Czytaj książkę: «Reilly und Sunfrost: Chronik der Sternenkrieger 8 Romane», strona 2
Beides stand nach den Lehren der qriidischen Überlieferung, auf die sich die Tanjaj beriefen, gleichrangig nebeneinander. Das eine war ohne das andere nicht denkbar. Was nützte ein gut bewaffneter Glaubenskrieger, der seine Feinde mit Leichtigkeit besiegen könnte, wenn sein Geist und sein Glaube schwach waren und dafür sorgten, dass er den Mut verlor, den der Kampf für die Sache der göttlichen Ordnung nun einmal verlangte?
„Geh zum Bordpriester, bevor du das Beiboot betrittst, das dich nach Korashan V bringen wird!“, verlangte Tan-Balo noch einmal. „Sonst wirst du Unglück über die Mission bringen.“
„Ich werde tun, was du verlangst, mein Kommandant“, versprach Nirat-Son.
1
Fünf Qriidia-Stunden später hatte die KRALLE DER GLÄUBIGEN soweit abgebremst, dass sie ihr Beiboot ausschleusen konnte. Dabei war es nicht Tan-Balos Absicht, in ein Orbit einzuschwenken. Stattdessen ließ er die KRALLE DER GLÄUBIGEN auf einem Tangential-Kurs an Korashan V vorbei schnellen. Das Qriid-Schiff hatte zwar seit seinem Austritt aus dem Zwischenraum mit vierzig Prozent der Lichtgeschwindigkeit bereits auf die Hälfte dieses Wertes abgebremst, wäre aber noch immer viel zu schnell gewesen, um in eine stabile Umlaufbahn einschwenken zu können. Stattdessen sollte das Mutterschiff möglichst viele Daten über die anderen Planeten des Systems zusammentragen und auf zwei von ihnen weitere Beiboote absetzen.
Die KLEINE KRALLE, wie das Beiboot unter dem Kommando von Tanjaj-Nom Bras-Kon hieß, wurde bei 0,2 LG ausgesetzt und anschließend von der Gravitation des Eisplaneten eingefangen.
Nirat-Son hatte einen der letzten von einem Dutzend Plätzen innerhalb der Passagierkabine eingenommen. Er blickte durch das Sichtfenster an seiner rechten Seite. Das Licht der Sonne Korashan wurde durch die weiße, schneebedeckte Oberfläche des Planeten stark reflektiert, sodass man ständig das Gefühl hatte, dass von dieser Welt ein eigentümliches Leuchten ausging.
Denk nicht mehr an Anré-Sé!, ging es dem Tanjaj-Rekruten durch den Kopf. Das ist die einzige Möglichkeit, um den Weg des Schmerzes zu verlassen und den Zustand innerer Läuterung zurückzuerlangen, der für jeden Tanjaj die Voraussetzung ist, um seinen Dienst für den Aarriid zu tun…
Die Reinigungsrituale beim Bordpriester hatte Nirat-Son hinter sich gebracht. Allerdings hielt sich die spirituelle Wirkung auf die innere seelische Stabilität des Tanjaj-Rekruten diesmal in ziemlich eng umrissenen Grenzen.
Vielleicht um sich ablenken zu können, hatte Nirat-Son sich umso intensiver in die Vorbereitung zu dieser Mission gestürzt. Er hatte buchstäblich jedes Datenfile geöffnet, das es über diese Raumregion in den Speichern des Bordrechners der KRALLE DER GLÄUBIGEN gab.
Besonders interessierten ihn die barbarischen Säugetierabkömmlinge, die auf Korashan V hausten. In gewissen Grenzen hatte er sogar Respekt für die Tapferkeit dieser Heiden, nach allem, was man über den Verbleib der ersten Expedition auf den Schneeplaneten wusste.
Es fiel Nirat-Son schwer anzunehmen, dass die primitiven Säugetierabkömmlinge tatsächlich etwas damit zu tun hatten. Mit ihren schnabellosen „Verwandten“, die in die Kämpfe gegen die spinnenartigen Wsssarrr verwickelt gewesen waren, konnten die Barbaren dieser Eiswelt nicht viel zu tun haben. Natürlich hatte sich auch Nirat-Son das aufgezeichnete Bildmaterial angesehen und ihm war die Ähnlichkeit zwischen den Eiswelt-Bewohnern mit jenen Fremden, die in einer Distanz von schätzungsweise ein paar Dutzend Lichtjahren über ein gewaltiges Sternenreich geboten, genauso aufgefallen wie jedem anderen Betrachter.
Wenn beide Spezies etwas miteinander zu tun hatten, dann handelte es sich bei den Eisweltlern vielleicht um degenerierte Nachfahren derselben Spezies, die wahrscheinlich vor sehr langer Zeit hier gelandet waren.
Nach und nach waren sie dann auf eine Stufe zurückgefallen, die der Barbarei sehr nahe kam.
Auf jeden Fall besaßen sie nicht den rechten Glauben und dementsprechend waren sie auch kaum gewillt, sich aus freien Stücken der Göttlichen Ordnung des Aarriid zu unterwerfen.
Also muss man da etwas nachhelfen!, dachte Nirat-Son.
Ohne, dass er es hätte verhindern können, waren seine Gedanken trotz der priesterlichen Läuterung, die er hinter sich hatte, immer wieder einmal zu der schönen Eierlegerin zurückgekehrt, von der er träumte, dass sie ihm durch ein höchstpriesterliches Urteil als die für ihn bestimmte Gefährtin zugesprochen worden wäre. Aber das war reines Wunschdenken und in dieser Form für sich genommen schon eine Sünde. Schließlich war Gott die lenkende Macht des Universums und keine primitive Wunscherfüllungsmaschine, die sich durch Gebete oder – noch schlimmer! – durch magische Praktiken beeinflussen ließ.
„Was ist los mit dir?“, fragte ihn jetzt sein Sitznachbar Re-Lim. Er war ein Tanjaj-Rekrut im selben Ausbildungsjahr. Sie kannten sich seit der Zeit auf der Tanjaj-Akademie. Auch davor waren sie sich bereits im Rahmen verschiedener Förderprogramme zur Erkennung von Tanjaj-Talenten im Schlüpflingsalter immer wieder einmal begegnet.
„Teile deine Gedanken mit mir“, forderte Re-Lim seinen Nachbarn auf. „Du weißt doch, was die Schriften sagen…“
„Tut mir leid, im Moment habe ich keine Ahnung, worauf du anspielst!“, behauptete Nirat-Son, der gehofft hatte, dadurch die Unterhaltung möglichst schnell beenden zu können.
Aber das Gegenteil war der Fall.
„ Wer sich verschließt wird ein Ärgernis für die Sache der Gläubigen“, zitierte Re-Lim die Überlieferung.
Gerade dieser Satz hallte in Nirat-Sons Hinterkopf dutzendfach wieder. Nirat-Son hatte an sich selbst immer wieder die Tendenz festgestellt, sich von anderen abzugrenzen und über sein Inneres zu schweigen. Genau das aber war von Übel, wie die höchsten Repräsentanten des Glaubens von der Priesterschaft bis hinauf zum Aarriid immer wieder betonten.
Ein Außenstehender hätte darin vielleicht eine Kontrollabsicht der geistlichen Instanzen vermutet, die offenbar nicht nur das Territorium, sondern auch die Seelen aller Bewohner des Heiligen Imperiums genauestens kontrollieren wollte.
Nirat-Son hingegen empfand dies vielmehr als eine Aktion allumfassender Fürsorge der Gemeinschaft.
Aber nicht irgendeiner Gemeinschaft, sondern der Gemeinschaft jener, die dem Glauben an Gott folgten und ebenfalls von der göttlichen Mission des Qriid-Volkes überzeugt waren.
2
Das Beiboot hieß KLEINE KRALLE, was sich natürlich auf den Namen des Mutterschiffs bezog. Der Pilot ließ es in die Atmosphäre des Eisplaneten eintauchen, der im Übrigen von drei rötlich schimmernden Monden umkreist wurde. Mond Nummer zwei hatte dabei eine sehr eigenartige, irreguläre Form. Sie glich einem Ellipsoid, der in seiner Vergangenheit durch schnelle Rotation beinahe zylinderförmig geworden war. Die Distanz der Pole zueinander betrug fast 5000 Kilometer, während der Durchmesser am Äquator kaum 600 Kilometer betrug.
Irgendwann im Laufe seiner Geschichte musste Korashan V diesen Sonderling eingefangen haben.
Seine Eigenrotation war immer noch beachtlich, wie Nirat-Son sich auf dem Display anzeigen ließ, das zu seiner Konsole gehörte.
Immer tiefer sank die KLEINE KRALLE, überwand dabei die Stratosphäre und tauchte schließlich in die Troposphäre ein, die einen Sauerstoffgehalt von 20 Prozent aufwies. Dieser recht hohe Sauerstoffgehalt wies darauf hin, dass die Vereisung des Planeten noch nicht allzu lang zurückliegen konnte. Maximal ein paar Millionen Qriidia-Jahre. Jedenfalls gab es zurzeit an der Oberfläche so gut wie keine Vegetation auf dem Planeten. Aber das war gewiss in früheren, klimatisch günstigeren Epochen seiner Entwicklung anders gewesen.
„Ich frage mich wie diese schnabellosen Barbaren auf Korashan V überleben konnten – wenn ich mir die planetaren Daten so ansehe!“, äußerte sich der Tanjaj Ni-Vad, der vor Nirat-Son Platz genommen hatte. „Ich meine, die haben weder pflanzliche noch tierische Nahrung auf diesem Planeten.“
„Sie scheinen wahre Künstler darin zu sein“, war der Kommandant überzeugt. „Was auch immer ihre verborgenen Nahrungsquellen sein mögen – auf die Dauer werden sie sich mit ihren primitiven Waffen nicht gegen unsere Traser durchsetzen können. Und darauf kommt es einzig und allein an.“
„Besteht der Plan, die säugetierartigen Urbewohner zu vernichten?“, fragte Nirat-Son.
„Unsere Mission besteht glücklicherweise nur in der Erkundung“, erwiderte Ni-Vad. „Falls man diese Ureinwohner umsiedeln oder vernichten sollte, wird uns das Oberkommando schon Bescheid geben.“
Begeistert klingt das nicht!, überlegte Nirat-Son. Fehlte es dem Tanjaj Ni-Vad etwa an der richtigen Einstellung oder gar dem nötigen Glaubensfeuer? Oder waren auch seine Gedanken bei irgendeiner Eierlegerin?
Obwohl Ni-Vad und Nirat-Son sich auf der KRALLE DER GLÄUBIGEN sogar eine Kabine teilten, hatten sie sich nie über diesen Punkt ausgetauscht. Nirat-Son hätte schon gerne mit jemandem über die Dinge gesprochen, die ihn bewegten. Aber er wusste auch, dass die Gefahr groß war, an die Spitzel der Priesterschaft verraten zu werden. In gewissen Intervallen trieb die Angst der Priesterschaft und des Tanjaj-Mar, wie der Oberkommandierende der Gotteskrieger und höchste Militärrang des Heiligen Imperiums genannt wurde, vor dem Aufkommen einer Ketzerbewegung skurrile Blüten. Nichts fürchteten die im Namen des Aarriid regierenden Würdenträger so sehr wie eine abweichende Meinung in Glaubensfragen. Insbesondere dann, wenn die Notwendigkeit des Heiligen Krieges und der permanenten Expansion der göttlichen Ordnung in Frage gestellt wurde, wie es in der Vergangenheit immer wieder geschehen war.
Gerade die Zeiten eines Interregnums nach dem Tod eines Aarriid und vor der Bestimmung seines Nachfolgers schienen in dieser Hinsicht gefährlich zu sein. Umso hysterischer wurde die Verfolgungswut der Geheimpolizei und der allgegenwärtigen Tugendwächter, die inzwischen sogar an Bord von Kriegsschiffen zu finden waren.
Niemand konnte sicher sein, von ihnen nicht wegen tatsächlicher oder vermeintlicher Glaubensabweichung angeklagt zu werden.
Ein Klima der Angst hatte sich in den letzten Qriidia-Jahren innerhalb der Tanjaj-Flotte ausgebreitet. Niemand konnte sich vor einer Denunziation sicher sein.
Es war besser, seine Gedanken für sich zu behalten. Das hatte Nirat-Son schon früh verinnerlicht.
Vielleicht hing die gegenwärtige Ketzer-Hysterie auch damit zusammen, dass der amtierende Aarriid schon sehr alt war und man die Zeit absehen konnte, dass ein weiteres Mal die Geschichte des Heiligen Imperiums von einem Interregnum gezeichnet sein würde.
Einer Zeit des Innehaltens und Atemholens.
Die Priester ließen manchmal Jahrzehnte vergehen, ehe sie unter Millionen von Schlüpflingen denjenigen bestimmt hatten, der die Merkmale des göttlichen Stellvertreters in sich trug.
Immer dann, wenn der Heilige Krieg eine Unterbrechung erfuhr, wurde er von ein paar Weichlingen in Frage gestellt. Aber Nirat-Son gehörte nicht zu diesen Sympathisanten. Im Gegenteil. Er verachtete sie und ordnete sie den Reihen des Feindes des Imperiums zu. Sie waren fast so verabscheuungswürdig wie die geheimnisvolle Rasse von Säugetierabkömmlingen, auf die man vor etwa zwei Qriidia-Jahren gestoßen war, als man die ebenso abscheulichen achtbeinigen Wsssarrr vernichtete.
3
Die KLEINE KRALLE landete in der Nähe jener Positionsdaten, die man zuletzt von den Mitgliedern des ersten, verschwundenen Bodenteams auf Korashan V erhalten hatte.
Nirat-Son ließ sich die Umweltdaten auf seiner Konsole anzeigen. Es herrschte eine Temperatur von Minus dreißig Grad – und das wohlgemerkt am Äquator. In der Nacht würde das Thermometer auf Minus sechzig Grad und tiefer sinken. Je nachdem, wie die Wetterverhältnisse waren.
Heftige Winde peitschten über die endlosen Ebenen.
Es wurden derzeit Windgeschwindigkeiten von hundert Stundenkilometern angezeigt, was in diesen Breiten nichts Ungewöhnliches war.
Das Wettersystem von Korashan V zeichnete sich durch sehr stabile Verhältnisse aus. Alternierende Tief- und Hochdruckgebiete sorgten für einen Druckausgleich in der Atmosphäre und schaufelten gigantische Luftmassen von Norden nach Süden oder umgekehrt vom Äquator zu den Polen.
„Ortung?“, fragte Bras-Kon, der Tanjaj-Nom und damit Kommandant der KLEINEN KRALLE.
An Bord von Beibooten dieser Größenordnung hatte der Pilot die Ortung mit zu bedienen und daher meldete sich Steuermann Ruu-Di zu Wort.
„Die Position entspricht ziemlich der den letzten gemeldeten Koordinaten unserer Vorgängermission. Im Augenblick habe ich hier sogar ein Signal auf dem Schirm, das starke Ähnlichkeiten zu den Signaturen eines Raumbootes vom Typ ANSTRENGUNG DES GLAUBENS der Tanjaj-Flotte besitzt.“
„Genau lokalisieren!“, befahl Bras-Kon.
Pilot Ruu-Di nahm einige Schaltungen vor und führte eine Feinkalibrierung der Systeme durch. Die Ungeduld seines Vorgesetzten war ihm sehr wohl bewusst. Seine Nervosität wurde schon dadurch deutlich, dass er immer wieder seine Schnabelhälften gegeneinander verschob, sodass ein schabender Laut entstand.
Ruu-Di aktivierte ein Display, auf dem eine Positionsübersicht des Landeplatzes der KLEINEN KRALLE und ihrer Umgebung angezeigt wurde.
„Die Signatur wurde etwa 200 Ptlaxan von hier entfernt gemessen.“
Ein Ptlaxan entsprach der durchschnittlichen Körperlänge eines männlichen Qriid – also etwa 1,80 m. Das Ptlaxan bezeichnete man auch als das Maß Gottes, denn schließlich hatte Gott die Qriid nach seinem Ebenbild erschaffen und daher hatten auch die dabei verwendeten Maße eine besondere Bedeutung. Zumindest war es nach dem Verständnis der qriidischen Religion nicht denkbar, dass diese Maße nur Produkte evolutionären Zufalls waren. Hinter allem was geschah, stand ein übergeordneter Plan Gottes. Und für den Gläubigen ging es darum, diesen Plan zu erkennen und zur Etablierung der Göttlichen Ordnung im Universum beizutragen.
Einer Ordnung unter Führung des auserwählten Volkes, der Qriid.
„Hinweise auf Lebenszeichen?“, fragte Bras-Kon.
Ruu-Di wog den Kopf zur Seite. „Negativ, Kommandant. Zumindest gibt es keinerlei Lebenszeichen qriidischer Herkunft.“
„Was soll das heißen?“, hakte Bras–Kon nach.
„Das bedeutet konkret, ich kann hier zwar mehrere Temperaturfelder orten, die sich bewegen und deren Niveau erheblich über dem der Umgebung liegt. Eigentlich ein deutlicher Hinweis auf Leben – aber es kann sich auf keinen Fall um Qriid handeln.“
„Sind es vielleicht diese primitiven Säugetierabkömmlinge?“
„Ebenfalls negativ. Es handelt sich um Organismen, deren Größe nur etwa ein Achtel Ptlaxan entspricht.“
„Wir werden uns den Ursprung dieser Signatur genauer ansehen“, erklärte Bras–Kon entschlossen. „Thermoanzüge, Antigrav-Pak und Hand-Traser anlegen! Pilot Ruu-Di, du bleibst an Bord. Eine Vierergruppe untersteht dem Tanjaj Re-Lim und sieht sich in der Umgebung um. Die anderen folgen mir zum Ursprung der Signatur. Ich hoffe, dass wir aufklären können, was mit unseren Tanjaj-Brüdern geschehen ist.“
Ein krächzender Bestätigungslaut ertönte unisono aus fast zwei Dutzend Schnäbeln.
„Außerdem geht der Befehl, das Proben aus dem Eis genommen werden. Beachtet dabei, dass diese Proben aus unterschiedlichen Höhen stammen müssen, um ein aussagekräftiges Bild zu geben.“
„Welche Befehle gelten für den Fall, dass wir auf die Säugetierabkömmlinge stoßen?“, fragte Nirat-Son.
„Wir werden prüfen müssen, ob sie sich möglicherweise als Arbeiter in Industriekomplexen für einfache Tätigkeiten anlernen lassen. Kontaktaufnahme – ja! Aber immer unter der Prämisse, dass die Heiden anerkennen müssen, wer die neuen Herren dieses Planeten sind. Andernfalls muss vom Traser Gebrauch gemacht und dem Wort Gottes der nötige Respekt verschafft werden.“
4
Nirat-Son wurde der Hauptgruppe um Bras-Kon zugeteilt, die das havarierte Raumboot untersuchen sollte.
Die Qriid trugen Thermoanzüge, die lediglich den kälteunempfindlichen Schnabel und die Augen freiließen. Mit Hilfe von Antigravpaks, die auf den Rücke geschnallt wurden, konnten sie sich schwebend bewegen.
Und mit den Hand-Trasern würden sie sich gegen eventuelle Überfälle der säugetierähnlichen Heiden zur Wehr zu setzen wissen.
Die zweite Gruppe unter dem Befehl von Re-Lim entfernte sich in nordwestliche Richtung. Bald war sie nur auf den Anzeigen der Ortungssysteme erkennbar und verlor sich in der grell weißen Ebene.
Die Qriid trugen Schutzbrillen, um sich vor Schneeblindheit zu schützen. Die helle Oberfläche von Korashan V sorgte für intensive Reflexion des Sonnenlichts, worauf die Augen der Qriid besonders empfindlich reagierten.
Die Schutzbrillen der Vogelartigen waren drahtlos mit ihren Ortungsgeräten verbunden. Die Tanjaj konnten entfernte Punkte anpeilen, bekamen Entfernungsangaben eingeblendet oder auf Wunsch auch eine Positionsanzeige im größeren Maßstab, die ihnen verdeutlichen konnte, wo sie sich befanden.
Vor dem eisigen Wind dieser endlosen arktischen Ebene, die nur durch vereinzelte Anhöhen unterbrochen wurden, merkte Nirat-Son nichts. Die Ausrüstung verhinderte dies.
Schwer vorstellbar, dass hier Leben existieren kann!, überlegte er. Aber es widersprach jeder Erfahrung, daran zu zweifeln. Das Leben war äußerst hartnäckig und konnte sich auch unter ungünstigsten Bedingungen festsetzen. Dies hatten die Tanjaj im Lauf ihres Heiligen Krieges, der sie immer in die Weiten des Kosmos hineingeführt hatte, erkennen müssen. Das Universum war ein Ort des Chaos – das Heilige Imperium bildete darin eine winzige, sich ausdehnende Blase. Und nur innerhalb dieser Blase konnte die Göttliche Ordnung etabliert werden. Eines Tages, so formulierte es die Überlieferung der Qriid, würde die Blase mit dem Kosmos identisch sein. Der Augenblick der absoluten Gottesherrschaft war dann gekommen und die Zeit der Prüfungen zu Ende.
Doch bis dahin würden noch Tausende von Generationen Schlüpflinge zu mutigen Tanjaj heranwachsen müssen.
Bras-Kons Gruppe hatte den Ursprungsort der Signaturen rasch erreicht.
Die schwebenden Qriid setzten auf dem Boden auf.
Eigenartig – unsere Vorfahren sollen einst Flügel besessen haben, um sich in der Luft zu halten – wir hingegen brauchen diese Maschinen auf unserem Rücken…
Die Oberflächenstruktur wies eine leichte Wölbung auf.
Einer der Tanjaj hatte einen Hitzestrahler dabei, der auf ähnlichen physikalischen Prinzipien wie die Traser basierte, allerdings nicht als Waffe konzipiert war, sondern als eine Art Schneidbrenner oder auch als Wärmeaggregat in besonders kalter Umgebung.
Der Qriid, dessen Aufgabe es war, dieses Gerät mitzuführen und zu bedienen, hieß Gran-Teron. Nirat-Son mochte ihn nicht. Gran-Teron war ein Karrierist, der stets vor den Vorgesetzten buckelte wie eine Sharrak-Katze auf Qriidia. Wenn es jemanden gab, dem Nirat-Son eine Denunziation zutraute, dann ihm. Gran-Terons Weg hatte ihn nicht auf gerader Strecke an die Tanjaj-Akademie geführt. Er war zunächst einer von Millionen Tugendwächtern gewesen, die überall im Heiligen Imperium die Glaubens- und Sittentreue der einfachen Qriid überwachten. Offenbar hatte er diese Haltung verinnerlicht und fühlte sich auch an Bord seines Kriegsschiffs als eine Art heimlicher Tugendwächter, obwohl er in dieser Hinsicht nicht die geringsten Kompetenzen besaß.
Die Tatsache, dass man aber bereits Tugendwächter zu Tanjaj-Kämpfern umschulte, sprach nach Nirat-Sons Meinung Bände über die gegenwärtige Verfassung der Flotte. Die Gefahr der Überdehnung der militärischen Möglichkeiten bestand. Die Verluste konnten zwar ersetzt werden und es hatte während der langen Regentschaft des gegenwärtigen Aarriid auch keine größeren Niederlagen gegeben. Aber dennoch forderte schon die einfache Expansion ihren Tribut. Immer größere Flottenverbände mussten das sich erweiternde Territorium sichern. Das Transportwesen lag inzwischen schon fast vollständig in den Händen der Methan atmenden Naarash, deren Kult um den so genannten Verborgenen Gott dem Glauben der Qriid immerhin so ähnlich war, dass sie nicht als Heiden im eigentlichen Sinn bezeichnet und daher toleriert wurden.
So konnte sich die Flotte der Qriid auf ihre eigentliche Aufgabe konzentrieren, nämlich neue Territorien zu unterwerfen und ihre industriellen Kapazitäten in den Dienst des Glaubenskrieges zu stellen.
Aber die Kapazitäten ließen sich nicht im gleichen Maß erhöhen, wie es erforderlich gewesen wäre. Allen Verantwortlichen war das im Grunde bewusst. Aber eine Unterbrechung des Krieges ohne den vorherigen Tod des in Qatlanor residierenden Stellvertreter Gottes, wäre einem Frevel gleichgekommen.
Schließlich war die permanente Expansion keine Frage der augenblicklichen Opportunität. Sie erwuchs vielmehr aus dem einzigartigen Auftrag, den das Volk der Qriid vom Schöpfer des Universums erhalten hatte. Ein Auftrag, der für die Qriid einer Prüfung gleichkam. Was geschehen mochte, wenn die Qriid den hohen Maßstäben, die dabei zu Grunde gelegt wurden, nicht gerecht wurden, das mochten sich selbst die Theologen der Priesterkaste nicht wirklich auszumalen.