Czytaj książkę: «Grundlagen der Psychiatrie», strona 4

Czcionka:

IIITherapieverfahren

K. Paulitsch

1Psychopharmakotherapie
1.1Einleitung

Psychopharmaka sind Substanzen, die auf cerebrale Strukturen einwirken (psychotrope Substanzen). Sie regulieren Hirnfunktionen und modifizieren psychische Abläufe. Die Wirkung entfaltet sich an den Synapsen (Kontaktstellen zwischen zwei Nervenzellen) durch Beeinflussung der Botenstoffe (Neurotransmitter). Diese Überträgersubstanzen regulieren die neuronale Erregung und elektrische Weiterleitung zwischen den einzelnen Nervenzellen. Die wichtigsten durch Psychopharmaka beeinflussbaren Neurotransmitter sind Noradrenalin, Serotonin, Dopamin, Acetylcholin und GABA (Gammaaminobuttersäure). Sie werden in kleinen Bläschen (Vesikeln) in den Nervenenden gespeichert und besetzen, nachdem sie durch einen elektrischen Impuls freigesetzt wurden, den nachgeschalteten Rezeptor einer benachbarten Nervenzelle. Im synaptischen Spalt erfolgt entweder der Abbau der Überträgersubstanzen oder sie werden wieder in die Bläschen der Nervenenden aufgenommen und inaktiviert.

Wirksame Psychopharmaka wurden erst in den 50er-Jahren des vorigen Jahrhunderts entdeckt. Den Durchbruch schaffte das 1952 entwickelte Chlorpromazin durch Jean Delay und Pierre Deniker, die zufällig die antipsychotische Wirkung der Substanz entdeckten. Bis dahin konnten Symptome psychisch kranker Menschen nur unspezifisch mit Opium, Alkohol oder Barbituraten gelindert werden. Bald nach Entwicklung des ersten Neuroleptikums (Antipsychotikums) Chlorpromazin wurde 1954 Meprobamat als erster Tranquilizer und 1957 von Roland Kühn das erste Antidepressivum (Imipramin) entwickelt. Die antimanische Wirkung von Lithium wurde bereits 1949 von John Cade entdeckt und 1967 seine phasenprophylaktische Wirkung.

Seither gehören Psychopharmaka zu den am häufigsten verordneten Medikamenten, obwohl in der Bevölkerung falsche Vorstellungen über deren Wirkungsweise bestehen. „Chemische Zwangsjacke“, „Pillenkeule“, „mit Medikamenten vollgestopft“ sind nur einige negative Attribute für die Pharmakotherapie. Die Vorurteile Medikamenten gegenüber führen allzu oft zur Stigmatisierung jener Personen, die diese zur Behandlung dringend benötigen. Nach Meinung aber fast aller psychiatrischer und psychiatriehistorischer Forscher hat die Entwicklung der Psychopharmaka in den 50er-Jahren wesentlich zu den Reformen in der Psychiatrie und zur „Öffnung“ der Anstalten beigetragen. Viele psychische Erkrankungen wie Psychosen, Depressionen, Angsterkrankungen, Schlafstörungen oder Erregungszustände können durch Medikamente effizient behandelt werden. Im klinischen Alltag sind daher Psychopharmaka unentbehrlich. Die Behandlungsstrategien sind in den letzten Jahren differenzierter geworden, aber man ist noch weit davon entfernt, über ein passendes Medikament für jede psychische Störung zu verfügen und die biochemischen Zusammenhänge im Einzelnen zu verstehen. Die Verordnung erfordert viel Erfahrung, setzt einen Gesamtbehandlungsplan voraus und soll nur bei bestehender Indikation erfolgen. Grundlage ist eine gute Arzt-Patient-Beziehung, in der psychosoziale Hintergründe und die Persönlichkeit des Patienten berücksichtigt werden. Der Arzt ist zwar der Experte, der Betroffene bringt aber das nicht minder wichtige individuelle Erfahrungswissen ein.

Spricht man von Psychopharmaka, sollte man generell zwischen zwei Gruppen differenzieren, die unterschiedlich zu bewerten sind: Die erste Gruppe umfasst jene Medikamente, die von PatientInnen nur vorübergehend eingenommen werden sollen, da sie ein Abhängigkeitspotenzial aufweisen und Langzeitschäden zu befürchten sind. Hierzu zählt man vorwiegend die Tranquilizer (v. a. Benzodiazepine). Zur zweiten Gruppe zählt man jene Medikamente, bei denen keine Suchtgefahr besteht und die wegen guter Verträglichkeit langfristig zur psychischen Stabilisierung verabreicht werden können. Dies sind vor allem Antidepressiva und Phasenprophylaktika, aber auch Antipsychotika und Antidementativa.

1.2Antidepressiva

Als Antidepressiva werden nicht suchterzeugende und gut verträgliche Medikamente bezeichnet, die vorwiegend zur Behandlung von Depressionen entwickelt wurden und sich durch eine stimmungsaufhellende und antriebsnormalisierende Wirkung (manchmal auch psychomotorisch dämpfend) auszeichnen. Antidepressiva werden zunehmend auch bei anderen Symptomen wie Ängsten, Zwängen oder Schmerzen eingesetzt und gelten als eine der am häufigsten verordneten Medikamente überhaupt.

1.2.1Wirkungsweise

Die meisten Antidepressiva verstärken die Wirkung der beiden Neurotransmitter Noradrenalin und Serotonin, indem sie ihre Wiederaufnahme im synaptischen Spalt hemmen. Dadurch werden die Transmitter häufiger an den Rezeptoren angebunden und bewirken eine verstärkte Weiterleitung eintreffender Reize. Manche Antidepressiva wirken mehr auf den Neurotransmitter Serotonin (z. B. die selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, SSRI), andere wiederum ausschließlich auf Noradrenalin (Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer, NARI). Von dualer Wirkung spricht man, wenn beide Systeme beeinflusst werden, wie bei den trizyklischen Antidepressiva oder den selektiven Serotonin-/Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmern (SNRI). Anders wirkende Medikamente blockieren den chemischen Abbau der Neurotransmitter, indem sie die Wirkung von Abbauenzymen (Monoaminooxidase) hemmen (MAO-Hemmer).

1.2.2Klinische Anwendung und Indikationen

Bei Antidepressiva besteht kein Abhängigkeitspotenzial, sie sind in der Regel gut verträglich, führen zu keiner Organschädigung und bewirken auch keine Persönlichkeitsveränderung. Der Begriff „Antidepressivum“ ist irreführend, da mittlerweile neben depressiven Störungen eine Reihe weiterer psychischer Störungen mit dieser Substanzgruppe behandelt wird. Die Wirkungen umfassen neben Stimmungsaufhellung und Antriebsnormalisierung auch Angstlösung („Anxiolyse“), Beruhigung, Sedierung und Schmerzdistanzierung. Wegen der häufig zu Beginn auftretenden Nebenwirkungen ist eine niedrige Dosis bei erstmaliger Einnahme hilfreich. Der Wirkeintritt erfolgt meist erst nach ein bis drei Wochen, was dazu führt, dass beispielsweise eine Stimmungsaufhellung nicht immer der Wirkung des Antidepressivums zugeordnet werden kann. Die Therapie ist nur dann sinnvoll, wenn sie über einen längeren Zeitraum erfolgt. Beispielsweise ist bei rezidivierenden depressiven Störungen eine oft jahrelange prophylaktische Einstellung notwendig. Indikationen für eine Pharmakotherapie mit Antidepressiva sind u. a. depressive Syndrome (depressive Störungen, Belastungsreaktionen), Angsterkrankungen (Panikstörung, Agoraphobie), Zwangsstörungen, Schlafstörungen, Somatisierungsstörungen und Essstörungen.

1.2.3Substanzgruppen und Nebenwirkungen

Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, SSRI

SSRI sind die am häufigsten verschriebenen Antidepressiva mit geringen Nebenwirkungen. Die unerwünschten Wirkungen treten meist nur in den ersten Wochen der Einnahme auf und umfassen Übelkeit, Unruhe, Schlafstörungen und sexuelle Funktionsstörungen. Die Einnahme ist nur einmal pro Tag (morgens) notwendig.

Zu den SSRIs zählt man Fluoxetin (Fluctine®), Fluvoxamin, Paroxetin (Seroxat®), Sertralin, Citalopram (Seropram®) und Escitalopram (Cipralex®).

Selektive Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer, NARI

Die Einnahme erfolgt zweimal pro Tag. Als seltene Nebenwirkungen beobachtet man Kältegefühl, Harnverhalt, Zittern und Kopfschmerzen. Der einzige am Markt befindliche „NARI“ ist Reboxetin (Edronax®).

Monoaminoxidasehemmer, MAO-Hemmer

MAO-Hemmer werden selten eingesetzt, da die Gruppe mittlerweile von anderen Antidepressiva verdrängt wurde. Hierzu zählt man Moclobemid (Aurorix®).

Selektive Serotonin-/Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer, SNRI

Die SNRIs werden meist erst dann eingesetzt, wenn mit anderen Antidepressiva kein Erfolg zu verzeichnen ist. Das Nebenwirkungsprofil ist ähnlich wie das der SSRIs. Ein „duales Wirkprinzip“ mit Beeinflussung sowohl von Serotonin als auch Noradrenalin weisen Venlafaxin (Efectin®), Milnacipran (Ixel®) und Duloxetin (Cymbalta®) auf.

Trizyklische und Tetrazyklische Antidepressiva, TZA

Die trizyklischen Antidepressiva sind die erste Gruppe, die bereits seit den 60er-Jahren zum Einsatz kommt. Sie beeinflussen mehrere Neurotransmittersysteme, weswegen auch vermehrt Nebenwirkungen zu erwarten sind. Diese umfassen Mundtrockenheit, Müdigkeit, Akkomodationsstörungen, Herzrhythmusstörungen, Blutdruckabfall, Verstopfung und Harnverhalt. Dies ist der Grund, weswegen die TZAs stark an Bedeutung verloren haben. Der Einsatz beschränkt sich auf „therapieresistente“ depressive Störungen. Zu den noch eingesetzten TZAs gehören: Amitriptylin (Saroten®), Clomipramin (Anafranil®) und das tetrazyklische, besser verträgliche Antidepressivum Mianserin (Tolvon®).

Weitere Antidepressiva

Chemisch andersartige Antidepressiva sind Mirtazapin (Mirtel®) und Trazodon (Trittico®). Diese haben auch eine beruhigende und angstlösende Wirkung, weswegen sie abends als Schlafhilfe eingenommen werden können und bei innerer und äußerer Unruhe wirksam sind. Weitere Substanzen mit anderen Wirkmechanismen sind Agomelatin (Valdoxan®), Tianeptin (Stablon®) oder Vortioxetin (Brintellix®). Das Phytopharmakon Johanniskraut (Hypericum-Extrakt) ist wegen seiner pflanzlichen Basis bei PatientInnen beliebt, dessen Einsatz beschränkt sich jedoch auf leichte bis mittelschwere Depressionen.

1.3Phasenprophylaktika

Phasenprophylaktika sind Psychopharmaka, die zur Rückfallsverhinderung bei zyklischen Erkrankungen wie bipolaren oder schizoaffektiven Störungen entwickelt wurden. Zur Substanzgruppe zählen Lithium, Antikonvulsiva sowie manche neuere Antipsychotika.

1.3.1Wirkungsweise

Phasenprophylaktika sind bezüglich der Wirkungsweise eine heterogene Gruppe von Psychopharmaka, die bei PatientInnen Stimmungsschwankungen verhindern oder verringern sollen. Im Idealfall beeinflussen die Medikamente sowohl depressive Symptome als auch manische Zustände positiv, die Hauptindikation liegt jedoch in ihrer vorbeugenden – prophylaktischen – Wirkung. Durch regelmäßige Einnahme kann die Wahrscheinlichkeit eines neuerlichen Auftretens einer Krankheitsphase deutlich verringert werden. Lange Zeit galt Lithium als einziges Medikament, welches diese komplexen Eigenschaften einigermaßen erfüllt, in neuerer Zeit kommen Medikamente, die eigentlich zur Behandlung von Epilepsie entwickelt wurden („Antikonvulsiva“) und zunehmend auch Antipsychotika zur Anwendung.

Lithium ist ein chemisches Element, das Kalium und Natrium ähnlich ist. Dementsprechend besteht die Wirkungsweise von Lithium im Zellstoffwechsel und in der Erregung von Nervenzellen, wobei es generell zu einer Dämpfung kommt. Auch Neurotransmittersysteme werden durch Lithium beeinflusst.

Antikonvulsiva wie Carbamazepin, Valproinsäure oder Lamotrigin wirken über eine Veränderung der Kommunikation zwischen den Nervenzellen, dadurch dass die Übererregbarkeit in manchen Hirnregionen verringert wird oder die Wirkung eines Neurotransmitters (GABA) verstärkt wird. Dies erklärt auch die Senkung der Wahrscheinlichkeit von epileptischen Anfällen nach Einnahme dieser Substanzen. Die Annahme, dass auch bei extremen Stimmungsschwankungen gleichfalls eine veränderte Erregbarkeit von Nervenzellen vorliegt, führte zum bewährten klinischen Einsatz bei bipolaren Störungen.

Die Wirkungsweise von Antipsychotika wird im entsprechenden Abschnitt (siehe auch Kapitel III, 1.5, S. 47) besprochen.

1.3.2Klinische Anwendung und Indikationen

Lithium hat einen antimanischen, antidepressiven und bei der bipolaren Störung auch einen phasenprophylaktischen Effekt. Besonders geeignet scheint das Psychopharmakon bei der klassischen bipolaren Störung mit euphorischen Phasen wirksam zu sein. Durch regelmäßige Einnahme kann das Risiko des Auftretens von erneuten Episoden um 60% reduziert werden. Dennoch hat das Medikament auch Nachteile: Da schon bei geringen Überdosierungen (geringe „therapeutische Breite“) Vergiftungserscheinungen auftreten können, ist eine regelmäßige Kontrolle des Blutspiegels erforderlich. Ein Wert von 0,6 bis 0,8 mmol/l ist zur Prophylaxe gefordert und unschädlich, vorübergehend kann unter stationären Bedingungen der Spiegel auf 1,2 mmol/l angehoben werden. Die Einnahme des Präparats erfordert daher erhöhte Sorgfalt und die Dauereinstellung ist nur für einen Teil von aufgeklärten und kognitiv nicht beeinträchtigten PatientInnen möglich.

Die Antikonvulsiva Carbamazepin und Valproinsäure eignen sich neben der bipolaren Störung auch zur Behandlung von Mischzuständen und der schizoaffektiven Störung. Die Anwendung erfolgt dann, wenn eine Einstellung auf Lithium nicht möglich erscheint. Lamotrigin hingegen wirkt vorwiegend antidepressiv und hat nur ein begrenztes Anwendungsgebiet.

Antipsychotika, die ursprünglich zur Behandlung der Schizophrenie entwickelt wurden, werden in neuerer Zeit ebenso bei bipolaren Störungen eingesetzt.

1.3.3Substanzgruppen und Nebenwirkungen

Lithum

Auf die klinische Wirkung von Lithium (Quilonorm®) und sein begrenztes Einsatzgebiet wurde schon eingegangen. Mögliche Nebenwirkungen sind zu Beginn leichtes Zittern (Tremor) der Finger, Übelkeit und Durchfall. Eine dauerhafte Einnahme führt manchmal zu Gewichtszunahme, Vergrößerung der Schilddrüse, Durstgefühl und Beinschwellungen (Ödeme). Vergiftungserscheinungen treten bei Überdosierung, falscher Einnahme oder bei kochsalzarmer Diät und Flüssigkeitsmangel auf. Die lebensbedrohlichen Symptome zeigen sich als starker Tremor, Erbrechen und Übelkeit, psychische Auffälligkeiten bis hin zu Verwirrtheit, Schwindel, Sprachstörungen und Koma.

Antikonvulsiva

Zu dieser eigentlich als Mittel gegen epileptische Anfälle verwendeten Gruppe zählt man Valproinsäure (Convulex®, Depakine®), Lamotrigin (Lamictal®) und Carbamazepin (Neurotop®). Die Medikamente werden in der Regel gut vertragen und eignen sich daher zur Dauerprophylaxe bei der bipolaren Störung besonders gut. In Studien ist vor allem die Wirksamkeit von Valproinsäure gut belegt. Nebenwirkungen von Carbamazepin sind Schwindel, Müdigkeit, Übelkeit. Bei der Einnahme von Valproinsäure wurden vereinzelt Zittern, Gewichtszunahme, Haarausfall beobachtet. Die unerwünschten Wirkungen von Lamotrigin ähneln den bisher beschriebenen Substanzen.

Antipsychotika

In zahlreichen Studien werden zurzeit die neuen atypischen Antipsychotika zur Behandlung der bipolaren affektiven Störung getestet und die Ergebnisse auf wissenschaftlichen Kongressen präsentiert. Die prophylaktische und antimanische Wirkung von Aripiprazol (Abilify®), Risperidon (Risperdal®), Quetiapin (Seroquel®) ist mit jener der übrigen Phasenprophylaktika vergleichbar. Ein Vorteil gegenüber den Antikonvulsiva ist jedoch noch nicht nachgewiesen worden. Das Nebenwirkungsspektrum reicht von Gewichtzunahme bis hin zu Stoffwechselstörungen und ist demnach nicht günstiger zu beurteilen.

1.4Tranquilizer

Tranquilizer (von lat.: tranquilare, beruhigen) sind Psychopharmaka, die eine beruhigende, entspannende, angstlösende und teilweise schlafanstoßende Wirkung besitzen. Historisch gesehen zählt man die bereits im 19. Jahrhundert verwendete pflanzlichen Substanzen (z. B. Chloralhydrat) und die vor mehr als hundert Jahren entdeckten Barbiturate dazu. Auch andere Substanzen wie manche Antipsychotika oder Antidepressiva können ähnlich wirken, heutzutage versteht man unter dem Begriff Tranquilizer jedoch vorwiegend die große Gruppe der Benzodiazepine und neuere ähnlich wirkende Substanzen, wie beispielsweise Zolpidem („Non-Benzodiazepin-Hypnotika“). Benzodiazepine, die seit den 1960er-Jahren verwendet werden, zeichnen sich im Gegensatz zu den Barbituraten durch ein günstigeres Nebenwirkungsprofil und geringere Toxizität aus.

1.4.1Wirkungsweise

Benzodiazepine binden an spezifischen Benzodiazepinrezeptoren von Nervenzellen und verstärken die hemmende Funktion von gewissen Neuronen („GABAerge“ Neuronen). Sie sind deswegen hochwirksam, weil sie direkt die „Angstrezeptoren“ (GABA-System) im Gehirn blockieren und deswegen zur Anxiolyse (Angstlösung) führen.

1.4.2Klinische Anwendung und Indikationen

Benzodiazepine wirken angstlösend (anxiolytisch), entspannend, schlafanstoßend (hypnotisch), muskelentspannend (relaxierend) und senken die epileptische Krampfschwelle (antikonvulsiv). Wegen der vielfältigen Wirkung ist auch das Einsatzgebiet entsprechend groß. Benzodiazepin-Tanquilizer werden u. a. bei Angstzuständen, Schlafstörungen, Erregungszuständen, Epilepsie, Muskelverspannungen, als Operationsvorbereitung und als Alkoholentzugsmedikamente eingesetzt. Die Anwendung soll nur vorübergehend (maximal einige Wochen lang) erfolgen, da sich ein Abhängigkeitssyndrom entwickeln kann (siehe Kapitel XIII, 4).

1.4.3Substanzgruppen und Nebenwirkungen

Benzodiazepine

Alle Benzodiazepine haben ein ähnliches Wirkspektrum. Die Differenzierung erfolgt hinsichtlich des hauptsächlichen Einsatzgebiets, der Halbwertszeit und der primären Wirkung. Man unterscheidet zwischen vorwiegend angst- und spannungslösend (anxiolytisch) und vorwiegend schlafanstoßend wirkenden Benzodiazepinen. Eine weitere Gruppe wird vorwiegend als Mittel gegen Epilepsie eingesetzt.

Zu den anxiloytisch eingesetzten Benzodiazepinen zählt man Alprazolam (Xanor®), Diazepam (Valium®, Psychopax®, Gewacalm®), Lorazepam (Temesta®), Bromazepam (Lexotanil®) oder Oxazepam (Praxiten®, Anxiolit®).

Als Schlafmittel (Hypnotika) werden Triacolam (Halcion®), Lormetazepam (Noctamid®) oder Flunitrazepam (Somnubene®, Rohypnol®) eingesetzt, wohingegen Clonazepam (Rivotril®) überwiegend als Antikonvulsivum verwendet wird.

Die hautsächliche Nebenwirkung von Benzodiazepinen ist unter Umständen auch die erwünschte Wirkung, nämlich der müde machende (sedierende) Effekt. Bei älteren Menschen kann es dadurch zu Gangunsicherheit und Stürzen kommen. Manchmal besteht bei dieser PatientInnengruppe auch eine paradoxe Reaktion, statt einer Sedierung kommt es zu Unruhe bis hin zu Verwirrtheit oder Erregungszuständen. In höheren Dosen und bei chronischem Gebrauch werden bei älteren Menschen die kognitiven Funktionen beeinträchtigt. Eine längere Einnahme führt auch zu einem Gewöhnungseffekt und infolge zu einem Abhängigkeitssyndrom. Deswegen sollte man Benzodiazepine nicht als Dauermedikament einnehmen, sondern nur in einem begrenzten Zeitraum und unter ärztlicher Kontrolle.

Benzodiazepinähnliche Hypnotika („Non-Benzodiazepin-Hypnotika“) Diese Substanzgruppe unterscheidet sich strukturchemisch von den Benzodiazepinen, bindet jedoch im Gehirn an denselben Stellen. Die Wirkung, aber auch deren Nebenwirkungen mitsamt dem Abhängigkeitspotenzial, sind den Benzodiazepinen ähnlich. Zu der hauptsächlich als Schlafmittel eingesetzten Gruppe zählt man u. a. Zolpidem (Zoldem®, Ivadal®) und Zaleplon (Sonata®).

1.5Antipsychotika (Neuroleptika)

Der früher häufig verwendete Begriff „Neuroleptikum“ wurde mittlerweile durch den international anerkannten Begriff Antipsychotikum ersetzt, der auf die therapeutische Wirkung bei psychotischen Symptomen, wie Wahn oder Halluzinationen, hinweist. Diese chemisch heterogene Gruppe von Medikamenten zur Behandlung von Psychosen wie Schizophrenie gewinnt aber auch bei anderen Krankheitsbildern zunehmend an Bedeutung.