich auch nicht geändert, wenn, ja wenn ... wenn sie nicht so neugierig gewesen wären.

Die meisten von ihnen waren schon sehr alt, aber immer noch neugierig wie kleine wissbegierige Kinder. Sie erforschten und durchstöberten jede Ecke und jeden Winkel ihres Heimatlandes.

Doch eines frühen Morgens, bevor die Sonne aufstieg und die Vögel ihr süßes Lied sangen, begab sich Erik, ein junger Troll, auf Wanderschaft. Er lief und lief und lief. Als ihn seine Füße weit hinter die Grenzen seines Heimatlandes hinaus in die Ferne getragen hatten, begegnete ihm ein junges Mädchen. Sie war schön anzuschauen. Das hübsche Fräulein hatte lange blonde Locken und meerblaue Augen, aus denen der Schalk hervorblitzte. Sofort, wie vom Blitz getroffen, verliebte sich Erik in die nordische Schönheit. Er konnte nicht anders. Auf seiner Fidel spielte er ihr ein Liebeslied vor und flehte Jelka an, sie möge ihn heiraten und mit ihm in seine ferne Heimat ziehen.

Erschrocken entzog sie ihm die Hand. „Ich werde nicht mit dir gehen, sondern hierbleiben und einen Mann aus meinem Dorfe heiraten. So habe ich es meiner Mutter versprochen. Aber komm erst einmal in mein Haus, ich gebe dir etwas zu trinken, denn du sprichst schon etwas wirr.“ Doch Erik ließ nicht locker. „So gib mir bitte wenigstens eine Haarlocke von dir. Damit habe ich dich jederzeit bei mir und werde dich nie und nimmer vergessen.“

Erik folgte liebestrunken der jungen Frau. Im Haus bewirtete sie ihn mit allen nur erdenklichen schmackhaften Speisen. Als Erik erneut um eine Haarlocke bat, verschwand Jelka in ein anderes Zimmer, um ihm etwas später einen kleinen Lederbeutel zu überreichen. Erik war überglücklich und zog am nächsten Tag von dannen.

Was Erik nicht wusste, war, dass die Haarsträhne nicht von Jelka, sondern von deren Mutter stammte. Der liebestolle Troll ahnte jedoch nichts von der Täuschung. Auf seinem langen Wanderweg an einem alten Baum angekommen, überfiel Erik die Sehnsucht nach Jelka.

Geschickt öffnete er den kleinen Lederbeutel, nahm die weißblonde Haarsträhne heraus und spannte die Haare als Saiten auf seine Fidel. Mit dem süßen Klangspiel wollte er Jelka zu sich locken. Während er lustig aufspielte, blickte er erwartungsvoll den Wanderweg entlang und freute sich auf die junge Frau.

Doch statt ihrer kam deren Mutter angerannt. Wutentbrannt und zum Angriff entschlossen, schwang sie ein großes Nudelholz über ihrem Kopf. Erik bekam es mit der Angst zu tun und nahm seine Beine in die Hand.

Er rannte und rannte und rannte. Er rannte um sein Leben. Stunden später stolperte er über eine Wurzel und landete im Matsch. Ein leises Kichern klang hinter dem Gebüsch hervor, und es zeigte sich ein niedliches Trollmädchen. Sie hatte sich auf ihrer Wanderung verlaufen und fand den Heimweg nicht mehr. Da es im geheimnisvollen Schwemmsandland, hinter Hecken und Büschen, in Auen und Wiesen viel zu entdecken gab, beschloss sie, hierzubleiben. Und nun begegnete ihr Erik.

Beide entdeckten ihr Herz füreinander, wanderten von nun an gemeinsam und bekamen viele niedliche Troll-Kinder. Die Troll-Kinder bekamen wiederum Troll-Kinder und so ist es gekommen, dass nun viele Trolle im schönen Schwemmsandland leben.


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Wie Schönefeld zu seinem Namen kam

Als Schönefeld noch keinen Namen hatte, waren fast alle glücklich. Auf die Frage „Wo wohnst du denn?“ kam meist eine Antwort wie: „Hinter dem Feld, nahe der Kirche, neben dem Friedhof oder weit ab vom Schuss.“

Das konnte natürlich auch auf jeden anderen Dorfanger des Schwemmsandlandes zutreffen. Wer das damals noch namenlose Schönefeld bereisen wollte, kam irgendwann oder niemals an. Den Gemüsehändlern verdarb unterwegs ihre Ware. Und traf die gerufene Hebamme endlich ein, war das Kind mitunter schon ein Jahr. Es fand niemand diesen Ort.

Also musste ein Name für das Fleckchen her. Die Dörfler wurden zur Zusammenkunft in die Schenke eingeladen und alle kamen.

Ein Dorf – nein, das klingt altmodisch!

Eine Siedlung – nein, das klingt langweilig!

Eine Gemeinde – nein, das klingt nach Ortsvorsteherwahl!

Eine Stadt – nein, das klingt nach mehr Trubel!

Es wurde heftig diskutiert. Keiner der Vorschläge war allen recht. Völlig unzufrieden gingen die Dörfler wieder heim, und jeder grübelte für sich alleine weiter.

Ein Name musste aber unbedingt her. Meistens lebte es sich sehr beschaulich und gut in dem kleinen Ort, dessen lebenslustige Bewohner weit über seine Grenzen des noch namenlosen Schönefelds hinaus bekannt waren, aber wer fand das romantische Fleckchen?

Die Kinder hätten gern ihre Freunde eingeladen, wenn sie im Herbst auf den umliegenden Stoppelfeldern ihre Drachen steigen ließen. Bunt und lustig ging es dabei zu. Aber wohin einladen, in einen Ort ohne Namen? Die Felder lagen nahe am Ort, daher waren sie für das Ährenlesen und das Kartoffelstoppeln sehr begehrt. Diejenigen Dörfler und ihre Kinder, die nicht viel Geld hatten und den Kartoffelvorrat für den Winter so billig wie möglich erwerben wollten, trafen bereits morgens gegen sieben Uhr auf dem Feld ein. Das Aufsammeln und Heimbringen über den weichen Sturzacker war keine leichte Aufgabe. Jeder war froh, wenn er die Kartoffeln gut nach Hause brachte, ohne dass dabei der Karren gar zu Bruch ging.

In dem einen Jahr, dem letzten Jahr, als Schönefeld noch keinen Namen hatte, gab es besonders viele Kartoffeln zu stoppeln. Mit den großen Zehen wurden sie aus der Erde gepult und die Körbe waren im Nu brechend voll. Übervoll waren sie und sehr schwer. Bevor es mit der letzten Fuhre heimwärts ging, gab es am Abend eine gemeinsame Verschnaufpause am Wegesrand. Das Kartoffelkraut war trocken genug, um ein Feuerchen anzuzünden. Für die Kinder gab es geröstete Kartoffeln. Meistens waren die Knollen etwas verbrannt und mit den Händen landete der Ruß im Gesicht der kleinen Leute. Es wurde herzhaft gelacht. Alle, egal ob jung, ob alt, ob Katz oder Maus, alle waren über den Sammelertrag hoch erfreut.

Voller Glückseligkeit und schon etwas schlaftrunken bemerkte in diesem Moment ein betagtes Mütterlein: „Ist das e schönes Feld gewesen!“ Allesamt stimmten sie ihr freudig zu und seitdem heißt nun Schönefeld Schönefeld!


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Die Kartoffeln

Es soll wohl tatsächlich so gewesen sein, dass die dümmsten Bauern die größten Kartoffeln ernteten. Die gewaltigsten Knollen unter ihnen waren von unvorstellbarer Größe. Lilafarben waren sie und schmeckten leicht nussig. Man erzählt, die größte Kartoffel hätte nicht einmal im riesigen Keller des Gutshofes Platz gehabt.

Es wird sicher nicht allein an der Kraft der Erde gelegen haben – so manch einer hatte bestimmt einen fleißigen Helfer an seiner Seite. Vielleicht gab es auch Kartoffel-Trolle mit knubbeliger Nase? Niemand weiß Genaues nicht! Was unwirklich erscheint, kann wahr sein, und was wahr ist, ist keine Lüge. Vielleicht redeten die kleinen Gesellen den Kartoffeln auf den umliegenden Feldern und Äckern zum Wachsen gut zu? Vielleicht aber auch verteilten sie Wachstumstabletten? Niemand weiß Genaues nicht!

Die Gehilfen wollten anscheinend keine Taler als Dank haben. Die Dorfbewohner und die Gutsherrin Marianne machten sich Gedanken, denn sie wollten viele Riesenknollen ernten, um nie wieder hungern zu müssen. Um die Kartoffel-Trolle bei guter Laune zu halten, eröffnete die Gutsherrin Marianne im Jahre 1847 einen Brennereibetrieb. Nicht nur den Trollen gefiel das sehr gut. Die Dorfbewohner kamen auf den Geschmack des klaren Erdapfelschnapses. Sie saßen nur noch in der Dorfschenke, prosteten sich zu, freuten sich des Lebens und alles ging drunter und drüber. Es herrschte keine Ordnung mehr im Dorfe, aber alle hatten gute Laune.

Wie sollte das Chaos nur enden? Niemand weiß Genaues nicht! Das Land lag brach, keiner hatte die Felder bestellt und der Kartoffelvorrat neigte sich dem Ende. Nur die riesigste Riesenkartoffel war noch vorhanden. Die Gutsherrin Marianne stellte unter großem Widerstreit den Brennereibetrieb ein. In der Nähe war eine größere Stadt und sie verkaufte die Riesenknolle stückweise an die Leipziger Bürger, für die lilafarbene Kartoffeln eine feine Delikatesse waren. So kam wieder Geld in die Ortskasse, die Dorfbewohner wurden nüchtern und das Chaos wurde beendet.

Eigentlich war es eine schöne Zeit. Ob sie mal wiederkommt? Um sie nicht zu vergessen, lassen sich die Dorfbewohner immer mal wieder einen Grund zum Feiern einfallen. Selbst die kleinste Knolle ist ein Fest wert.

Aber: Niemand weiß Genaues nicht!

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