Czytaj książkę: «Zwangsvollstreckungsrecht», strona 10

Czcionka:

3. Begründetheit

161

Die Klage ist begründet, wenn die Voraussetzungen zur Erteilung der Klausel nach den §§ 726–729 ZPO nicht vorgelegen haben und daher die Klausel zu Unrecht erteilt wurde. Es muss daher geprüft werden, ob materiell-rechtlich die behauptete Bedingung oder die behauptete Rechtsnachfolge stattgefunden hat.

Im Rahmen der Begründetheit ist auf mehrere Besonderheiten hinzuweisen:

162

a) Zunächst ist es fraglich, ob ein nachträglicher Eintritt der nach §§ 726–729 ZPO erforderlichen materiellen Voraussetzungen beachtlich ist und dazu führt, dass die Klage unbegründet ist.

Beispiel 12 (Zeitpunkt für die Begründetheitsprüfung):

Gläubiger G erwirkt durch einen falschen Erbschein als Scheinerbe eine Klausel nach § 727 ZPO gegen S. S erhebt Klauselgegenklage nach § 768 ZPO. Noch vor der mündlichen Verhandlung erlangt G die zu vollstreckende Forderung aber durch Abtretung von dem echten Erben, so dass die Rechtsnachfolge auf diesem Wege eingetreten ist. S fürchtet nun, den Prozess zu verlieren.

163

Ursprünglich hätte in Beispiel 12 die Klage nach § 768 ZPO Erfolg haben können, weil die Voraussetzungen des § 727 ZPO (Rechtsnachfolge durch Erbfall) bei Klauselerteilung nicht vorlagen. Durch die Abtretung liegen aber jetzt die materiellen Voraussetzungen des § 727 ZPO doch vor, so dass die Klage nach § 768 ZPO unbegründet sein müsste.

Die ganz herrschende Meinung geht davon aus, dass der maßgebende Zeitpunkt für die rechtliche Beurteilung der Klauselerteilungsvoraussetzungen die letzte mündliche Verhandlung ist[15]. Dem ist zu folgen, da sich § 768 ZPO gerade nicht gegen die (in der Vergangenheit liegende) Klauselerteilung als solche richtet, sondern gegen die Vollstreckung aus einer zu Unrecht bestehenden Klausel. S wird den Prozess somit verlieren. Um dies zu verhindern, sollte sie die Erledigung der Hauptsache erklären und beantragen, dass die Kosten dem G auferlegt werden[16].

164

b) Im Rahmen der Klauselerteilungsklage wurde darauf hingewiesen, dass sich der Beklagte gegen die Klauselerteilung mit materiell-rechtlichen Einwendungen wehren kann (Rn. 153). Wurde über diese Einwendungen in dem Verfahren nach § 731 ZPO rechtskräftig entschieden, führt die Rechtskraftwirkung der Entscheidung nach § 731 ZPO dazu, dass er mit diesen Einwendungen im Rahmen der Klage nach § 768 ZPO ausgeschlossen ist.

Hat dagegen der Kläger solche Einwendungen im Verfahren nach § 731 ZPO nicht geltend gemacht, obwohl er sie rechtzeitig hätte geltend machen können, so wird § 767 III ZPO entsprechend angewendet. Der Schuldner ist also präkludiert[17].

Hinweis:

In § 768 ZPO wird auf § 767 III ZPO – und nicht auf § 767 II ZPO – verwiesen. Wenn also der Schuldner mehrere Klauselgegenklagen nacheinander erhebt, weil ihm immer wieder neue Einwendungen einfallen, die er vorbringen könnte, so kommt es für die Begründetheit der neuen Einwendungen darauf an, ob er die Einwendungen auch schon in der ersten Klauselgegenklage hätte einbringen können (subjektiver Maßstab des § 767 III ZPO, dazu Rn. 245). So kommt es, dass auch dann, wenn der Schuldner im Rahmen der vom Gläubiger erhobenen Klauselerteilungsklage Einwendungen nicht eingelegt hat, für die neue Klage § 767 III ZPO und nicht, wie man sonst leicht meinen könnte, § 767 II ZPO angewendet wird.

165

c) Problematisch ist zudem die Beweislast im Verfahren nach § 768 ZPO. Nach herrschender Ansicht trifft die Beweislast für das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen (etwa der Erbfall im Anwendungsbereich von § 727 ZPO) grundsätzlich denjenigen, der auch bei der Erteilung der Klausel die Beweislast trägt. Da im Rahmen der qualifizierten Klauseln die Beweislast regelmäßig den Vollstreckungsgläubiger trifft (sonst müsste eine Klausel nach § 724 ZPO beantragt werden!), muss der Gläubiger also auch im Verfahren nach § 768 ZPO die streitigen Tatsachen beweisen[18]. Das hat zur Folge, dass der Kläger nach § 768 ZPO nur behaupten muss, dass eine bestimmte materielle Voraussetzung der Klauselerteilung nicht eingetreten ist (etwa ein Erbfall iSd. § 727 ZPO). Der Beklagte hingegen muss beweisen, dass der Erbfall tatsächlich vorliegt und er Rechtsnachfolger des Erblassers geworden ist.

§ 4 Klauselrechtsbehelfe › III. Das Gegenstück: Rechtsbehelf des Schuldners gegen die Erteilung einer qualifizierten Klausel – Klauselgegenklage (§ 768 ZPO) › 4. Einstweilige Anordnungen

4. Einstweilige Anordnungen

166

Nach §§ 769, 770 ZPO kann das Prozessgericht anordnen, dass die Zwangsvollstreckung schon vor Rechtskraft der Entscheidung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen eingestellt wird.

§ 4 Klauselrechtsbehelfe › IV. Klauselerinnerung (§ 732 ZPO)

IV. Klauselerinnerung (§ 732 ZPO)

§ 4 Klauselrechtsbehelfe › IV. Klauselerinnerung (§ 732 ZPO) › 1. Zielrichtung

1. Zielrichtung

167

In seiner Zielrichtung ist § 732 ZPO eng verwandt mit § 768 ZPO. Denn beide Rechtsbehelfe geben dem Kläger die Möglichkeit, sich gegen die Klauselerteilung zu wehren. § 732 ZPO ist allerdings – im Gegensatz zu § 768 ZPO (Rn. 154) – nicht nur auf die qualifizierten Klauseln anwendbar. Vielmehr ist die Klauselerinnerung dem Schuldner auch möglich, wenn dem Gläubiger eine einfache Klausel nach § 724 ZPO erteilt wurde. Des Weiteren können mit der Erinnerung – im Gegensatz zu § 768 ZPO – formelle Einwendungen gegen die Klauselerteilung erhoben werden (z.B. fehlender Titel; Unwirksamkeit des Titels wegen Unbestimmtheit).

168

Formal betrachtet ist die Erinnerung ein ganz anderer Rechtsbehelf als eine Klage. Sie führt im Grunde nur dazu, dass das Verfahren der Klauselerteilung vor Gericht fortgesetzt wird[19]. Mit der Erinnerung kann daher nur die Verletzung von Vorschriften gerügt werden, die auch vom Klauselerteilungsorgan im Rahmen der Klauselerteilung beachtet werden müssen (näher Rn. 171 ff).

Aufbau: Klauselerinnerung (§ 732 ZPO)


I. Zulässigkeit 1. Zuständigkeit: Gericht, von dessen Geschäftsstelle die Vollstreckungsklausel erteilt wurde, § 732 I 1 ZPO 2. Statthaftigkeit: Der Antragsteller muss behaupten, dass bei der Erteilung der Klausel vom erteilenden Organ ein Fehler gemacht wurde (es können also nur Dinge vorgebracht werden, die das Klauselerteilungsorgan beachten musste). 3. Antrag form- und fristlos 4. Rechtsschutzbedürfnis (solange Klausel existiert)
II. Begründetheit Fehler bei Klauselerteilung

169

Die Erinnerung ist ein besonderer Rechtsbehelf gegen eine fehlerhafte Klauselerteilung und geht dem § 573 ZPO (Beschwerde gegen die Erteilung bzw. Nichterteilung der einfachen Klausel durch den Urkundsbeamten) und den § 11 RPflG, § 567 ZPO (Beschwerde gegen die Erteilung bzw. Nichterteilung der qualifizierten Klausel durch den Rechtspfleger) vor[20].

Antrag und Urteilsformel lauten: „Die vom (Gericht) am (Datum) gegen den Erinnerungsführer erteilte vollstreckbare Ausfertigung zum (näher bezeichneten) Titel und die Zwangsvollstreckung aus ihr sind unzulässig.“

§ 4 Klauselrechtsbehelfe › IV. Klauselerinnerung (§ 732 ZPO) › 2. Zulässigkeit

2. Zulässigkeit

a) Zuständigkeit

170

Ausschließlich zuständig zur Entscheidung über die Erinnerung ist das Prozessgericht, von dessen Geschäftsstelle oder Rechtspfleger die Klausel erteilt worden ist (§§ 802, 732 I ZPO). Wurde die Klausel durch einen Notar erteilt, ist nach § 797 III ZPO das Amtsgericht berufen, in dessen Bezirk der Notar seinen allgemeinen Sitz hat.

Hinweis:

Die Erinnerung ist an keine Frist gebunden. Sie kann schriftlich eingelegt oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden. Ein Anwaltszwang besteht wegen § 78 III ZPO nicht.

b) Statthaftigkeit

171

Die Erinnerung ist statthaft, wenn die Erteilung einer einfachen oder qualifizierten Klausel gerügt wird. Dabei ist die Statthaftigkeit völlig unstreitig, wenn bei der Erteilung ein formeller Fehler vorliegt. Denn es ist der eigentliche Gegenstand dieses Rechtsbehelfs, Verstöße des Urkundsbeamten, Rechtspflegers oder Notars gegen die für ihn geltenden Verfahrensnormen „zu erinnern“.

172

Schwierig und streitig ist dagegen, inwieweit mit der Klauselerinnerung auch materiell-rechtliche Gründe, die gegen die Klauselerteilung sprechen, geltend gemacht werden dürfen. Hier ergeben sich Begrenzungen daraus, dass die Erinnerung wie eine Fortsetzung des Klauselerteilungsverfahrens vor Gericht zu verstehen ist. Anders ausgedrückt können im Erinnerungsverfahren nur solche Dinge vorgebracht werden, die auch der Urkundsbeamte, Rechtspfleger oder Notar bei der Erteilung der Klausel beachten müssen hätte. Da der Streit recht komplex ist, seien noch etwas genauere Ausführungen dazu gemacht.

173

aa) Wenn auch § 768 ZPO statthaft ist, also wenn der Schuldner sich darauf beruft, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer qualifizierten Klausel fehlten, dann besteht eigentlich kein Bedürfnis für eine Klauselerinnerung. Jedoch findet sich im letzten Halbsatz des § 768 ZPO der ausdrückliche Hinweis, dass § 732 ZPO nicht ausgeschlossen sei. Teils wird daraus geschlossen, es müsse eine parallele Anwendbarkeit der Normen geben. Der Schuldner soll zwischen beiden Rechtsbehelfen wählen können[21]. Die herrschende Gegenauffassung meint, die gleichzeitige Anwendbarkeit beider Normen sei nur gegeben, soweit der Schuldner sich auf einen materiellen Fehler (das Fehlen der Voraussetzung für die Erteilung der qualifizierten Klausel) und zugleich auf einen Verfahrensfehler (etwa unzureichende Prüfung oder fehlerhafte Deutung der vorgelegten Urkunden durch den Rechtspfleger) berufe[22].

Hinweis:

Soweit beide Rechtsbehelfe parallel greifen, gilt: Wenn der Schuldner zuerst Erinnerung einlegt, darf er danach nach herrschender Ansicht noch klagen – auch wenn die Erinnerung abgewiesen worden ist. Wenn der Schuldner allerdings geklagt hat, darf er danach nicht noch Erinnerung einlegen[23].

174

bb) Nun kann es aber auch sein, dass der Schuldner eine Einwendung hat, die dem materiellen Bereich zuzuordnen ist, für die aber § 768 ZPO nicht statthaft ist. Der Schuldner wendet also nicht ein, dass eine Voraussetzung für die Erteilung einer qualifizierten Klausel nach den §§ 726 ff ZPO fehlt, sondern er möchte sich beispielsweise darauf berufen, dass schon der Titel nichtig sei. Das kann besonders bei der notariellen Unterwerfungserklärung vorkommen. Vielleicht möchte der Schuldner vorbringen, dass diese nach den §§ 307 ff BGB unwirksam sei. Hier ist problematisch, dass es im Gesetz keinen einzigen Rechtsbehelf gibt, der für diese Fälle wirklich passt. Es liegt insofern nahe, doch auf § 732 ZPO zurückzugreifen, obwohl eine materiell-rechtliche Frage betroffen ist.

Früher wurde daher tatsächlich häufiger vertreten, dass § 732 ZPO insbesondere dann anwendbar sein sollte, wenn das Gesetz keinen anderen Rechtsbehelf vorsehe[24]. Die inzwischen ganz herrschende Auffassung lehnt dies aber ab. Danach passt § 732 ZPO für solche materiellen Einwendungen nicht, da die Erinnerung (auch wenn der Richter entscheidet) eben immer nur auf eine formelle Kontrolle ausgerichtet ist[25].

BGH NJW 2009, 1887:

„… im Verfahren nach § 732 ZPO kann der Schuldner in begründeter Weise grundsätzlich nur Einwendungen gegen eine dem Gläubiger erteilte Klausel erheben, die Fehler formeller Art zum Gegenstand haben. Die Einwendung, die Unterwerfungserklärung sei nach § 307 I 1 BGB unwirksam, ist keine derartige Einwendung.“

Die Rechtsschutzlücke, die das Gesetz in Hinblick auf solche schon im Bereich des Titels angesiedelten Fehler aufweist, wurde inzwischen auf andere Art geschlossen. Heute ist nämlich allgemein anerkannt, dass der Schuldner sich bei materiell-rechtlichen Einwendungen gegen den Titel mit einer Klage analog § 767 ZPO zur Wehr setzen kann (sog. Titelgegenklage, Rn. 258 ff).

175

Beispiel 13 (Abgrenzung von materiellen und formellen Fehlern):

Schuldner S hat durch notariellen Vertrag eine Immobilie gekauft. In dem notariellen Vertrag hat sich S der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen. S bezahlt nicht. Gläubiger G hat von Notar N eine Klausel erhalten und beantragt die Zwangsvollstreckung gegen S. S will sich gegen die Erteilung der Klausel wehren.


a) S hat den Vertrag nie unterschrieben.
b) S hat den Vertrag nicht unterschrieben, aber seine Unterschrift wurde gut gefälscht.
c) Laut Vertrag darf die Vollstreckung nur erfolgen, wenn der Gläubiger (G) die Fälligkeit nachgewiesen hat. G erhält irrtümlich eine qualifizierte Klausel, obwohl noch keine Fälligkeit vorliegt.

Wie kann S sich jeweils gegen die Erteilung einer Klausel wehren?

176

In Beispiel 13a liegt kein wirksamer Titel nach § 794 I Nr. 5 ZPO vor, da die notarielle Unterwerfungserklärung in dem Vertrag mangels Unterschrift nicht wirksam abgegeben worden ist. Das Fehlen des Titels ist hier offensichtlich und wird daher vom Klauselerteilungsorgan – hier also nach § 797 II ZPO vom Notar – überprüft. Wenn das Organ dies nicht überprüft oder wenn es trotz Prüfung eine Klausel erteilt, macht es einen Fehler. Gegen die Erteilung der Klausel ist daher die Erinnerung nach § 732 ZPO statthaft. Ein ähnlicher Fall ist gegeben, wenn die Unterwerfungserklärung zwar eine Unterschrift trägt, diese aber von einer offensichtlich nicht bevollmächtigten Person geleistet wurde (näher auch noch Rn. 271, 272, 274).

177

In Beispiel 13b hingegen liegt zwar mangels eigener Unterschrift ebenfalls kein Titel vor. Jedoch ist das nunmehr nicht offensichtlich. Der Notar kann die Fälschung nicht oder nur nach eingehender Prüfung erkennen. Nach herrschender Ansicht darf eine detaillierte Prüfung bei der Erteilung einer einfachen Klausel nicht vorgenommen werden (Formalisierungsgedanke). Die Klausel muss erteilt werden, wenn der Titel wirksam scheint – eine nähere rechtliche Prüfung durch den Notar ist nicht zulässig[26]. Hier hat also der Notar bei der Klauselerteilung keinen Fehler gemacht. S wird mit einer Erinnerung nach § 732 ZPO daher jedenfalls keinen Erfolg haben.

Auch § 768 ZPO kann nicht eingreifen. Es handelt sich hier um eine einfache Klausel, für die § 768 ZPO ohnehin nie passt. Es wurde außerdem keiner der dort genannten Fehler gemacht. Keiner der kodifizierten Rechtsbehelfe passt also, wenn S die (versteckte) Unwirksamkeit des Titels geltend machen will (zur passenden Klage analog § 767 ZPO unten § 6).

178

In Beispiel 13c ist dagegen alles ganz einfach. Laut Sachverhalt liegen die Voraussetzungen für die Erteilung der qualifizierten Klausel nicht vor. Daher ist die Klauselgegenklage aus § 768 ZPO statthaft. Aber es muss hier offenbar auch ein „einfacher“ Fehler bei der Erteilung der Klausel gemacht worden sein, denn der Rechtspfleger hätte einen Nachweis für die Fälligkeit von G verlangen müssen. Also greift auch § 732 ZPO ein. S kann wählen, welchen Rechtsbehelf er einlegt.

179

Klausurhinweis:

Es handelt sich bei diesen Abgrenzungsfragen um hoch aktuelle Probleme, deren Kenntnis in der Klausurbearbeitung unentbehrlich ist. Zuletzt hat der BGH auch mehrmals zur Abgrenzung zwischen Klauselerinnerung (§ 732 ZPO) und Vollstreckungserinnerung (§ 766 ZPO) entschieden[27]. Dabei handelt es sich um eine für Klausuren besonders gut geeignete Konstellation. Während die Klauselerinnerung bei einem Fehler des „Klauselorgans“ passt, greift die Vollstreckungserinnerung bei einem Fehler des Vollstreckungsorgans (Rn. 484). Bei der Prüfung der Statthaftigkeit muss also genau geprüft werden, in wessen Aufgabenbereich der gerügte Fehler gehört. Der BGH meinte dazu insbesondere, das Vorliegen einer Vollmacht zur Erklärung der Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung sei nur im Klauselerteilungsverfahren, nicht aber im Zwangsvollstreckungsverfahren zu prüfen (näher dazu Beispiel 30 Rn. 272). Offengelassen hat der BGH nur, wie zu entscheiden wäre, wenn der Fehler bei der Erteilung der Klausel so erheblich ist, dass dies auch dem Vollstreckungsorgan gleich hätte auffallen müssen.

c) Rechtsschutzbedürfnis

180

Das Rechtsschutzbedürfnis liegt vor, sobald die Klausel erteilt worden ist und entfällt wieder, wenn die Vollstreckung vollständig beendet ist. Die Klage ist unzulässig, wenn die Rechtmäßigkeit der Klauselerteilung bereits durch ein Urteil nach § 731 ZPO rechtskräftig festgestellt worden ist.

§ 4 Klauselrechtsbehelfe › IV. Klauselerinnerung (§ 732 ZPO) › 3. Begründetheit

3. Begründetheit

181

Die Erinnerung ist begründet, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung der Klausel nicht vorliegen. Diesbezüglich werden insbesondere formelle Einwendungen relevant, z.B. die völlige Unbestimmtheit des Titels, die Unwirksamkeit des Titels wegen fehlender Vertretungsmacht oder die fehlende Vollstreckbarkeit nach § 704 ZPO oder § 794 ZPO. Nicht geprüft werden dürfen wiederum Einwendungen, die bereits in einem Verfahren nach § 731 ZPO (Rn. 153) oder aber § 768 ZPO geprüft wurden (Rn. 154).

182

Zur Vertiefung:

Wie sich Veränderungen auswirken, die während des Verfahrens eintreten, ist bei der Klauselerinnerung in noch größerem Umfang umstritten als bei der Klauselgegenklage. Vielfach wird differenziert: Wenn eine Klausel erteilt wurde, obwohl eine Vollstreckungsvoraussetzung noch fehlte (insbesondere ein vollstreckbarer Titel), dann kann keine „Heilung“ eintreten. Der wesentliche Grund dafür liegt darin, dass sonst dem Gläubiger ein ungerechtfertigter Vorteil gegenüber möglichen anderen Gläubigern, die kurz nach ihm in die Vollstreckung gegangen sind, erhalten bliebe. Er könnte diese mit einem verfrüht gestellten Antrag letztlich endgültig „überholen“. Für andere Mängel bei der Erteilung gibt es diese Problematik nicht. Sie sollen nach dieser differenzierenden Ansicht daher „heilbar“ sein[28].

183

Urkundsbeamter und Rechtspfleger dürfen der Erinnerung in analoger Anwendung des § 572 I ZPO abhelfen[29]. Im Fall der Abhilfe gilt die Klausel als verweigert. Dem Vollstreckungsgläubiger stehen dann die Rechtsbehelfe zur Verfügung, mit denen die Klauselerteilung erzwungen werden kann (insbesondere § 573 ZPO, § 54 BeurkG, § 731 ZPO; Rn. 140).

§ 4 Klauselrechtsbehelfe › IV. Klauselerinnerung (§ 732 ZPO) › 4. Einstweilige Anordnungen

4. Einstweilige Anordnungen

184

Nach § 732 II ZPO kann das Gericht (nicht das Klauselerteilungsorgan selbst) vor der Entscheidung anordnen, dass die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen einzustellen ist oder nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werden darf.

185

Fall 2 (Klauselerteilung bei Gesamtschuld und bei Abtretung):

Die Gläubigerin G1 hat beim Landgericht Leipzig ein Urteil über die Zahlung von 12 000 Euro Schadensersatz gegen S1 aus Hamburg und S2 aus Leipzig als Gesamtschuldner erstritten. S1 zahlt die Gesamtforderung in bar an die Gerichtsvollzieherin, was diese nach § 757 ZPO quittiert. Nun beantragt S1 die Erteilung einer Klausel nach § 727 ZPO, um wegen seiner Rückgriffsansprüche aus §§ 426 I und II BGB selbst gegen S2 vollstrecken zu können.

a) Die zuständige Rechtspflegerin erteilt die Klausel nicht, weil sie meint, die Zahlungsbestätigung der Gerichtsvollzieherin reiche als Nachweis nach § 727 ZPO nicht aus. Kann S1 die Erteilung durchsetzen?

b) Abwandlung: Kurz nach Ende des Erkenntnisverfahrens beantragt der Gläubiger G2 beim zuständigen Rechtspfleger die Erteilung zweier Klauseln. Er legt als Nachweis seiner Berechtigung eine notarielle Abtretungsbestätigung nach § 403 BGB vor, wonach G1 die titulierte Forderung an G2 abgetreten habe. Der Rechtspfleger erteilt die Klauseln und setzt S1 und S2 davon gemäß § 733 II ZPO in Kenntnis. S2 will sich dagegen wehren. Sie meint, dass die notarielle Abtretungsbestätigung keine ausreichende Urkunde iSd. § 727 ZPO sei und dass ohnehin nicht zwei Klauseln zugleich erteilt werden dürften. Außerdem behauptet sie, eine Abtretung sei nie erfolgt. Es sei zu einer Personenverwechslung gekommen. Einen Beweis bietet sie nicht an, allerdings ist die Abtretungsbestätigung bei genauer Prüfung an diesem Punkt in der Tat unklar. G2 bietet auch keinen Beweis für das Gegenteil an. Die erforderlichen Hinweise nach § 139 ZPO wurden erteilt. Kann S2 sich gegen die Erteilung der Klauseln wehren?

Lösungshinweise zu Variante a):

Vor Beginn der prozessualen Überlegungen muss man sich klar machen, dass ein Gesamtschuldner in dem Moment, in dem er an den Gläubiger bezahlt, Inhaber der Forderung wird (in der Höhe, in der er im Innenverhältnis Ausgleichung verlangen kann – § 426 II iVm. § 426 I BGB). Es liegt also ein Fall der Rechtsnachfolge vor.

G kann die Erteilung einer Klausel erzwingen, wenn er den statthaften Rechtsbehelf einlegt und die Voraussetzungen der Erteilung vorliegen.

I. Sofortige Erinnerung (§ 573 ZPO)

Gegen die Verweigerung der Erteilung einer einfachen Klausel nach § 724 ZPO stünde S1 nach § 573 ZPO die Erinnerung offen, wenn der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Klausel hätte erteilen müssen. Hier wurde aber die Rechtspflegerin tätig, so dass § 573 ZPO nicht passt.

II. Sofortige Beschwerde (§ 567 I ZPO, § 11 RPflG)

1. Statthaftigkeit

Da die Rechtspflegerin die Erteilung einer Klausel abgelehnt hat, kann S1 nach § 567 I ZPO, § 11 RPflG Beschwerde einlegen. Allerdings lässt sich damit nur rügen, dass die Rechtspflegerin bei der Erteilung einen formellen Fehler gemacht hat.

2. Begründetheit

Die Beschwerde führt zum Erfolg, wenn die durch die Gerichtsvollzieherin auf die Klausel gesetzte Bescheinigung der Zahlung ein ausreichender Nachweis für eine Erteilung der Klausel an S1 war.

Daran, dass es sich bei der Zahlungsbestätigung durch die Gerichtsvollzieherin um eine öffentliche Urkunde handelt, kann man nicht zweifeln. Aus ihr lässt sich (in Verbindung mit dem gegen S1 und S2 als Gesamtschuldner gerichteten Titel) auch klar die Rechtsnachfolge ablesen. Denn diese ist in § 426 II BGB gesetzlich vorgesehen, wenn ein Gesamtschuldner die Forderung des Gläubigers erfüllt. Jedoch ist zu bedenken, dass ein Gesamtschuldner meist nicht in vollem Umfang Ausgleich von dem anderen erlangen kann, sondern nur anteilig. Die Quote bestimmt sich nach dem individuellen Fall. Diese Quote, die sich im Innenverhältnis ergibt, wird aus den hier vorgelegten Unterlagen nicht erkennbar. Daher hat die Rechtspflegerin sich zu Recht geweigert, den Titel zu erteilen.

Die Beschwerde des S1 ist unbegründet.

III. Klauselerteilungsklage (§ 731 ZPO)

1. Zulässigkeit

Die Klage müsste zulässig sein.

a) Statthaftigkeit

Die Klauselerteilungsklage ist der statthafte Rechtsbehelf, wenn es sich vorliegend um eine qualifizierte Klausel handelt, deren Erteilung vom zuständigen Rechtspfleger mangels ausreichender Nachweise verweigert wurde. Da hier der Rechtsnachfolger des Gläubigers den Eintritt der Rechtsnachfolge beweisen muss, bevor er vollstrecken darf, handelt es sich um eine qualifizierte Klausel nach § 727 ZPO. Daher ist die Klage gemäß § 731 ZPO der richtige Rechtsbehelf.

b) Zuständigkeit

Zuständig ist nach § 731 ZPO das Prozessgericht des ersten Rechtszugs, hier also das LG Leipzig.

c) Rechtsschutzbedürfnis

Da S1 vorher erfolglos einen Antrag bei der zuständigen Rechtspflegerin auf Erteilung einer Klausel gestellt hat, liegt das Rechtsschutzbedürfnis unproblematisch vor.

d) Vom Vorliegen aller weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen ist hier auszugehen.

2. Begründetheit

Die Klage müsste auch begründet sein. Das ist der Fall, wenn die materiellen Voraussetzungen für die Klauselerteilung vorliegen.

Vorliegend ist Voraussetzung der Klauselerteilung neben dem Vorliegen eines wirksamen Titels auch der Nachweis der Rechtsnachfolge. Problematisch ist hierbei wieder die Klärung des Innenverhältnisses zwischen S1 und S2. Teils wird eine Anwendung der §§ 727, 731 ZPO deswegen ganz abgelehnt. Das geht jedoch zu weit. Wenn die Quote unstreitig ist, bestehen keine Bedenken gegen die Klauselerteilung an S1 als Rechtsnachfolger. Ob allerdings S1 im Klauselklageverfahren auch die Möglichkeit erhalten sollte, das Innenverhältnis zwischen sich und der S2 klären zu lassen, ist zweifelhaft. Andererseits ist dieses Verfahren gerade dazu da, Einzelheiten der Rechtsnachfolge zu klären, ganz gleich ob sie das Innenverhältnis von Gesamtschuldnern oder die Erbfolge zwischen zwei Personen betreffen[30].

IV. Ergebnis: Die Klage nach § 731 ZPO ist zulässig. Begründet ist die Klage nur soweit, wie die Forderung tatsächlich auf S1 übergegangen ist.

Lösungshinweise zu Variante b):

I. Klauselerinnerung (§ 732 ZPO)

1. Statthaftigkeit

Die Klauselerinnerung ist statthaft, wenn S2 Einwendungen gegen die Klauselerteilung hat. Sie greift unproblematisch, wenn diese Einwendungen formaler Art sind. Hier hat S2 drei Einwendungen. Wenn sie meint, es liege kein ausreichender urkundlicher Nachweis vor und es dürften nicht zwei Klauseln zugleich erteilt werden, handelt es sich um formelle Einwendungen, die mit der Erinnerung geltend gemacht werden können. Sie will allerdings auch vorbringen, dass die Abtretung nicht erfolgt sei. Das ist ein materieller Einwand. Auf diese dritte Behauptung kann S2 die Erinnerung also nicht stützen.

2. Begründetheit

Die Erinnerung ist begründet, wenn einer der formellen Einwände von S2 durchgreift. Dabei kann der erste Einwand, die notarielle Erklärung reiche als Nachweis nicht aus, nicht durchdringen, da diese Form des Nachweises in § 403 BGB gerade vorgesehen ist. Auch dass der Erklärung laut Sachverhalt bei näherer Analyse eine Personenverwechslung zu entnehmen ist, begründet keinen formellen Fehler des Rechtspflegers. Er führt nur eine kursorische Prüfung durch.

S2 bringt außerdem vor, dass der Rechtspfleger zu Unrecht zwei Klauseln ausgestellt habe. Dieses Vorbringen hat zunächst schon die Schwäche, dass sie damit nicht beide Klauseln, sondern nur die zweite Klausel angreifen kann. Nach allgemeiner Ansicht dürfen außerdem mehrere Klauseln dann gleichzeitig ausgestellt werden, wenn der Gläubiger dafür ein besonderes Bedürfnis hat. Ob ein solches sich bei der Vollstreckung gegen Gesamtschuldner automatisch ergibt, ist umstritten. Hier leben aber S1 und S2 in weit auseinander liegenden Städten, so dass jedenfalls von einem Bedürfnis für zwei Ausfertigungen ausgegangen werden kann. Der Rechtspfleger hat also keinen formalen Fehler gemacht. Die Klauselerinnerung ist unbegründet.

II. Klauselgegenklage (§ 768 ZPO)

1. Zulässigkeit

Die Klage müsste zunächst zulässig sein.

a) Statthaftigkeit: Da S2 hier behauptet, dass die Voraussetzungen der Klauselerteilung nach § 727 ZPO nicht vorlagen, weil die Abtretung – trotz Vorlage der Urkunde darüber – gar nicht erfolgt sei, fällt sein Vorbringen genau in den Geltungsbereich des § 768 ZPO. Die Klauselgegenklage ist statthaft.

b) Zuständigkeit: Zuständig ist nach § 768 iVm. § 767 I ZPO das Gericht des ersten Rechtszugs, hier also das LG Leipzig.

c) Das Rechtsschutzbedürfnis ist ebenfalls gegeben, da die Zwangsvollstreckung bereits droht und noch nicht beendet ist.

2. Begründetheit

Die Klage müsste auch begründet sein. Das ist der Fall, wenn die Voraussetzungen zur Erteilung der Klausel wirklich zu Unrecht angenommen wurden.

Vorliegend wäre das der Fall, wenn die Abtretung trotz der notariellen Urkunde nicht erfolgt wäre.

S2 hat dies bestritten, aber keinen Beweis für die streitige Tatsache angeboten. Grundsätzlich muss jede Partei die für sie günstigen Tatsachen darlegen und beweisen (allgemeine Beweislastregelung). Das hätte zur Folge, dass S2 als Klägerin nunmehr beweisen müsste, dass die Abtretung nicht erfolgt ist. Wer die Beweislast trägt, wenn Klauselgegenklage erhoben wird, ist sehr streitig. Richtigerweise sollte die Beweislast aber auch im Streit um die Klauselerteilung von demjenigen getragen werden, der auch beim Antrag auf Erteilung der Klausel den Nachweis für das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen tragen muss (regelmäßig also der Gläubiger, der nunmehr Beklagter ist)[31]. Sonst würde die Beweislast in der Klauselgegenklage umgekehrt[32]. Falls das erteilende Organ die Klausel zu Unrecht erteilt hat, würde also ein staatlicher, dem Schuldner nicht anzulastender Fehler Auswirkungen auf die Beweisverteilung zwischen den Parteien haben. Das kann aber nicht sein. Daher trägt G2 die Beweislast für die Abtretung. G2 hat hier allerdings immerhin die notarielle Abtretungsurkunde vorgelegt. Der Richter muss in freier Beweiswürdigung darüber entscheiden, ob diese als Nachweis ausreicht. Da im Sachverhalt angegeben ist, dass die Urkunde bei genauer Analyse eine Personenverwechslung in Betracht kommen lässt, ist nicht davon auszugehen, dass sie als ausreichender Beweis angesehen wird. Darüber hinaus hat G2 keinen Beweis angeboten. Da ein richterlicher Hinweis im Hinblick auf die Beweislastverteilung als erteilt gilt (§ 139 ZPO), ist die Klage der S2 begründet.

Gatunki i tagi
Ograniczenie wiekowe:
0+
Objętość:
914 str. 7 ilustracje
ISBN:
9783811473522
Wydawca:
Właściciel praw:
Bookwire
Format pobierania:
epub, fb2, fb3, ios.epub, mobi, pdf, txt, zip