Czytaj książkę: «Die Selbstzerstörung der Demokratie»

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1. Auflage

10/2020

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ISBN 978-3-96850-000-3

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Inhaltsverzeichnis

Zum Buch:

Vorwort

Einleitung

I. DEMOKRATIE UND DE KADENZ

Was ist Demokratie?

Vom Wesen der Politik

Das Zoon politikon

Moderne Vertragslehren – Hobbes, Locke, Montesquieu

Souveränität und allgemeiner Wille

Das Janushaupt der Massendemokratie

Kein Gott?

Identität als Voraussetzung der Demokratie

Individuelle Identität

Vom Ich zum Wir

II. ZUR POLITISCHEN IDENTITÄT DER DEUTSCHEN

»Tatenarm, aber gedankenvoll«

Fluch und Segen der Mittellage

Kultur und Zivilisation

Gemeinschaft der Besiegten – Demokraten wider Willen

Der Gewinn der Niederlage

Viele Untergänge ohne Würde

Traumland und böses Erwachen

Dolch und Bazillus

Sieger der Herzen

Auferstehen aus Ruinen

Die Machtergreifung als »legale Revolution«?

Umerziehung zu Demokraten

1968: Die Reeducation wird verinnerlicht

Politische Korrektheit oder der Zwang, immer lieb und dumm zu sein

»Lügenpresse«: Wie wir manipuliert werden

Postdemokratie?

III. DER GROSSE ABBAU

Die drei Fehlurteile über den Nationalstaat

Souveränitätsverlust

Schritt für Schritt Entmündigung

Von der Montanunion zur Schuldenunion

Angela Merkel – Kanzlerin gegen Deutschland

Die »Flüchtlingskrise«: das willkommene Staatsversagen

Zur juristischen Bewertung von Merkels Grenzöffnung

Landnahme und Islamisierung

Ausblick

Ausgewählte Literatur

Zum Buch:

Die politische Kultur unseres Landes ist zerrüttet, die Gesellschaft zutiefst gespalten. Neue populistische Bewegungen fordern das etablierte Parteienkartell heraus, das mit immer stärkeren Repressionen reagiert. Vielen Menschen erscheint die demokratische Ordnung akut gefährdet. Ihre Sorge ist begründet, aber die Bedrohungen liegen weniger im Extremismus radikaler Minderheiten oder in der Verbreitung von »Fake News«, sondern gehen vom politisch-medialen Establishment selbst aus, das eine zunehmend totalitäre Ordnung errichtet hat. Politikwissenschaftler sprechen daher von der »Postdemokratie« als Herrschaftsform neuen Typs, die demokratische Teilhabe nur noch simuliert und das Bewusstsein der Bürger massenmedial konditioniert.

Baal Müller untersucht, wie es zu dieser Entwicklung kam, und analysiert den Zustand unseres Gemeinwesens auf mehreren Ebenen: Zunächst geht er der Frage nach, welche spezifischen Gefährdungen der Demokratie allgemein innewohnen, und beschreibt deren Tendenz zur Selbstaufhebung im Parteienstaat. Anschließend betrachtet er die besonderen historischen, kultur- und mentalitätsgeschichtlichen Voraussetzungen der deutschen Demokratie, die das Erbe zweier verlorener Weltkriege trägt. Dabei zeigt sich, dass gerade die Entwicklungsschritte, die gemeinhin als Wegmarken fortschreitender Demokratisierung gelten – die amerikanische Reeducation, die 68er-Bewegung und deren später Sieg in der durch die Presse aufrechterhaltenen moralischen Herrschaft der Politischen Korrektheit sowie die »Europäisierung« Deutschlands – Stufen fortschreitenden Demokratieverfalls sind. Die von den »Eliten« betriebene Zerstörung der deutschen Identität und der Verlust demokratischer Souveränität der Nation bedingen einander ebenso, wie die zivilreligiöse Aufladung der Demokratie zur humanitären Weltanschauung mit dem realen Abbau von Bürgerrechten einhergeht. Den bisherigen Tiefpunkt dieser Verfallsgeschichte markiert die sogenannte »Flüchtlingskrise« seit 2015, die Baal Müller im Hinblick auf die politischen und juristischen Voraussetzungen der Grenzöffnung behandelt.

Das vorliegende Werk spannt einen weiten Bogen von den Grundfragen der Demokratietheorie und den Schicksalsmomenten der jüngeren deutschen Geschichte bis zu den dystopischen Zuständen der Gegenwart. Wer die Krise unserer Zeit verstehen will, muss dieses Buch lesen.

Über den Autor:

Dr. Baal Müller wurde 1969 in Frankfurt am Main geboren und studierte Philosophie und Germanistik in Heidelberg und Tübingen. Er lebt in Brandenburg und zeitweise in Litauen.

Seit 1998 ist er als freier Journalist und Schriftsteller sowie als Verleger, Übersetzer und Lektor tätig. Von 2003 bis 2015 war er Inhaber des Telesma-Verlags. Gegenwärtig arbeitet er auch als politischer Berater, Ghostwriter und Pressereferent. Zu seinen Buchveröffentlichungen gehören wissenschaftliche Publikationen und belletristische Werke, darunter seine 2020 neu aufgelegte Dissertation »Kosmik – Prozessontologie und temporale Poetik bei Ludwig Klages und Alfred Schuler: Zur Philosophie und Dichtung der Schwabinger Kosmischen Runde«, der Gedichtband »Wendische Fahrt« (2016) und der Roman »Hildebrands Nibelungenlied« (2017).

Vorwort

Seit ich im Frühjahr 2016 begonnen habe, dieses Buch zu schreiben, sind mehrere Jahre vergangen, in denen sich Deutschland tiefgreifend verändert hat. Damals herrschte eine düstere, aber von mutigem Aufbegehren geprägte Stimmung zumal im Osten unseres Landes, die teilweise auf den Westen überzugreifen schien, in den dortigen Wohlstands- und Komfortzonen aber auf Befremden und Ablehnung stieß. Trotz des immer größer werdenden Akzeptanzverlustes der herrschenden Politik gelang es dieser gemeinsam mit den Massenmedien, die Demonstrationen, die sich vor allem gegen die ungebremste Einwanderung richteten, aber auch prinzipielle Fragen nach der Legitimität des Regierungshandelns stellten, auf wenige Zentren in den östlichen Bundesländern, vor allem in Sachsen, zu begrenzen und mit den üblichen Mitteln zu stigmatisieren.

Woche für Woche gingen seit Oktober 2014 die »Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes« (PEGIDA) in Dresden und anderen Orten auf die Straße und erreichten zeitweise Teilnehmerzahlen von mehreren zehntausend Menschen. Die weit überwiegende Mehrzahl von ihnen waren keine Extremisten oder sozial deklassierten Außenseiter, sondern entstammten dem mittleren Bürgertum, arbeiteten als Angestellte, Selbständige oder Unternehmer, verfügten über ein durchschnittliches oder leicht über dem Durchschnitt liegendes Einkommen und gehörten Gesellschaftsschichten an, die eigentlich nicht für fundamentale Systemkritik bekannt sind.

Von diesem politischen Klima profitierte die 2013 zunächst als eurokritische Partei mit bildungsbürgerlichem Habitus gegründete Alternative für Deutschland (AfD), die die »Flüchtlingskrise« bald als Gefahr für unser Land, aber auch als Chance, sich im Parteienspektrum zu etablieren, begriff, obwohl sie zu PEGIDA und anderen Bewegungen der von den Medien so genannten »Wutbürger« zumeist Abstand hielt.

Natürlich begann die Abkehr weiter Teile der Bevölkerung, die sich in diesen Demonstrationen und vor allem im Aufstieg der AfD manifestierte, von den Altparteien, den öffentlich-rechtlichen sowie den großen privaten Medien nicht erst damals, sondern ihr war bereits eine lange Entfremdung vorangegangen, für die jedoch das Ausdrucksmittel einer auf breite Akzeptanz stoßenden Partei fehlte. Für einen kurzen historischen Augenblick lag ein Hauch von Wende und »friedlicher Revolution« in der Luft, und es schien, dass vom Osten eine Erneuerung ganz Deutschlands ausgehen könnte, als zornige und mitreißende Stimmen über die prächtigen Straßen und Plätze Dresdens tönten und immer wieder von begeisterten Sprechchören unterbrochen wurden, während die Menschen Deutschlandfahnen – oder die »Wirmer-Flagge« des Widerstands vom 20. Juli 1944 – schwenkten. »Aufmärsche« und »Fackelzüge«, wie sie die Mainstreampresse imaginierte, fanden nicht statt, sondern locker organisierte Spaziergänge, und am Ende wurde mit Smartphones in den Nachthimmel emporgeleuchtet. Die Stimmung war aufgewühlt, aber durchgehend friedlich, und wenn es vereinzelt zu Gewalt kam, waren dafür fast immer fanatisierte Mitglieder der Antifa verantwortlich, die gemeinsam mit Altparteien, Kirchen, Gewerkschaften und anderen »zivilgesellschaftlichen Gruppen« Gegendemonstrationen abhielten und das Demonstrationsrecht der PEGIDA-Teilnehmer unrechtmäßig einzuschränken versuchten.

Eine Revolution hat diese, angesichts der verheerenden Politik, gegen die sie sich richtete, erstaunlich friedfertige Bewegung des von den tonangebenden Schichten verständnislos beargwöhnten und geschmähten »Dunkeldeutschlands« nicht hervorgebracht, aber sie hat die Atmosphäre im Land verändert. Seitdem gelang es der AfD, mit oft zweistelligen Ergebnissen in sämtliche Landesparlamente, den Bundestag und das Europaparlament einzuziehen, und sie etablierte sich, trotz schwerer parteiinterner Krisen und ständiger Flügelkämpfe, als gegenwärtig drittstärkste Partei – ein Erfolg, der in Deutschland beispiellos ist und die Altparteien, die die neue Konkurrenz bislang kategorisch ausgrenzen, zunehmend zu ungewohnten und unnatürlichen Koalitionen nötigt, die ihre Entfremdung von der Bevölkerung weiter verstärken.

Zu einem Tiefpunkt dieser Entwicklung kam es im Februar 2020, als der FDP-Abgeordnete Thomas Kemmerich im Thüringer Landtag mit Stimmen der AfD zum Ministerpräsidenten gewählt wurde, nachdem die rot-rot-grüne Landesregierung im Oktober 2019 abgewählt worden war, die Bildung einer bürgerlichen Regierung aber an der Weigerung von CDU und FDP scheiterte, mit der AfD zu koalieren oder wenigstens in irgendeiner Form zu kooperieren. Dass es dann, durch Kemmerichs Annahme der verfassungsrechtlich korrekten Wahl, doch zu einer Kooperation kam, führte zu einer wüsten Hetzkampagne der etablierten Parteien, in deren Verlauf zahlreiche Politiker und Journalisten nicht nur einen »Tabu«-, sondern sogar einen »Zivilisationsbruch« herbeiredeten und Parallelen zum Dritten Reich imaginierten. Unter den Stimmen, die den Rücktritt des Ministerpräsidenten forderten, ragte diejenige der Bundeskanzlerin hervor, die von einem »unverzeihlichen Vorgang« sprach, der »rückgängig gemacht« werden müsse. Sie bezog sich dabei, wohlgemerkt, auf eine demokratische Wahl. Der frisch gewählte Ministerpräsident konnte diesem, durch Gewaltandrohungen der linksradikalen Szene massiv verstärkten Druck nicht standhalten und trat nach wenigen Tagen zurück. Auch einige andere Spitzenpolitiker, darunter die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer, mussten ihre Ämter aufgeben; die politische Quarantäne gegenüber der AfD wurde jedoch aufrechterhalten.

Der Begriff »Quarantäne« führt zur aktuellen, besonders besorgniserregenden, aber in ihren Konsequenzen noch nicht absehbaren Deformation unserer Demokratie durch die Maßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Obwohl die Zahl der Opfer des neuartigen Virus SARS-CoV-2 bei Weitem nicht den zu Beginn des Jahres 2020 verbreiteten Horrorszenarien entspricht und im Frühjahr, am Ende der Grippeperiode, bereits zurückging, verfügte die Bundesregierung Einschränkungen von Grundrechten – vor allem der Bewegungs-, Versammlungs- und Berufsausübungsfreiheit –, wie sie seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland undenkbar waren.

Nachdem die weit überwiegende Mehrheit der Bevölkerung diese Freiheitsbeschränkungen aus gesundheitspolitischen Gründen zunächst für geboten hielt, verdichteten sich in den Augen vieler kritischer Bürger allmählich die Anzeichen, dass die Bekämpfung des Virus der Bundesregierung lediglich als Vorwand dienen könnte, um dauerhafte Grundrechtsbeschränkungen, Eingriffe in das Wirtschaftsleben und enorme finanzielle Umverteilungen innerhalb der EU und zu Lasten Deutschlands durchzusetzen. Neben widersprüchlichen Äußerungen der Regierung, etwa zum Nutzen von Mund- und Nasenschutzmasken, und der fehlenden Unterscheidung zwischen den an Covid-19 Verstorbenen und den bei ihrem Tod lediglich mit dem Virus Infizierten in den Statistiken des Robert-Koch-Instituts trugen insbesondere die Publikationen interner Dokumente des Innenministeriums dazu bei, das Vertrauen in die Corona-Politik zu erschüttern: Ein Papier, das im März an die Öffentlichkeit gelangte, empfahl der Regierung eine drastische Krisenkommunikation mit dem Ziel, die Bevölkerung in Angst zu versetzen. Ein anderes, das im Mai bekannt wurde, sprach jedoch, nach einer umfangreichen Analyse des Infektionsgeschehens und der Zahl der überwiegend hochbetagten und vorerkrankten Verstorbenen, von einem globalen »Fehlalarm« und äußerte die Befürchtung, dass die langfristigen ökonomischen und gesellschaftlichen »Kollateralschäden« infolge des von der Regierung angeordneten Lockdowns mehr Opfer fordern könnten als die Pandemie selbst. Der Verfasser, ein Oberregierungsrat im Innenministerium, wurde daraufhin von seinem Dienst entbunden – mit der Begründung, dass er den Briefkopf des Ministeriums für sein Papier verwendet und seine Ausführungen damit fälschlich als Regierungsposition dargestellt habe.

Durch Vorfälle dieser Art sahen sich die Kritiker der Regierungsmaßnahmen bestätigt, und Demonstrationen gegen das »Corona-Regime« verzeichneten, trotz der allgegenwärtigen Panikmache, seit dem Spätsommer wachsenden Zulauf, worauf Politiker der etablierten Parteien mit dem Ruf nach strengeren Auflagen und Verboten reagierten. Anders als die PEGIDA-Veranstaltungen stießen diese Demonstrationen auch in Westdeutschland auf Zuspruch, und die Teilnehmer ließen sich nicht mehr in das traditionelle Rechts-Links-Schema einfügen, was ihre Diskreditierung durch die herrschenden Parteien erschwerte. Kampfbegriffe wie »Corona-Leugner« oder »Covidiot« wirken unbeholfen und haben nicht dieselbe stigmatisierende Wirkung wie »Rechtspopulist«, »Rechtsextremist« oder gar »Neonazi«. Ob sich dieser außerparlamentarische Widerstand verstetigt oder bald in sich zusammenfällt und durch Verbote unterdrückt wird, bleibt abzuwarten.

Parallel zu den enormen politischen Veränderungen der Ära Merkel hat sich auch die Medienlandschaft gewandelt. Während die traditionellen Presseorgane von Jahr zu Jahr Umsatzeinbußen erleiden und der öffentlich-rechtliche Rundfunk von vielen (Zwangs-)Gebührenzahlern verachtet wird, schießen neue Zeitschriften und Online-Nachrichtenportale aus dem Boden und versorgen immer mehr Menschen mit Informationen, die ihnen die etablierten Medien vorenthalten. Natürlich sind auch unzählige »Fake News« darunter, aber das gilt für die selbsternannte »Qualitätspresse« ebenso. Auch bekannte Intellektuelle, Künstler, Schriftsteller und Journalisten melden sich kritisch zu Wort, und manche prominenten Publizisten wechselten die Seiten und wurden dafür von ihren früheren Kollegen mit Verleumdung und Feindseligkeit bedacht.

Tiefe Gräben verlaufen heute durch unser Land, zuweilen mitten durch Familien, und es ist fraglich, ob sie je überbrückt werden können. Die Entfremdung der politischen Lager vollzieht sich quer durch kulturelle, religiöse und soziale Milieus und erscheint tiefer als die Mauer, die bis 1989 die deutschen Teilstaaten trennte. Beiden Seiten geht es buchstäblich um alles oder nichts: der einen um die endgültige Durchsetzung ihrer Vorstellung von einer »offenen«, »bunten« und »toleranten« Gesellschaft, der anderen um nichts weniger als den Fortbestand Deutschlands und des deutschen Volkes. Es ist seit 1945 bislang kaum vorgekommen, dass Politiker, Wissenschaftler oder Bestsellerautoren vom drohenden Untergang unseres Landes und unserer Kultur sprechen. – Und in jüngster Zeit werden ihre Warnungen sogar noch von den apokalyptischen Ängsten einer Jugend übertroffen, die fürchtet, dass nicht nur sie, sondern weite Teile der Menschheit den Wandel des Weltklimas nicht überleben werden. Die früher oft beklagte Politikverdrossenheit gehört der Vergangenheit an; unsere Gesellschaft ist heute politisiert wie seit Jahrzehnten nicht mehr.

Vor diesem Hintergrund habe ich dieses Buch geschrieben, um mir selbst und anderen Klarheit darüber zu verschaffen, wie es zu diesen katastrophalen Entwicklungen kommen konnte. Offenkundig handelt es sich nicht nur um Probleme, die durch einen Regierungswechsel, einige Reformen und ein besseres Polit-Marketing in den Griff zu bekommen wären. Schuld sind nicht einzelne Politiker aufgrund von Inkompetenz, Machtgier oder Korruption, sondern wir haben es möglicherweise mit einer Selbstabschaffung des Systems insgesamt zu tun. Da dieses aber unsere für erfolgreich und bewährt gehaltene parlamentarische Demokratie ist, stellt sich die beunruhigende Frage, ob und inwiefern diese selbst eine gefährliche Verfallstendenz aufweist, die uns in ein neuartiges, »postdemokratisches« Zeitalter eintreten lassen könnte. Zerstört die Demokratie in Deutschland sich vor unseren Augen selbst?

Diese Frage führte mich zu dem zweiten, so umstrittenen wie verpönten Thema dieses Buches: der politischen Identität der Deutschen. Was kennzeichnet diese, und wie hängt sie mit der fraglichen Auflösung der Demokratie zusammen? Meines Erachtens muss deren eventuelle Selbstzerstörung gemeinsam mit dem pathologischen Verhältnis der Deutschen zu ihrer nationalen und kulturellen Identität betrachtet werden. Dies habe ich im vorliegenden Buch versucht, und ich hoffe, eine wesentliche Tendenz unserer Zeit nachvollziehbar beschrieben zu haben.

Bei seiner Niederschrift haben mich Freunde, Kollegen und Mitstreiter ermutigt und unterstützt. Vor allem danke ich meinen Freunden Thomas Barthélemy, Abraham Göbel, Heiko Luge, Christoph Neubarth und Gunnar Porikys für unzählige Gespräche und Anregungen. Wichtige Hinweise verdanke ich Frank Böckelmann, dem Herausgeber des Magazins »Tumult – Vierteljahresschrift für Konsensstörung«, wofür ich ihm herzlich danke. Besonderen Dank schulde ich meinem Verleger Jan Karl Fischer, der diese Arbeit angeregt und über manche Höhen und Tiefen hinweg mit großem Interesse begleitet hat. Meinem Vater Horst Müller gilt mein großer Dank für vielerlei Rat und Hilfe sowie seine rege Anteilnahme an allen meinen Projekten und Betätigungen. Und schließlich danke ich meiner Frau Christine Müller-Mey, die auch in politischen und publizistischen Angelegenheiten meine Mitstreiterin ist, für ihre Liebe, nimmermüde Geduld und ausgleichende Gutmütigkeit, mit der sie mein unruhiges, launisches und sprunghaftes Wesen immer wieder »erdet«.

Treuenbrietzen, im August 2020

Dr. Baal Müller

Einleitung

Wenn wir die unser Land betreffenden Nachrichten, die Tag für Tag auf uns einprasseln, auf einen gemeinsamen Nenner bringen wollen, bietet sich das Wort »Selbstzerstörung« an. Von einer bloßen Krise kann kaum noch die Rede sein, wenn wir – oder zumindest die noch zu politischem Urteil Befähigten unter uns – die Verheerungen betrachten, von denen Politik und Wirtschaft, Kultur und Bildungssystem, öffentliche Sicherheit und gesellschaftlicher Zusammenhalt betroffen sind, darunter:

• die sogenannte Eurorettung und die »Corona-Hilfen« für angeblich besonders betroffene Länder, die Deutschlands Sparer Hunderte Milliarden Euro kosteten bzw. noch kosten werden;

• eine Energie- und Mobilitätswende, die unsere Schlüsselindustrien opfert und die Stromversorgung gefährdet;

• die »Flüchtlingskrise« als Teilaspekt einer umfassenden Migrationsagenda, die in wenigen Jahren Millionen bildungsferne Einwanderer aus fremden Kulturkreisen ins Land spülte und fortwährend weiter betrieben wird;

• die Verfestigung muslimischer Parallelgesellschaften und über diese hin­aus ein Vordringen islamischer Sitten, auf die auch Nichtmuslime – unter Verzicht auf eigene Traditionen – »Rücksicht« nehmen sollen;

• eine demographische Entwicklung, die Deutsche in absehbarer Zeit zu Fremden im einstmals eigenen Land machen wird und in vielen Städten bereits gemacht hat;

• wachsende Gewaltkriminalität junger Männer mit Migrationshintergrund gegen Einheimische und die ständige Gefahr von Terroranschlägen;

• die Enteignung des Bürgers durch immer höhere Steuern und Abgaben, für die er eine marode Infrastruktur und immer weniger staatliche Leistungen erhält;

• ein Bildungssystem, das Millionen Analphabeten produziert;

• ein jährlicher hunderttausendfacher Brain Drain bzw. die Abwanderung gutausgebildeter Leistungsträger in Länder, in denen ihre Fähigkeiten höher geschätzt werden;

• und eine Regulierung der öffentlichen Meinung durch Tabus, Sprechverbote, Formulierungsvorgaben, Gesinnungsschnüffelei, Überwachung, Bespitzelung, Versammlungsverbote, »Cancel Culture« und andere Formen der Repression – zuletzt besonders unter dem Vorwand der Corona-Bekämpfung –, die man früher nur von totalitären Staaten kannte.

Gegen all diese Tendenzen regt sich zwar Widerstand, aber noch immer werden die für diese Entwicklungen politisch verantwortlichen Parteien von breiten Mehrheiten gewählt. Der Vorwurf, die politische Klasse habe eine Art Diktatur etabliert, greift also zu kurz; stattdessen hat sich der Begriff »Postdemokratie« für das höchst beunruhigende Phänomen eingebürgert, dass zahlreiche Bürger offenbar freiwillig eine Politik unterstützen, die ihnen objektiv schadet. Diskussionen darüber sind nur schwer möglich, da oft bereits die Benennung der soeben aufgezählten Tatsachen empört zurückgewiesen und mit begrifflichen Tabus belegt wird. Während der Totalitarismus klassischer Diktaturen von nahezu der gesamten Bevölkerung als unerträglicher Zwang und Unterdrückung empfunden wurde, gilt dies für seine »sanfte«, spät- oder postdemokratische Variante nicht mehr. Im Gegenteil: Viele Bürger glauben sogar, sich mutig für die Demokratie zu engagieren, wenn sie an Demonstrationen teilnehmen, zu denen die Regierung selbst aufgerufen hat, und beteiligen sich an der Denunziation Andersdenkender, die sie als »Zivilcourage« bezeichnen.

Für diejenigen, die bereit sind, diese Entwicklung zu erkennen, stellt sich die Frage nach ihren Ursachen. Handelt es sich dabei um kontingente Faktoren wie Inkompetenz, Korruption, Macht- und Geldgier politischer Entscheidungsträger, die man abwählen könnte, oder um einen systemisch bedingten Missbrauch demokratischer Strukturen durch die politische Klasse, dem durch Reformen und mehr Bürgerpartizipation beizukommen wäre, oder gar um Verfallstendenzen, denen das demokratische System insgesamt unterliegt?

Vor der Wiedervereinigung hätten nur wenige solche Fragen gestellt; trotz mancher Gründe zur Unzufriedenheit war die weit überwiegende Mehrheit der Bevölkerung der Bundesrepublik mit der Demokratie in Deutschland zufrieden, sah das Grundgesetz – zu Recht – als Ergebnis der Lehren, die aus den Katastrophen der deutschen Geschichte gezogen wurden, und hielt die westliche, freiheitliche Gesellschaftsform im Systemvergleich mit dem Kommunismus für prinzipiell überlegen. Auch in den neuen Bundesländern war die Zustimmungsrate nach dem Beitritt hoch und hielt sich in den folgenden Jahren in West- und Ostdeutschland auf hohem Niveau, auch wenn es, bedingt durch die Art der »Abwicklung« der DDR, während der neunziger Jahre im Osten zu einer Abnahme der Zufriedenheit kam. Nach der Jahrtausendwende stieg die Anzahl der Unzufriedenen vor allem aufgrund der Euro- sowie der weltweiten Finanzkrise jedoch deutlich an – im Osten mehr als im Westen –, und in jüngster Vergangenheit führte die Migrationspolitik der Bundesregierung nicht nur zu einer Abwendung beträchtlicher Teile der Bevölkerung, insbesondere in Ostdeutschland, von den schrumpfenden vormaligen »Volksparteien«, sondern auch vom »real existierenden« demokratischen System. Diese Entwicklung ist umso besorgniserregender, als sie breite bürgerliche Schichten erfasst hat.1

Betrachtet man die – natürlich oft unreflektiert vorgetragene – Kritik an Demokratie und Parteienstaat näher, lässt sich feststellen, dass Verschiedenes in Frage gestellt wird:

1. Das Funktionieren der Demokratie

Dabei wird vorausgesetzt, dass die grundgesetzliche Ordnung noch intakt sei, durch das Verhalten der Parteien aber nicht mehr hinreichend mit der »Verfassungswirklichkeit« zur Deckung gelange.

2. Die Demokratie des Grundgesetzes

In den Augen dieser Kritiker wird die Demokratie bereits auf Verfassungsebene nicht ausreichend verwirklicht: Das Grundgesetz sei nur ein Kon­strukt nach dem Willen der Siegermächte, ein Provisorium der Besatzungszeit, das nach der Wiedervereinigung durch eine wirkliche, vom Volk selbst verabschiedete Verfassung hätte ersetzt werden müssen. Da dies nicht der Fall gewesen sei, ermangele ihm die Legitimität. Oder, noch weitaus radikaler: Das GG sei im Zuge der Wiedervereinigung, von der Bevölkerung weithin unbemerkt, beseitigt worden, und eine illegitime Regierung gaukle dem Volk dessen weitere Geltung lediglich vor. Nach dieser vor allem von sogenannten »Reichsbürgern« vertretenen Auffassung ist die Bundesrepublik Deutschland mangels gültiger Verfassung überhaupt keine Demokratie, ja nicht einmal mehr ein Staat, sondern lediglich ein Wirtschaftsunternehmen, das Menschen, die sich noch immer irrtümlich für Bürger halten, als sein »Personal« beschäftigt und ausbeutet.

3. Die Demokratie als politische Ordnung allgemein

Eine generelle Ablehnung der Demokratie aus monarchistischer oder »führerstaatlich«-faschistischer Sicht ist nach 1945 nur noch in sehr kleinen isolierten Nischen vertreten worden; die marxistische Kritik an der »bürgerlichen (Klassen-)Demokratie«, die noch durch eine sozialistische »Volksdemokratie« vollendet werden müsse, die das Privateigentum der Produktionsmittel abschaffe und wirkliche Gleichheit herstelle, spielt seit 1990 ebenfalls keine Rolle mehr.

Abgesehen von diesen ideologischen Restbeständen gibt es heute eine – in Deutschland wenig bekannte, sondern eher in den USA vertretene – intellektuelle Demokratiekritik aus libertärer Perspektive, die monarchistische und »anarchokapitalistische« Positionen verbindet. Nach dieser Position wird die Demokratie nicht nur falsch umgesetzt, sondern ist bereits in der Theorie ein schädliches Gesellschaftsmodell, das durch eine »natürliche Ordnung« ersetzt werden sollte. Wir werden sehen, dass diese Kritik den Finger in manche Wunden legt, auch wenn man ihren radikalen Konsequenzen nicht folgen muss.

Neben der philosophischen, bis in die Antike zurückreichenden Demokratiekritik gibt es die »theokratische« Kritik des radikalen Islam, der jede säkulare Gesellschaftsform bekämpft. Aufgrund der muslimischen Einwanderung spielt sie mittlerweile auch in Europa eine Rolle, auch wenn die meisten Muslime (und ihre nichtmuslimischen Lobbyisten) – sei es aus mangelnder Vertrautheit mit den eigenen religiösen Lehren oder deren halbherziger Umsetzung, sei es aus bewusster Täuschung der »Ungläubigen« (Taqiyya) – die Unvereinbarkeit des Islam mit der Demokratie bestreiten. Sowohl der Koran als auch die politische Realität in muslimischen Ländern sprechen indes eine andere Sprache (was selbstverständlich nicht bedeutet, dass auch die meisten Muslime die Demokratie ablehnen würden).

Insgesamt zeigt sich, dass die Demokratie in Deutschland und der gesamten westlichen Welt in großer Gefahr ist und ihre Transformation bis hin zur völligen Zerstörung all dessen, was wir unter Demokratie verstehen, droht. Allerdings wird ihre Abschaffung nicht von heute auf morgen durch eine Revolution oder einen Staatsstreich stattfinden, sondern sie vollzieht sich, wenn es so weit kommt, eher als allmähliche, schleichende Zersetzung des Systems von innen heraus. Kritische Bürger, die von der veröffentlichten Meinung als »rechtspopulistische« Demokratiefeinde geschmäht werden, tragen selbst am wenigsten zu diesem Prozess bei, sondern benennen ihn lediglich auf mehr oder weniger angemessene – und manchmal auch missverständliche – Weise. Sie sind gleichsam der Seismograf, der das aufkommende Erdbeben anzeigt und dafür zerschlagen wird. Allerdings ist die Entdemokratisierung kein Naturereignis, sondern wird von der politischen Klasse – unter formaler Beibehaltung demokratischer Wahlen – herbeigeführt. Dabei wirken bewusste und willentliche Maßnahmen wie die Ausschaltung oder Marginalisierung politischer Konkurrenten durch ständige Verunglimpfung, Verdrängung aus den Massenmedien, geheimdienstliche Beobachtung usw. mit allgemeinen Verfallstendenzen zusammen.

Der Verfall der Demokratie vollzieht sich auf also mehreren Ebenen. Immanente Tendenzen zur Selbstzerstörung werden von externen, historisch kontingenten Faktoren verstärkt.