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Czytaj książkę: «Tausend und Ein Gespenst», strona 23

Czcionka:

XVI

Das erste Land, welches wir erblickten, nachdem wir die Küsten von Frankreich aus dem Gesicht verloren hatten, war die kleine, nördlich von Madeira gelegene Insel Porto-Santo. In einem weit dichteren Nebel verborgen, trat Madeira erst zwei Stunden nachher aus ihm hervor. Wir ließen den Hafen von Funchal zu unserer Linken, und setzten unsere Fahrt fort. Am vierten Tage, nachdem wir Madeira umsegelt, erblickten wir den Pic von Teneriffa, der sich in den Wogen des Dunstes zeigte und verlor, welcher seine Seilen gleich einem zweiten Meere mit Wellen zu schlagen schien. Wir fuhren vorüber, ohne anzuhalten, und wir begannen ein grünliches Meer zu befahren, das einer unermeßlichen, mit Kresse bewachsenen Fläche glich; dichte Lagen von Seegras von einem dunklen, in das Gelbe spielende Grün bedeckten die Oberfläche des Oceans, und bildeten jene Trauben, welche die Matrosen Trauben des Wendekreises nennen.

Es war nicht das erste Mal, daß ich solche Reisen machte. Ich war zwei Mal in Buenos-Ayres gewesen, und hatte das gesehen, was die Seeleute die blauen Gewässer nennen. Ich befand mich daher wieder in meinem Elemente; ich athmete wieder nach meinem ganzen Behagen. Das Schiff war ein guter Segler, und segelte sieben bis acht Knoten in der Stunde. Jeder Knoten entfernte mich um eine Meile von der Buchold, ich hatte Nichts mehr zu wünschen.

Wir passirten die Linie, es fand wie gewöhnlich ein Fest am Bord statt. Ich zeigte dabei mein von dem alten Ostindienfahrer unterschriebenes Zeugniß vor, und statt Wasser zu empfangen, goß ich es über die Kopfe der Andern.

Der Kapitän war eine gute Haut, er halte den Rum Preis gegeben, so daß ich mich ein Wenig benebelt schlafen gelegt hatte. Plötzlich befand ich mich, wie man zu sagen pflegt, zwischen Fell und Fleisch, ich schlummerte halb singend, halb schnarchend, indem ich mit der Hand die Käfer verscheuchte, welche ich für fliegende Fische hielt; da schien mir, als ob eine große weiße Gestalt durch die Luke herabkomme und auf meine Hängematte zuschreite.

In dem Maße, als sie sich näherte, erkannte ich die Buchold; vielleicht schnarchte ich noch, aber ich stehe Ihnen dafür, daß ich nicht mehr sang.

– Ah! sagte sie zu mir, nachdem Du mir zwei Male den Schädel eingeschlagen, einmal mit einem Stoße mit dem Schlittschuhe und ein anderes Mal mit einem Schlage mit dem Feuerblocke, versetzt Du Dich also in diesen Zustand, Trunkenbold! statt zu bereuen und statt Buße zu thun?

Ich wollte ihr antworten, aber es war sonderbar, Sie sprach jetzt, und ich war stumm geworden.

– O! es ist unnöthig, fuhr sie fort, Du bist nicht allein stumm, sondern Du bist auch gelähmt; Versuche einmal. Dich aus dem Staube zu machen, versuche.

Die verwünschte Buchold sah wohl, was in mir vorging, und daß ich übermenschliche Anstrengungen machte, um aus meiner Hängematte zu steigen. Aber Nichts da! mein Bein war steif wie der Fockmast, und es hätte der Schiffswinde bedurft, um mich vom Flecke zu bringen.

Ich ergab mich darein. Ich drehte mich gegen den Wind und blieb wie eine Ankerboje.

Glücklicher Weise konnte ich die Augen schließen, um nicht zu sehen, das war ein Trost; aber unglücklicher Weise konnte ich die Ohren nicht verschließen, um sie nicht zu hören. Sie sagte mir so viel, sie sagte mir so viel, daß es mir am Ende vor den Ohren summte, ohne daß ich die Worte verstand; dann hörte ich nicht einmal das Summen mehr, dann hörte ich die Stunde schlagen; dann hörte ich den Hochbootsmann, welcher rief:

– Die zweite Quartwache auf das Verdeck!

– Sie wissen, was die Quartwachen sind? fragte mich der Vater Olifus.

– Ja, antwortete ich ihm, fahren Sie immerhin fort.

– Ich hatte also die zweite Quartwache. Ich war es, den man rief; ich hörte, daß man mich rief, und ich konnte weder Füße noch Hände rühren. Nur sagte ich mir: Deine Rechnung ist gut, Olifus, Du wirst Seising Prügel bekommen. He! Unglückseliger, man ruft Dich; he, Faulenzer, steh doch auf!

Alles das ging in meinem Innern vor sich, mein Herr. Außerhalb, gute Nacht, Nichts rührte sich.

Plötzlich fühlte ich, daß man mich schüttelte; ich glaubte, daß es die Buchold wäre. Ich machte mich klein; man schüttelte mich stärker. Endlich hörte ich einen Fluch, um das Schiff zu spalten, und eine Stimme, welche zu mir sagte:

– So stehe doch auf! bist Du todt?

Gut! ich erkannte die Stimme des Obersteuermannes.

– Nein! nein! ich bin nicht todt! nein, Valer Vidercome, hier bin ich. Nur helft mir aus meiner Hängematte zu steigen.

– Wie! ich soll Dir helfen?

– Ja, es ist mir unmöglich, mich selbst zu rühren.

– Gott verzeihe mir, ich glaube, daß er noch nicht wieder nüchtern ist. Warte, warte.

Und er nahm den Stiel irgend eines Besens, der sich in der Nabe befand.

Ich weiß nicht, ob es die Furcht war, welche mir Kräfte verlieh, oder ob meine Erstarrung vorüber war; aber ich war leicht wie ein Vogel. Ich sprang aus meiner Hängematte und sagte: – Hier bin ich! hier bin ich! Es ist die Schurkin, die Buchold. Wahrlich, dieses Geschöpf ist zu meinem Unglücke geboren.

– Buchold oder nicht, daß Dir das morgen nicht wieder begegnet, sagte der Obersteuermann; oder wir werden sehen. . .

– O! morgen, äußerte ich, indem ich meine Beinkleider anzog und die Leiter der Luke hinaufkletterte, morgen hat es keine Gefahr.

– Ja, morgen wirst Du nicht mehr betrunken sein, ich begreife es; für heute lasse ich es Dir hingehen; es ist nicht alle Tage das Fest des Wendekreises. Vorwärts, vorwärts auf das Verdeck.

Ich befand mich darauf; niemals habe ich eine ähnliche Nacht gesehen.

Es waren nicht Sterne mehr, die sich am Himmel befanden, mein Herr, es war Goldstaub. Was das Meer anbetrifft, so war es durch einen leichten Wind gekräuselt, wie man keinen andern verlangte, um in das Paradies einzusegeln.

Das war nicht Alles, das Schiff schien die Wellen zu entflammen, indem es sie spaltete. Es war Nichts zu thun. Das Schiff fuhr mit allen Beisegeln unter dem Winde, wie ein junges Mädchen Sonntags in die Messe geht.

Ich bückte mich daher über die Brüstung, und begann das Wasser zu betrachten.

Sehen Sie, Sie vermögen sich nichts Aehnliches vorzustellen. Man sagt, daß es die kleinen Fische sind, die das machen; ich ziehe es vor zu sagen, daß es der liebe Gott ist. Es war, als ob sich fünfzig Windlichter längs dem Rumpfe des Schiffes befänden und endlose Feuerwerke in dem Fahrwasser des Schiffes anzündeten. Alles das trat auf der dunkeln Farbe der Wellen gleich einer Flammenfahne hervor, deren lange Falten man unter dem Wasser schüttelte.

Plötzlich schien es mir, als ob in Mitte dieser Flammen Etwas wie eine menschliche Gestalt spielte. Die Gestalt machte sich immer sichtbarer, und was erkannte ich? die Buchold!

Sie haben nicht nöthig mich zu fragen, ob ich einen Sprung zurückthun wollte; aber, Nichts da, an das Geländer des Schiffes gefesselt, wie ein Stockfisch daran gefesselt, war es mir unmöglich, mich davon zu entfernen. Im Gegentheile, indem sie in dem Wasser spielte, indem sie mit dem Kopfe untertauchte, indem sie bald auf dem Bauche, bald auf dem Rücken schwamm, winkte sie, machte Buhlereien, lächelte mir zu, daß ich meine Füße den Boden verlassen, meinen Bauch gleiten fühlte; sie zog mich wie ein Schwindel an; ich wollte mich zurückhalten, ich fand Nichts; ich wollte schreien, ich hatte keine Stimme mehr; sie zog mich immerfort an. Ha! verfluchte Sirene Ich fühlte meine Haare sich sträuben, es befand sich an jedem ein Tropfen Wasser, und ich glitt, ich glitt, und der Kopf zog den Unterleib nach, und ich fühlte, daß ich hinabstürzte. Verfluchte Sirene.

Plötzlich packte man mich bei dem Gürtel meiner Hose.

– Aber bist Du denn rasend, Olifus? sagte der Obersteuermann zu mir, indem er mich an sich zog. Zu Hilfe, zwei Mann! zwei kräftige! zwei starke! zu Hilfe!

Sie kamen; es war Zeit! ich zog ihn mit mir fort. Ich fiel wieder auf das Verdeck zurück, O weh!

Ich war in Schweiß gebadet, mein Herr, ich knirschte mit den Zähnen, ich verdrehte die Augen.

– Gut! sagte der Obersteuermann. wenn man epileptisch ist, so sagt man es zum Mindesten, das ist ein Fall, der den Vertrag aufhebt. Das ist was Schönes, ein Matrose, der Nervenanfälle hat. Zieraffe von Olifus, geh.

– Es ist wahr, mein Herr, ich zappelte mit den Beinen, indem ich dabei sagte: Nein, es ist nicht die Epilepsie, es ist die Buchold. Haben Sie sie etwa nicht gesehen?

– Wen?

– Die Buchold; sie war da, indem sie wie ein Salamander in dem Wasser und in dem Feuer spielte; sie rief mich, sie zog mich an, sie war es! Ha! verfluchte Sirene.

– Was sagst Du von einer Sirene?

– Nichts, nichts. . .

Sehen Sie, begann Vater Olifus wieder, wenn Sie lange Reisen machen, mein Herr, so müssen Sie mit dm Matrosen niemals weder von Sirenen, noch von Nereiden, noch von Meerweibchen, noch von Meermännern sprechen. Auf dem Lande geht das noch an; auf dem Lande spaßen die Matrosen darüber, aber auf dem Meere haben sie das nicht gern, es macht ihnen Furcht. So viel ist gewiß, daß ich um ein Haar untergetaucht wäre, und daß ich ohne den Obersteuermann einen Schluck aus der großen Tasse trank.

Ich setzte mich an den Fuß des Besanmastes; ich steckte meinen Arm durch ein Tauwerk und erwartete den Anbruch des Tages.

Als der Tag angebrochen war, schien es mir, als ob Alles das ein Traum wäre; nur, da ich ein heftiges Fieber hatte, so sah ich ein, daß bei alle dem etwas Wirkliches zum Grunde läge. Nun aber war die Wirklichkeit sehr einfach; ich hatte der Buchold einen Schlag mit dem Feuerblocke versetzt, so gut versetzt, daß sie daran gestorben war, und es war ihre Seele, welche kam, um Gebete von mir zu verlangen.

Unglücklicher Weise gibt es auf den Schiffen der ostindischen Compagnie keinen Kaplan; wenn sich ein Kaplan darauf befunden hätte, so hätte ich ihn eine Messe lesen lassen, und Alles war abgemacht. Nun fiel mir ein anderes Mittel ein, ein bekanntes Mittel.

Ich nahm eine Muskatnuß, schrieb den Namen der Buchold darauf, wickelte sie in Leinwand, verschloß das Ganze in eine Büchse von verzinntem Blech, machte auf dem Deckel zwei durch einen Stern von einander getrennte Kreuze, und als der Abend gekommen war, warf ich den Talisman mit einem De Profundis, in das Meer, und legte mich hierauf in meine Hängematte.

Kaum befand ich mich darin, als ich rufen hörte:

– Ein Mann im Meer!

Wenn man diesen Ruf hört, so gilt er, wie Sie wissen, für Jedermann; denn auf einem Schiffe ist beute die Reihe an meinem Kameraden, und wird morgen vielleicht an mir sein. Ich sprang aus meiner Hängematte und eilte auf das Verdeck.

Es fand ein Augenblick der Verwirrung statt. Jeder sagte: Wer ist es denn? Wer ist in dem Meere? Bin ich es, bist Du es, ist er es? Aber gleichviel, da sich auf einem gut unterhaltenen Schiffe immer ein mit einem Messer versehener Mann an dem Tau der Rettungeboje, oder bei dem Haken befindet, den man loslassen muß, um die Rettungsboje in das Meer fallen zu lassen, so hatte der Mann sein Werk bereits gethan, und die Rettungsboje befand sich in dem Fahrwasser des Schiffes.

Während dieser Zeit rief der Kapitän:

– Holt das Steuer an; laßt die oberen Segel los; laßt die Hißtaue und die Schoten schießen.

Sehen Sie, das ist folgendes Manöver; wenn ein Mann ins Meer fällt, so dreht man das Schiff gegen den Wind, und wenn man, um das Schiff gegen den Wind zu drehen, nicht die Hißtaue und die Schoten schießen ließe, so würde man während der Zeit, daß es seine Wendung macht, gar viele Spieren zerbrochen und gar viele Beisegel zerrissen haben, besonders wenn es mit vollem Wind fährt.

Zu gleicher Zeit hißte man das Boot mittelst eines Taues; man nahm ein Stück altes Tauwerk, das stark genug war, um es zu tragen; man steckte das Tau von oben nach unten in eine Hißtaukette. Kurz, man ließ ein Boot in das Meer.

Während dieser Zeit befand sich Jedermann auf dem Hinterkastel; es war eine wahre Rettungsboje, die man mit einem Feuerwerke, um es zu erleuchten, herabgelassen hatte; das Feuerwerk brannte, so laß man eine Person sehen konnte, welche schwamm!

Wenn ich sage, daß man sehen konnte, so irre ich mich, nur ich allein sah, und vergebens mogte ich sagen: Seht Ihr? seht Ihr? die Andern sagten: Nein, wir sehen Nichts.

Indem sie dann um sich herumblickten, sagten die Schelme von Matrosen: – Hier bin ich, da bist Du, da ist er, wir sind Alle da.

Wer hat denn einen Mann ins Meer fallen sehen?

Jedermann sagte:

– Ich nicht, ich nicht, ich nicht.

– Wer aber hat am Ende gerufen, daß ein Mann ins Meer gefallen sei?

– Ich nicht, ich nicht, ich nicht.

Niemand hatte gesehen, Niemand hatte gerufen. Während dieser Zeit hatte der Schwimmer oder die Schwimmende die Rettungsboje erreicht, und ich sah deutlich eine Person an dieselbe geklammert.

– Gut, sagte ich, er hält sie.

– Was?

– Die Rettungsboje.

– Wer?

– Der Mann, der im Meere ist.

– Du siebst Jemand auf der Rettungsboje?

– Ei, bei Gott!.

– Sagt doch, Olifus, wer sieht Jemand auf der Rettungsboje, sagte der Obersteuermann. Bis jetzt scheint es, daß ich gute Augen hatte, aber es scheint, daß ich mich irrte.

Das Boot war in dem Meere und ruderte nach der Rettungsboje. —

– Ohe! Ihr auf dem Boote! rief der Obersteuermann, seht Ihr Jemand auf der Rettungsboje?

– Niemand.

– Sagt doch, da fällt mir etwas ein, sagte der Obersteuermann, indem er sich nach den Matrosen umwandte.

– Was?

– Daß Olifus es ist, der gerufen hat: Ein Mann im Meere!

– Ah! das ist stark!

– Dam! Niemand fehlt. Niemand sieht die Rettungsboje besetzt; nur Olifus behauptet, daß Jemand fehlt; nur Olifus sieht Jemand auf der Boje; er muß seine Gründe dazu haben.

– Ich sage nicht, daß Jemand fehlt, ich sage, daß sich Jemand auf der Boje befindet.

– Wir werden es wohl sehen; da führt das Boot sie zurück.

In der Thor, das Boot hatte die Boje erreicht und sie all sein Hintertheil befestigt, so daß sie in dem Fahrwasser folgte.

Ich sah deutlich eine Person auf der verteufelten Rettungsboje sitzen, und je näher das Boot kam, desto deutlicher sah ich.

– Ohe! Ihr von dem Boote, rief der Obersteuermann aus, was führt Ihr uns da zu?

– Nichts.

– Wie. Nichts! rief ich aus, Ihr seht nicht? Ihr seht nicht?.

– Nun! was hat er denn? man sollte meinen, daß ihm die Augen aus dem Kopfe hervortreten würden.

In der That, sehen Sie, ich hatte so eben meine Sache erkannt, und ich sagte: Gut! mit mir ist es aus! die Person, welche sich auf der Rettungsboje befand, mein Herr, war die Buchold, welche ich in einer Büchse von verzinntem Blech in das Meer geworfen zu haben glaubte.

– Bringt sie nicht an Bord! rief ich aus. Werft sie in das Meer . . . Seht Ihr nicht, daß es eine Sirene ist? seht Ihr nicht, daß es ein Meerweibchen ist? seht Ihr nicht, daß es der Teufel ist?

– Ah! ah! sagte der Obersteuermann, er ist wahrhaftig wahnsinnig; bindet mir diesen Burschen da und benachrichtigt den Wundarzt.

In einem Nu war ich gebunden und in ein Krankenzimmer gebracht; dann kam der Wundarzt mit seiner Lancette.

– O! sagte er, es hat Nichts zu bedeuten; ein hitziges Fieber, sonst Nichts. Ich will ihm tüchtig zur Ader lassen, und wenn er in drei Tagen nicht gestorben ist, so wird Aussicht vorhanden sein, daß er davon kömmt.

Ich erinnere mich Nichts mehr, als daß ich einen Schmerz am Arme empfand, daß ich mein Blut fließen sah, und daß ich in Ohnmacht fiel.

Ich wurde indessen nicht so schnell ohnmächtig, um nicht den Kapitän ganz laut sagen zu hören:

– Niemand, nicht wahr?

Und die ganze Mannschaft antworten:

– Niemand.

– Ah! der Spitzbube von Olifus, ich verspreche ihm Eines, nämlich ihn auf dem ersten Lande auszusetzen, das wir antreffen werden.

Nach diesem angenehmen Versprechen verlor ich die Besinnung.

XVII

Der Kapitän war ein Mann von Wort. Als ich wieder zu mir kam, befand ich mich in der That auf dem Lande. Ich erkundigte mich, in welchem Welttheile ich mich befände, und ich erfuhr, daß mich der Dreimaster, Jean de Witt, das war der Name des Schiffes der ostindischen Compagnie, im Vorüberkommen auf Madagaskar ausgesetzt hätte.

Da ich drei und einen halben Monat am Bord des Jean de Witt gedient hatte, so fand ich unter meinem Kopfkissen eine Summe von Hundert und vierzig Gulden, was gerade den Lohn für meine drei und einen halben Monat ausmachte.

Sie sehen, daß der Kapitän bei Allem noch ein wackerer Mann war. Er konnte mir einen Monat abziehen, da ich seit einem Monate keinen Dienst mehr that.

Während dieses Monates, in welchem mir es unmöglich war, zu sagen, was sich zugetragen hatte, waren wir in Sanct Helena gelandet, hatten das Kap umsegelt und bei Tamatavi Anker geworfen, wo man mich ausgesetzt hatte.

Da es nicht in Tamatavi war, wo ich irgend eine Niederlassung zu gründen wünschte, sondern in Ostindien, so erkundigte ich mich bei meinem Wirte nach einem Ueberfahrtsmittel. Eine Gelegenheit nach Ostindien war in Tamatavi ein seltenes Ereigniß. Mein Wirth rieth mir dem zu Folge Saint Marie zu erreichen, wo die Aussicht besser für mich sein würde. Ein Schiff segelte acht Tage nachher nach Point Larrée ab; ich beschloß, auf ihm Ueberfahrt zu nehmen, wenn ich mich in acht Tagen besser befände.

Ich hatte nur eine Furcht, mein Herr, es gab nur Eines, was veranlassen konnte, daß ich mich schlimmer befände; nämlich, wenn man etwa zufällig meine Frau mit mir ausgeschifft hätte.

Die erste Nacht brachte ich in Aengsten zu, daß es nicht zum Aushalten war; bei dem geringsten Geräusche, das ich hörte, sagte ich: Gut! die Buchold! und der Schweiß trat mir auf die Stirn; dabei fand, wie Sie begreifen werden, noch ein wenig Fieber statt.

Endlich brach der Tag an. Nichts. Ich athmete wieder freier.

Die zweite Nacht, wieder Nichts.

Die dritte eben so.

Die vierte, die fünfte, die sechste, die siebente, die achte Nichts. Ich genas daher auch sichtlich, und als mein Wirth mir zu sagen kam: Nun denn, sind Sie im Stande nach Saint Marie aufzubrechen? sagte ich zu Ihm: Ich glaube wohl, und in zehn Minuten war ich bereit.

Unsere Rechnung war bald geordnet. Er wollte Nichts annehmen, und ich zahlte lieber in Dankbarkeit als in Münze, da ich besser mit der einen als mit der andern versehen war; ich bestand daher nicht darauf; wir umarmten uns und ich schiffte mich nach Point Larrée ein.

Nicht ohne Besorgnis setzte ich den Fuß wieder auf das Meer. Bei jedem Fische, den ich erblickte, glaubte ich, daß es meine Frau wäre. Man wollte unterweges fischen, aber ich bat so sehr, daß die Matrosen nicht den Muth hatten, die Angeln auszuwerfen.

Ich war nicht eher wirklich ruhig, als bei meiner Ankunft in Point Larrée. Das Meer war das Element der Buchold; da ich sie aber während der Ueberfahrt nicht erblickt hatte, so sagte ich mir: Gut! sie hat die Spur verloren.

Ich beschloß nichts desto weniger, daß ich von Point Larrée nur zu Lande nach Tintingue gehen wollte. Das Land war mein Element, und es schien mir, daß ich auf ihm weit stärker wäre. Das ist sonderbar, ich, der ich vorher nicht wußte, wozu das Land dienen könnte, als etwa Wasser auf ihm einzunehmen und Fische trocknen zu lassen.

Ich wurde daher mit zwei schwarzen Führern einig, welche gegen ein Gabelmesser, das ich besaß, und' das sich in zwei Theile trennen ließ, einwilligten, mich Von Point Larrée nach Tintingue zu führen. Sie werden begreifen, daß das wieder geschah, um meine Hundert und vierzig Gulden zu sparen.

Am folgenden Tage brachen wir auf; das hieß nicht zu Lande gehen, denn mit jedem Augenblicke war der Weg von Flüssen und Morästen durchschnitten, in denen uns das Wasser bis an den Gürtel ging. Von Strecke zu Strecke erblickten wir einige Inseln festen Landes, auf denen es von Wild wimmelte. – Sind Sie Jagdliebhaber?

– Ja.

– Nun denn! wenn Sie da gewesen wären, so würden Sie Sich gut belustigt haben. Die Perlhühner, die Turteltauben, die Wachteln, die grünen Tauben, die blauen Tauben, alles das flog zu Tausenden auf, so daß wir uns mit Hilfe eines Stockes einen fürstlichen Braten verschafften. Mittags hielten wir unter Palmen an; das war die Stunde des Mittagessens. Ich rupfte unsere Perlhühner, meine Neger machten Feuer, man schüttelte einige Bäume, welche ihre Früchte gaben, wie der König von Holland deren niemals ähnliche gegessen hat.

Und wir begannen unser Mahl.

Es gab nur eines, das uns fehlte; nämlich eine gute Flasche Bordeauxwein oder Ale von Edinburg, da ich aber ein Philosoph bin, und das zu entbehren weiß, was mir fehlt, so ging ich nach dem Bache, um aus der Hand zu trinken.

Als das einer meiner Führer sah, sagte er zu mir:

– Das Wasser nicht gut, Mosje.

– Bei Gott, antwortete ich, ich weiß wohl, daß es nicht gut ist, und ich würde Wein verziehen.

– Masje würde Wein vorziehen?

– Ei ja doch, Mosje würde Wein vorziehen, erwiderte ich ungeduldig.

– Nun denn! ich will ihm Wein geben.

– Wein?

– Ja, und neuen Wein. Kommen Sie, Mosje.

Ich folgte ihm, indem ich mir in meinem Innern sagte: Ah! Spaßvogel, wenn Du mich zum Narren hast, so werden wir unsere Rechnung bei der Ankunft machen.

Ich sagte: bei der Ankunft, sehen Sie, weil unterweges meine Schelme mir einen schlimmen Streich hätten spielen können, während einmal angekommen. . .

– Ja, ja, ich begreife.

– Ich folgte ihm also; er ging ohngefähr dreißig Schritte weit, und indem er hierauf um sich blickte, sagte er:

– Kommen Sie, kommen Sie, Mosje, da ist das Faß.

Und er zeigte mir einen Baum. Ich sagte, immer in meinem Innern: Ah! Spaßvogel, wenn Du mich zum Narren hast. . .

– Nun denn! es war ein Ravenalabaum, den er Ihnen zeigte, sagte Biard.

Olifus blickte ihn mit großen, ganz verwunderten Augen an.

– Ei, Sie wissen das?

– Bei Gott!

– Wie Sie gesagt haben, war es ein Ravenala, der den Beinamen der Baum des Reisenden hat; nun denn! ich hatte schon viele Reisen gemacht, und dennoch kannte ich diesen Baum nicht, so daß, als er ein Blatt pflückte, dem er die Form eines Glases verlieh, und als er zu mir sagte: Nehmen Sie das, Mosje, und verlieren Sie keinen Tropfen davon, ich immer noch wiederholte: Ah! Spaßvogel!!.

Mein Herr, er stieß mit meinem Messer in den Baum, und sehen Sie, es floß ein Wasser, oder vielmehr ein Wein, oder vielmehr ein Likör aus ihm heraus.

Ich nahm meinen Hut vor ihm ab, mein Herr, wie als ob dieser Affe von Neger ein Mensch wäre.

Nach mir tranken meine beiden Neger.

Nach ihnen begann ich wieder zu trinken. Ich hätte bis zu dem folgenden Tage getrunken, aber sie sagten mir, daß wir uns wieder auf den Weg begeben müßten. Ich wollte einen Zapfen in den Baum stecken, so viel Kummer machte es mir, eine so gute Flüssigkeit verloren gehen zu sehen, aber sie sagten mir, daß ich auf der ganzen Reise Ravenalas finden würde, daß es in Madagaskar Wälder von Ravenalas gäbe.

Ich hatte einen Augenblick lang Lust in Madagaskar zu verweilen, und einen dieser Wälder auszubeuten.

Am folgenden Tage kamen wir nach Tintingue; meine Führer hatten mich nicht belogen; auf dem ganzen Wege hatten wir Ravenalas gefunden, die ich angebohrt hatte.

In Tintingue wollte es der Zufall, daß ich einem reichen Chingulesen begegnete, der Handel mit Perlen trieb. Der Augenblick dieser Fischerei, welche im Monat März stattfindet, war herbeigekommen, und er war gekommen, um Taucher auf der Küste von Zanguetar und unter den Unterthanen des Königs Radhama zu suchen, welche für die kühnsten Fischer von der Welt gelten. Er erkannte mich als einen Europäer. Er suchte einen Fischereidirector. Er glaubte, daß ich für ihn passen würde; er paßte für mich vollkommen. Ich machte ihm den Antrag, mich auf Probe zu nehmen; er nahm es an. Vierzehn Tage nachher gingen wir in dem Hafen von Colombo vor Anker.

Es war keine Zeit zu verlieren; die Fischerei hatte bereits angefangen. Wir hielten uns in Colombo nicht lange auf, und segelten nach Condately, was der Bazar der Insel ist. Mein Chingulese war einer der Hauptpächter der Fischerei; wir segelten mit einer wahren Flotte ab, und steuerten nach der Insel Mannar, in deren Umgegend die Fischerei stattfindet.

Unsere Flotte bestand aus zehn Barken, jede mit zwanzig Mann bemannt. Von diesen zwanzig Mann bilden zehn die Schiffsmannschaft, zehn sind Taucher.

Diese Barken haben eine eigenthümliche Form, sind lang und breit, haben nur einen Mast und ein Segel, und geben nicht tiefer als achtzehn Zoll im Wasser.

Ich war der Patron einer dieser Barken.

Ich hatte meinem Chingulesen im Voraus gesagt, daß ich nichts von der Perlenfischerei verstände, daß ich aber ein Bootsmann von erster Starke wäre, und er wurde in der That bald gewahr, daß ich meine Barke auf eine Weise führte, nach der die andern Patrone nur als dumme Teufel erschienen.

Nur wurde ich nach Verlauf von drei Tagen Eines gewahr, nämlich daß unsere Taucher, wenn sie geschickt waren, zuweilen in einem Tage zehn Mal das verdienen kannten, was ich, ihr Patron, in einem Monate verdiente.

Das kam daher, weil die Fischer mit einem Zehntel an dem Fange interessirt sind, den sie machen, so daß, wenn ein Taucher Glück hat. wenn er auf eine schöne Austernbank geräth, er in der Fischzeit, das heißt, in zwei Monaten, zehn, fünfzehn und zwanzig Tausend Franken verdienen kann, während ich in diesen zwei Monaten einzig und allein fünf Hundert Franken verdiente.

Nun begann ich die Art und Weise zu studiren, wie es meine Leute anfingen. Am Ende war es nicht um das Meer auszutrinken.

Jeder Taucher nahm zwischen seine beiden Füße oder befestigte um seine beiden Hüften einen ohngefähr zehn Pfund schweren Stein; mit diesem Steine beschwert, der ihn auf den Grund zog, tauchte er dann in das Wasser. In der einen Hand hielt er ein Netz, und raffte mit der andern so viele Austern zusammen, als er finden konnte. Wenn er keine Lust mehr hatte, so schüttelte er das Tau, das ihn an der Barke zurückhielt, und man zog ihn wieder auf die Oberfläche des Wassers. Jeder Mann der Schiffsmannschaft wachte über ein Tau, so daß der Taucher nicht nöthig hatte, das Zeichen zwei Mal zu geben. Deshalb ist gleiche Anzahl von Matrosen nöthig als Taucher.

Der Fang war vortrefflich, und ich bedauerte nur, mich als Patron und nicht als Taucher verdingt zu haben.

In Monikendamm hatte ich einen gewissen Ruf, lange unter dem Wasser zu bleiben, und dies kam mir gut zu

Statten, als ich genöthigt gewesen war, meinen Weg unter dem Eise zu suchen, – Sie wissen, in dem See von Stavorin. – Das Einzige, was mich tröstete, war, daß ich eine gräßliche Furcht davor hatte, im Tauchen der Buchold zu begegnen, und dann, wie Sie begreifen werden, war es kein Spaß mehr. Gute Nacht, Ihr Austern! Lieber würde ich mein ganzes Leben lang Patron mit zwei Hundert und fünfzig Franken monatlich geblieben sein.

Uebrigens war das nicht das Einzige, was dabei zu fürchten stand; die Haifische kennen die Zeit der Fischerei, wie als ob sie Kalender hätten, und die Masse dieser Fische, die während der zwei Monate, welche sie dauert, in der Bai von Mannar herumzustreifen pflegen, ist unglaublich. Es gab daher auch keinen Tag, daß sich nicht Irgend ein Unfall zutrug. Aber ich muß sagen, daß, wenn nur die Haifische gewesen wären, mich das nicht abgehalten hätte zu tauchen; es war die Buchold.

Unter der Zahl unserer Taucher hatten wir einen Neger und seinen Sohn am Bord; es waren zwei Prachtvolle Afrikaner, welche meinem Chingulesen von dem Iman von Mascate selbst geschenkt worden waren; der Knabe war fünfzehn, und der Vater fünf und dreißig Jahre alt. Sie waren unsere verwegensten und unsere geschicktesten Taucher. Während der zehn bis zwölf Tage, daß die Fischerei dauerte, hatten sie allein fast eben so viele Austern zusammengerafft, als die andern acht Fischer mit einander. Ich halte Freundschaft für den kleinen Schwarzen gefaßt, und unter seinen Kameraden war er es, dem ich besonders bei seinem Untertauchen folgte; bei dem Herauskommen ans dem Wasser legte er daher seinen Fang zu meinen Füßen nieder, und ich wachte über seinen Antheil. Man nannte ihn Abel.

Eines Tages warf er sich in das Wasser. Gut! er blieb immer fünfzehn bis zwanzig Sekunden darin, ohne wieder zu erscheinen; was ungeheuer ist, kaum war er verschwunden, als er gegen seine Gewohnheit das Tau heftig schüttelte. Der Mann, der mit den. Taue beauftragt war, dachte an andere Dinge; er hatte den armen Schwarzen so eben in das Meer springen sehen. Als ich zu ihm sagte: Aber, so zieh doch auf! Einfaltspinsel, zieh doch auf! Du siehst wohl, daß sich irgend etwas Außergewöhnliches da unten zuträgt, zieh doch auf! Geh zum Henker, es war schon zu spät. Ich sah einen großen rothen Punkt, auf die Oberfläche des Wassers steigen, und dann in Mitte der Lache den Knaben, der mit einem über dem Knie abgebissenen Beine in dem Wasser plätscherte.

Im selben Augenblicke erschien der Vater wieder; er sah das krampfhafte Gesicht seines Sohnes, das Blut, welches das Wasser röthete. Er weinte nicht, er schrie nicht, nur wurde sein wie Ebenholz schwarzes Gesicht aschfarbig. Er stieg mit dem kleinen Abel wieder in die Barke, legte ihn mir auf den Schooß, nahm ein großes Messer, schnitt den Strick ab, der den Stein um seine Hüften befestigte, schnitt das Tau ab, das ihn an die Barke band, und tauchte gerade in dem Augenblicke unter, wo der Haifisch auf das Wasser kam.

Ich sagte: Gebt Acht, Ihr Andern, ich kenne den Mann, wir werden irgend Etwas Spaßhaftes sehen.

Kaum hatte ich ausgesprochen, als der Haifisch, dessen Rückenflossen man über dem Wasser sah, das Meer mit seinem Schwanze peitschte und gleichfalls untertauchte, und nun entstand in dem Wasser ein Geplätscher und Wirbel, ein entsetzliches Durcheinander, und der Kleine schrie mit glühenden Augen, ohne an sich zu denken: Muth, Vater, Muth! tödte, tödte, tödte, und er wollte sich mit seinem armen zerrissenen Beine wieder in das Meer stürzen. Glauben Sie mir, Sie werden niemals etwas dem Aehnliches sehen, was sich vor unseren Augen zutrug; das dauerte eine Viertelstunde, eine große Viertelstunde. Während dieser Viertelstunde kam er nur fünf Male wieder auf die Oberfläche des Wassers, um Athem zu schöpfen, um mit den Augen seinem Sohne einen Wink zu geben, wie um ihm zu sagen: – Geh, sei unbesorgt, Du wirst gerächt werden, und dann tauchte er wieder unter, und sogleich wurde das Meer wieder wie durch einen unterseeischen Sturm gepeitscht. Auf zwanzig Schritte im Umkreise war es nur ein Blutfleck; das Ungeheuer machte sechs Fuß hohe Sprünge aus dem Wasser, und man sah, wie seine Eingeweide aus dem aufgeschlitzten Bauche heraushingen; endlich begann das Meer ruhig zu werden; es war nicht mehr der Mann, der Athem zu schöpfen kam, es war das Thier. Endlich begann der Haifisch seinen Todeskampf, drehte sich um sich selbst, peitschte verzweifelt die Luft mit seinem Schwanze, tauchte unter, erschien wieder, tauchte nochmals unter, dann sah man Etwas wie Silberblitze unter den Wellen flammen; das war der Hay, der mit dem Bauche nach oben wieder herauf kam, und regungslos und steif wie ein Balken schwamm.