Czytaj książkę: «Beschäftigte im Öffentlichen Dienst I», strona 8

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cc)Offenbarungspflicht

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Über das Fragerecht hinausgehend besteht in bestimmten Fällen auch eine Offenbarungspflicht des Bewerbers. Dies bezieht sich auf diejenigen Umstände, über die der Arbeitgeber zwingend Kenntnis haben muss, weil sie die generelle Eignung des Bewerbers, die vorgesehene Tätigkeit wahrzunehmen, betreffen. Hier ist der Bewerber von sich aus verpflichtet, den Arbeitgeber zu informieren.

102

Verschweigt ein Bewerber solche Umstände, so kann darin eine arglistige Täuschung durch Verschweigen liegen, die ebenfalls zur Anfechtung nach § 123 BGB berechtigt (s. dazu unten II 2 b Rechtsmängel des Arbeitsvertrages).

dd)Konkrete Entscheidung und Beurteilungsspielraum des Arbeitgebers

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Bei der Anwendung des Art. 33 Abs. 2 GG steht dem öffentlichen Arbeitgeber ein Beurteilungsspielraum zu, der nur beschränkt der gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Überprüft wird die Entscheidung darauf, ob alle wesentlichen Umstände berücksichtigt wurden, allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe beachtet und ein fehlerfreies Verfahren eingehalten wurden. Diesbezüglich hat der Bewerber im öffentlichen Dienst einen Bewerbungsverfahrensanspruch.

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Definition

Bewerbungsverfahrensanspruch: Der Bewerber hat einen Anspruch auf ermessens- und beurteilungsfreie Entscheidung über seine Bewerbung. Bei einem Verstoß gegen diese Vorgaben kann der zu Unrecht übergangene Bewerber verlangen, dass über seine Bewerbung neu entschieden wird. Diesen Bewerbungsverfahrensanspruch kann der unterlegene Bewerber im Rahmen einer arbeitsrechtlichen Konkurrentenklage durchsetzen.[35]

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Zu beachten ist zudem, dass sobald die Entscheidung für einen bestimmten Bewerber getroffen wurde, das personalvertretungsrechtliche Mitbestimmungsverfahren einzuleiten ist. Nach § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG hat der Personalrat bei der Einstellung von Arbeitnehmern mitzubestimmen.

Achtung

Rechtsfolge mangelhafter Mitbestimmung (das gilt etwa für den Fall, dass ein Mitbestimmungsverfahren aus Bequemlichkeit nicht eingeleitet wurde) ist grds. die Unwirksamkeit dieser Maßnahme. Dies wird auf § 69 Abs. 1 BPersVG zurückgeführt. Da aber im Kontext der Einstellung auf diese Weise der Arbeitnehmer allein die aus dem Fehlverhalten des Arbeitgebers folgende Nachteile zu tragen hätte, bleibt nach der Rechtsprechung des BAG[36] der Arbeitsvertrag voll wirksam. Der Arbeitgeber darf den Arbeitnehmer jedoch nicht beschäftigen, solange die Zustimmung des Personalrates nicht vorliegt.

5.Benachteiligungsverbote

a)Allgemeines

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Aus den obigen Ausführungen im Hinblick auf die Anbahnung des Arbeitsverhältnisses wurde bereits deutlich, dass die Frage nach möglichen Benachteiligungen, Diskriminierungen nicht nur aber insbesondere auch im öffentlichen Dienst von besonderer Bedeutung ist.

107

Besondere Bedeutung hierfür hat das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), welches die Verhinderung von Benachteiligungen und Diskriminierungen zum Inhalt hat.

108

Wegen der besonders starken Bindung des öffentlichen Dienstes an die Regelungen des AGG sind die zusätzlichen Verpflichtungen der (öffentlichen) Arbeitgeber, die sich aus diesem Gesetz ergeben, genauer zu beleuchten. Die Grundzüge des Antidiskriminierungsrechts sind dabei sowohl im Studium aber ganz besonders auch in der Praxis von großer Bedeutung, so bspw. in der täglichen Praxis der Personalarbeit. Zu beachten sind sie dabei sowohl im Kontext der Anbahnung des Arbeitsverhältnisses, bei Vertragsabschluss als auch im Rahmen der Durchführung des Arbeitsverhältnisses und deren Beendigung.

b)Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

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Diskriminierung ist eine alle Gesellschaftssysteme mehr und minder begleitende Erscheinung, die umfassend den gesamten Lebens- und Schicksalsbereich der Menschen im Verhältnis zueinander bestimmen kann.

Achtung

Im Kontext der Ausführungen sind die Begriffe Diskriminierung und Benachteiligung deckungsgleich. Das AGG verwendet anstelle des Begriffs der Diskriminierung den der Benachteiligung. Unterschiede ergeben sich dadurch für die Praxis nicht.

110

Die Gründe hierfür sind unterschiedlich. Teils sind sie rein emotionalen Ursprungs, teils liegen sie im jeweiligen Rechtssystem begründet. Mitunter ist beides hierfür verantwortlich. In den modernen entwickelten Gesellschaften/Staaten besteht durchweg Klarheit, dass es für Diskriminierung keinerlei rational einsichtige Gründe gibt.

111

Dieser Erkenntnis hat der Gesetzgeber durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz – AGG – vom 17.8.2006, geändert am 2.12.2006, entsprochen. Mit ihm werden in Ausführung der Vorgaben der Europäischen Union insgesamt vier EU-Richtlinien in nationales Recht umgesetzt. Wie bereits oben aufgezeigt hat das Gesetz eine besondere Bedeutung für das Arbeits- und Berufsleben.

aa)Ziel des Gesetzes und Benachteiligungsverbot

112

Das Gesetz soll gem. der Zielsetzung in § 1 AGG Benachteiligungen aus Gründen

 der Rasse,

 der ethnischen Herkunft,

 der Religion oder Weltanschauung,

 des Alters,

 des Geschlechts,

 einer Behinderung oder

 der sexuellen Identität

verhindern oder beseitigen. Verhindert werden soll die ungerechtfertigt benachteiligende Behandlung – im Kontext der Beschäftigung – der Arbeitnehmer.

bb)Wirkungsbereich

113

Ziel des Gesetzes ist es, Benachteiligungen wegen der oben genannten Umstände zu verhindern und zwar auch im Arbeitsleben. Dabei ist § 7 AGG der Dreh- und Angelpunkt. Die Regelung bestimmt, dass Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden dürfen, es sei denn, eine unterschiedliche Behandlung ist nach Maßgabe der §§ 8–10 AGG zulässig.

114

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, alles zu unterlassen, was den genannten Personenkreis in irgendeiner Form ob unmittelbar bzw. mittelbar benachteiligen könnte. Darüber hinaus ist er verpflichtet, auch vorbeugend geeignete Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligungen zu treffen. In diesem Sinne kann er entsprechende Hausverfügungen erlassen, Handreichungen geben bzw. durch zielgerichtete Schulungsmaßnahmen präventiv etwaigen Versuchungen vorbeugen.

115


116

Besondere Bedeutung bekommt das Benachteiligungsverbot im Rahmen der Stellenausschreibungen und Auswahlverfahren. Stellenausschreibungen müssen benachteiligungsfrei sein (Gebot der benachteiligungsfreien Ausschreibung i.S. d § 11 AGG).

117

Nach dieser Vorschrift darf ein Arbeitsplatz nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG ausgeschrieben werden. Mithin dürfen Bewerber schon durch die Ausschreibung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden. Hierzu dürfen in der Ausschreibung keine diskriminierenden Formulierungen verwendet werden.

118

Dabei wird im Kontext des Benachteiligungsverbotes zwischen unmittelbaren und mittelbaren Benachteiligungen unterschieden, dabei werden diese Begrifflichkeiten im § 3 Abs. 1 und 2 definiert.

119, 120

Definition

Unmittelbare Benachteiligung: eine Person erfährt wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde (§ 3 Abs. 1 S. 1 AGG).

Mittelbare Benachteiligung: liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich (§ 3 Abs. 2 AGG).

121

Die Unterscheidung zwischen unmittelbarer und mittelbarer Benachteiligung wird im Einzelfall bedeutsam. Eine mittelbare Benachteiligung ist schon dann zulässig, wenn die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. In diesem Fall ist nicht mehr zu prüfen, ob ein Rechtfertigungsgrund i.S.d. §§ 8–10 AGG vorliegt.[37]

122

Im Einzelfall mag die Unterscheidung zwischen unmittelbarer und mittelbarer Benachteiligung schwierig sein. Grundsätzlich gilt jedoch, wer den möglichen Interessenten/Bewerberkreis z.B. auf eine bestimmte geschlechtliche Zugehörigkeit oder einen bestimmten geschlechtlichen Arbeitskorridor beschränkt, verstößt gegen die Diskriminierungsmerkmale.

123

Die nachfolgenden Bespiele sollen jedoch einen Überblick geben, in welchen Fällen eine unzulässige Benachteiligung vorgelegen hat.

124

Geschlechterdiskriminierung:

 gesucht wird der starke, belastbare Handwerker,

 gesucht wird eine Krankenschwester.

Eine Benachteiligung soll nicht vorliegen, wenn etwa hinter einer Berufsbezeichnung der Zusatz (m/w) steht. Dies mag in Zukunft problematisch werden, da auch ein drittes Geschlecht (divers) vor Benachteiligungen zu beachten sein wird. Insoweit hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes[38] zu den Regelungen des Personenstandsrechts eine große Bedeutung. Diese Regelungen sind mit den grundgesetzlichen Anforderungen insoweit nicht vereinbar, als § 22 Abs. 3 Personenstandsgesetz (PStG) neben dem Eintrag „weiblich“ oder „männlich“ keine dritte Möglichkeit bietet, ein Geschlecht positiv eintragen zu lassen. Für Stellenausschreibungen mag daher noch der Zusatz (d für divers) oder Vergleichbares notwendig werden.

125

Altersdiskriminierung:

 gesucht wird ein junger/eine junge…,

 für unser junges dynamisches Team suchen wir …,

 gesucht wird ein Berufsanfänger/Berufsanfängerin.

126

Herkunft:

 gesucht wird „deutscher Muttersprachler“ (hier gleichzeitig auch Geschlechterdiskriminierung)

cc)Besonderheiten des Schwerbehindertenrechts

127

Eine Benachteiligung wegen einer Behinderung ist ausdrücklich durch das AGG verboten. Dieses Diskriminierungsverbot wird jedoch durch weitere Vorschriften flankiert. Diesbezüglich sind die Bestimmungen des SGB IX zu berücksichtigen.

128

Zunächst bestimmt § 154 SGB die Pflicht der Arbeitgeber zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen, wenn eine bestimmte Betriebsgröße erreicht wurde. Für den Fall, dass die Arbeitgeber ihrer Verpflichtung nicht nachkommen, sind sie zur Zahlung einer Ausgleichsabgabe nach § 160 SGB IX verpflichtet.

129

Darüber hinausgehend sind schwerbehinderte Bewerber auch individuell geschützt. Hier trifft § 165 SGB IX besondere Regelungen für öffentliche Arbeitgeber. Haben schwerbehinderte Menschen sich um einen Arbeitsplatz beworben oder sind sie von der Bundesagentur für Arbeit oder einem von dieser beauftragten Integrationsfachdienst vorgeschlagen worden, werden sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Es besteht also eine Verpflichtung des öffentlichen Arbeitgebers, schwerbehinderte Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Vor diesem Hintergrund wird es für einen schwerbehinderten Bewerber sinnvoll sein, im Bewerbungsschreiben auf die Schwerbehinderung hinzuweisen.

130

Eine Einladung ist nach § 165 S. 4 SGB IV entbehrlich, wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. Die Offensichtlichkeit bedeutet, dass die Nichteignung – etwa wegen einer fehlenden notwendigen Ausbildung – ohne weiteres erkennbar ist.

Beispiel

Fehlen der im Anforderungsprofil geforderten Qualifikationsvoraussetzungen: Stelle für Assistenzärzte, auf die sich ein Kaufmann bewirbt.

Achtung

Die zu Unrecht unterbliebene Einladung eines Schwerbehinderten löst die Sanktionierungsmöglichkeiten des AGG aus, dabei geht es insbesondere um die Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche aus § 15 AGG.

131

Nichtsdestotrotz darf der Arbeitgeber seine Auswahl unter mehreren Bewerbern um eine ausgeschriebene Stelle auch dann nach der Leistung und Eignung (Bestenauslese) treffen, wenn sich unter den Mitbewerbern ein Schwerbehinderter befindet. Sind zwei Bewerber gleichwertig, kann es geboten sein, den Schwerbehinderten vorzuziehen.[39]

132

Darüber hinaus ist nach § 178 SGB IX die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören.

dd)Rechtfertigung der unterschiedlichen Behandlung

133

Das AGG lässt Verstöße gegen das Benachteiligungsverbot nicht folgenlos bleiben und sieht Sanktionsmöglichkeiten vor.

134

Eine an sich diskriminierende Ausschreibung kann aber ausnahmsweise gerechtfertigt bzw. ausnahmsweise zulässig sein:

135

 positive Maßnahmen (§ 5 AGG):Zum einen kann es dabei um positive Diskriminierungen i.S.d. § 5 AGG gehen. Danach ist eine unterschiedliche Behandlung auch zulässig, wenn durch geeignete und angemessene Maßnahmen bestehende Nachteile wegen eines in § 1 genannten Grundes verhindert oder ausgeglichen werden sollen.Beispiel hierfür können Bestimmungen sein, wonach bei gleicher Qualifikation jugendliche Bewerber, Schwerbehinderte oder Frauen (so ausdrücklich § 8 Abs. 1 BGleiG) bevorzugt eingestellt oder befördert werden.

136

 bei bestimmten beruflichen Anforderungen (§ 8 AGG):Eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 genannten Grundes ist dann zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt. Ein Beispiel hierfür ist die Suche nach einer Erzieherin in einem Mädcheninternat. Die Diskriminierung der männlichen Bewerber ist hier wegen der Besonderheiten eines Mädcheninternats zulässig, da auch eine nächtliche Betreuung der Mädchen zu den Aufgaben gehört.

137

 im Hinblick auf Religion und Weltanschauung (§ 9 AGG):Eine unterschiedliche Behandlung ist zulässig, wenn Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften oder ihnen zugeordnete Einrichtungen bei der Stellenbesetzung eine bestimmte Religion oder Weltanschauung verlangen. Beispiele hierfür können Beschäftigungsverhältnisse bei den Kirchen, bei denen die Religionszugehörigkeit von prägender Bedeutung ist, sein, etwa Referenten für grundsätzliche Glaubensfragen in den Kirchen. Bejaht kann eine solche Ausnahme auch bei Religionserziehern in kirchlichen Einrichtungen werden.

138

 wegen des Alters (§ 10 AGG):Schließlich sind unter den in § 10 AGG genannten Voraussetzungen Benachteiligungen des Alters wegen zulässig. Dies ist dann der Fall, wenn eine entsprechende Diskriminierung objektiv und angemessen durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist (§ 10 S. 1 AGG) und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.

ee)Folgen von Benachteiligungen

139

Benachteiligungen sollen nicht folgenlos bleiben. Geht es um Bestimmungen in Vereinbarungen (Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag), die gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen, sind diese unwirksam (§ 7 Abs. 2 AGG). Beispiel hierfür könnte eine geringere Entlohnung im Zusammenhang mit dem Geschlecht oder der Herkunft sein.

140

Im Kontext der Frage nach dem Abschluss eines Arbeitsvertrages gilt jedoch, dass auch bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot kein Anspruch auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses entsteht.

141

Als zentrale Rechtsfolge für Verstöße gegen das Benachteiligungsverbot sieht § 15 AGG Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche vor. Sie können bei einem jeden Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot geltend gemacht werden und damit insbesondere auch im Kontext einer unterbliebenen Einstellung.

142

Zunächst ist ein Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG auf Ersatz des materiellen Schadens zu prüfen.

143

Verstößt der Arbeitgeber gegen die ihm durch das AGG auferlegten Pflichten, wird er gegenüber dem Benachteiligten gem. § 15 AGG schadenersatzpflichtig. Unerheblich ist, ob der Arbeitgeber die Benachteiligung bewusst herbeigeführt hat oder ob sie von ihm mit der getroffenen Entscheidung nicht beabsichtigt war.

144

§ 15 Abs. 1 gewährt einen Anspruch auf Ersatz des durch die Benachteiligung entstandenen materiellen Schadens (in Geld bestimmbarer bzw. messbarer Schaden). Dabei ist der entstandene materielle Schaden verschuldensabhängig (§§ 276, 278 BGB) zu ersetzen. Das Verschulden des Arbeitgebers wird entsprechend § 280 Abs. 1 S. 2 BGB widerlegbar vermutet (§ 15 Abs. 1 S. 2 AGG).

Beispiel

Eine Weihnachtsgratifikation erhalten ausschließlich Deutsche, nicht aber die ausländischen Mitarbeiter. Schadenersatzanspruch besteht für diesen Personenkreis in Höhe der verweigerten Gratifikation.

145

Bei einer aufgrund Diskriminierung unterbliebenen Einstellung, entspricht der Schaden der Vergütung, die dem nicht eingestellten Bewerber entgeht. Voraussetzung ist aber, dass der unterlegene Bewerber beweisen kann, dass die Einstellung ansonsten erfolgt wäre, weil der nicht eingestellte Bewerber der bestgeeignete i.S.d. Art. 33 Abs. 2 GG gewesen ist. Dabei ist davon auszugehen, dass der Anspruch hier zeitlich auf die Kündigungsfristen zu begrenzen ist (zeitliche Obergrenze erscheint sinnvoll).[40]

146

Nach § 15 Abs. 2 AGG haftet der Arbeitgeber auch für immaterielle Schäden (Nichtvermögensschäden) im Rahmen eines Entschädigungsanspruchs nach § 15 Abs. 2 AGG. Voraussetzung hierfür ist ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot gem. § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG. Die Frage nach dem Verschulden stellt sich hierbei nicht.

147

Nach § 15 Abs. 2 AGG kann ein Entschädigungsanspruch wegen diskriminierender Handlungen gegenüber einem Mitarbeiter durch Kollegen und Vorgesetzte auch ohne ein Verschulden des Arbeitgebers geltend gemacht werden.

148

Von besonderer Bedeutung ist die Entschädigung bei verweigerter Einstellung. Dementsprechend hat ein in einem Bewerbungsverfahren diskriminierend ausgeschlossener Bewerber Anspruch auf den Ersatz eines immateriellen Schadens. Im Sinne der Diskriminierungsmerkmale dürfen Ausschreibung und Einstellung keine Benachteiligungseffekte aufweisen. Wird bspw. die Einstellung mit Hinweis auf das fortgeschrittene Lebensalter verweigert, kann hierin ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot gesehen werden.

149

Der Entschädigungsanspruch steht einem Bewerber, der belegen kann, dass er aufgrund eines der Merkmale des § 1 AGG benachteiligt wurde, auch dann zu, wenn er objektiv für die zu besetzende Stelle gar nicht geeignet war und damit auch keine Chance hatte, die Stelle zu bekommen.[41] Ein Anspruch kann ggfs. bei nicht ernst gemeinten Scheinbewerbungen (AGG-Hopping) verneint werden, wenn der Bewerbung rechtsmissbräuchliches Verhalten zugrunde liegt (Bewerbung mit dem ausschließlichen Ziel, einen Entschädigungsanspruch geltend machen zu können).[42]

150

Die Höhe der Entschädigung richtet sich nach § 15 Abs. 2 AGG. Hierzu bestimmt § 15 Abs. 2 S. 2 AGG, dass die Entschädigung bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen darf, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

151

Die Geltendmachung der oben genannten Ansprüche erfordert, dass eine entsprechende Benachteiligung vom Anspruchsteller (unterlegener Bewerber bzw. diskriminierter Beschäftigter) dargelegt wurde (sog. Beweislast). § 22 AGG bestimmt bezüglich der Beweislast, dass der Anspruchsteller im Streitfall Indizien (hierbei geht es schon um erkennbare Anzeichen) beweisen muss, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen. Der Arbeitgeber trägt aber sodann, wenn solche Indizien vorliegen, die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

152

Der sich benachteiligt fühlende Arbeitnehmer muss die Gründe für die von ihm empfundene Benachteiligung darlegen.

In diesem Sinne muss er

 zunächst das aus seiner Sicht betroffene Diskriminierungsmerkmal benennen z.B. Alter, Mann/Frau, Hautfarbe etc.,

 darlegen, worin die von ihm empfundene Ungleichbehandlung bezüglich der jeweiligen Vergleichsgruppe besteht.

153

Der Betroffene kann in diesem Zusammenhang auch Zeugen benennen. Weder er noch die benannten Zeugen dürfen gemaßregelt werden.

154

Folgend hat der Arbeitgeber zu beweisen, dass keine Benachteiligung i.S.d. Gesetzes vorliegt oder dass unter Umständen die gestellten Anforderungen eine Ungleichbehandlung rechtfertigen.