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b) Rechte des Individuums

Beispiele für die Rechte des → Individuums sind das Recht auf Leben und Freiheit (Art. 3), das Verbot von Sklaverei und Sklavenhandel (Art. 4) sowie das Folterverbot (Art. 5). Ebenso zählen das Recht auf Anerkennung als Rechtsperson (Art. 6) und die Gleichheit vor dem Gesetz (Art. 7) dazu.

c) Rechte zur Gewährleistung der persönlichen Sicherheit

In die Gruppe der Rechte zur Gewährleistung der persönlichen Sicherheit fallen der Anspruch auf Rechtsschutz (Art. 8), der Schutz vor Verhaftung und Ausweisung (Art. 9), der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 10), die Unschuldsvermutung und das Rückwirkungsverbot (Art. 11), die Freiheitssphäre des Einzelnen (Art. 12) und das Recht auf Asyl (Art. 14).

d) Rechte der politischen Teilhabe

Die Rechte der politischen Teilhabe umfassen die Gewissens- und Religionsfreiheit (Art. 18), die Äußerungs- und Informationsfreiheit (Art. 19), die Versammlungs- und Vereinsfreiheit (Art. 20) und das allgemeine und gleiche Wahlrecht (Art. 21).

e) Wirtschaftliche und soziale Rechte

Zu den wirtschaftlichen und sozialen Rechten zählen die Gewährleistung des Eigentums (Art. 17), das Recht auf Arbeit und gleichen Lohn, die Koalitionsfreiheit (Art. 23), das Recht auf Erholung und Freizeit (Art. 24), das Recht auf soziale Betreuung (Art. 25) sowie das Recht auf kulturelle Betreuung und das Elternrecht (Art. 26).

f) Bewegungsfreiheit und Rechte des Soziallebens

Unter die Rechte des Soziallebens und der Bewegungsfreiheit fallen die Freizügigkeit und Auswanderungsfreiheit (Art. 13), das Recht auf Staatsangehörigkeit (Art. 15) und die Freiheit der Eheschließung und der Schutz der Familie (Art. 16).

3. Schranke

Nach Art. 29 Abs. 1 AEMR hat jeder Mensch „Pflichten gegenüber der Gemeinschaft, in der allein die freie und volle Entwicklung seiner Persönlichkeit möglich ist“. Die Ausübung der Rechte ist danach abhängig von den Pflichten des Individuums in der Gemeinschaft. Um welche Pflichten es sich dabei allerdings handelt, sagt die AEMR nicht. Der Bezugnahme auf die freie und volle Entwicklung der Persönlichkeit und das Bestehen einer Gemeinschaft ist zu entnehmen, dass keines der in der AEMR verbrieften Rechte dazu missbraucht werden darf, der Gesellschaft zu schaden oder sie gar zu zerstören.

Nach Absatz 2 des Art. 29 AEMR ist jeder Mensch „in Ausübung seiner Rechte und Freiheiten nur den Beschränkungen unterworfen, die das Gesetz ausschließlich zu dem Zwecke vorsieht, um die Anerkennung und Achtung der Rechte und Freiheiten der anderen zu gewährleisten und den gerechten Anforderungen der Moral, der öffentlichen Ordnung und der allgemeinen Wohlfahrt in einer demokratischen Gesellschaft zu genügen“. Es dürfen also nur durch Gesetz Beschränkungen erklärt werden und nur zu den Zwecken, die in Absatz 2 ausdrücklich vorgesehen sind. Die erste Einschränkungsmöglichkeit bezieht sich auf die Achtung der Rechte und Freiheiten der anderen. Dies bedeutet, dass keine Freiheit dazu missbraucht werden darf, anderen zu schaden. Die in Art. 19 AEMR beispielsweise implizit gewährleistete Pressefreiheit enthält also nicht die Freiheit, andere in ihrer Ehre zu verletzen oder zu verleumden. Bei den Anforderungen der Moral, der öffentlichen Ordnung und der allgemeinen Wohlfahrt in einer demokratischen Gesellschaft handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, die vielfacher Auslegung zugänglich sind. Versteht man unter „öffentlicher Ordnung“ die Gesamtheit jener ungeschriebenen Regeln, deren Befolgung nach den jeweils herrschenden sozialen und ethischen Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung für ein gedeihliches menschliches Zusammenleben betrachtet wird, so ist deutlich, dass es einem Staat nicht schwerfallen wird, die in der AEMR verbürgten Rechte und Freiheiten einzuschränken. Auch die Berufung auf die Anforderungen der Moral und der allgemeinen Wohlfahrt kann als offizielle Firmierung und Begründung dienen, die dem Einzelnen in der Erklärung gewährten Rechte in großem Umfang einzuschränken. Schließlich ist nicht einheitlich definiert, was eine „demokratische Gesellschaft“ sein solle. Man denke nur daran, dass sich auch die totalitären Staaten des Ostblocks als Demokratien verstanden. Nach Art. 29 Abs. 3 AEMR dürfen die in der Erklärung gewährten Freiheiten und Rechte „in keinem Fall im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen ausgeübt werden“. Da die „Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen“ in erster Linie für die Staaten und nicht für Einzelpersonen Geltung haben, ist Absatz 3 nur so zu verstehen, dass die Rechte und Freiheiten der Erklärung nicht dazu missbraucht werden dürfen, Feindschaft unter den Staaten zu fördern.

4. Auslegung

Gemäß Art. 30 AEMR darf keine Bestimmung der Erklärung so ausgelegt werden, dass sich daraus für einen Staat, eine Gruppe oder eine Person irgendein Recht ergibt, eine Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung vorzunehmen, welche auf die Vernichtung der in dieser Erklärung angeführten Rechte und Freiheiten abzielt. Diese Bestimmung enthält eine Warnung an die Staaten sowie an Einzelpersonen und ihre Organisationen, nicht gegen die Ziele der AEMR, den Schutz und die Sicherung der Menschenrechte und Grundfreiheiten, unter Berufung auf die in der Erklärung verbürgten Rechte und Freiheiten zu agieren. Es sollte auch klargestellt werden, dass die Erklärung niemandem das Recht gibt, die Rechte und Freiheiten anderer zu gefährden.

Bemerkenswert ist, dass die AEMR für den Fall des Krieges oder eines sonstigen Notstandes keine Einschränkungsmöglichkeiten vorsieht. Die in ihr verbrieften Rechte und Freiheiten sind also auch im Krieg und bei sonstigem Notstand zu beachten.

A › Allgemeine Rechtsgrundsätze (Bernhard Kempen)

Allgemeine Rechtsgrundsätze (Bernhard Kempen)

Lit.:

G. Jaenicke, Völkerrechtsquellen, in: K. Strupp/H.-J. Schlochauer (Hrsg.), Wörterbuch des Völkerrechts, Bd. III, 2. Aufl., 1962, 766, 770; G. Ress, Rechtsgrundsätze, allgemeine, in: I. Seidl-Hohenveldern (Hrsg.), Lexikon des Rechts/Völkerrecht, 1985, 216.

In Art. 38 Abs. 1 IGH-Statut werden als dritte Rechtsquelle die Allgemeinen Rechtsgrundsätze, wie sie von den zivilisierten Nationen anerkannt werden, genannt. Dieser Begriff bedarf zunächst der Abgrenzung zum → Völkergewohnheitsrecht. Denn Allgemeine Rechtsgrundsätze sind nicht etwa jene Normen des Völkergewohnheitsrechts, die alle oder die überwiegende Mehrheit der → Staaten binden, es handelt sich nicht nur um eine andere Bezeichnung für universelles Völkergewohnheitsrecht. Die Allgemeinen Rechtsgrundsätze bedürfen zu ihrer Geltung im Gegensatz zum Völkergewohnheitsrecht nämlich nicht einer allgemeinen Übung. Vielmehr werden als Allgemeine Rechtsgrundsätze jene Regeln angenommen, die, vergleicht man die nationalen Rechtsordnungen, in einer Vielzahl von diesen übereinstimmend gelten. Festgestellt wird damit eine einheitliche Rechtsüberzeugung und schon diese Feststellung reicht für eine Bindungswirkung aus.

Keine übermäßige Bedeutung kann in diesem Kontext dem Kriterium der zivilisierten Nation zukommen. Denn mit dem Grundsatz der souveränen Staatengleichheit (→ Gleichheitsprinzip) ist eine Klassifizierung der Staaten, selbst wenn diese sich im Einzelfall völkerrechtswidrig oder „unzivilisiert“ verhalten, nicht vereinbar. Damit muss es ausreichen, dass ein Staat über eine entwickelte, der Analyse überhaupt zugängliche Rechtsordnung verfügt. In der Praxis wird allerdings zumeist nicht die einzelne nationale Rechtsordnung der Analyse unterzogen, sondern es wird nach Prinzipien gesucht, die einem ganzen Rechtskreis, wie z. B. dem kontinentaleuropäischen, gemein sind.

Die Herleitung Allgemeiner Rechtsprinzipien aus den Rechtsordnungen von Einzelstaaten wird insbesondere von jenen kritisiert, die als Geltungsgrund des Völkergewohnheitsrechts einen pactum tacitum, einen stillschweigend geschlossenen Vertrag, annehmen wollen – ein Staat könne nur einer Rechtsnorm unterworfen sein, deren Geltung er ausdrücklich anerkannt habe. Allerdings ist diese – zumeist von sozialistischen Ländern vorgebrachte – Kritik weniger einem generellen Zweifel an der Existenz überstaatlicher, allgemeiner Rechtsgrundsätze geschuldet, sondern der Sorge um deren zu starke Prägung durch westlich orientierte, als imperialistisch diskreditierte Rechtsordnungen.

Wie auch für das Völkergewohnheitsrecht kann dieser Auffassung entgegengehalten werden, dass sie die Tatsache ignoriert, dass Staaten bereit sind, sich den genannten Allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu unterwerfen und damit deren Vorhandensein und Geltung bestätigen. Dabei ist die Grenze zwischen positivem Recht und rein ethischen Maßstäben fließend, ist doch Basis für eine gesetzgeberische Entscheidung in einer Vielzahl von Staaten häufig eine nahezu allgemein vorhandene sittliche Überzeugung.

Beispiele für Allgemeinen Rechtsgrundsätze finden sich insbesondere im Bereich des nationalen Vertrags- und Schuldrechts. So werden zum Beispiel der Grundsatz von Treu und Glauben, von bona fides, ebenso zu den Allgemeinen Rechtsgrundsätzen des Völkerrechts gezählt wie das Verbot des Rechtsmissbrauchs, der Grundsatz der Schadensersatzpflicht bei Vertragsverletzungen und ganz allgemein der Grundsatz der Billigkeit, equity. Vielfach erwachsen die genannten Allgemeinen Rechtsgrundsätze durch ständige Übung selbst zu Gewohnheitsrecht oder stellen die Basis vertraglicher Kodifizierungen dar. So hat beispielsweise das Prinzip pacta sunt servanda Eingang in Art. 26 WVRK gefunden.

A › Amerikanische Menschenrechtskonvention (AMRK) (Tobias H. Irmscher)

Amerikanische Menschenrechtskonvention (AMRK) (Tobias H. Irmscher)

I. Entstehung und Mitgliedschaft

II. Schutzumfang

1.Anwendungsbereich

2.Die einzelnen Menschenrechte

3.Schranken und Außerkraftsetzung

4.Sonstige Rechte

III. Durchsetzungsmechanismen

1.Verfahren vor der IAMRK

2.Verfahren vor dem Gerichtshof

IV. Bewertung

Lit.:

J. Kokott, Das interamerikanische System zum Schutz der Menschenrechte, 1986; K. Seifert, Das interamerikanische System zum Schutz der Menschenrechte und seine Reformierung, 2008.

Die Amerikanische Menschenrechtskonvention vom 22.11.1969 (AMRK, auch „Pakt von San José“) bildet die Grundlage für das regionale Menschenrechtsschutzsystem im Rahmen der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS). Sie enthält neben dem Menschenrechtskatalog auch die Bestimmungen über die Errichtung des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte (IAGMR) und weist der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (IAMRK) zusätzliche Aufgaben zu.

I. Entstehung und Mitgliedschaft

Bereits am 2.5.1948 verabschiedete die OAS die Amerikanische Erklärung der Rechte und Pflichten des Menschen. 1959 wurde die IAMRK eingerichtet und der Interamerikanische Juristenrat beauftragt, den Entwurf einer Konvention zu erarbeiten. Eine 1969 von der IAMRK überarbeitete Fassung baute auf der Erklärung von 1948 auf und berücksichtigte die 1950 verabschiedete → EMRK sowie die 1966 verabschiedeten UN-Menschenrechtspakte, den → Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR) sowie den → Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (IPwskR). Die AMRK wurde am 22.11.1969 auf der Konferenz von San José verabschiedet. Nach Ratifikation durch elf Staaten trat sie am 18.7.1978 in Kraft. Derzeit hat die AMRK 23 Vertragsparteien in Mittel- und Südamerika und in der Karibik. Die OAS-Mitglieder USA und Kanada haben die Konvention nicht ratifiziert, ebenso Guyana und einige kleinere Karibikstaaten. Trinidad und Tobago kündigte die AMRK 1998, Venezuela 2012.

II. Schutzumfang

1. Anwendungsbereich

Die Verpflichtung der Vertragsparteien erstreckt sich auf alle Personen unter ihrer Hoheitsgewalt (Art. 1 Abs. 1 AMRK). Die Garantien bestehen grundsätzlich nur für natürliche Personen (vgl. Art. 1 Abs. 2 AMRK). Der IAGMR hat aber anerkannt, dass Maßnahmen gegen eine juristische Person eine Verletzung der Rechte Einzelner darstellen könnten, wie im Fall der Verletzung von Eigentum einer Gemeinschaft von Ureinwohnern, und dass im Einzelfall eine solche Gemeinschaft auch in ihren kollektiven Rechten verletzt sein kann.

2. Die einzelnen Menschenrechte

Die AMRK enthält in den 23 Artikeln des II. Teils ihres ersten Kapitels bürgerliche und politische Rechte, wie sie sowohl in der → EMRK und ihren Zusatzprotokollen als auch im → IPbpR enthalten sind. Im Einzelnen sind dies zunächst das Recht auf Anerkennung als Person (Art. 3), das Recht auf Leben, einschließlich einer Einschränkung der Zulässigkeit der Todesstrafe (Art. 4), das Recht auf Achtung der körperlichen, geistigen und moralischen Unversehrtheit (Art. 5) und das Verbot von Sklaverei, Menschenhandel und Zwangsarbeit (Art. 6). Zu den justiziellen Rechten zählen das Recht auf persönliche Freiheit und Sicherheit (Art. 7), das Recht auf ein faires Verfahren (Art. 8), das Rückwirkungsverbot (Art. 9) und ein Recht auf Entschädigung im Fall eines Fehlurteils (Art. 10). Sonstige bürgerliche Rechte sind das Recht auf Ehre (Art. 11), das Recht auf Glaubens- und Gewissensfreiheit (Art. 12), auf Gedanken- und Meinungsäußerungsfreiheit (Art. 13), das ergänzt wird durch ein Recht auf Erwiderung im Falle von unrichtigen oder beleidigenden Äußerungen in gesetzlich geregelten Kommunikationsmitteln (Art. 14) sowie die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit (Art. 15 und 16). In den privaten Bereich fällt der Schutz von Ehe und Familie (Art. 17) und von Minderjährigen (Art. 19), das Recht auf einen Namen (Art. 18), auf Staatsangehörigkeit (Art. 20), der Schutz des Eigentums (Art. 21) und das Recht auf Freizügigkeit einschließlich des Rechts, seinen Staat zu verlassen, und das Verbot der Ausweisung von Staatsangehörigen (Art. 22). Hinzu kommt das Recht auf politische Teilhabe einschließlich des Rechts auf allgemeine, gleiche und geheime Wahlen und der Chancengleichheit bei der Einstellung in den öffentlichen Dienst (Art. 23). Abgeschlossen wird der Katalog durch den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 24) und das Recht auf effektiven Rechtsschutz (Art. 25).

Art. 26 AMRK betrifft die Menschenrechte der zweiten Generation. Die Staaten sind verpflichtet, schrittweise darauf hinzuarbeiten, die von den „wirtschaftlichen, sozialen, auf das Bildungswesen bezogenen, wissenschaftlichen und kulturellen Normen“ der OAS-Charta umfassten Rechte vollständig zu verwirklichen. Entsprechend der Regelungstechnik im → IPwskR wird hier keine durchsetzbare Verpflichtung begründet, sondern lediglich eine Zielvorgabe gesetzt.

Kollektive Rechte oder sonstige → Menschenrechte der dritten Generation enthält die AMRK nicht. Insbesondere findet sich keine Vorschrift zum → Schutz der Minderheiten. Die Konventionsorgane haben jedoch im Zuge einer evolutiven Auslegung mittlerweile auch kollektive Menschenrechte indigener Völker jedenfalls hinsichtlich des Rechts auf Beteiligung und Anhörung anerkannt und durchgesetzt (IAGMR, Kichwa Indigenous People of Sarayaku v. Ecuador, Urteil vom 27.6.2012 [Ser. C No. 245]).

Neben Rechten normiert die AMRK auch Pflichten des Einzelnen gegenüber der Familie, der Gemeinschaft und der Menschheit (Art. 32).

3. Schranken und Außerkraftsetzung

Schranken sind in den einzelnen Vorschriften enthalten, sie dürfen nur aufgrund von Gesetzen im Interesse der Allgemeinheit und nur für den Zweck angewendet werden, für den sie vorgesehen wurden (Art. 30). Allgemeine Schranken sind die Rechte anderer, die Sicherheit aller und die berechtigten Erfordernisse des Allgemeinwohls in einer demokratischen Gesellschaft (Art. 32 Abs. 2). Die Garantien der AMRK können unter besonderen Voraussetzungen auch im Kriegsfalle, bei öffentlicher Gefahr oder bei einem sonstigen Notstand, der die Unabhängigkeit oder Sicherheit des Staates bedroht, außer Kraft gesetzt werden (Art. 27). Dies gilt jedoch nicht für die in Art. 27 Abs. 2 gelisteten sog. notstandsfesten Rechte und die „zum Schutz dieser Rechte wesentlichen Garantien“.

4. Sonstige Rechte

Ergänzt werden die in der AMRK garantierten Rechte durch diejenigen der Amerikanischen Erklärung der Rechte und Pflichten des Menschen von 1948 sowie durch die in den Protokollen zur AMRK und sonstigen Verträgen der OAS enthaltenen Garantien (Art. 31 AMRK).

Das Zusatzprotokoll von San Salvador vom 17.11.1988, in Kraft seit dem 16.11.1999, enthält wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Entsprechend Art. 26 AMRK verpflichtet es die Vertragsparteien, Maßnahmen zu ergreifen, um die volle Einhaltung der im Einzelnen aufgelisteten Rechte zu erreichen (Art. 1). Diese Verpflichtung steht unter einem vierfachen Vorbehalt: der verfügbaren Ressourcen, des Entwicklungsstandes des Staates, der schrittweise erfolgenden Umsetzung und der Maßgabe des innerstaatlichen Rechts; sie ist also nur relativ. Trotz des Charakters als Zielvorgabe besteht insoweit ein Diskriminierungsverbot (Art. 3).

Das zweite Protokoll zur AMRK vom 8.6.1990 betrifft die Abschaffung der Todesstrafe; es ist seit dem 28.8.1991 in Kraft. Die Vertragsparteien verpflichten sich, die Todesstrafe nicht mehr anzuwenden, können sich jedoch vorbehalten, diese im Kriegsfall für besonders schwere Straftaten militärischen Charakters verhängen zu dürfen. Weitere menschenrechtliche Verträge im Rahmen der OAS betreffen die Verhütung und Bestrafung von Folter, das gewaltsame Verschwindenlassen, Gewalt gegen Frauen und die Diskriminierung von Behinderten.

III. Durchsetzungsmechanismen

Mit der Gewährleistung des Schutzes der in der AMRK enthaltenen Menschenrechte sind im Wesentlichen zwei Organe betraut: die Interamerikanische Menschenrechtskommission, ein Expertengremium bestehend aus sieben unabhängigen, von der Generalversammlung der OAS gewählten Persönlichkeiten (Art. 34 ff. AMRK; Art. 106 OAS-Charta), und der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte (Art. 52 ff. AMRK) mit Sitz in San José, Costa Rica. Unterstützt wird die IAMRK vom zentralen Sekretariat der OAS in Washington, D.C.; der Gerichtshof hat sein eigenes Sekretariat.

Die Konvention sieht ein Individualbeschwerdeverfahren, Staatenbeschwerden sowie ein Gutachtenverfahren vor. Das Mandat der Menschenrechtskommission umfasst überdies die Förderung der Achtung und Verteidigung von Menschenrechten, einschließlich der Beratung und Unterrichtung der Organe der OAS und ihrer Mitgliedstaaten. Dementsprechend ist sie mit Durchsetzungs- und Überwachungsaufgaben politisch-diplomatischer Prägung betraut, zu denen die Prüfung von Staatenberichten, die Untersuchung von bestimmten Situationen oder Staaten, Vor-Ort-Besuche und die Beauftragung von Sonderberichterstattern zu bestimmten Themen zählen.

1. Verfahren vor der IAMRK

Individualbeschwerden über die Verletzung von Rechten durch eine Vertragspartei der AMRK können von jedermann – Einzelpersonen, Gruppen und juristischen Personen – bei der IAMRK eingelegt werden. Eine besondere Unterwerfungserklärung des betroffenen Vertragsstaates ist hierfür nicht erforderlich.

Zunächst erfolgt eine Vorabprüfung und die Zuleitung der Beschwerde an den betroffenen Staat, der Gelegenheit zur Stellungnahme erhält. Daran schließt sich die Prüfung und Entscheidung über die Zulässigkeit der Beschwerde entsprechend den in Art. 46 und 47 AMRK niedergelegten Voraussetzungen an. Hierzu zählen u. a. die Erschöpfung des innerstaatlichen Rechtswegs, eine sechsmonatige Beschwerdefrist und das Verbot einer anderweitigen Anhängigkeit des Verfahrensgegenstands. Die Beschwerdebefugnis ist nicht auf die Betroffenen beschränkt, Beschwerdeführer und Opfer der behaupteten Menschenrechtsverletzung müssen also nicht identisch sein.

Bei der anschließenden Prüfung der Begründetheit sind beide Parteien aufgefordert, zur Sachverhaltsaufklärung beizutragen; die IAMRK kann zudem Untersuchungen einleiten und Anhörungen durchführen. Dabei wirkt sie in allen Verfahrensstadien auf eine gütliche Einigung hin. Maßstab für die Entscheidungen sind die Konvention und die sonstigen menschenrechtlichen Verträge der OAS (s. o.). Für OAS-Mitgliedstaaten, die die Konvention nicht ratifiziert haben, oder für Sachverhalte aus Zeiten vor der jeweiligen Ratifizierung dient die Amerikanische Menschenrechtserklärung von 1948 als Maßstab. Kommt die IAMRK zu dem Ergebnis, dass eine Rechtsverletzung vorliegt, so erstellt sie einen Bericht, in welchem sie die Staatenverantwortlichkeit in Bezug auf die Verletzung feststellt, Maßnahmen zur Beendigung bzw. Wiedergutmachung der Verletzung empfiehlt und Empfehlungen allgemeiner Art z. B. zu erforderlichen Rechtsänderungen erteilt.

Nach Zuleitung des Berichts ist der Staat aufgerufen, die empfohlenen Maßnahmen innerhalb der im Bericht gesetzten Frist zu ergreifen. Danach entscheidet die IAMRK abschließend, ob diese ausreichend sind, oder ob, soweit der betroffene Staat dessen Zuständigkeit anerkannt hat, der Fall an den Gerichtshof überwiesen wird. Eine solche Vorlage erfolgt grundsätzlich immer, es sei denn, die IAMRK beschließt mit absoluter Mehrheit, den Fall nicht weiterzuleiten (Art. 45 Abs. 1 IAMRK-Verfahrensordnung). Auch der betroffene Staat kann die Angelegenheit dem Gerichtshof vorlegen. Hat der Staat die empfohlenen Maßnahmen nicht ergriffen und wird der Fall nicht an den Gerichtshof überwiesen, so wird der abschließende Bericht veröffentlicht.

In besonders schweren und dringenden Fällen kann die IAMRK auf Antrag oder aus eigener Initiative einstweilige Anordnungen erlassen, und zwar auch unabhängig von einem anhängigen Beschwerdeverfahren (Art. 25 der Verfahrensordnung). Die Konvention sieht weiterhin die Möglichkeit eines Staatenbeschwerdeverfahrens vor der IAMRK vor (Art. 45 AMRK); hierfür ist eine gesonderte Unterwerfungserklärung sowohl des beschwerdeführenden als auch des betroffenen Staats erforderlich. In der Praxis kommt diesem Verfahren kaum Bedeutung zu, es gab bislang lediglich eine derartige Beschwerde (Nicaragua v. Costa Rica, 2007).