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Das Gesamtprogramm
von Butzon & Bercker
finden Sie im Internet
unter www.bube.de
ISBN 978-3-7666- 1671-5
E-BOOK ISBN 978-3-7666-4208-0
EPUB ISBN 978-3-7666-4209-7
© 2013 Butzon & Bercker GmbH, Hoogeweg 100, 47623 Kevelaer,
Deutschland,
Alle Rechte vorbehalten.
Gestaltung: Finken & Bumiller, Stuttgart
Printed in the European Union.
EBook-Produktion: DIPUB Media Christian Melle, Potsdam
Inhalt
Vorwort
Einleitung
I. Bezüge kirchlicher Kommunikation
1. Kommunikation im 21. Jahrhundert Andreas Büsch
2. Religion, Kommunikation und Medien Michael N. Ebertz
3. Öffentlichkeit und Kirche Matthias Wörther
4. Von der Religion in den Medien zur Medienreligion Klaus Müller
5. Zum Verhältnis zwischen Öffentlichkeitsarbeit und Seelsorge Jürgen Holtkamp
6. Gratwanderungen David Hober
II. Medien, Themen, Dienste von A–Z
1. AV-Medienstellen Franz Haider
2. Bischöfliche Pressestellen Ulrich Lota
3. Büchereien Rolf Pitsch
4. Catholic Media Council – CAMECO Daniela Frank
5. Centrum Informationis Catholicum Johannes Schidelko
6. FILM-DIENST Horst Peter Koll
7. Fundraising Michael Krieg
8. Internetportale Matthias-Johannes Fischer
9. Internetradio Ingo Brüggenjürgen
10. Internetseelsorge Norbert Kebekus
11. Journalistenausbildung Elvira Steppacher
12. Journalistenverbände Hildegard Mathies
13. Jugendmedienschutz Peter Hasenberg
14. Katholisches Filmwerk Harald Hackenberg
15. Katholische Nachrichten-Agentur Ludwig Ring-Eifel
16. Kirchenmarketing Jürgen Holtkamp
17. Kirchenzeitung Johannes Schießl
18. Kirchliche Internetarbeit Gunda Ostermann
19. Lokalradios Martin Wißmann
20. Lokal- und Regionalfernsehen Bernadette Schrama
21. Medienberatung Wilfried Günther
22. Mediendidaktik Jürgen Holtkamp
23. Medienethik Rüdiger Funiok SJ
24. Medienforschung Georg Frericks
25. Medienkritik Dieter Anschlag
26. Medienpädagogik Karsten Henning
27. Medienpreise Ute Stenert
28. Medienrecht Gernot Lehr
29. Medienverbände Konrad Höß
30. Medienverlage Tilo Treede
31. Öffentlich-rechtlicher Hörfunk Joachim Opahle
32. Öffentlich-rechtliches Fernsehen David Hober
33. Pfarrbrief Johannes Simon
34. Privater Hörfunk Klaus Depta
35. Privates Fernsehen Dietmar Heeg
36. Produktionsgesellschaften Martin Choroba
37. Religiöse Bücher Gerhard Hartmann
38. Rundfunkpolitik Klaus Koziol
39. SIGNIS – Katholische Weltvereinigung für Kommunikation Joachim Opahle
40. Vatikanische Medien Matthias Kopp, Astrid Haas, Bernd Hagenkord SJ
41. Web 2.0 – Soziale Medien Michael Hertl
42. Web-TV – Internetfernsehen Ulrich Fischer
43. Zeitschriften Ute Stenert
III. Optionen kirchlicher Medienarbeit
1. Neue Medien nutzen – Plädoyer für kulturelles Matthias Sellmann
2. Neue Medien und soziale Netzwerke Jürgen Pelzer
3. Internetethik – Gutes und gerechtes Leben online Alexander Filipovic
4. Kirche in der Inszenierungsgesellschaft Jürgen Holtkamp
5. Kirchliche Presse Christian Klenk
6. Krisenkommunikation: Gestärkt hervorgehen Matthias Kopp
7. Katholisches Medienhaus in Bonn Matthias Meyer
8. Katholisch.de – „neu” Matthias-Johannes Fischer / David Hober
IV. Aus der Praxis: Ansätze, Versuche, Beispiele
1. Christ & Welt Christiane Florin
2. Frische Ideen für die eigene Arbeit „fischen“ Jens Albers
3. „Kirchen und Kino. Der Filmtipp“ Johannes Horstmann / Markus Leniger
4. Das Internetportal rpp-katholisch.de Ursula Neises
5. AUGENBLICKE – Kurzfilme im Kino Karsten Henning
6. Ich bin ein Webapostel Bruder Paulus Ofmcap
7. Wenn Kirche unter die Blogger geht Thomas Belke
8. Online-Magazin „sinnstiftermag“ Michael Jochim
9. Marketing für Pfarrgemeinden Jürgen Holtkamp
10. muk-publikationen – eine Schriftenreihe up to date Matthias Wörther
11. medientube – die Videoplattform des Erzbistums Köln Udo Wallraf
V Autoren
Vorwort
Die katholische Medienarbeit ist ein Schatz der kirchlichen Kommunikation, der in seiner Vielgestaltigkeit den Erfordernissen und dem Wandel der Medienwelt täglich auf den unterschiedlichen Kanälen und Plattformen gerecht zu werden versucht. Hoch engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen für professionelle und vielfach innovative kirchliche Publizistik. Noch zu selten wird dies – auch innerhalb der Kirche – wahrgenommen und wertgeschätzt. Vor diesem Hintergrund entstand die Idee, der katholischen Medienarbeit in dem hier vorliegenden Handbuch einen Ort zu geben. Erkennbar wird ein vielschichtiges und beeindruckendes Koordinatensystem der katholischen Medienlandschaft.
Vieles ist in der katholischen Medienarbeit in den letzten Jahren in den Diözesen und auf überdiözesaner Ebene in Bewegung gekommen. Die rasanten Veränderungen in den Medien sind vielerorts erkannt worden. Bewährtes wird überprüft, Neues ausprobiert – auch darüber gibt dieses Handbuch Auskunft.
Man kann mit Recht behaupten, dass 50 Jahre nach Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils die damals initiierte Öffnung der Kirche zur Welt und zu den Menschen sich besonders gut in den unterschiedlichsten Ansätzen der katholischen Medienarbeit spiegelt.
Doch bei allem Erreichten muss uns nach wie vor die Sorge umtreiben, wie wir die Menschen ansprechen, die mit unseren christlich-kirchlichen Angeboten nicht mehr so gut vertraut sind. Wir müssen uns fragen, wie wir noch besser mit ihnen – insbesondere den jungen Zielgruppen – in Kontakt treten können. Wie reagieren wir auf Fragen, beispielsweise im Umgang mit den Sakramenten? Wie gehen wir mit den Sorgen und Nöten um, die uns aus der Anonymität der Onlinewelt erreichen? Wie attraktiv und menschendienlich muss unser Angebot sein? Ist es ein Angebot, das möglichst wenig Barrieren aufbaut und im besten Fall einen Anker wirft?
Vieles geschieht hier schon in erstaunlich experimentierfreudiger Art und Weise, aber dennoch nutzen wir noch längst nicht alle Möglichkeiten, die die Medien uns bieten. Als Kirche sollten wir die rasche Weiterentwicklung der Medien sehr aufmerksam verfolgen und sie daran beurteilen, inwieweit sie Instrumente der sozialen Kommunikation hervorbringen und ob sie einen wirklichen Zuwachs an Menschendienlichkeit bedeuten. Hier muss der Maßstab unseres eigenen kirchlichen medialen Handelns liegen. Von hier bestimmt sich auch die Aufgabenstellung der katholischen Medienarbeit: die immer eine bewegende, erklärende und im besten Sinne diakonische Aufgabe sein soll, indem sie so das Gespräch zwischen Kirche und Welt führt und die Zeichen der Zeit aufnimmt und ausdeutet. Dazu gehört aber auch der Mut zum eigenen, unverwechselbaren Profil. „Ohne ein Minimum an Bereitschaft, widerständig und anders zu sein gegen übliche Plausibilitäten, kann es schwerlich christlichen Glauben geben. Ein unverwechselbares Profil des Christseins führt auch immer zu den Fragen, die das Zeugnis des Wortes provozieren.“1
Mein Dank gilt den vielen Autoren, deren Beiträge einen Einblick in die unterschiedlichsten Felder der katholischen Medienarbeit bieten. Besonders danke ich den Herren Dr. David Hober und Dr. Jürgen Holtkamp, die die Idee zu diesem Handbuch umgesetzt und gestaltet haben. Schließlich habe ich dem Verlag Butzon & Bercker GmbH und der Mediendienstleistung GmbH (MDG), die dieses Projekt mit großem Engagement begleitet haben, zu danken.
Das Medienhandbuch ist unter www.mdg-online.de/medienhandbuch im Internet verfügbar, so dass Sie auch die Vorteile der digitalen Version nutzen können, wie etwa das Auffinden von Textstellen nach Schlagworten oder der Zugriff von unterwegs mit einem Tablet-PC oder Smartphone. Zugleich wird der zweite Teil dieses Handbuches „Medien, Themen, Dienste von A–Z“ bei Katholisch.de abrufbar sein.
Ich wünsche diesem Handbuch viele neugierige Leser und widme es den Medienschaffenden der katholischen Kirche, die täglich auf den unterschiedlichsten Kanälen öffentlich Auskunft geben über die Hoffnung, die uns erfüllt.
Rottenburg-Stuttgart, im Mai 2013
Bischof Dr. Gebhard Fürst
1 Sekretariat der deutschen Bischofskonferenz (Hg.): „Zeit zur Aussaat“. Missionarisch Kirche sein (Die deutschen Bischöfe 68). Bonn 2000, S. 5.
Einleitung
Zu den großen Schlagworten, die als Signaturen unserer Zeit unser Bewusstsein prägen, gehören ohne Zweifel Begriffe wie Individualisierung, Wertepluralität, Mobilität und Wechselverhalten. Die damit einhergehende und erwartete soziale Flexibilität stellt jeden Einzelnen, jede gesellschaftliche Institution, sei es die Kirche, seien es andere institutionelle Großorganisationen, vor enorme Herausforderungen. Ebenso wie das knappe Gut der Aufmerksamkeit in einer Mediengesellschaft immer wieder neu gewonnen werden muss, kann gesellschaftliche Anerkennung nicht ohne Weiteres mehr vorausgesetzt werden. Wo Bindungen zu volantiler Ware geworden sind, müssen diese immer wieder neu plausibilisiert werden.
Für die institutionelle Legitimität der Kirche in Gesellschaft und Medien bedeutet dies, Begründungszusammenhänge aus den gelebten Erfahrungen des Evangeliums buchstäblich „auf die Straße zu bringen“. Dabei hat der Verkündigungsauftrag der Kirche in den Medien zwei Stoßrichtungen: Nach „innen“ geht es darum, Menschen in ihrem Glauben zu stärken und vermeintliche Entfremdungen abzubauen. Nach „außen“ wird es in zunehmendem Maße darum gehen, diejenigen, die über die gemeindlichen Strukturen nicht mehr erreicht werden, neu und mit anderen Mitteln anzusprechen. Als besondere Herausforderung rücken hier Milieus in den Blick, die sich jenseits gemeindlicher Strukturen entwickeln und keinen „gewachsenen“ Zugang mehr zu Glaube und Kirche haben.
Angesichts einer zunehmenden Entfremdung zwischen der Gegenwart und den Offerten der Kirche dürfte die mediale Kommunikation der Kirche ein immer stärker zu professionalisierendes Instrument sein, das die personale Kommunikation zwar nicht ersetzen, aber auf vielfältige Weise vorspuren und anregen kann. Dass es sich hierbei um einen vielschichtigen, im besten Fall einfallsreichen und mitunter subtilen Prozess handeln muss, darauf hat Papst Benedikt XVI. hingewiesen: „Das Evangelium durch die neuen Medien mitzuteilen, bedeutet nicht nur, ausgesprochen religiöse Inhalte auf die Plattformen der verschiedenen Medien zu setzen, sondern auch im eigenen digitalen Profil und Kommunikationsstil konsequent Zeugnis abzulegen hinsichtlich Entscheidungen, Präferenzen und Urteilen, die zutiefst mit dem Evangelium übereinstimmen, auch wenn nicht explizit davon gesprochen wird.“ Mit Sicherheit liegt hier ein entscheidender Ansatzpunkt für ein modernitätstaugliches Medienengagement der Kirche, das in seiner Vielfalt und mit seinen unterschiedlichen Adressierungen den durch die sogenannte Digitalisierung vorbuchstabierten Paradigmenwechsel in den Medien mal mehr, mal weniger entschieden nachvollzieht. Dabei macht die kirchliche Medienarbeit den mitunter schwierigen Prozess des Loslassens von Altvertrautem ebenso durch wie das mutige Ausprobieren neuer zukunftsverheißender Wege.
Das vorliegende Katholische Medienhandbuch ist dem Versuch verpflichtet, die Vielfalt der katholischen Medienarbeit vorzustellen. Diese Vielfalt bringt sich in den über 50 Autorinnen und Autoren zu Gehör, in der Vielstimmigkeit ihrer Expertisen, Erfahrungen und Meinungen. Es sind die Autoren dieses Handbuches, die zugleich die katholische Medienarbeit an unterschiedlichen Orten mit unterschiedlichen Aufgaben gestalten und prägen.
Natürlich kann dieses Handbuch nicht den Anspruch unbedingter Vollständigkeit erheben. Viele Einzelinitiativen, sei es in Bistümern, Orden oder von engagierten Christinnen und Christen, konnten aus Platzgründen nicht aufgenommen werden und sind dennoch wichtiger Teil der katholischen Medienarbeit der Kirche in Deutschland.
Von vier Fragerichtungen hat sich dieses Handbuch in seinem langen Entstehungsprozess leiten lassen. In einem ersten Kapitel werden Antworten gesucht auf die Frage nach den Bezügen kirchlicher Kommunikation. Dabei gerät, in grundsätzlicher Absicht, das nach wie vor prekäre Verhältnis von Kirche und Medien in den Blick: Es sind trassierende Klärungsversuche nach dem Öffentlichkeits- und Kommunikationsverständnis der Kirche im 21. Jahrhundert, ihren Umgang mit den Spiegelbildern religiöser Symbolsysteme und religionsanalogen Sinnofferten, die in den Medien transportiert werden. Wo, so wird weiter gefragt, sind die Trennlinien zwischen berechtigter Öffentlichkeitsarbeit einer Großinstitution und ihrem dem Evangelium geschuldeten Seelsorgeauftrag, und schließlich, was könnte das Proprium religiöser Rede in einer durch und durch säkularisierten Mediengesellschaft sein?
Das zweite Kapitel, in praktischer Absicht gestaltet, stellt im Sinne einer Erstinformation für den Leser in relativ kurzen Porträts die wichtigsten Medien, Themen und Dienste von A–Z der katholischen Medienarbeit vor.
Das dritte Kapitel, Optionen kirchlicher Medienarbeit, kann auch als Klammer zum ersten Teil verstanden werden, indem hier einzelne Felder des medialen Engagements der Kirche beschrieben werden, deren Zukunftspotenzial für die kirchliche Medienarbeit noch zu erarbeiten bzw. auszubauen ansteht.
Und schließlich werden im vierten Kapitel ausgewählte zielgruppenadressierte Ansätze, Versuche und Beispiele aus der Praxis vorgestellt, die in ihrer Professionalität und Originalität nicht selten das Salz in der Suppe kirchlicher Medienarbeit ausmachen.
Zu wünschen bleibt diesem Handbuch, dass es Eingang in die Praxis der kirchlichen Medienarbeit findet und dass der Leser, wenn er es zur Hand nimmt, dies im Bewusstsein tut, dass die kirchliche Medienarbeit in ihrer unterschiedlichen Ausprägung und mit ihren unterschiedlichen Aufgaben immer auch zugleich Gratwanderung und Prüfstein bleibt für die Glaubwürdigkeit und das überraschende Angebot des Evangeliums.
David Hober
Jürgen Holtkamp
1. Kommunikation im 21. Jahrhundert
Andreas Büsch, Professor für Medienpädagogik und Kommunikationswissenschaft an der Katholischen Hochschule Mainz, Leiter der Clearingstelle Medienkompetenz der Deutschen Bischofskonferenz
Der Titel impliziert eine Reihe von Fragen, u. a.:
—Wie entwickelt sich Kommunikation?
—Welche Rahmenbedingungen werden prägend sein?
—Und wie sind diese Entwicklungen zu bewerten?
—Welche Folgen haben sie für die Menschen, ihre Kommunikation und die auf menschlicher Kommunikation basierenden sozialen Konstrukte und Systeme?
—Sind die vielfältigen technischen Möglichkeiten mehr als eine Spielerei für Technikfreaks, die sich über den Schreibtisch hinweg per WhatsApp verabreden?
Zur Beantwortung dieser Fragen hilft ein Blick auf die Sozialgeschichte der Medien, d. h. auf die Entwicklung der Medien als soziale Kommunikationsmittel und deren jeweilige gesellschaftliche Auswirkungen. An dieser Entwicklungsgeschichte lassen sich zwei zentrale Themen ablesen: Die Überwindung der Flüchtigkeit von Kommunikation einerseits sowie deren immer weiter gehende räumliche und zeitliche Entgrenzung andererseits.
Ein Meta-Thema ist dabei das spätestens seit dem Aufkommen des Buchdrucks signifikant angestiegene Tempo der Entwicklungen: Von der Entwicklung der Schrift bis zum Druck mit beweglichen Lettern vergingen rund 4.000 Jahre. Seitdem prägen technologische Entwicklungen im Bereich der Medien in immer kürzerer Folge auch gesellschaftliche Entwicklungen.
Angesichts der immensen technischen Veränderungen gerade der letzten Jahrzehnte wäre es unseriös, daraus nun Prognosen für ein ganzes Jahrhundert treffen zu wollen. Jedoch lassen sich die sieben im Folgenden beschriebenen (Mega-)Trends der Entwicklung beobachten, aus denen sich auch Folgerungen für die Zukunft kirchlicher Kommunikation „im Zeitalter von Web 2.0“ ziehen lassen.
(Mega-)Trends der Kommunikation im 21. Jahrhundert
Digitalisierung
Der Mega- (bzw. Meta-)Trend der letzten 50 Jahre ist die Umwandlung visueller und akustischer analoger Zeichen in digitale Signale. Die Digitalisierung impliziert dabei immer eine Umwandlung von stufenlosen in diskrete, d. h. schrittweise, zählbare Daten. Diese Umwandlung war wiederum Voraussetzung für die Miniaturisierung und Geschwindigkeitssteigerung in der Verarbeitung von Daten. Vor allem aber ist die Digitalisierung Voraussetzung für die Integration verschiedener Medienformate und die Konvergenz entsprechender Geräte: War ehedem ein Telefon ein Telefon und ein Notizbuch ein Notizbuch, so ist ein Smartphone heute, dank einer Vielzahl von kleinen Programmen, sogenannter „Apps“ (von engl. application, Anwendung), ein Telefon, ein Adressbuch, ein Notizbuch, eine Kamera, ein Internetzugang und vieles mehr – mithin eine nahezu universale digitale Kommunikationsmaschine.
Vernetzung
Der zweite Mega-Trend bezeichnet die seit der „Erfindung“ des Internets in den USA in den 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts2 immer weiter gehende Herstellung von Datenverbindungen zwischen Servern und Clients. Clients sind dabei mittlerweile nicht mehr bloß Computer, Tablets und Smartphones, sondern auch Fernseher, Kühlschränke und andere Haushaltsgeräte.
Das neue Leitmedium Internet erfüllt immer mehr Bedürfnisse der Menschen nach Kommunikation, Information und Unterhaltung. So ist es insbesondere für junge Menschen unverzichtbar in den kommunikativen Alltag integriert3.
Mobilität
Der Trend geht dabei zu einer immer umfassenderen drahtlosen Vernetzung. In Verbindung mit einer Miniaturisierung von Kommunikationsgeräten sind damit die Voraussetzungen für eine mobile und ubiquitäre Nutzung kommunikativer Techniken und Dienste gegeben. Dies führt aber auch zu einer Vermischung der Lebensbereiche; die frühere Trennung in „privat“ und „öffentlich“ ist zunehmend hinfällig. Gerade die mobile Nutzung von Kommunikationsgeräten hebt die frühere Trennung in „dienstlich“ und „privat“ auf – wie jeder beurteilen kann, der im ICE-Großraumwagen schon einmal unfreiwillig Telefonate mit anhören musste. Auf vielfältige ethische wie rechtliche Probleme in diesem Kontext kann hier nur verwiesen werden.
Interaktivität
Dieses ehemalige Unterscheidungskriterium zwischen sozialer und medialer Kommunikation ist spätestens seit der Entwicklung des sogenannten Web 2.0 hinfällig. Im klassischen „Einbahn“-Paradigma der Massenkommunikation stehen Medienproduzenten auf der einen Seite unumkehrbar Medienrezipienten auf der anderen Seite gegenüber. Die niedrigschwellige Nutzung von Blogs, Videoportalen, Kommentar- oder Sharing-Funktionen in sozialen Netzwerken steht hingegen jedem offen. Mit der Nutzung einer solchen Funktion bzw. eines entsprechenden Dienstes wird aus dem Rezipienten unmittelbar ein Produzent, der gestaltend auf den Kommunikationsprozess einwirkt.
Damit verschwimmen die Grenzen zwischen Individual- und Massenkommunikation, zumal auch scheinbar individuelle Kommunikation wie in Facebook letztlich ein Massenphänomen ist4. Es entstehen also neue Kommunikations-Öffentlichkeiten, die im Anschluss an Schmidt5 als „persönliche Öffentlichkeiten“ zu bezeichnen sind. Deren Merkmale im Vergleich zu den „professionellen Öffentlichkeiten“ der Massenkommunikation sind Themenwahl nach subjektiver Relevanz statt nach objektiven Kriterien wie Nachrichtenwert, Ausrichtung der Kommunikation am jeweiligen persönlichen Netzwerk statt an einem Massenpublikum und eben eine grundsätzlich dialogische, mithin also interaktive Kommunikation statt eines einseitigen Publizierens6.
Funktionsmischung
Dementsprechend sind die Beteiligten an digitaler interaktiver Kommunikation auch nicht mehr trennscharf zu unterscheiden in Produzenten hier und Rezipienten dort. Vielmehr kann jederzeit ein Rollenwechsel erfolgen; der neue Nutzer ist beides gleichzeitig: ein Prosument. Dies impliziert erhebliche Herausforderungen für beide Seiten, insofern professionelle und semiprofessionelle (journalistische) Formen von Kommunikation formal gleichwertig neben privater Kommunikation bestehen.
Die Formate der Kommunikation ändern sich dabei ebenfalls: „Das vorherrschende Modell für die Art der Informationsdarbietung in vernetzten Öffentlichkeiten ist nicht mehr die ‚Sendung‘ oder die ‚Ausgabe‘, sondern der ‚stream‘ oder der ‚feed‘.“7
Globalisierung
Begrenzte Öffentlichkeiten kann es zwangsläufig in einem weltumspannenden Netz nicht mehr geben. Informationen im Internet sind – einmal publiziert – sofort weltweit verfügbar. Die vielen Fotohandys und Digicams sorgen dabei für die Illusion einer globalen Augenzeugenschaft: Wir können theoretisch jederzeit überall „dabei sein“.
Die Anbieter der dazu benötigten Dienste und Services sind weit mehr als bloße mediale Vermittlungsinstanzen. Sie werden zu Garanten einer weltweiten digitalen Kommunikations-Infrastruktur mit teilweise monopolistischer Marktmacht. Sie beeinflussen massiv den Zugang zu und den Umfang des Zugriffs auf Informationen und darauf basierender Kommunikation. Dass eine Reihe von Diensten für die Nutzer (zunächst) kostenfrei angeboten wird, darf nicht über die Profit-Orientierung der dahinter stehenden Anbieter hinwegtäuschen.
Un-vergessliches Medium Internet
Seit dem Aufkommen der Schrift wurde schrittweise immer stärker die ursprüngliche Flüchtigkeit direkter (verbaler) Kommunikation zurückgedrängt, und zwar über die Jahrhunderte für immer mehr Mediengattungen, die von Buch über Foto und Film bis zur dreidimensionalen virtuellen Simulation immer stärker und aktueller die Realität abzubilden bzw. zu spiegeln vermochten. Damit einher ging aber auch eine immer geringere Haltbarkeit der Speichermedien. Während wir die 40.000 Jahre alten Höhlenmalereien von Lascaux oder Nerja heute noch bewundern können, sind die Inhalte von Büchern aus dem letzten Jahrhundert u. U. aufgrund des verwendeten säurehaltigen Papiers nur noch bedingt zugänglich. Dieses Problem wird mit digitalen Speichermedien noch verschärft, die eine weitaus geringere Haltbarkeit als analoge Medien aufweisen. Der Inhalt einer selbstgebrannten CD von vor 15 Jahren ist möglicherweise schon nicht mehr lesbar und für eine Diskette aus der gleichen Zeit gibt es heute üblicherweise keine Laufwerke mehr, mit der diese gelesen werden könnte.
Mit der digitalen Speicherung in weltweit verfügbaren Netzen, kombiniert mit umfassenden Suchzugriffen auf deren Inhalte, entsteht jedoch ein Informationsnetz „ohne Vergessen“. Nichts „versendet sich“ mehr wie weiland im Rundfunk; theoretisch bleiben immer mehr Daten unabsehbar lange verfügbar. Damit ergibt sich zum einen das Problem des Informations-Overflow, der technische und rechtliche Herausforderungen mit sich bringt. Auf diese kann mit Stichworten wie Wissensmanagement, Informationsökonomie, Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung hier nur verwiesen werden. Zum anderen gibt es prinzipbedingt kein „gnädiges Vergessen“ mehr, was wiederum ethische und rechtliche Fragen aufwirft.8
Herausforderungen für Kirche als Kommunikationspartner
Die gerade aufgezeigten Trends lassen sich auch als Herausforderungen lesen – und zwar nicht nur für mediengestützte, sondern auch für die direkte Kommunikation, insofern Erstere immer prä
Diese Forderung nach kommunikativer Kompetenz lässt sich auch an die Kirche selbst adressieren: Unter welchen Bedingungen kann Kirche angesichts der oben skizzierten Entwicklungen kommunikationsfähig bleiben bzw. werden?
gend für Kommunikationsgewohnheiten ist, die auf Letztere „durchschlagen“. Dies zeigt sich in Wortneuschöpfungen wie googeln, skypen etc., die gleichzeitig die monopolistische Macht von Anbietern kennzeichnen. Dies zeigt sich aber auch ganz pragmatisch in der allgegenwärtigen Rede von der Notwendigkeit von Medienkompetenz, die eine Teilmenge der kommunikativen Kompetenz ist9 – jener Fähigkeit, die wir für eine Beteiligung am sozialen Leben brauchen.
Diese Forderung nach kommunikativer Kompetenz lässt sich auch an die Kirche selbst adressieren: Unter welchen Bedingungen kann Kirche angesichts der oben skizzierten Entwicklungen kommunikationsfähig bleiben bzw. werden?
Diese Frage ist alles andere als akzidentell, da die Kirche sich zuallererst einem Kommunikationsakt verdankt – letztlich der göttlichen Selbst-Mitteilung, die Ausfluss der innertrinitarischen communio und communicatio ist: „Gott erschließt sich kommunikativ, d. h. er teilt sich dem Menschen in einer Beziehung mit, die auf der Wechselseitigkeit von Wort und Antwort gründet, Partnerschaft ermöglicht und eine neue kommunikative Kultur begründet.“10 Insofern die Kirche ihrerseits communio ist, „ergibt sich für die praktische Theologie die Aufgabe, einerseits die Kommunikationsdefizite aufzudecken, die das Leben der Kirche behindern, und andererseits die kommunikative Kompetenz aller Beteiligten zu steigern“11.
Insofern ließe sich folgern, dass Kirche als Institution durch den Übergang vom Gutenberg- zum Internetzeitalter und damit von der prinzipiell einseitigen zur prinzipiell dialogischen Kommunikation eine historische Chance hat, hinsichtlich ihres kommunikativen Vollzugs wirklich zu sich zu kommen und einen herrschaftsfreien Dialog zu führen. Damit könnte sie tatsächlich Wegbereiter „für eine Kultur des Respekts, des Dialogs und der Freundschaft“12 werden.
Allerdings stehen einer linearen Umsetzung dieser Forderung diverse Dilemmata entgegen, deren Bewältigung seit einiger Zeit für entsprechende Diskussionen sorgt und die aller Voraussicht nach auch für die nächsten Jahre prägend bleiben werden:
1. Eine nach wie vor – angesichts der Sozialgeschichte der Medien richtiger: immer wieder – verbreitete kulturpessimistische Haltung sieht in digitaler Kommunikation in bester bewahrpädagogischer Tradition vor allem Bedrohung, Gefährdungspotenzial und einen „Verfall der Sitten“. Die möglicherweise dahinter stehende Angst vor Modernisierung ist insofern nachvollziehbar, als dass die zunehmende Komplexität auch von Kommunikationsmöglichkeiten und -kanälen von vielen Menschen als Bedrohung und Verlust von Beheimatung erlebt wird.
Dies ist als Ausdruck einer existierenden Wissenskluft zunächst einmal zu akzeptieren. Andernfalls wäre der Weg von einer Defizitorientierung zu einer Stigmatisierung derer vorgezeichnet, die eben nicht „aufgeschlossen“ oder „kompetent“ genug sind, alle modernen Kommunikationsmöglichkeiten zu nutzen oder deren Nutzung hinsichtlich möglicher Bildungs-, Informations- oder Unterhaltungsergebnisse defizitär ist.
2. Ein gleicher bzw. gleichberechtigter Zugang aller zu allen Medien wäre daher eine naheliegende Forderung – die Realität sieht aber nachweislich anders aus. Exemplarisch wurde dies in den letzten Jahren immer wieder am Thema „Internetzugang“ diskutiert: Zwar sind mittlerweile insgesamt rund 70 % aller Deutschen ab 14 Jahren „online“, aber das bedeutet zwangsläufig auch, dass knapp ein Drittel der Bevölkerung zu den sogenannten „Offlinern“ gehört. Und die Entwicklung der letzten Jahre deutet darauf hin, dass diese Situation sich auf hohem Niveau stabilisiert13.
Insofern ließe sich folgern, dass Kirche als Institution durch den Übergang vom Gutenberg- zum Internetzeitalter und damit von der prinzipiell einseitigen zur prinzipiell dialogischen Kommunikation eine historische Chance hat, hinsichtlich ihres kommunikativen Vollzugs wirklich zu sich zu kommen und einen herrschaftsfreien Dialog zu führen. Damit könnte sie tatsächlich Wegbereiter „für eine Kultur des Respekts, des Dialogs und der Freundschaft“ werden.
Dies widerspricht natürlich dem bildungs- wie wirtschaftspolitisch motivierten Ideal einer komplett an die „Datenautobahn“ angeschlossenen Gesellschaft und deutet eher auf eine tiefgreifende Spaltung der Gesellschaft hin, die entsprechend als Digitale Spaltung („digital divide“) oder auch „digitaler Graben“14 seit Jahren die Debatten beherrscht. Dieser Graben trennt diejenigen, die einen (Breitband-)Internetanschluss haben oder dessen Anschaffung in naher Zukunft planen, von denen, die aus unterschiedlichen Gründen „Offliner“ sind und auch nicht vorhaben, dies zu ändern.
Insofern ist eine erste Forderung, die Zugangsbarrieren abzubauen und möglichst allen Menschen Zugang zu neuen und neuesten digitalen Medien und deren Verbreitungsformen zu ermöglichen: „Man muss sich jedoch darum bemühen, sicherzustellen, dass die digitale Welt, in der diese Netze eingerichtet werden können, eine wirklich für alle zugängliche Welt ist. Es wäre ein schwerer Schaden für die Zukunft der Menschheit, wenn die neuen Instrumente der Kommunikation, die es möglich machen, Wissen und Informationen schneller und wirksamer zu teilen, nicht für jene zugänglich gemacht würden, die schon ökonomisch und sozial am Rande stehen, oder nur dazu beitrügen, die Kluft zu vergrößern, die die Armen von den neuen Netzen trennt, die sich im Dienst der Information und der menschlichen Sozialisierung gerade entwickeln.“15
3. Die Verhinderung oder Behebung von Exklusion ist aber sicherlich nicht auf das bloß quantitative Problem des Vorhandenseins bzw. der Nutzung von Kommunikationsmöglichkeiten beschränkt. Die praktische, da empirisch leicht handhabbare, im Übrigen aber schlichte Dichotomie „Onliner/Offliner“ (oder „user/loser“) verstellt vielmehr den Blick auf die Ursachen differenzierter gesellschaftlicher Lagen.