Czytaj książkę: «Sinfonie der Lust | Erotischer Roman»
Impressum:
Sinfonie der Lust | Erotischer Roman
von Ayana Hunter
Das Pseudonym Ayana Hunter steht für ein Autorenteam, das sich über das Internet zum Schreiben erotischer Geschichten zusammengefunden hat.Die Autoren teilen die Liebe zur Literatur, zur Musik und natürlich zur schönsten Nebensache der Welt.In ihren gemeinsamen Werken führt das Hamburger-Berliner Duo gern die männliche und weibliche Perspektive zu einer reizvollen Symbiose zusammen. Was aus einem Schreibprojekt entsteht, welches von traumhaften Melodien inspiriert ist, von einem mitreißenden Rhythmus getrieben wird und die heißesten Fantasien Realität werden lässt, erfährt man in dem Roman „Sinfonie der Lust“, der bei blue panther books erscheint.
Lektorat: Daniela Jungmeyer
Manchmal muss man sich erst verlieren, um sich zu finden. Gewidmet all denen, die immer noch auf der Suche sind.
Originalausgabe
© 2019 by blue panther books, Hamburg
All rights reserved
Cover: aarrttuurr @ depositphotos.com
Umschlaggestaltung: www.heubach-media.de
ISBN 9783862774975
www.blue-panther-books.de
Prolog
Marcs Finger tasteten über den glatten Sandstein, eine Vertiefung suchend, in der sie sich festkrallen konnten, damit er sich einen weiteren Meter Richtung Spitze vorarbeiten konnte. Nur ein wenig weiter oben war bereits das Ende des Felsens zu erahnen, den die Einheimischen »Wurmkopf« nannten. Keine außerordentlich schwierige Herausforderung, aber dafür, dass er sich ohne Sicherungsausrüstung und ohne Begleitung daran gewagt hatte, war es ein lebensgefährliches Unterfangen. Genau dieser Kick war es aber, der ihn heute in aller Herrgottsfrühe an diesen verwunschenen Ort geführt hatte.
Die Aushöhlung im Felsgestein war zwar nicht tief, wies dafür aber eine leichte Kante auf. Gerade genug, damit seine Fingerkuppen sich verkeilen konnten, um seinem Körper den nötigen Halt zu geben, während er sich mit der Kraft seiner Oberschenkel ein weiteres Stück nach oben drückte. Der Rest war ein Kinderspiel. Viel zu einfach, denn eigentlich hatte er die Gefahr gesucht. Er wollte wieder spüren, dass er noch am Leben war. Umgekommen bei einem Kletterunfall, wäre ein würdiger Abgang für einen Mann wie ihn. Einen, der das Leben spielerisch gemeistert hatte, dem alles wie von selbst zugefallen und dem alles geglückt war. Alles, bis auf das eine. Doch es war keinesfalls Lebensmüdigkeit, die ihn dieses Risiko eingehen ließ, nein, im Gegenteil, er wollte sich und der Welt beweisen, dass er alles meistern konnte, dass er alles unter Kontrolle hatte, vor allem sich selbst.
Nun befand er sich oben auf dem Gipfel, der gerade groß genug war, dass ein Mensch darauf stehen konnte. Zu seinen Füßen dieses erhabene Tal, durch das die Elbe in majestätischen Windungen scheinbar gemächlich dahinfloss. Nebelschwaden glitten über den Fluss und über die bizarren Sandsteinfelsen, deren Köpfe wie kleine Gnome daraus hervorlugten. Wenn man genau hinschaute, konnte man in ihnen Gesichter erkennen, Fratzen, die über ihn spotteten und lachten.
Er schloss die Augen und sog die frische Luft des Frühherbstes in sich auf. Es roch nach Laub und Wald und ein wenig nach dem kühlen Morast, der das Ufer des Gewässers säumte. Es gab Zeiten, da hätten ihm diese Eindrücke einen Adrenalinstoß verpasst, da hätten sie seine Lebensgeister neu entfacht. Doch er spürte nichts. Immer noch dieselbe Leere in ihm.
Er stand an einem Scheideweg. Er hatte gehofft, dass er neuen Lebensmut finden würde. Aber da war nichts. Keine Veränderung. Vor seinem geistigen Auge tauchte Juliette wieder auf. Ihr letztes gemeinsames Beisammensein, bevor sie abermals ohne ein Wort des Abschiedes verschwunden war, woraufhin wochenlang nur ihre Mailbox geantwortet hatte und auf keine seiner E-Mails eine Reaktion gekommen war. Es war jener Abend mit ihr, der so verheißend, so erregend gewesen war wie kaum einer zuvor. Damals hatte er geglaubt, er sei endlich am Ziel seiner Träume angelangt. Oft hatte er diesen Moment in Gedanken nacherlebt und auch jetzt ließ er ihn noch einmal Revue passieren. War es bezeichnend, dass er jetzt ausgerechnet an den Sex mit ihr dachte? War das die einzige Grundlage für ihre merkwürdige Beziehung?
Marc hatte auf dem Hotelbett gelegen, mit aufgeknöpftem Hemd. Zwei zarte Hände streichelten seine leicht behaarte Brust, fuhren reibend und massierend auf seinem Körper auf und ab. Die Wärme und Weichheit ihrer Hände ließ ihm wohlige Schauer durch den Körper rieseln, von der Brust über den Bauch bis hinunter in seine Hoden. In seinem Schwanz regte sich neue Lust, dabei hatten sie sich doch bereits zweimal ihrer gemeinsamen Ekstase hingegeben. Die Daumen spielten mit seinen Brustwarzen. Und er blickte dabei an ihren Armen hinab, die ausgestreckt an seinem Körper abwärts führten bis zu ihren blassen Schultern, zwischen denen sich die feuerrote Flut ihrer Haare ausbreitete und seinen Unterleib wie ein seidiges Tuch bedeckte.
Das dazugehörige Gesicht war in seinen Schoß abgetaucht: »Komm, wir machen es noch mal!«, vernahm er ihre gehauchte Stimme, die mitten aus dem Haarteppich heraus erklang. Er spürte, wie etwas Samtig-Feuchtes langsam an seiner Hodennaht emporglitt. Schon allein ihre Zärtlichkeiten und der Anblick ihrer roten Pracht hatten ihm wieder etwas Härte verliehen, aber jetzt baute sich schlagartig eine prächtige Latte auf. Juliette war für ihn seine rote Potenzpille, die immer zuverlässig wirkte. Ihre Lippen zupften an seinem Sack und ihre Zähne kniffen in die lose Haut. Er verspürte ein wohliges Kribbeln und ein erneuter Schauer der erwachenden Lust fuhr über seinen Rücken. Sie kannte jeden einzelnen der kleinen Kniffe, die ihn in Fahrt brachten. Sie begann, mit ihrer Hand seine Eier zu kneten, fest genug, dass es ihn fast rasend machte, aber nicht so stark, dass es schmerzte. Währenddessen arbeitete sich ihre Zunge langsam an seinem Schwanz empor, bevor sie genussvoll seine Eichel umspielte. Er spürte, wie sich ihre weichen Lippen über die empfindliche Spitze stülpten. Sie übten leichten Druck aus, glitten langsam vor und zurück, die Pression allmählich verstärkend. Ihm entglitt ein wohliges Stöhnen, als Juliette das Lutschen und Saugen intensivierte und seine Eier dabei immer fester drückte und knetete. Doch dann ließ sie plötzlich davon ab, um sogleich den prallen Schwanz tief in den Mund zu saugen, bis die Eichel an ihre Kehle stieß. Sie bewegte ihren Kopf vor und zurück, fickte sich selbst mit seinem Ständer hart in den Mund und machte dabei gurgelnde und schmatzende Geräusche. Er hatte bis dahin diese passive Behandlung genossen. Doch nun erwachte das Leben in seinen Lenden und er begann die Stöße zu unterstützen, drang so tief in sie ein, dass sie seinen Schwanz fast zur Gänze schlucken musste.
Dann tauchte der rothaarige Kopf auf. Ihre Haare kitzelten dabei auf seiner Haut und an seinen empfindlichsten Stellen. Er schaute ihr ins Gesicht, diese vollen sinnlichen Lippen, die grünen Augen mit diesem unergründlichen Blick, der gleichermaßen verheißungsvoll wie gefährlich war, und die Sommersprossen auf ihren vollen Wangen waren die Droge, nach der er schon immer süchtig gewesen war. Das war ihm auch in diesem Moment wieder klar geworden, als er in ihre funkelnden Augen blickte. Und diese fast hypnotische Wirkung hatte ihn glauben gemacht, dass es diesmal nicht nur ein Kurzzeit-Intermezzo sein würde.
Sie erhob sich dann aus der knienden Haltung, während sie weiter mit einer Hand seine Eier und seinen Penis stimulierte, um damit die gerade erkämpfte Standfestigkeit aufrechtzuerhalten. Das wäre allerdings gar nicht nötig gewesen, denn ihr Anblick hatte erneut ein nicht zu bändigendes Verlangen in ihm geweckt. Sie kroch auf das Bett und setzte sich auf ihn, wobei sie mit der Hand seinen strammen Penis an ihre feuchte Spalte führte. Dann rutschte sie langsam auf seinem harten Schaft hinab, während sie die Augen zukniff, sich über die Unterlippe leckte und den Kopf zurückwarf. Marc war es gleich, ob diese Mimik einstudiert war oder ihr echtes Empfinden widerspiegelte, es machte ihn einfach nur rasend vor Geilheit.
Nun begann sie, ihn zu reiten. Erst langsam, dann immer heftiger. Ihr umfangreicher Busen wippte dabei auf und ab, auf und ab. Er streckte die Arme aus, um diese herrlichen Brüste zu berühren, die vor seinem Gesicht schaukelten … Doch er griff ins Leere.
Er kam ins Straucheln und schlagartig wurde ihm bewusst, dass er nicht in einem weichen Kingsize-Bett lag, sondern auf einer Fläche stand, die nur einen Quadratmeter groß war. Der Fuß, der sein Körpergewicht stützen sollte, suchte Halt, kam jedoch auf einer leicht abschüssigen, rutschigen Fläche zum Stehen. Plötzlich riss es ihn hinab. Unter den Füßen spürte er nur noch Luft. Reflexartig versuchte er, den Fall aufzuhalten, indem er sich mit den Armen an der Kante des kleinen Plateaus festklammerte. Doch es gab nichts, woran er sich halten konnte. Der Sandstein war glatt und rutschig wie Seife, ohne jede Vertiefung oder Erhebung, die es ihm ermöglicht hätte, den Sturz in die Tiefe zu verhindern. Lediglich die Reibungskraft bewahrte ihn davor, sofort hinabgerissen zu werden. Wie in Zeitlupe rutschte er auf diese Weise weiter, das unausweichliche Schicksal stand ihm klar vor Augen. Er befand sich etwa zehn Meter über dem festen Boden. Nun war es also doch so weit gekommen. Das Schicksal hatte entschieden, er hatte das Risiko unterschätzt.
Todespanik machte sich in ihm breit. Das Adrenalin schoss durch seinen Körper und erzeugte den unbedingten Willen, zu überleben. Doch es war offenbar zu spät. Als die Hände die abgerundete Kante loslassen mussten, packte er noch mal zu, um sinnloserweise in der Luft einen Halt zu finden. Und es geschah noch ein kleines Wunder. Nur wenige Zentimeter unterhalb der Kante bekam er wieder Felsgestein zu greifen. Ein kleiner Vorsprung war es, der seinen Fall aufgehalten hatte. Nur mit der Kraft seiner Finger hielt er sich nun an dem schmalen Grat, hoffnungslos über einem tiefen Abgrund baumelnd.
Das Glück hatte ihm weitere Sekunden Leben geschenkt, doch eine Rettung schien nicht mehr möglich. Selbst wenn er den Klimmzug schaffen würde, da war keine Fläche, auf der er sich abstützen konnte. Die Füße mussten ihm helfen. Verzweifelt versuchte er, die Wand zu erreichen, etwas, das ihm Halt geben würde, damit er wieder klettern konnte. Aber genau der Vorsprung, der ihn aufgehalten hatte, sorgte auch dafür, dass er zu weit von der Wand entfernt war. Das machte es ihm unmöglich, vielleicht doch noch eine winzige Vertiefung zu finden, die ihm das Leben retten würde. Seine Bemühungen bewirkten lediglich, dass er wertvolle Kraft in den Fingern und den Armen verbrauchte. Er würde sich nicht mehr lange halten können.
»Marc, du Vollidiot«, vernahm er von unten eine Stimme. Unpassender Zeitpunkt für einen Vorwurf, und außerdem kommst du zu spät, dachte er. Inzwischen war er innerlich ganz ruhig geworden. Er hatte das Unausweichliche akzeptiert. Die Kraft schwand aus seinen Fingern. Noch ein letztes Mal blickte er in Juliettes grüne Augen, dann ließ er los.
1
Lara schaute aus dem Fenster. Die Sonne hatte den Zenit bereits überschritten und ließ die Luft über den dunklen Pflastersteinen der Auffahrt flirren. Der Klang der Klaviermusik verleitete sie einen Moment lang zum Träumen.
»Melissa, das war eine Oktave zu hoch. Versuch’s noch einmal von Anfang an. Schau nicht so verzweifelt. Ist doch nicht schlimm, heute geht es schon viel besser als letzte Woche. Wenn du fleißig weiter übst, wirst du zu Weihnachten schon ein paar sehr schöne Stücke spielen können.«
Das Mädchen mit den langen blonden Zöpfen und der Stupsnase lächelte nun wieder ein wenig. Dann begann es, erneut zu spielen und Laras Gedanken gingen ein weiteres Mal auf Reisen. Der Frühling hatte sich bis vor Kurzem als verlängerter Winter entpuppt, aber jetzt war er ganz plötzlich ausgebrochen. Erst hatte sie gar nicht mehr geglaubt, dass das Wetter noch einmal umschlagen könnte. Und dann, als hätte Petrus den Schalter gefunden, schwappte die Hitze endlich nach Deutschland hinüber.
Erst jetzt merkte Lara, dass die Musik bereits verstummt war. Peinlich berührt blickte sie das Mädchen an, das sie abwartend beobachtete. »Das hast du sehr gut gemacht«, lobte sie. Sie schaute zur Uhr, die Unterrichtsstunde war vorüber.
Lara liebte Musik, und auch wenn sie ihr Wissen heute gerne an andere weitergab, so spürte sie immer noch einen Stich im Herzen, weil sie die Aufnahmeprüfung für das Musikstudium damals nicht geschafft hatte. Es waren seitdem schon einige Jahre vergangen. Nach dieser riesigen Enttäuschung musste sie sich entscheiden: Wollte sie den Traum einer Musikkarriere weiterträumen oder sollte sie einen weniger unsicheren Beruf ergreifen? Letztendlich hatte der Wunsch nach Sicherheit die Entscheidung herbeigeführt. Journalistik zu studieren, war eine Idee ihres Vaters gewesen, der schon früh ihr Talent für Sprache und Schreiben erkannt hatte. Und er sollte recht behalten, denn sie fand in dieser Tätigkeit Erfüllung und Freude. Aber die Musik blieb immer die Nummer eins in ihrem Herzen, egal wie erfolgreich sie in ihrem Job war. Ohne Musik könnte sie niemals glücklich sein. Wenn sie an ihrem Flügel Platz nahm, blendete sie alles um sich herum aus und tauchte in ein Meer aus Tönen ein. Darin zu schwimmen, kam einem Schwebezustand gleich, in dem alle Probleme nichtig wirkten.
Nach ihrem Studium hatte sie sich eine kleine Auszeit gegönnt, in der sie sich mit Klavierunterricht Geld verdiente und viel über ihre Zukunft nachdachte. Wenn es nach Michael gegangen wäre, hätte sie überhaupt nicht arbeiten, sondern stattdessen mindestens zwei Kinder großziehen sollen. Aber es durfte in ihrer Ehe nicht immer nur um die Erfüllung seiner Wünsche gehen, sie mussten eine gemeinsame Basis finden und da hatte sie schließlich auch ein Wörtchen mitzureden. Gerne hätte sie sich jetzt selbst an den Flügel gesetzt und den Raum mit Musik geflutet, aber leider ging das nicht. Es wartete ein wichtiger Artikel, den sie noch heute an den Verlag schicken musste. Widerwillig klappte sie die Tastaturabdeckung herunter und begleitete Melissa zur Tür.
***
Knapp eine Stunde später hörte sie, wie sich die Haustür öffnete.
»Liebling, ich bin da.«
Lara sah verwundert auf, unterbrach die Arbeit an ihrem Laptop und erhob sich, um ihren Mann zu begrüßen, der viel zu früh von der Arbeit zurückgekehrt war.
»Was gibt es zu essen?«, Michael blickte um die Ecke.
Hatte sie etwas durcheinandergebracht? Sie gab ihm einen flüchtigen Kuss und sah ihn verständnislos an. »Du hast doch gesagt, du hättest heute ein Geschäftsessen und ich bräuchte nicht zu kochen.«
»Ach so, ja, das wurde kurzfristig abgeblasen. Der Kunde konnte nicht kommen und das Ganze wurde um eine Woche verschoben.«
»Wenn du angerufen hättest, dann wäre genügend Zeit gewesen, etwas vorzubereiten …«
Er gab ihr einen Klaps auf den Hintern. »Ging nicht, ich war total im Stress. Ich soll schon Anfang nächster Woche nach Indien reisen.«
»Wieso das denn? Ich dachte, dein Kollege sollte den Maschinenaufbau leiten.«
»Stephen hat sich gestern beim Tennis das Sprunggelenk verletzt. Die Ärzte überlegen noch, ob er unters Messer muss. Auf Indien hätte ich auch gerne verzichtet. Viel zu laut und dreckig. Das eine Mal hat mir voll und ganz gereicht. Momentan gibt es aber niemanden sonst, der sich mit dem Projekt auskennt. Also musste ich mich um die ganzen Vorbereitungen kümmern: Terminplanungen, Absprachen mit den indischen Kollegen, Papiere richten und der ganze Kram. Du weißt schon …« Sein Magen knurrte laut. »Ich bin am Verhungern, Baby. Komm, irgendetwas wirst du mir doch zaubern können.«
»Wie wäre es, wenn du dir heute ausnahmsweise selbst etwas machst? Ich habe einen Abgabetermin und bin noch nicht fertig. Alice habe ich versprochen, den Artikel noch vor 22.00 Uhr abzuschicken, damit er es in die nächste Ausgabe schafft.« Sein Gesicht sprach Bände. Ihr war klar, dass es ihm überhaupt nicht passte.
»Du bist den ganzen Tag zu Hause, den blöden Artikel hättest du doch längst fertig haben können.«
Immer dasselbe leidige Thema. Wann begriff er endlich, dass sie nicht nur faul auf der Couch lag, sondern einer Arbeit nachging. Manchmal verfluchte sie es, freiberuflich tätig zu sein und nicht irgendwo in einem Büro. Es machte sie wahnsinnig, dass Michael das nicht verstehen konnte, nicht verstehen wollte. Innerlich war ihr Siedepunkt schon wieder erreicht. Allerdings wusste sie nur zu gut, dass das Ganze, wenn sie sich jetzt von ihm provozieren ließ, in einen handfesten Streit ausarten würde und ihr lief einfach die Zeit davon. Mit zusammengebissenen Zähnen ging sie in die Küche und haute wütend ein paar Eier in die Pfanne. Sie bestrich zwei Brote mit Ketchup, platzierte eine Scheibe Käse darüber und legte zum Abschluss die fertigen Spiegeleier obenauf. An den Tellerrand drapierte sie noch ein paar Gewürzgurken und servierte ihm das Essen an den Fernsehsessel.
Oh, Mann, es lief schon wieder Fußball. Na, jedenfalls konnte sie davon ausgehen, dass er sie jetzt in Frieden lassen würde und sie in Ruhe den Artikel fertigstellen konnte.
Er bedankte sich nicht einmal für die zubereitete Speise. Am liebsten hätte sie es ihm versehentlich über den Bauch gekippt. Toll, er hatte es wieder einmal geschafft, ihr die Laune zu verderben. Für ihn war es selbstverständlich, dass sie ihm das Essen kredenzte und dafür ihre eigentliche Arbeit vernachlässigte.
***
Lara saß vor dem halb fertigen Text und war innerlich so aufgewühlt, dass sie Mühe hatte, sich auf den Artikel zu konzentrieren. Okay, er ließ sie mal wieder allein. Hatte er gesagt, wie lange er dieses Mal wegblieb? Nein, jedenfalls nicht, dass sie sich erinnern konnte. Wenn es nur ein, zwei Wochen waren, dann konnte sie gut damit leben. Mehr noch, sie hatte sich sogar schon bei dem Gedanken ertappt, dass sie das Alleinsein genoss. Meist traf sie sich dann häufiger mit ihrer Freundin Vanessa. Aber wenn es sich wieder um ein oder zwei Monate handelte, dann fühlte sie sich mit der Arbeit in Haus und Garten im Stich gelassen. Das letzte Mal, als sie sich darüber beklagt hatte, war die Situation eskaliert. Er verstand nicht, dass es ihre Kräfte überstieg, das alles neben ihrer eigentlichen Tätigkeit zu bewältigen.
Michael war es gewesen, der entschieden hatte, etwas weiter außerhalb der Stadt ein Haus im Grünen zu kaufen. Sie hatte dieses Nest schon mehr als einmal verflucht. Man war weitab vom Schuss und sie hatte das Gefühl, ständig unter der Beobachtung von spießigen Nachbarn zu stehen. Andere würden diese Vorstadtidylle mit den geometrisch geschnittenen Hecken, den akkuraten Beeten und den perfekt gemähten Rasenflächen für das Nonplusultra halten. Lara aber fühlte sich isoliert. Sie war es gewohnt gewesen, mitten in der City zu wohnen. Das pulsierende Leben um sich herum zu spüren, war für sie wichtig gewesen, sonst fiel ihr schnell die Decke auf den Kopf. Michael hatte sie aber geschickt schachmatt gesetzt. Ihr war bewusst, dass er es nicht gerne sah, wenn sie ab und an aus der trauten Zweisamkeit ausbrechen wollte. Ohne einen fahrbaren Untersatz war man hier lebendig begraben. Darum hatte sie gleich nachdem sie hier eingezogen waren auch endlich ihren Führerschein gemacht. Sogar Michael war stolz auf sie gewesen, weil sie sehr schnell gelernt und die Prüfung mit Bravour bestanden hatte. Doch bei einer ihrer ersten eigenen Fahrten passierte das Unglück: Sie hatte nach einer Feier bei Freunden extra auf Alkohol verzichtet, um Michael ihre Fahrtüchtigkeit zu demonstrieren. Doch dann war ihr im Dunklen ein Rentner, der ohne Licht mit seinem Fahrrad unterwegs gewesen war, geradewegs vor das Auto gefahren. Nach dem Unfall brachte sie es nicht mehr fertig, sich hinter das Steuer zu setzen. Obwohl es dem Mann nach kurzem Krankenhausaufenthalt sehr schnell wieder gut gegangen war, stellte dieser Zwischenfall für sie immer noch ein Trauma dar. Jedes Mal, wenn sie es abermals probierte, war sie wie blockiert und hatte es nach einer Weile Michael allein überlassen. Die meisten ihrer alten Bekannten und Freunde hatten es irgendwann sattgehabt, so weit hinauszufahren, um sie zu besuchen. Michael konnte es auch nicht ausstehen, wenn Fremde über Nacht blieben. Und ein Taxi für den weiten Weg wollte sich kaum jemand leisten. Also gehörten die gemütlichen Abende mit ein paar Gläschen Wein und heiteren Geschichten, die sie früher mit ihren Freunden sehr oft erlebt hatte, bald der Vergangenheit an.
Lediglich ihre beste Freundin aus alter Zeit, die sie erst vor wenigen Monaten wiedergetroffen hatte, hielt zu ihr und kam in regelmäßigen Abständen vorbei. Vanessa, diese quirlige taffe Person, bewunderte und verehrte sie. Wenn sie doch etwas mehr wie sie wäre. Dann hätte sie sicher nicht Michaels Drängen nachgegeben, in diesen trostlosen Vorort zu ziehen. Aber was tat man nicht alles, wenn man jung und verliebt war.
Als sie noch in der kleinen Stadtwohnung gelebt hatten, war sie unabhängig gewesen. Wenn er fortfuhr, hatte sie schnell ein paar Freunde zusammengetrommelt und sie waren um die Häuser gezogen. Aber jetzt, hier draußen, war das nicht möglich.
Er hatte sie immer wieder vertröstet und sie gebeten, ihm den Rücken freizuhalten, schließlich täte er das ja nicht nur für sich allein, sondern für sie beide. Seine Unschuldsbekundungen verstand sie, das machte die Sache aber nicht wirklich besser. Klar war es nicht seine Schuld, dass er so oft ins Ausland musste, das brachte sein Job schließlich mit sich. Auch wenn sie Verständnis dafür hatte, das Gefühl des Verlassenseins wurde dadurch nicht gemildert.
Und sie wusste, wenn sie ihre Verzweiflung jetzt zur Sprache brachte, wurde das Diskussionsthema Nummer eins wieder unnötigerweise aus der Schublade gekramt. Wenn sie Kinder hätten, dann wäre sie nicht mehr allein. Damit traf er immer wieder ihre Achillesferse. Er wollte sie einfach nicht verstehen. Sie hatte ihm gefühlte tausend Mal gesagt, dass sie noch nicht bereit war, Mutter zu werden. Mit ihren neunundzwanzig Jahren hatte sie endlich ihre beruflichen Interessen unter einen Hut gebracht und war glücklich mit dem, was sie tat. Wenn sie ein Kind zu versorgen hätte, dann müsste sie bei allem Abstriche machen, wofür sie so hart gekämpft hatte. Es gab Frauen, die waren für das Kinderkriegen einfach nicht geschaffen. Lara glaubte, zu ihnen zu gehören. Sie war eindeutig noch nicht bereit dafür, eine solch schwerwiegende Entscheidung zu treffen, die Verantwortung für ein Kind zu übernehmen. Heute wurden die Mütter immer älter, sie hatte noch genügend Zeit. Sie hätte sich von ihm mehr Verständnis für ihre Situation erhofft.
***
Kurz vor 22.00 Uhr hatte sie es tatsächlich noch geschafft, den Artikel an den Verlag zu senden. Zufrieden klappte sie den Laptop zu: »So, Feierabend.«
Als sie auf dem Weg ins Bad am Wohnzimmer vorbeikam, bemerkte sie, dass Michael vor dem Fernseher eingenickt war. Wenn er so schlief, erinnerte sie sich daran, wie sie ihn kennengelernt hatte. Sein jungenhaftes Aussehen und sein verschmitztes Lächeln hatten sie damals verzaubert. Er war ein paar Jahre älter als sie und machte ihr von Anfang an den Hof. Seine Ausdauer diesbezüglich hatte ihr imponiert, und obwohl sie es eigentlich total verrückt fand, nahm sie seinen Antrag an und heiratete ihn. Ihre Familie war damit überhaupt nicht einverstanden gewesen und das hatte bei ihr eine Trotzreaktion hervorgerufen. Endlich konnte sie ihnen beweisen, dass sie auf eigenen Beinen stand. Michael hatte gerade sein Diplom gemacht und einen Job angenommen. Am Anfang mussten sie sparsam haushalten, aber sie waren zusammen. Die Liebe lässt einige Entbehrungen leichter ertragen. Wenn man glücklich ist, dann braucht man nicht viel. Und manchmal wird man unglücklich, wenn man zu viel hat.
Sie machte sich für die Nacht fertig, schaltete im Wohnzimmer den Fernseher aus und setzte sich neben ihren Mann auf das Ledersofa.
»Micha, hey, aufwachen! Komm mit ins Bett.« Sacht rüttelte sie ihn an seiner Schulter und strich ihm das Haar aus dem Gesicht. In den letzten zwei Jahren war es lichter geworden. Deutlich traten immer höhere Geheimratsecken zutage. Dass er sich darüber ärgerte, wusste sie. Er war schon immer sehr eitel gewesen. Wann immer er Zeit hatte, fuhr er ein paar Kilometer mit dem Rad und jeden Morgen kontrollierte er sein Gewicht auf der Waage. »Schatz, komm schon hoch.«
»Mhm.« Er öffnete die Augen. »Wie spät?«
»22.30 Uhr, es wird Zeit! Du kommst sonst morgen nicht aus dem Bett.«
»Geh schon vor. Ich komme gleich nach.« Langsam erhob er sich und schlurfte ins Bad.
Das Schlafzimmer hatte sie eingerichtet. Damals hatten sie sich darauf geeinigt, dass er das Wohnzimmer aussuchen durfte und sie das Schlafzimmer. Das war ein guter Deal gewesen, denn sein nüchterner Möbelgeschmack hätte diesen Raum mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zu der Wohlfühloase gemacht, die er jetzt war.
Das große französische Bett stand an der rechten Wand, daneben eine Relax-Liege, auf die sie sich ab und an zurückzog, wenn sie ein Buch lesen oder etwas auf dem Tablet-PC recherchieren wollte. Vor den Fenstern hingen Gardinen und üppige Pflanzen zauberten eine besonders entspannende Atmosphäre. Diesem Raum hatte sie eindeutig ihren Stempel aufgedrückt und er stand in einem krassen Gegensatz zu der supermodernen Hightech-Landschaft ihres Wohnzimmers. Den Beamer hatte sie ihm ausreden können, aber bei der schwarzen Ledergarnitur und der hochglänzenden Schrankwand hatte er nicht mit sich handeln lassen.
Sie schloss das automatische Rollo mit einem Knopfdruck. Das leise Summen des Motors war für sie das Signal zur Nachtruhe. Sie schlug die Decke zurück und legte sich ins Bett. Seine Nachttischlampe ließ sie an, damit er problemlos ins Bett finden konnte. An diesem Morgen hatte sie die Bezüge gewechselt, der Duft des Weichspülers hing noch im Zimmer und sie sog die Luft tief ein. Kaum zehn Minuten später kam Michael schlaftrunken angetrottet und legte sich neben sie. Vermutlich war es ein Fehler, ihn jetzt danach zu fragen, aber sie war einfach zu neugierig.
»Wie lange musst du weg?«
»Zwei Monate, vielleicht auch etwas länger. Das ist ein sehr wichtiges Geschäft.«
Ganz früher, als sie noch in der kleinen schnuckligen Stadtwohnung gelebt hatten, wäre sie bei dieser Nachricht verzweifelt zusammengebrochen. Mit der Zeit war es ihr aber gleichgültig geworden, bis auf die Tatsache, dass sie den ganzen Hauskram allein zu bewältigen hatte. Diesmal war es irgendwie wieder ganz anders. Fast glaubte sie, einen Anflug von Erleichterung zu verspüren. Momentan konnte sie seine Nähe kaum noch ertragen. Vermutlich lag es daran, dass sie seit einiger Zeit den Verdacht hegte, dass er sie hinterging. Andererseits schliefen sie noch immer miteinander. Oder sollte sie lieber sagen, er hatte Sex mit ihr? Sie war aber zu feige, ihm ihren Verdacht geradeheraus ins Gesicht zu sagen. Doch die Zeichen waren beunruhigend. Manchmal schienen seine Hemden nach einem Parfüm zu riechen, das ihr unbekannt war. Einmal hatte sie sogar eine zweifelhafte Hotelrechnung in einem seiner Jacketts gefunden. Wovor hatte sie Angst? Dass er sie verließ? Dass sie ihr Leben nicht allein bewerkstelligen könnte? Oder dass sie nie wieder einem anderen Mann Vertrauen und Liebe entgegenbringen könnte? Micha war ihre erste große Liebe. Konnte sie ihr Herz überhaupt noch einmal an einen anderen Mann verlieren?
»Vielleicht auch länger« bedeutete, dass es auch locker ein Vierteljahr werden konnte. Zeit genug, um Abstand zu gewinnen und sich über einiges klar zu werden. Die Decke raschelte leicht, und als sich seine Hand auf ihrem Po wiederfand, stöhnte sie innerlich auf. Das war jetzt nicht sein Ernst. Nicht nach dem Tag, nicht nach diesen Offenbarungen und schon gar nicht bei den Gedanken, denen sie nachhing. Ihr war im Augenblick nach allem anderen als nach einer schnellen Nummer zumute. Sie wusste, mehr würde es sowieso nicht werden. Immer ergiebiger vermisste sie seine einstige Zärtlichkeit und die innigen Küsse. In der letzten Zeit war es immer nur ein Quickie ohne jegliches Vorspiel und ohne Erfüllung für sie gewesen. Auch das erhärtete ihren Verdacht, dass etwas mit ihm nicht stimmte. Sie empfand den Sexualakt, als ob er ein Geschäft verrichtete, ein notweniges Übel, einzig und allein dafür gedacht, sich abzureagieren oder um die Fassade aufrechtzuerhalten. Neuerdings tat sie etwas, das sie früher für unakzeptabel gehalten hatte, sie spielte ihm einen Orgasmus vor. Manchmal, damit es schneller vorbei war, weil sie überhaupt nicht in der Stimmung für Sex war, manchmal machte sie sich auch einen sarkastischen Spaß daraus, indem sie übertrieben laut stöhnte. Sie wollte ihm auf diese Art signalisieren, dass seine Bemühungen ihr nicht mehr zusagten. Aber ihm schien das überhaupt nicht aufzufallen. Sie versteifte sich unter seinen Händen. »Micha, nicht. Ich bin schrecklich müde. Lass uns schlafen, ja?«
»Ach, komm schon«, er fingerte an ihrem Höschen herum. Bald müssen wir lange darauf verzichten. »Du willst doch nicht, dass ich einen Samenstau erleide.« Er lachte und schmiegte seinen prallen Penis an ihren Hintern. »Du machst mich noch genauso geil wie vor zehn Jahren. Deine Figur ist der Hammer und dein Hintern ist eine wahre Pracht.« Er küsste ihre Schulter. Sie verdrehte die Augen und war froh, dass er das nicht sehen konnte. Wusste er eigentlich noch, wie ihre Brüste aussahen? Sie wog ab, ob sie lieber den Quickie hinter sich bringen oder wieder eine fruchtlose Diskussion über sich ergehen lassen sollte.
Micha ließ sich von ihrer dürftigen Ausrede nicht beeindrucken. Sie lag immer noch auf der Seite und verdrehte die Augen, als er ihr langsam das Höschen herunterzog. Er war früher zärtlich und aufmerksam gewesen. Seine Hände waren für einen Mann eher klein und filigran und er hatte damals immer gewusst, wie er sie einsetzen musste, um Lara glücklich zu machen. Wenn er sich doch nur mal wieder ein bisschen mehr Mühe geben würde. Kaum hatte er ihre Hose abgestreift, fingerte er auch schon an ihrer Spalte herum. Lara schloss die Augen und begann damit, eine ihrer Fantasien heraufzubeschwören.