Czytaj książkę: «Brehm’s Thierleben: Die Säugethiere 1»
Einleitung
»Wir hatten unweit des linken Ufers Asrat einen Regenteich aufgefunden, welcher vom Strome während seines Hochstandes gefüllt worden und noch bei unserer Ankunft im Februar ziemlich wasserreich war. Außer einer Menge von Vögeln lebten in ihm auch Krokodile und mehrere Flußpferde mit ihren Sprößlingen. Wahrscheinlich hatten letztere die noch ihre kleinen und verhältnismäßig niedlichen Jungen in ihm zur Welt gebracht; wenigstens schien mir der stille, ruhige, rings von Wäldern und an einer Seite sogar von Feldern eingefaßte See zu einem Wochenbette für Nilpferde wohl geeignet. Unsere Aufmerksamkeit und Jagdlust fesselten vorzüglich die Schlangenhalsvögel, obgleich wir, um auf diese geschickten Taucher feuern zu können, oft bis tief an die Brust in das Wasser waten mußten – trotz der Krokodile und Nilpferde, um welche wir uns heute gar nicht kümmerten. Mein Jäger Tomboldo, welcher die Jagd in Vater Adams Kleidung ausführte, hatte eben den vierten Schlangenhalsvogel glücklich durch den Hals getroffen und watete auf ihn zu, um ihn aufzufischen. Da schreit plötzlich vom anderen Ufer her ein Sudaner laut auf und winkt und geberdet sich wie toll; Tomboldo schaut sich um und sieht ein wuthschnaufendes Nilpferd mit mächtigen Sätzen auf sich losstürmen. Das Vieh hat bereits festen Grund unter den Füßen und jagt wie ein angeschossener Eber durch die Fluten; der Nubier ergreift in Todesangst die Flucht und erreicht, bis zum Uferrande von seinem furchtbaren Feinde verfolgt, glücklich den Wald. Ich war mit meiner trefflichen, leider aber bloß leichte Kugeln schießenden Büchse dem treuen, höchst brauchbaren Diener zu Hülfe geeilt und fand ihn im Gebete und stöhnend auf der Erde liegen: ›La il laha il Allah, Mahammed rassuhl Allah! – Es gibt nur einen Gott, und Mahammed ist sein Prophet! – Nur bei Allah, dem Starken allein ist die Stärke; allein nur bei Gott, dem Helfenden, ist die Hülfe! – Behüte, o Herr, deinen Gläubigen vor den aus deinen Himmeln zur Hölle hinabstürzenden Teufeln! – Du Hund, du Hundesohn, Hundeenkel und Hundeurenkel, du von einem Hund Erzeugter und von einer Hündin Gesäugter – du willst einen Muslim fressen –! Verdamme dich der Allmächtige, und werfe er dich in das Innere der Hölle!‹ Diese und ähnliche Stoßseufzer und Flüche entrangen sich seinen bebenden Lippen. Dann aber sprang er wütend auf, lud eine Kugel in sein Gewehr und sandte sie dem Nilpferde nach, welches noch immer vor uns tobte und lärmte. Die Kugel tanzte lustig auf dem Wasser hin und – an dem Ungethüme vorüber.
›Bei dem Barte des Propheten, bei dem Haupte deines Vaters, Effendi‹, bat er mich, ›sende du dem nichtswürdigen Gottesleugner aus deiner Büchse eine Kugel zu; – denn auch mein schöner Taucher ist ja verloren!‹
Ich willfahrte seiner Bitte, schoß und hörte die Kugel auf den Schädel einschlagen. Das Nilpferd brüllte laut auf, tauchte einige Male unter und schwamm nach der Mitte des Sees zu, wie es schien, ohne durch den Schuß wesentlich gestört zu sein. Nur seine Wuth nahm von Stunde zu Stunde zu. Freilich ließ uns unsere Rachsucht fortan die hier und da erscheinenden Köpfe als Scheiben ansehen, nach denen wir ja, so oft es anging, eine Kugel entsendeten. Ich wußte aus Erfahrung, daß meine schwache Büchsenkugel selbst bei einer Entfernung von noch nicht vierzig Schritten kaum die Haut des Kopfes durchbohren konnte, wollte mir aber gleichwohl das Vergnügen nicht versagen, dem ›Abgesandten der Hölle‹ unseren Ärger fühlen zu lassen«.
Diese Zeilen könnten einem Abenteuerroman entnommen sein. Doch sie stammen aus der Feder Brehms, aus seinem Lebenswerk, dem »Thierleben«. Die Lektüre dieses Werkes wäre unbefriedigend, würde man nicht wenigstens in groben Zügen auf die Personen von »Altvater Brehm« eingehen.
Alfred Edmund Brehm wurde am z. Februar 1829 in Renthendorf bei Neustadt an der Orla in Thüringen geboren. Sein Vater war Pastor des Ortes und gleichzeitig einer der bedeutendsten Ornithologen des damaligen Deutschlands. Schon früh begleitete Alfred Brehm seinen Vater auf vogelkundliche Exkursionen im Thüringer Land. Als er 1847 im Alter von 18 Jahren das Gymnasium verließ, wollte er Naturwissenschaften studieren.
Doch dazu kam es nicht. Er erhielt von Baron W. von Müller aus Württemberg eine Einladung, an einer naturwissenschaftlichen Jagdreise über Griechenland nach Ägypten und Kleinasien teilzunehmen. Am 6. Juli 1847 verließen die beiden Triest an Bord des Postdampfers »Mamuhdie«, der sie nach Griechenland brachte, und setzten von hier aus nach Alexandrien über. Am 29. Juli betrat Brehm dort zum erstenmal afrikanischen Boden: »Das Märchenland der tausend und einen Nacht liegt vor uns.« Doch schon bald mußte er erfahren, daß die Wirklichkeit anders aussah. Am 12. Januar 1848 schrieb er in sein Tagebuch: »Heute kam ein Transport Dingasklaven hier an. Gott! Welch ein trauriger Anblick! Sie sangen, weil man sie dazu zwang; wie hätten sie wohl sonst singen können, die Hälse in Holzgabeln gepreßt. Die im Kreise sitzenden Männer und Weiber mochten bei sechzig sein; Kinder waren auch dabei, und unter ihnen ein Säugling, dessen Haut in großen Falten auf dem Knochengerippe lag; seine Mutter war krank und mit Tränen in den Augen sah sie das arme zu sich herangekrochen kommen, das die Mutterbrust verlangte, die jetzt ohne zu laben, schlaff am Körper herabhing. Viele der Männer, die man alle in Gabeln gepreßt hatte, waren verwundet und ihre Wunden nicht verheilt; – kurz es war eine Scene des tiefsten und schrecklichsten Elends, die sich nicht beschreiben läßt.«
Obwohl einige europäische Staaten die Sklaverei bereits verboten hatten, blühte der Menschenhandel nach Übersee. Allein nach Brasilien wurden in jenem Jahr 1848 60000 Sklaven transportiert, die höchste Zahl in der Geschichte des Landes.
Es war die Zeit, in der der »große alte Mann der Afrikaforschung«, der damals erst 35jährige schottische Missionar David Livingstone zu seinen Forschungsreisen durch Zentralafrika aufbrach, die ihn in das noch weitgehend unerforschte Innere des schwarzen Kontinents führten und bei denen er als erster Europäer Zentralafrika von West nach Ost durchquerte.
Brehm bereiste kein Neuland. Ägypten, das damalige Nubien und der Sudan waren längst von Europäern besiedelt. Für einen Naturforscher aber gab es immer noch genug zu entdecken. Wie in jener Zeit üblich, wurde möglichst viel »gesammelt«, das heißt geschossen und präpariert. Nur der ausgestopfte Balg besaß wissenschaftlichen Wert.
Brehms Sammeleifer kannte kaum Grenzen. In seinem Tagebuch beschreibt er die Begehung einer Höhle am 23. Oktober 1848: »Wir . . . schickten unseren Diener in die Stadt, um Einkäufe zu machen, die wir zu unserer bevorstehenden Fahrt in die Krokodilhöhlen nötig hatten, teils auch um zu fragen, wo denn eigentlich Ababdi liege...
Nach manchem Schweißtropfen kamen wir auf der Spitze der ersten Hügelreihe an . . . Unser Führer zeigte uns einen schwarzen Punkt – die Mündung der Höhlen. Nach einer halben Stunde kamen wir dort an. Es war ein kleiner senkrechter Schacht von ungefähr 12 oder 15‘ Tiefe und von einem großen Stein größtenteils überdeckt. Ringsumher lagen eine Menge Knochen, Mumienbrocken, alte Fetzen Leinwand, Dattelbast und Datteläste. Unsere Führer entkleideten sich und stiegen den Schacht hinunter. Wir folgten ihnen und zündeten unsere Lichter an.
Ein scharfer, widerlicher Geruch kam uns entgegen. Der eine der Führer legte sich jetzt auf den Boden und begann in ein staubiges Loch hineinzukriechen. Obgleich wir fast von Staub erstickten, mußten wir doch seinem Beispiel folgen. – Der Gang war sehr niedrig, und wir stießen uns öfter an den Ecken des Gesteins. Doch hörte der Staub bald auf, und wir kamen in einen zweiten Gang, der höher und breiter war. Alle Steine waren mit einer schmierigen Substanz überzogen, und der erwähnte Gestank nahm furchtbar zu.
Tausende und Tausende von Fledermäusen bewohnten diese Räume und verursachten ein Geräusch, das sich wie leiser Donner durch die ganze Höhle verbreitete. Wir erbeuteten mehrere von ihnen, mußten aber die meisten wieder frei lassen, die wehrhaft um sich bissen. Sie löschten uns mehrere Male die Lichter aus. Unser Gang mündete in ein ungeheures Gemach, welches wir mit unserer dürftigen Beleuchtung nicht zu erhellen vermochten und in das viele andere Gänge einmündeten. Das Ende des Gewölbes erreichten wir nicht, sondern traten vielmehr in einen Nebengang ein und begannen unserm Kriechmarsch von Neuem. Dieser Gang war sehr eng. Wir blieben mehrere Male stecken und wurden nur mit großer Mühe wieder frei. Doch auch er wurde weiter, war jedoch so uneben, daß man sich sehr in acht zu nehmen hatte, denn hüben und drüben gähnte ein dunkler Abgrund herauf. Durch ein enges Loch kamen wir in einen anderen Gang, der ebenso uneben und felsig war. Wir fanden hier schon viel Dattelbast und viele Lumpen. Auch war der Geruch nicht zum Aushalten. Einer der Führer zeigte uns eine Stelle, wo zwei Engländer durch die mephistischen Dünste hier umgekommen waren.
Noch eine kleine Strecke krochen wir weiter, dann sagte der Führer, daß wir am Ziele seien. Wir befanden uns in einem weiten Gewölbe und erstiegen einen Hügel, der nach genauer Untersuchung aus nichts anderem als menschlichen Leichnamen bestand. Da fand man Stükke, wie man sie brauchte, Köpfe, Arme, Hände, Füße, kurz alle Gliedmaßen des menschlichen Körpers. Wir hatten uns bald einige vollkommene Mumien ausgesucht, die wir gern hinausgeschafft hätten. Leider hatten wir zu wenig Licht mitgenommen, um uns lange aufhalten zu können und mußten uns begnügen, ihnen die Köpfe abzureißen.
Etwas weiter hinten lagen die Krokodile. Da waren sie in allen Größen von 10“bis 18‘ und darüber, Tausende über Tausende geschichtet und seit Jahrtausenden so liegend. Da gab es Brocken, Stücke, viertel, halbe und ganze Exemplare. Da gab es welche, die noch mit Dattelästen umgeben waren.
Wir suchten uns aus ihnen einige schöne Stücke aus und begannen unseren Rückzug, denn unsere Lichter waren dem Verlöschen nahe. Nur langsam ging es vorwärts, alle waren beladen. Mit lautem Hurra begrüßten wir das Tageslicht, die freundliche Sonne und unsere außen wartenden Diener.
Dann kochten wir unseren Kaffee mit Mumiengebein und betrachteten unsere Köpfe. Es waren ihrer sieben, und alle hatten rotes Haar am Schnurrund Backenbärte. Sie waren alle sehr gut erhalten.
Ermüdet von den Beschwerden des Tages kamen wir nach ½ stündigem Marsch auf unserer Barke an. Der Abend brach herein, die untergehende Sonne bestrahlte die Berggipfel, von denen wir herabgestiegen waren, und als der Ruderschlag und Gesang unserer Matrosen schon lange verstummt war, hing ich noch in wachen Träumen den Erlebnissen des Tages nach. Die Nacht war eine der herrlichen Ägyptens, kein Laut war hörbar, unsere Barke glitt langsam den Strom hinan, und meine Gedanken schweiften weit über Land und Meer nach dem teuren Vaterlande, zu den fernen Lieben hin.«
Nachdem sich Brehm ein Jahr in Ägypten aufgehalten hatte, folgte ihm sein älterer Bruder Oskar. Für Alfred Brehm begann eine herrliche Zeit gemeinsamer Forschung. Doch ein halbes Jahr später, am B. Mai 1850, ertrank der Nichtschwimmer Oskar beim Baden im Nil. Erst 16 Tage später war Alfred Brehm fähig, dieses Geschehnis in seinem Tagebuch zu schildern. Doch weder der Tod des Bruders noch die schweren Zerwürfnisse, die Brehm mit seinem Brotherrn und Begleiter Baron von Müller hatte, bewegten ihn zur Rückkehr in die Heimat. Insgesamt fünf Jahre lang bereiste er die nördlichen Nilländer.
Als er 1852 zurückkehrte, veröffentlichte er die Ergebnisse seiner Reise in einem dreibändigen Werk, das den Titel »Reiseskizzen aus Nordafrika« trägt.
In den Folgejahren holte er sein Studium nach und schloß es mit der Promotion ab. Er heiratete und nahm eine Lehrtätigkeit an einer höheren Schule auf. Doch zum seßhaften Leben war er nicht geboren. Reisen nach Spanien, Norwegen und Schweden folgten. 1861 erschien sein Werk »Das Leben der Vögel«. Es brachte dem inzwischen 32jährigen 1862 die Aufforderung des Herzogs Ernst von Sachsen Coburg-Gotha ein, ihn auf einer Reise nach Abessinien zu begleiten.
1863 veröffentlichte er das Buch »Ergebnisse einer Reise nach Habesch«. Im Vorwort zu diesem Buch schreibt er:
»Es gereicht mir zur Beruhigung, daß ich hinsichtlich der Geringfügigkeit, Dürftigkeit und Unvollständigkeit meiner ›Ergebnisse‹ im Voraus der Nachsicht meiner Leser, einschließlich der Fachgenossen, sicher sein darf. Zwei böse Feinde haben mich während der Reise gehindert und gequält: Der Mangel an Zeit und das Fieber! Ich bin nicht lässig gewesen. Von Bord des Schiffes und vom Rücken des Maulthiers aus habe ich rastlos nach Rechts und Links gespäht und mit dem Merkbuche in der Hand die reichhaltigen Gegenden durcheilt, welche zu durchforschen mir nicht vergönnt war. Hätten mich meine Reisegefährten und zwar seine Hoheit selbst und mein eifriger und liebenswürdiger Freund Leibarzt Dr. Hassenstein nicht wesentlich unterstützt: es würde mir nicht möglich gewesen sein, auch dies Wenige zu bieten.«
Nach seiner Rückkehr wurde Brehm zum Direktor des Zoologischen Gartens nach Hamburg berufen. Doch er konnte sich an das Beamtenleben nicht gewöhnen; es gab Schwierigkeiten persönlicher Art, und Brehm wechselte seine Stellung. Er wirkte an der Errichtung des Berliner Aquariums mit, das 1869 eröffnet wurde. Aber auch Berlin wurde ihm zur Qual. Krank und zerschlagen von unendlichen Reibereien kehrte er mit seiner Familie in seinen Heimatort Renthendorf zurück.
Nun wirkte er für den Rest seines Lebens als freier Schriftsteller und Forscher. Sein berühmtestes Werk, das »Illustrirte Thierleben«, war 1864 erschienen. Die Nachfrage war so groß, daß schon bald eine zweite, auf zehn Bände erweiterte Auflage herauskam. Brehm bereiste viele Länder Europas, hielt Vorträge in den größeren Städten.
Nach dem Tod seiner Frau nahm er eine Vortragsreise nach Nordamerika an, um seinen fünf Kindern eine finanziell gesicherte Zukunft zu bieten. Nur ungern trat er die Reise an, da die Kinder an Diphtherie erkrankt waren. In Amerika erreichte ihn dann die nächste Hiobsbotschaft: Sein jüngster Sohn war gestorben.
Als er 1884 nach Europa zurückkehrte, war er ein gebrochener Mann, gebeugt und grauhaarig. Seine Kräfte ließen immer mehr nach, und am 11. November starb er an einem Nierenleiden. Alfred Edmund Brehm war nur 56 Jahre alt geworden, doch durch sein »Thierleben«, das heute respektvoll als »Der alte Brehm« bezeichnet wird, hat er sich unsterblich gemacht.
Kloakentiere (Gabelthiere)
Ameisenigel
Der Ameisenigel (Echidna hystrix) [Heute: Tachyglossus aculeatus], kennzeichnet sich durch seinen plumpen, größtentheils mit Stacheln oder Borsten bedeckten Leib, den walzenförmigen, nur am untern Ende gespaltenen Schnabel, den kurten Schwanz, die freien, unvollkommen beweglichen Zehen und die langgestreckte, dünne, wurmartige Zunge, welche, wie bei den Ameisenfressern, weit aus dem Munde hervorgestoßen werden kann. In seiner äußern Erscheinung weicht er viel mehr von dem Schnabelthiere ab als im innern Leibesbaue. Von Zähnen findet sich keine Spur; im Gaumen aber stehen sieben Querreihen kleiner, derber, spitziger, rückwärts gerichteter, hornartiger Stacheln, welche den Warzen der Zunge entsprechend gelegen sind und die Stelle der Zähne vertreten. Die Milchdrüsen haben ungefähr sechshundert Ausführungsgänge.
Wenn man einen Ameisenigel ergreift, rollt er sich augenblicklich in eine Kugel zusammen, und es ist dann sehr schwer, ihn festzuhalten, weil die scharfen Stacheln bei der heftigen Bewegung des Zusammenkugelns gewöhnlich empfindlich verwunden. Ein zusammengerollter Ameisenigel läßt sich nicht leicht fortschaffen, am besten noch, wenn man ihn an den Hinterbeinen packt und sich um alle Anstrengungen und Bewegungen nicht weiter kümmert. Hat er einmal eine Grube von wenigen Centimetern fertig gebracht, so hält es außerordentlich schwer, ihn fortzuziehen. Nach Art der Gürtelthiere spreizt er sich aus und drückt seine Stacheln so fest gegen die Wände, daß er an ihnen förmlich zu kleben scheint. Die starken Klauen seiner Füße werden hierbei selbstverständlich auch mit angewendet, um sich soviel als möglich zu befestigen.
Ueber die Fortpflanzung des Thieres ist noch höchst wenig bekannt. Das Weibchen soll im December mehrere Junge werfen und sie längere Zeit säugen, wie man annehmen muß, in ganz absonderlicher Weise. wir werden bei Schilderung des Schnabelthieres sehen, wie.
Schnabelthier
Das Schnabelthier (Ornithorhynchus paradoxus) [Heute: Ornithorhynchus anatinus], ist der einzige bekannte Vertreter der zweiten Familie unserer Ordnung. Wir verdanken dem englischen Naturforscher Bennett die beste Schilderung dieses in der That »auffallenden« Geschöpfes, welches noch lange nach seiner Entdeckung Forscher und Laien in Erstaunen setzte. Gestalt und Lebensweise erschienen so seltsam, daß Bennett einzig und allein zu dem Zwecke nach Neuholland reiste, um dieses Thier kennen zu lernen. Bis dahin waren bloß unbestimmte Nachrichten zu uns gekommen. Man erfuhr eben nur, daß das Schnabelthier im Wasser lebe und von den Eingebornen eifrig gejagt werde, weil es einen schmackhaften Braten liefere.
Nun entstanden allerlei Fabeln, welche zum Theile den Berichten der Eingeborenen ihre Entstehung verdankten. Man sagte, daß das Schnabelthier Eier lege und diese nach Entenart ausbrüte, wußte aber im übrigen so gut als nichts mitzutheilen: und so hatte jener englische Naturforscher Ursache genug, durch eigene Anschauung die Sache aufzuklären. Er reiste also zuerst im Jahre 1832 und dann noch einmal 1858 nach Australien, und theilte seine Erfahrungen zuerst in einer gelehrten englischen Zeitschrift und später (1860) in einem besondern
Werke sehr ausführlich mit. Seine Arbeit ist bis jetzt die einzige sichere Quelle über die Lebensweise des Schnabelthieres.
Das Schnabelthier ist nicht größer als der Ameisenigel. Die Männchen sind regelmäßig größer als die Weibchen. Der platt gedrückte Leib ähnelt in gewisser Beziehung dem des Bibers oder des Fischotters. Die Beine sind sehr kurz, alle Füße fünfzehig und mit Schwimmhäuten versehen. An den Vorderfüßen, welche die größte Muskelkraft besitzen und ebensowohl zum Schwimmen wie zum Graben dienen, erstreckt sich die Schwimmhaut etwas über die Krallen, ist dort sehr biegsam und dehnbar und schiebt sich, wenn das Thier gräbt, zurück. Der Kopf ist ziemlich flach, klein und durch seinen breiten Entenschnabel so ausgezeichnet, daß er unter den Säugethieren einzig in seiner Art dasteht. Beide Kinnladen strecken sich und werden in ihrer ganzen Ausdehnung von einer hornigen Haut umgeben, welche sich noch nach hinten in einem eigenthümlichen Schilde fortsetzt.
Der Pelz des Schnabelthieres besteht aus dichten, groben Grannen von dunkelbrauner Färbung mit silberweißer Schattirung; darunter liegt ein sehr weiches, dem des Seehundes und des Seeotters ähnliches Wollhaar von graulicher Färbung. An der Kehle, der Brust und dem untern Leibe sind Pelz und Haar viel feiner und seidenartiger.
Am liebsten bewohnt das Schnabelthier ruhige Stellen der Flüsse, in denen zahlreiche Wasserpflanzen stehen, und deren Ufer laubige Bäume beschatten. Hier legt es sich am Uferrande einen mehr oder weniger künstlichen Bau an. Ein etwa sechs Meter langer, vielfach gewundener Gang mündet in einen geräumigeren Kessel, welcher wie der Gang mit trocknen Wasserpflanzen bestreut war.
Besondere Mühe gab sich Bennett, um die Fortpflanzung des Schnabelthieres kennen zu lernen. Erließ viele Baue aufgraben, in der Hoffnung eines trächtigen Weibchens oder einer Mutter mit säugenden Jungen habhaft zu werden. Dabei hatte er den Vortheil, mehrere Schnabelthiere in der Gefangenschaft zu beobachten. Die Meinungen der Eingebornen über die Fortpflanzung des Thieres sind getheilt. In der einen Gegend behauptet man, daß das Schnabelthier Eier lege, in der andern bezeichnet man es als lebendig gebärend. Bennett verschaffte sich mit großer Mühe mehrere Weibchen, ehe er hierüber ins Klare kam. »Ich ließ«, sagt er, »einen Bau aufgraben, trotz allen Abredens eines trägen Eingebornen, welcher mir versicherte, daß vom Weibchen noch ›keine Jungen gepurzelt‹ wären, und welcher gar nicht begreifen konnte, wie ich bei allem Ueberflusse an Rindern und Schafen doch Schnabelthiere zu haben wünsche. Der Eingang oder die Vorhalle des Baues war groß im Verhältnisse zur Breite des fernem Ganges; denn dieser wurde um so enger, je weiter wir vorrückten, bis er zuletzt der Stärke des Thieres entsprach. Wir verfolgten ihn bis auf drei Meter Tiefe. Plötzlich tauchte der Kopf eines Schnabelthieres aus dem Grunde hervor, just, als wenn es eben im Schlafe gestört worden, und herunter gekommen wäre, um zu sehen, was wir wünschten. Doch schien es der Ueberzeugung zu leben, daß unsere lärmende Arbeit nicht zu seinem Besten gemeint sei; denn es zog sich eiligst wieder zurück. Beim Umdrehen wurde es am Hinterfuße ergriffen und herausgezogen.«
Auf einer neuen Reise gelang es Bennett, sich wieder ein Weibchen zu beschaffen, welches er noch genauer untersuchen konnte. Er fand, daß die Brustdrüsen kaum zu bemerken waren, obgleich das Thier in der linken Gebärmutter deutlich entwickelte Eier hatte, konnte aber wiederum nichts genaues entdecken. Einige Zeit später erhielt er nach langer Mühe ein anderes Weibchen, fand aber bei der Untersuchung, daß es eben geworfen hatte. Hier waren die Brustdrüsen sehr groß; doch ließ sich aus ihnen keine Milch mehr ausdrücken. Eine hervorragende Saugwarze war noch nicht zu bemerken, und selbst das Pelzwerk an der Stelle, wo die Drüsen sind, nicht mehr abgerieben als sonst wo anders. Endlich gelang es dem unermüdlichen Forscher, einen Bau mit drei Jungen zu entdecken, welche etwa 5 Centim. lang waren. Nirgends fand man etwas auf, was auf die Vermuthung hätte führen können, daß die Jungen aus Eiern gekommen, und die Eier von.den Alten weggetragen worden wären. Man konnte nicht mehr im Zweifel sein, daß das Schnabelthier lebendige Jungen gebiert.