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Czytaj książkę: «Lache Bajazzo», strona 20

Czcionka:

»Wie peinlich! – Also was ist?«

»Hast du Geld?«

Agnes zog ihre Geldbörse heraus, öffnete sie, sah hinein und sagte:

»Einundzwanzig Mark.«

»Gib sie mir!«

»Unmöglich! Fünf Mark davon gehören nicht mir. Davon muß ich einer Schülerin eine Musiklehre besorgen.«

»Und das Uebrige?« fragte Carl.

»Das andere Geld spare ich für einen Klavierauszug von Aida.«

»Gib es mir!« drängte Carl.

»Was willst du damit?«

»Du . . . weißt . . . ja . . .,« sagte er zögernd.

Cläre schüttelte den Kopf.

»Wozu braucht sie’s?«

»Ich weiß es nicht! Meinetwegen tu’s!« bettelte Carl. »Mir zuliebe!«

Cläre gab ihm die sechzehn Mark.

Er nahm sie und wollte ihr danken.

Sie wehrte ab.

»Last nur!«

»Und . . . du . . . meinst . . .?« sagte er zögernd.

Sie stand schon wieder an der Tür und wandte sich zu ihm.

»Was?« fragte sie.

»Die . . . fünf Mark . . . das ginge . . . nicht?«

Cläre wurde puterrot und erschrak. Dann trat sie nahe an ihn heran und sagte:

»Schäm’ dich!«

Er senkte den Kopf und ging mit den sechzehn Mark davon.

Cläre zitterten die Knie. Sie war nicht imstande, sich dem jungen Mädchen jetzt gegenüberzusetzen und es weiter zu unterrichten. Sie schämte sich für ihren Vater. Sie öffnete die Tür und sagte:

»Bitte, liebes Fräulein, nehmen Sie’s nicht übel, aber ich fühl mich nicht wohl. – Nicht wahr, Sie kommen morgen dafür?«

»Aber gewiß!« erwiderte die, wünschte gute Besserung und ging.

Cläre ging ins Zimmer zurück, setzte sich an den Tisch, stützte den Kopf auf und fragte sich. »Ist er es noch wert, daß ich mich für ihn opfre?«

Carl kam mit dem Geld in die Küche.

»Wie viel hast du?« rief Agnes ihm entgegen.

»Sechzehn Mark.«

»Dann fehlen noch immer neunundzwanzig. Hier,« und sie gab ihm Theaterbilletts, »hast du zehn Freiplätze fürs Neue Theater. Sieh zu, daß du sie für die Hälfte des Kassenpreises los wirst. – Aber lauf! Es eilt! Fünfundzwanzig Mark müssen sie bringen!« Dann ging sie aus der Küche und rief draußen laut: »Minna! Mein blaues Taftkleid! aber schnell! ich bekomme Besuch!«

Während Carl seinen Hut holte, hatte die Köchin schnell noch mal alles zusammengerechnet. Sie lief ihm nach und rief:

»Herr Doktor!«

Der blieb stehen, drehte sich um und sagte:

»Was ist? Ich hab keine Zeit.«

»Herrgott, wenn ick Ihnen aufhalte, denn weiß ick doch, warum.« Sie klapperte ihm die Treppe nach und sagte geheimnisvoll: »Passen Sie mal uff: wenn Se zehn Märker für die Billetts kriegen, denn is es och jenug.«

»Wieso?«

»Verlassen Sie sich auf mir! Ich mach schon. Und wenn Se die nich zusammenkriejen, verstehn Se, denn lassen Se sich keene jrauen Haare wachsen. Denn schieß ick se vor.«

»Aber Emma! – das geht doch nicht!«

»Sein Se ohne Sorje! Ick komme schon wieder zu mein Geld! – Aber das Fräulein Cläre, der sollten Se nichts abnehmen; des ist pauver, verstehn Se! des lassen Se in Zukunft! dafor bin ich!«

»Danke! danke!« sagte Carl und lief eilig davon.

Emma sah ihm nach, schüttelte den Kopf und sagte:

»Des war nu mal ’n Mann!« —

Als Agnes mit dem Grafen Hech ein paar Stunden später im Speisezimmer bei der Mehlspeise saß und der zweiten Flasche Irrop den Kopf brach, sagte sie zu dem Mädchen:

»Fräulein Cläre soll mal auf einen Augenblick vorkommen.«

Das Mädchen klopfte an Carls Tür.

Carl rief:

»Herein!«

Er saß allein am Tisch, auf dem zwei Teller, zwei Flaschen Bier und zwei Gläser standen. Carls Teller war leer; die Flasche angebrochen, auf dem Teller gegenüber lagen belegte Butterbrote; das Glas war unberührt.

»Ist Fräulein Cläre nicht da?«

»Nein, sie fühlte sich nicht wohl und hat sich zu Bett gelegt. – Soll sie was?«

»Ja! die gnädige Frau wünscht, daß sie nach vorn kommt.«

»So? ist Besuch da?«

Das Mädchen überhörte es absichtlich und sagte:

»Aber wenn sie krank ist, dann geht’s ja nicht.«

»Ist wer da?« fragte Carl nochmals. Und als er sich umwandte, war das Mädchen nicht mehr im Zimmer.

Es ging nach vorn und richtete aus, daß Fräulein Cläre sich nicht wohl fühle, das Abendbrot nicht angerührt habe und zu Bett gegangen sei.

Agnes geriet in Wut.

»Was?« rief sie, »das sind Launen! Sagen Sie ihr . . . oder besser, ich werde selbst . . .!« Sie wandte sich an den Grafen: »Entschuldigen Sie mich einen Augenblick . . .«

»Aber wenn dem Kind doch nicht wohl ist,« erwiderte der Graf, »so lassen Sie es doch! Es muß ja nicht heut sein.«

»Unsinn! Läßt man das einmal durchgehn, so glaubt sie, sie kann es immer so machen!« Und indem war sie auch schon aus der Tür. Sie lief eilig den Korridor entlang, riß die Tür zu Cläres Zimmer auf, knipste das Licht an, sah das leere Bett und rief:

»Wo bist du?«

»Was willst du?« fragte Cläre, die angekleidet auf einem Sessel am Fenster saß.

»Ich habe zu dir geschickt und dir sagen lassen, daß du vorkommen sollst.«

»Davon weiß ich nichts.«

Agnes wurde ruhiger. Sie trat an Cläre heran und sagte:

»Zeig her, wie siehst du aus?«

Cläre bewegte sich nicht.

»Bildhübsch! die Blässe steht dir!«

Sie brachte ihr ein paar Strähnen Haar in Ordnung und sagte:

»Also komm!«

»Wohin?«

»Nach vorn!«

»Was soll ich da?«

»Das wirst du sehen, wenn du vorn bist.«

»Ich fühl mich nicht wohl.«

»Du brauchst dich nur zu zeigen.«

»Zu zeigen? – Wem?«

»Einem Freunde!«

»Wer ist der Freund? Kenne ich ihn?«

»Nein! Aber er will dich kennen lernen – Und vor allem: ich will, daß er dich steht.«

»Wozu? zu welchem Zweck?«

»Das werde ich dir später sagen, dazu ist jetzt keine Zeit, jetzt komm!«

Cläre sah sie groß an und sagte:

»Nein!«

»Was heißt das?«

»Ich komme nicht!«

»Ich will es!« sagte Agnes scharf.

Cläre schüttelte den Kopf.

»Ich befehle es dir!«

»Ich komme nicht!« erklärte sie bestimmt.

»Mach mich nicht rasend.«

»Ich bitte dich, laß mich in Ruh!«

»Nein!«  schrie Agnes »Du kommst! Und wenn es nur

auf zwei Minuten ist. Ich bin deine Mutter und kann das verlangen.«

»Das kannst du nicht!«

Agnes zitterte am ganzen Körper, Cläre war ruhig und fest.

»Wenn du mich dazu zwingst,« stieß Agnes, die sich mit letzter Kraft beherrschte, wütend hervor, »so nehm ich dich an den Haaren! Ich vergeß mich, Cläre! Zum letzten Male: komm! Du kennst mich! Da!« und sie riß die Tür auf:

»Ich schleif dich . . .«

Da sprang Cläre auf, stürzte an ihr Bett, riß unter dem Kissen einen Revolver hervor, trat an Agnes heran und sagte ruhig und bestimmt:

»Wenn du mich jetzt nicht in Ruhe läßt und auf der Stelle hinausgehst, dann erschieße ich mich hier vor deinen Augen.«

Agnes klappte zusammen; ihr Rücken beugte sich, der Kopf kippte nach vorn über, die Arme fielen schlapp zur Seite, und ohne ein Wort zu sagen, schob sie sich wie eine leblose Masse, die eine fremde Macht fortbewegte, den Korridor entlang.

Cläre schloß die Tür und schob den Riegel vor. Sie war ganz ruhig, setzte sich in den Sessel, stützte den Kopf in die Hände und suchte sich noch immer klar zu werden:

»Ist er das Opfer wert?« —

Es war mitten in der Nacht, da hörte sie auf dem Korridor ein Geräusch. Sie setzte sich auf; irgendwer schlich den Gang entlang. Sie stand behutsam auf und öffnete die Tür. Dann trat sie auf den Flur hinaus. Sie sah, wie sich ihr Vater, halb entkleidet, ohne Schuhe, auf den Zehen nach vorn bewegte. Sie folgte ihm. Er ging durch die dunklen Zimmer bis zu Agnes’ Tür. Da blieb er stehen. Ihr war, als wenn sie ihn leise stöhnen hörte. Ein paar Male wich er einen Schritt zurück, und ihr war, als wenn er hin und her schwankte und sich an die Portiere klammerte. Dann sah sie, daß er zu Boden glitt. Und nun – sie riß die Augen auf – was war das? Jetzt bewegte er sich von der Tür fort. Kroch, wie ein Tier, auf allen Vieren heran, durch die dunklen Zimmer, kam immer näher, war jetzt nur noch ein paar Schritte von ihr entfernt. Sie glitt mit der Hand die Wand entlang und knipste das Licht an. Er hob den Kopf auf, sah sie aus Augen an, die Furchtbares verrieten, stöhnte schwer, zog den Kopf zurück und kroch an ihr vorbei, den Korridor entlang in sein Zimmer.

Cläre stand wie gelähmt, dann aber fühlte sie, wie alles sich in ihr löste Ihr Entschluß war gefaßt. Sie stürzte ihm nach, riß ihn hoch, drückte ihn an sich:

»Vater!« rief sie »Ich will! ich will!«

»Was? – was willst du?« fragte er und sah sie an.

»Dich retten!«

Siebentes Kapitel

Als Cläre am nächsten Morgen an das Bett ihrer Mutter trat und sie fragte:

»Bist du wach?« fuhr Agnes, die die ganze Nacht über kein Auge geschlossen hatte und erst gegen Morgen eingeschlafen war, erschrocken auf und fragte:

»Wer?«

»Ich bin’s.«

Agnes rieb sich die Augen, setzte sich auf und sagte:

»Ach du.«

»Ja!« Und dann trat sie noch einen Schritt näher an das Bett heran und sagte ganz sachlich und ruhig:

»Ich wollte dir nur sagen, daß ich es Vater zuliebe tun will.«

»Cläre!« schrie Agnes und stürzte aus dem Bett auf sie zu.

»Laß bitte!« wehrte Cläre ab und ging eilig aus dem Zimmer.

Aber Agnes, die sich in ihrer Freude noch weniger als in ihrem Zorn beherrschen konnte, brauchte jemanden, an dem sie ihre Gefühle auslassen, und ihre Freude austoben konnte. Und da im Augenblick kein anderer als Carl hierfür in Frage kam und er es außerdem war, dem sie Cläres Entschluß dankte, so war es nur natürlich, daß es sie zu ihm trieb, mit Gefühlen, die in den achtzehn Jahren ihres Zusammenseins nie so aus dem Herzen kamen wie jetzt.

»Nun, Carl,« begrüßte sie ihn, der unfrisiert und ohne Kragen beim Frühstück fast, »jetzt kommt eine neue Zeit für uns.«

Carl war sich schnell mit den Händen durchs Haar gefahren und hatte sich dann den bloßen Hals verdeckt.

»Eine bessere!« fügte sie freudig hinzu. »Schließlich gehören wir ja doch zueinander, und du bist ein guter Mensch. Nun?« und sie streckte ihm die Hand hin. »Wollen wir’s noch einmal miteinander versuchen?«

Carl sah sie entgeistert an.

»Wir miteinander? – Du und ich? – Das meinst du?« wiederholte er zaghaft.

»Ja! – Du und ich! So alt bist du nicht! Es wird schon gehen! Und dann, wenn wieder alles ist wie früher, paß auf, dann wirst du auch jünger, und es kommen dir wieder Gedanken, daß du schreiben kannst. Oder meinst du nicht, daß noch Zeit ist? daß alles noch mal werden kann?«

Carl war aufgestanden; sein Kopf zitterte, er hielt sich an dem Rand des Tisches fest und sah Agnes aus verglasten Augen an, die unruhig flackerten, als wenn ein ungewohnter Strahl sie blendete.

»Wenn . . wenn . . . das wäre!« stieß er hervor.

»Ja, Carl! Ich will! das soll so werden, von heute ab.«

Carl glitt vor Bewegung auf den Stuhl zurück.

Sie trat dicht an ihn heran, beugte ihn in den Stuhl zurück, legte ihr Knie auf sein Bein, fuhr ihm mit der Hand durchs Haar, sah ihm in die Augen und sagte mit jener weichen Stimme, die sie seit Jahren nicht mehr an ihn verschwendet hatte:

»Siehst du, Carli, nun kehr ich das zweite Mal zu dir zurück. Und wenn wir auch jetzt nicht mehr so jung wie damals sind, dafür ist’s nun aber auch für immer.«

Carl bebte vor Erregung. Er hob zaghaft die Hände, ließ sie behutsam an Agnes’ Rücken emporgleiten, und die Berührung brachte alles in ihm in Bewegung. Ihm war, als wenn Ströme Blutes, die er längst versiegt glaubte, mit neuer Kraft durch seinen Körper schossen.

»So drück mich doch an dich!« sagte Agnes. Und in Carls Hände, die bisher nur zaghaft zum Leben zurückgetastet hatten, kehrte die alte Kraft zurück. Sie ergriffen wieder Besitz von dem Weibe, mit dem sein Leben längst unlöslich verknüpft war.

Achtes Kapitel

Graf Hech reiste am nächsten Tage nicht. Am Nachmittag des übernächsten Tages opferte sich Cläre.

Noch am selben Abend schloß Agnes für ihr Kind auf drei Jahre mit Direktor Gelardi ab.

Neuntes Kapitel

Cläre hatte den Vorgang wie einen Unglücksfall empfunden, der einem ohne seine Schuld zustößt und an dem man zeitlebens zu tragen hat. Von dem Augenblick an, in dem ihr Entschluß feststand, gab es für sie kein moralisches Bedenken mehr. Sie handelte unter einem Zwang, der das Verbot aufhob. Ein anderes Kapitel war die Scham. Die war nicht wie die Moral menschlichen Ursprungs und ließ sich daher mit Vernunftsgründen nicht wegdiskutieren. Und wie ein Unglücksfall einen körperlich zeitlebens entstellte, so fühlte sie sich in ihrer Scham seelisch für alle Zeiten zerrissen. Daß man es ihr nicht ansah, erhöhte nur ihren Schmerz. Jedem gegenüber, der mit ihr sprach oder sie auch nur ansah, hatte sie das Gefühl der Unaufrichtigkeit und Lüge. Und am verächtlichsten kam sie sich den Frauen gegenüber vor, denen die Liebe Beruf war und die ihre Schande offen zur Schau trugen und nicht, wie sie, mehr scheinen wollten als sie waren.

Da Graf Hech am nächsten Tage auf seine Güter reiste, blieb es fürs erste bei dieser einen Begegnung.

Agnes lief in diesen Tagen in bester Laune umher. Daß sie Cläre, die ihr aus dem Wege ging, nicht zu sehen bekam, änderte daran nichts. Sie nahm es hin, denn sie sagte sich, daß das mit der Zeit schon anders werden würde. Carl war zumute, wie jemandem, der von langer Krankheit genas. Er fühlte seine Kräfte zurückkehren, schaute wieder vorwärts und baute Plane für die Zukunft.

An einem der nächsten Tage kam endlich Peter. Agnes fand ich schnell in die veränderte Rolle. Nicht, weil sie in dem, was sich hier begab, einen natürlichen Vorgang, und in dem Kinde die natürliche Fortsetzung des eigenen Ichs sah – nachdenken tat sie über solche Dinge nie, sie folgte in allem bedingungslos dem Instinkt – vielmehr, weil ihr alles, was das Gefühl sie tun ließ, selbstverständlich erschien. Bei ihr lag das Unterbewußtsein, das ja doch das Primäre und somit das Natürliche ist, sozusagen obenauf, und nicht, wie bei den sogenannten Kulturmenschen, unter einer Schicht von Verstandesgemäßem, Ueberkommenem, Anerzogenem und Anempfundenem. Und das war es auch, was Peter, ohne die Zusammenhänge zu kennen, ganz richtig empfand, wenn er Agnes gegen Leute, die ihren Charakter schmähten, in Schutz nahm. Er hatte selbst etwas von dieser primitiven Rücksichtslosigkeit, die auch auf die Gefahr hin, anzustoßen, noch bei der Wahrheitsliebe blieb; mit der man bei ihm aber seiner sozialen Stellung wegen nicht so scharf ins Gericht ging. Denn sie war ein Luxusartikel, eins jener Privilegien, die die Gesellschaft nur an wenige Auserwählte verteilte. Das Unterbewußtsein, das war die nackte Wahrheit. Darum eben verdeckte man es, da das Nackte gegen die gesellschaftliche Konvention verstieß.

»Endlich!« sagte Agnes, als sie ihn begrüßte. »Ich habe Tage auf dich gewartet.«

»Auf Sie,« verbesserte Peter.

»Du hast recht – in diesem Falle . . .«

». . . lügen selbst wir,« ergänzte er.

»Setz dich!«

»Nach Ihnen, gnädige Frau!«

»Richtig! Ich hatt’ es schon wieder vergessen,« sagte sie und setzte sich.

»Wie fühlen Sie sich?«

»Danke! Seit ein paar Tagen ausgezeichnet.«

»Hat sich was Besonderes ereignet?«

»Ja.«

»Darf man wissen?«

»Nein! Du nicht, das heißt: Sie nicht – du, ja!«

»Du bist verrückt.«

»Man kann es wahrhaftig werden.«

»Was macht dein Mann?«

»Er dichtet.«

»Noch immer?«

»Nein! – wieder.«

»Hat das einen besonderen Anlaß?«

»Was?«

»Daß er nach so langer Zeit – man erzählt sich, daß er seit zehn Jahren nicht mehr . . .«

»Es hat einen Anlaß.«

»Dann kann man also gratulieren?«

»Ihm! Mir nicht. Das heißt, auch mir.«

Peter sah sie ängstlich an.

»Nun ja! Der Anlaß, aus dem er wieder dichtet, ist für mich ein Opfer. Aber was mich zu dem Opfer veranlaßt, ist für mich eine Freude. Sogar eine große Freude, und hängt mit dir, nein: mit Ihnen, zusammen.«

Peter hielt sich den Kopf.

»Verstehst du das nicht?«

»Nein! Ich versteh vor allem nicht, weshalb du immer um die Sache herumredest. Das ist doch sonst nicht deine Art. – Also, nicht wahr, Sie wollen mir Ihre Tochter vorstellen. Dazu bedarf es doch nicht dieser Präliminarien.«

»Ich werde sie holen,« sagte Agnes und stand auf.

»Einen Augenblick!« rief Peter.

Agnes wandte sich um.

»Weiß sie was?« fragte er.

»Ja! – natürlich! Meinst du, sonst käme sie?«

»Was hast du ihr gesagt?«

»Alles.«

»Was heißt das?«

»Du stellst dich an, wie ein Gymnasiast.«

»Ich möchte nur den Ton wissen, auf den ich meine Rede stimmen muß.«

»Ich habe Cläre seit ein paar Tagen nicht mehr gesehen, weiß also nicht, wie sie augenblicklich gelaunt ist?«

»Was denkt sie, weshalb ich sie kennen lernen will?«

»Um sie dir anzusehen.«

»Hm – und wenn sie mir gefällt?«

»Das weiß ich nicht. Ich habe noch keine Frau erobert. Zu denen, die sich leicht erobern lassen, gehört sie jedenfalls nicht.«

»Danke! Das ist es, was ich wissen wollte.«

Agnes lächelte verächtlich.

»Was ist dir?« fragte Peter.

»Ich freue mich.«

»Worüber?«

»Daß auch du alt geworden bist. Du traust dir nichts mehr zu. Du nimmst den Verstand zu Hilfe, wenn du eine Frau erobern willst.«

»Ich habe nie an Ueberschuß von Gefühl gelitten.«

»Danke! ich weiß es.«

»Oh pardon! Dich meinte ich damit natürlich nicht.«

»Laß nur!« wehrte sie ab.

»Mein Wille war es damals nicht, daß wir auseinander . . .«

»Ich weiß!« unterbrach sie ihn heftig. »Erinnere mich nicht daran.«

»Wir wären vielleicht noch heute zusammen.«

Agnes schnellte in die Höhe. Ein neuer Gedanke schoß ihr durch den Kopf. Peter, der ihn erriet, beugte vor. Und da auch er nichts Halbes liebte, gründlich.

»Ich würde mir natürlich heute keine Frau nehmen, die über dreißig ist,« sagte er. – Agnes’ Kopf schnellte wieder nach vorn. – »Wenn man aber zusammen alt geworden ist . . .«

Agnes hielt sich die Ohren zu und rief:

»Was gehen dich meine Gedanken an! Warte einen Augenblick! Ich bring sie dir!«

Und als sie draußen war, dachte Peter:

»Das Dümmste wäre es auch heut noch nicht.«

Er feierte eben Erinnerungen, als die Tür aufging und Agnes mit Cläre ins Zimmer trat.

»Sie sollen doch endlich meine Tochter kennen lernen!« sagte sie. Dann wandte sie sich zu ihr: »Und das, Cläre, ist der bekannte Baron Peter von Linden.«

Peter sperrte Mund und Augen auf.

Agnes, die seine Ueberraschung sah, sagte:

»Nun, was sagen Sie? Haben Sie mir eine so erwachsene Tochter zugetraut?«

»Liebes Fräulein,« erwiderte Peter und reichte ihr die Hand. »Ich freue mich sehr.«

»Der Baron hatte schon längst den Wunsch, dich kennen zu lernen.«

»Ja, das hatte ich,« bestätigte der sonst so gewandte Peter unbeholfen.

»Schon als du noch bei Frau Lona warst. Der Baron ist ein Freund von ihr.«

»Na,« meinte Peter, »das ist auch gerade weiter keine Empfehlung. Ueberhaupt, wo ich Sie jetzt sehe – ich verstehe gar nicht, was wollten Sie denn bei der?«

»Ich weiß nicht,« erwiderte Cläre und wies auf Agnes.

»Zur Erziehung.«

»Na, da werden Sie ’ne nette Erziehung genossen haben!« platzte Peter heraus. »Haben Sie da etwa auch den ganzen Betrieb mitjemacht?«

»Nein! Ich habe nichts mitgemacht.«

»Das wäre auch jammerschade um Sie.«

»Wieso?« fragte Cläre. »Bin ich was Besseres?«

»Das will ich meinen!«

»Das scheint bloß so,« erwiderte Cläre.

»Wenn der Baron es sagt, wird es so sein,« sagte Agnes. »Der kennt sich aus.«

»Und darf man wissen, weshalb Sie von da fort sind?«

»Frau Lona wußte nichts mit ihr anzufangen,« sagte Agnes.

»Und nun wollen Sie zur Bühne? Ich habe in der Zeitung gelesen, daß Gelardi Sie auf fünf Jahre engagiert

hat.«

»Ja.«

»Wann werden Sie zum ersten Male auftreten?«

»Ich weiß es nicht.«

»In der nächsten Novität,« sagte Agnes, »Ende September.«

»Wissen Sie schon, worin?«

»Ja.«

»In der neuen Operette von Strauß. ›Die süße Brigitte‹,« ergänzte Agnes.

»Und Sie sind natürlich die süße Brigitte?«

»Ja.«

»Schade!« sagte er und sah sie an.

»Wieso?« fragten beide.

Er schüttelte den Kopf.

»Nichts Besonderes. Ich meinte nur! Dann haben Sie jetzt wahrscheinlich viel zu tun. Ich kann mir denken! Gesangsstunden – Proben – Schneiderinnen.«

»Die Proben haben noch nicht begonnen.«

»Jedenfalls, wenn ich Ihnen da irgendwie behilflich sein kann – ich habe im Laufe der Jahre einige Erfahrungen gesammelt.«

»Wenn Sie ihr zur Seite ständen, Baron,« sagte Agnes lebhaft, »dann hätte sie schon halb gewonnen.«

»So ist es nicht,« widersprach er. »Immerhin: dies und jenes könnte ich schon für Sie tun.«

»Das wäre ja großartig! nicht wahr, Cläre?«

»Gewiß!«

»Vielleicht, daß wir uns darüber mal unterhalten.«

»Bitte!«

»Ich stehe Ihnen ganz zur Verfügung.«

»Das ist wirklich nett!« sagte Agnes.

»Wenn Sie erlauben, daß ich mit Ihrem Fräulein Tochter mal des Abends in ein Theater gehe? Das ist ja wohl immer das Geeignetste, da könnten wir dann in den Pausen – oder hinterher – oder auch des Nachmittags in einem Kino . . .«

Agnes war sprachlos. War das Peter? Ihr Peter? Dieser gewandte, in allen Sätteln gerechte, mit allen Wassern gewaschene Lebemann? Begossen wie ein Schulbub stand er da, der zum ersten Male Feuer fing.

»Gewiß! gewiß!« erwiderte Agnes. »Mir ist alles recht.«

»Aber Ihnen? darauf kommt es an.«

»Mir ist es gleich,« sagte Cläre.

»Ihnen macht es, scheint’s, kein Vergnügen.«

»Was?«

»Theater.«

»O doch. Ich gehe gern.«

»Wohin wohl am liebsten?«

»In die Oper!«

»Schön! Morgen ist Figaros Hochzeit.«

Das wirkte Wunder.

»Herrlich!« rief sie und vergaß alles andere. »Wenn Sie so gut wären, mir da ein Billett . . .«

»Eins?« fragte Agnes.

»Gewiß!« sagte er. »Das ist mir, offen gestanden, auch lieber. Mein musikalischer Verstand reicht gerade bis Carmen. Darüber hinaus geht’s nicht. Also dann bleibt’s dabei: ich schicke Ihnen ein Billett . . .«

»Ja . . . aber,« sagte Agnes ängstlich.

». . . und erwarte Sie nach Schluß vor dem Theater.«

»Ah so!« Agnes’ Ausdruck hellte sich auf, während auf Cläres Freude ein Schatten fiel.

Peter küßte Agnes die Hand, verabschiedete sich durch Händedruck von Cläre und ging.

Als er draußen war, sagte Agnes:

»Hab keine Angst! So blöd ist er sonst nicht.«

»Ich fand ihn nicht blöd.«

»Um so besser! Ich fand ihn befangen und ungeschickt.«

»Das lag an der Situation.«

»Lächerlich! Der ist ganz andere Situationen gewöhnt. Mir kam es eher vor, als wenn er auf den ersten Blick Feuer fing.« Dabei betrachtete sie Cläre. »Kein Wunder übrigens! Du siehst wieder aus! prachtvoll!«

»Ich bitte dich, laß das, Mama!« sagte Cläre, ließ Agnes stehen und lief aus dem Zimmer.

*

Peter stürzte in Werners Zimmer.

»Nanu? nanu?« rief Werner, der am Schreibtisch saß, und wandte sich nach ihm um. »So stürmisch! Was gibt’s denn?«

Peter stellte sich breit vor ihm hin und sagte:

»Sieh mich an!«

»Als ob dir ein großes Unglück geschehen wäre, siehst du jedenfalls nicht aus.«

»Wie denn?«

Werner betrachtete ihn genau.

»Na, wenn du Lori wärst, so würde ich denken, daß du leicht aufgelegt und Atropin in die Augen getropft hast.«

»Wieso?«

»Weil deine Wangen gerötet sind und deine Augen glänzen wie die einer Primadonna.«

»So? seh ich so aus? das freut mich.«

»Darf man nach der Ursache fragen?«

»Man darf! Aber zuerst sage mir eins: bis wann, glaubst du, ist der Mensch imstande, sich zu verlieben?«

»Solange, bis er vernünftig wird.«

»Unsinn! Bis zu welchem Alter, mein’ ich?«

»Verschieden! Bei dem einen kommt die Vernunft schon mit Ende der Zwanzig; der andere bleibt zeit seines Lebens ein Trottel.«

»Ist das sicher?«

»Ganz sicher!«

»Demnach wäre es also möglich . . .«

»Was?«

»Daß ich verliebt bin.«

»Mensch!« rief Werner und sprang auf. »Du, die Nüchternheit selbst, der nicht einmal begriff, wenn ein anderer Feuer fing. Hast du vergessen, was deine ständige Rede war?« und er versuchte Peters Stimmfall nachzuahmen:

»I wat, ick versteh das nich! Daß man sein Kind liebt, gut, das begreife ich! Leider weiß man nur nie, ob’s einem auch wirklich gehört. Aber ’ne Frau in unseren Kreisen, das is ’n Sport, wie ’ne Jacht oder ’n Rennstall! Genau so kostspielig und unzuverlässig. Das Verjnüjen davon haben die anderen. – Du siehst, ich habe das so oft von dir gehört, daß ich es auswendig kann.«

»Nimm mir’s nicht übel,« erwiderte Peter, »aber du hast ja keinen Schimmer!«

»Wovon? Von der Wandlungsfähigkeit des Menschen? O doch!«

»Von der Liebe! Du ahnst ja gar nicht, wie einem zumute ist, sonst würdest du nicht so dumm daherreden.«

»Ich zitierte wörtlich Peter Baron von Linden.«

»Dann hättest du als Freund längst die Pflicht gehabt, mir zu sagen, daß das haarsträubender Unsinn ist.«

»Ich fand es nicht so unsinnig! Du hast Maximen, die haarsträubender sind.«

»Also Werner! wenn mir nicht so über alle Maßen wohl zumute wäre, dann würde ich jetzt grob werden. Aber ich bin in einer Stimmung, in der mir alles andere vollständig gleichgültig ist. – Auch du!«

»Sehr liebenswürdig!«

»Ja! Auch du! und daran erkenne ich gerade, wie es mich gepackt hat.«

»Das ist ja interessant! Also wie ist dir denn?«

»Zunächst mal so leicht, daß ich das Gefühl habe, als wenn ich schwebe!«

»Du, mach keinen Unsinn.«

»Und dann komme ich mir vor, ob du es nun glaubst oder nicht, wie der jüngste Fuchs. Ich hätte Lust – woran ich seit Jahren nicht mehr gedacht habe – mir mein Korpsband umzuhängen, den Stürmer auf den Kopf zu drücken und singend durch die Straßen zu ziehen.«

»Du, das laß bleiben! Dafür hat man heutzutage kein Verständnis mehr. Da sperrt man dich ein.«

»Sag selbst! sehe ich nicht mindestens um zwanzig Jahre jünger aus?«

»Aeußerlich nicht! Aber sonst machst du allerdings den Eindruck, als wenn du achtzehn wärst.«

»Siehst du! So fühle ich mich auch! Und da du selbst immer sagst, es kommt nur darauf an, wie man sich fühlt, so ist der Unterschied also gar nicht so groß.«

»Wie alt ist sie denn?«

»Achtzehn.«

»Allmächtiger! Da könntest du ja der Vater sein.«

Peter stutzte.

»Wie kommst du darauf? Weißt du etwa . . .?«

»Was?«

»Na, daß ich beinahe . . .«

»Ich versteh dich nicht.«

»Ihr Vater geworden wäre.«

»Du, jetzt fang ich ernstlich an, mir Sorge um dich zu machen. Also, was soll das Ganze? Du gibst doch zu, daß das alles nicht normal ist?«

»Wenn das, was ich fühle, anormal ist, dann habe ich nur einen Wunsch, zeit meines Lebens nie wieder normal zu werden.«

Jetzt wurde Werner alten Ernstes besorgt.

»Ja! das ist ja furchtbar!« sagte er, und Peter antwortete:

»Ich finde es wundervoll. Ich weiß zwar noch gar nicht, was nun weiter wird.« Er zog zwei Billetts aus der Tasche und zeigte sie Werner. »Sieh mal, das ist mein erster Liebesdienst.«

»Großer Gott! musikalisch ist sie auch!«

»Kolossal!«

»Du Aermster! Wo’s bei dir nicht mal für ’ne Operette reicht.«

»Reichte,« verbesserte Peter. »Das wird jetzt anders! Ich gehe heute in Figaros Hochzeit.«

»Das hätte ich dir in den fünfundzwanzig Jahren unserer Freundschaft mal zumuten sollen.«

»Sie ist aber nicht nur musikalisch; sie ist auch gebildet.«

»Na, dann ergänzt ihr euch ja ausgezeichnet.«

»Das mußt du übernehmen.«

»Was?«

»Na, die gelehrten Geschichten. Unterhalten kann sie sich mit dir. Das ist nix für mich.«

»Also du bist wirklich gediegen, und du glaubst, damit wird sie einverstanden sein?«

»Selbstredend! das muß nur von Anfang an alles richtig gemacht werden.«

»Dann darf man am Ende auch erfahren, wer es ist.«

»Du kannst es wissen. Aber anderen erzähl ich’s nicht.«

»Also?«

»Sie heißt Cläre Holten.«

Werner stutzte:

»Doch nicht etwa . . .?«

Peter nickte.

»Agnes’ Tochter?«

»Ja!«

»Das wirst du nicht tun!« rief Werner erregt, streckte Peter die Hand hin und sagte: »Versprich mir, daß du das nicht tust.«

»Was heißt das? – hast du etwa selbst . . .?«

»I Gott bewahre! – Aber dahinein! und dann Holtens Kind! Nein! nein!! deinetwegen nicht! Denn das gibt nichts Gutes. Und dann auch mit Rücksicht auf ihn.«

»Lächerlich! du bist wie ein altes Weib.«

»Daß kommt dir nur so vor, weil du über Nacht kindisch geworden bist.«

»Werner!«

»I was! Ich nehme kein Blatt vor den Mund, wenn es sich um das Schicksal meines einzigen Freundes handelt. Ob dir das in deine augenblickliche Stimmung paßt oder nicht! Ich wünschte, mein Vater wäre damals Holten gegenüber bestimmter gewesen. Es wäre nicht so weit mit ihm gekommen.«

»Ich bin nicht so ein Waschlappen.«

»Sieh mal an! Wenn du nach vierundzwanzig Stunden schon so weit bist, daß du in Figaros Hochzeit gehst, wickelt sie dich in vier Wochen um den kleinen Finger.«

»Wer sagt dir, daß sie ist, wie die Mutter?«

»Entweder sie ist wie sie, na, dann wirst du ja wissen, woran du bist. Oder sie ist nicht so, dann hat die Mutter sie in der Gewalt, und das ist am Ende noch schlimmer.« Er trat nahe an Peter heran. »Wirklich Peter! und gerade, weil du so verliebt bist, tu es nicht! Es gibt tausend andere! Warum muß es gerade die sein?«

»Wie du nur so reden kannst! Wo du genau weißt, daß ich seit fünfzehn Jahren herumsuche und keine Frau finde, für die ich auch nur das empfinde. Und nun, wo ich das Suchen längst aufgegeben hatte und durch Zufall endlich eine solche Frau finde, fragst du mich: Warum gerade die?«

»Ich gebe zu, daß du darin nicht unrecht hast. Aber das widerlegt nicht, daß es auf alle Fälle ein Unglück ist. Dann wäre es eben besser gewesen, du hättest noch fünfzehn Jahre gesucht ohne zu finden.«

»Dein Standpunkt ist unvernünftig, weil er starr ist und du über einen Menschen urteilst, den du nicht kennst.«

»Ich kenne die Verhältnisse, unter denen sie lebt. Und die Verhältnisse machen den Menschen. Und darum wiederhole ich dir: solange ich dein Freund bin – und ich fürchte, ich war es die längste Zeit . . .«

»Du bist verrückt.«

»Du wirst es sehen. War es mit Holten und meinem Vater nicht genau so?«

»Das ist ja dein Fehler! Du versteifst dich auf den Gedanken, daß, was zwischen Agnes und Holten war, sich nun zwischen Cläre und mir wiederholen müsse. Dabei ist sie der Mutter so unähnlich wie ich Holten.«

»Das weißt du nicht. Und dann, es kommt auch auf sie nicht an. Denn du wirst nicht ihr Opfer werden, sondern das Opfer von Agnes. Ich jedenfalls erspare mir ein zweites Mal den Anblick!«

»Aber Werner! Wie kann man sich nur so in ein Gefühl hineinreden?«

»Es ist nicht nur ein Gefühl. Es ist eine Ueberzeugung, die sich auf Erfahrungen stützt. Da hinein, das gibt für dich ein Unglück.«

»Meinst du, ich habe die Absicht da hinein zu kommen? Ich will sie heraus ziehen.«

»Das ist was anderes! Wenn dir das gelingt, begehst du zugleich eine gute Tat. Leicht wird das aber nicht sein. Agnes ist eine Kämpferin.«

»Was war mein ganzes Leben bisher anderes als Kampf? Und was für ein freudloser Kampf war das! Aber in dem Falle hier, was glaubst du, mit welcher Begeisterung ich da kämpfen würde? Das heißt, unter einer Bedingung: daß zwischen uns alles beim alten bleibt und du mir hilfst.«

»Gern will ich das!« erwiderte Werner. »Mir ist im Gedanken dabei zumute, als wenn ich damit eine alte Schuld sühne.«

»Du? wieso du? Das kann sich doch höchstens um eine Schuld deines Vaters handeln.«