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Czytaj książkę: «Joseph Balsamo Denkwürdigkeiten eines Arztes 1», strona 43

Czcionka:

LVIII.
Der Besuch

Lorenza hatte sich nicht getäuscht. Ein Wagen, nachdem er durch die Barriere Saint-Denis hereingefahren, nachdem er in seiner ganzen Länge den Faubourg desselben Namens verfolgt, hatte sich zwischen dem Thore und der Ecke des letzten Hauses gedreht, und fuhr das Boulevard entlang.

Dieser Wagen enthielt, wie es die Seherin gesagt hatte, Herrn Louis von Rohan, Bischof von Straßburg, den seine Ungeduld antrieb, den Zauberer vor der festgestellten Zeit in seiner Höhle aufzusuchen. Der Kutscher, durch viele galante Abenteuer des schönen Prälaten gegen die Dunkelheit, die Aushohlungen der Wege und die Gefahren gewisser geheimnißvoller Straßen festgemacht, wurde nicht im Geringsten verdrießlich, als er, nachdem er den noch bevölkerten Boulevards Saint-Denis und Saint-Martin gefolgt war, nach dem verlassenen, düsteren Boulevard de la Bastille fahren mußte.

Der Wagen hielt an der Ecke der Rue Saint-Claude auf demselben Boulevard an und verbarg sich, gemäß dem Befehle des Herrn, unter den Bäumen, in einer Entfernung von zwanzig Schritten.

Herr von Rohan, der zuvor eine bürgerliche Kleidung angezogen hatte, schlüpfte in die Gasse und klopfte dreimal an die Thüre des Hotel, das er leicht durch die Beschreibung erkannte, die ihm der Graf von Fönix davon gemacht hatte.

Die Schritte von Fritz erschollen im Hofe; die Thüre öffnete sich.

»Wohnt hier nicht der Herr Graf von Fönix?« fragte der Prinz.

»Ja, Monseigneur,« antwortete Fritz.

»Ist er zu Hause?«

»Ja, Monseigneur.«

»Gut, melden Sie mich.«

»Seine Eminenz der Cardinal von Rohan, nicht wahr, Monseigneur?«

Der Prinz war ganz verblüfft. Er schaute sich an, er schaute umher, ob etwas in seiner Kleidung oder in seiner Umgebung seinen Stand verrathen haben konnte. Er war allein und als Laie gekleidet.

»Woher wissen Sie meinen Namen?« fragte er.

»Mein Herr hat mir so eben gesagt, er erwarte Seine Eminenz.«

»Ja, doch morgen, übermorgen?«

»Nein, Monseigneur, diesen Abend.«

»Ihr Herr hat Ihnen gesagt, er erwarte mich diesen Abend?«

»Ja, Monseigneur.«

»Gut, so melden Sie mich,« sprach der Cardinal und drückte Fritz einen doppelten Louis d’or in die Hand.

»Eure Eminenz wolle die Gnade haben, mir zu folgen,« sagte Fritz.

Der Cardinal machte mit dem Kopf ein Zeichen der Einwilligung.

Fritz ging mit eiligen Schritten nach der Thüre des Vorzimmers, das ein großer Candelaber von vergoldetem Bronze mit seinen zwölf Kerzen erleuchtete.

Der Cardinal folgte ganz erstaunt, ganz träumerisch.

»Mein Freund,« sagte er, indem er an der Thüre des Salon stehen blieb, »es ist ohne Zweifel ein Mißverständniß, und ich möchte in diesem Fall den Herrn Grafen nicht gern belästigen; ich kann unmöglich von ihm erwartet werden, da er nicht weiß, daß ich kommen sollte.«

»Monseigneur ist wohl der Cardinal Prinz von Rohan, Bischof von Straßburg?« fragte Fritz.

»Ja, mein Freund.«

»Dann ist es Monseigneur, den der Herr Graf erwartet.«

Und Fritz zündete nach und nach die Kerzen der zwei andern Kandelaber an, verbeugte sich und ging hinaus.

Es verliefen fünf Minuten, während welcher der Cardinal, einer seltsamen Aufregung preisgegeben, das äußerst elegante Geräthe dieses Salon und die acht Meistergemälde betrachtete, welche an den Wänden hingen.

Die Thüre öffnete sich und der Graf von Fönix erschien auf der Schwelle.

»Guten Abend, Monseigneur,« sprach er einfach.

»Man hat mir gesagt, Sie erwarteten mich,« rief der Cardinal, ohne diesen Gruß zu erwiedern, »Sie erwarteten mich diesen Abend? das ist unmöglich.«

»Ich bitte Monseigneur um Vergebung, doch ich erwartete Sie,« antwortete der Graf, »Vielleicht bezweifelt Monseigneur meine Worte, da er den unwürdigen Empfang sieht, den ich ihm bereite? Doch erst seit einigen Tagen in Paris angekommen, bin ich kaum einquartiert. Seine Eminenz wolle mich daher entschuldigen!«

»Sie erwarteten mich! Und wer hat Sie von meinem Besuch benachrichtigt?«

»Sie selbst, Monseigneur.«

»Wie dies?«

»Haben Sie nicht Ihren Wagen an der Barriere Saint-Denis anhalten lassen?«

»Ja.«

»Haben Sie nicht Ihrem Bedienten gerufen, der mit Seiner Eminenz am Schlage der Carrosse sprach?«

»Ja.«

»Haben Sie nicht zu ihm gesagt: » ‚Rue Saint-Claude, im Marais, durch den Faubourg Saint-Denis und über das Boulevard,’ « welche Worte er dem Kutscher wiederholte?«

»Ja. Sie haben mich also gesehen? Sie haben mich also gehört?«

»Ich habe Sie gesehen, ich habe Sie gehört.«

»Sie waren also dort?«

»Nein, Monseigneur, ich war nicht dort.«

»Wo waren Sie denn?«

»Ich war hier.«

»Sie haben mich von hieraus gesehen, gehört?«

»Ja, Monseigneur.«

»Gehen Sie doch!«

»Monseigneur vergißt, daß ich ein Zauberer bin.«

»Ah! das ist wahr, ich vergaß es. Herr  . . . wie soll ich Sie nennen? Herr Baron Balsamo, oder Herr Graf von Fönix?«

»In meinem Hause, Monseigneur, habe ich keinen Namen: ich nenne mich Meister.«

»Ja, das ist der hermetische Titel. Sie erwarteten mich also, Meister?«

»Ich erwartete Sie.«

»Und Sie haben Ihr Laboratorium geheizt?«

»Mein Laboratorium ist beständig geheizt, Monseigneur.«

»Und Sie erlauben mir, in dasselbe einzutreten?«

»Ich werde die Ehre haben, Eure Eminenz zu führen.«

»Ich folge Ihnen, doch unter einer Bedingung.«

»Unter welcher?«

»Sie müssen mir versprechen, mich nicht persönlich mit dem Teufel in Rapport zu bringen. Ich habe große Angst vor Seiner Majestät Lucifer.«

»Oh! Monseigneur!«

»Ja, gewöhnlich nimmt man, um den Teufel zu machen, große Spitzbuben von verabschiedeten französischen Garden oder Fechtmeister, welche, um die Rolle von Satan natürlich zu spielen, die Leute mit Nasenstübern und Backenstreichen bewirthen, nachdem sie zuvor die Lichter ausgelöscht haben.«

»Monseigneur,« sprach Balsamo lächelnd,« meine Teufel vergessen nie, daß sie die Ehre haben, mit Prinzen beschäftigt zu sein, und sie erinnern sich stets des Wortes von Herrn von Condé, der einem derselben versprach, er würde ihm, wenn er sich nicht ruhig hielte, so schön den Pelz ausklopfen, daß er genothigt wäre, wegzugehen oder sich anständig zu betragen.«

»Gut,« sagte der Cardinal, »das entzückt mich; gehen wir in das Laboratorium.«

»Will Eure Eminenz die Gnade haben, mir zu folgen?«

»Immerzu.«

LIX.
Das Gold

Der Cardinal von Rohau und Balsamo nahmen ihren Weg nach einer kleinen Treppe, welche parallel mit der großen in die Salons des ersten Stockes führte: hier fand Balsamo unter einem Gewölbe eine Thüre, die er öffnete, und ein düsterer Gang erschien vor den Augen des Cardinals, der sogleich entschlossen eintrat.

Bei dem Geräusche, das diese Thüre sich schließend machte, schaute der Cardinal mit einer gewissen Unruhe hinter sich.

»Monseigneur, wir sind an Ort und Stelle,« sagte Balsamo; »wir haben nur noch diese letzte Thüre vor uns zu öffnen und hinter uns zu schließen; erstaunen Sie übrigens nicht über den seltsamen Ton, den sie von sich geben wird: sie ist von Eisen.«

Der Cardinal, den das Geräusch der ersten Thüre beben gemacht hatte, ward zum Glück zur rechten Zeit in Kenntniß gesetzt, denn bei dem metallischen Aechzen der Angeln und des Schlosses dürften wohl minder empfindliche Nerven, als die seinigen, unangenehm vibrirt haben.

Er stieg drei Stufen hinab und trat ein.

Ein geräumiges Cabinet mit nackten Balken am Plafond, eine große Lampe und ihr Deckel, viele Bücher, chemische Elemente und physikalische Instrumente in großer Anzahl, dies war der erste Anblick des neuen Gelasses.

Nach Verlauf von einigen Sekunden, fühlte der Cardinal, daß er nur mühsam athmete.

»Was soll das bedeuten?« fragte er; »man erstickt hier, Meister, der Schweiß läuft an mir herab. Was für ein Geräusch ist das?«

»Das ist die Frage, Monseigneur, wie Shakespeare sagt,« versetzte Balsamo, indem er einen großen Vorhang von Asbest zurückzog und einen weiten Ofen von Backsteinen entblößte, in dessen Mitte zwei Löcher wie die Augen des Löwen in der Finsterniß funkelten.

Dieser Ofen bildete den Mittelpunkt eines zweiten Gelasses von der doppelten Größe des ersten, das der Prinz, weil es durch den Asbestvorhang verkleidet war, nicht gesehen hatte.

Oh! oh!« sagte der Prinz zurückweichend, »mir scheint, das ist ziemlich furchtbar.«

»Es ist ein Ofen, Monseigneur.«

»Ja, allerdings, doch Sie haben Shakespeare angeführt, ich werde Molière citiren; es gibt Oefen und Oefen, dieser hat ein ganz diabolisches Aussehen und sein Geruch gefällt mir gar nicht; was kocht man darin?«

»Was Eure Eminenz von mir gefordert hat.«

»Wie beliebt?«

»Ganz gewiß. Eure Eminenz hat, glaube ich, die Gnade gehabt, eine Probe von der Art und Weise meines Benehmens zu empfangen. Ich sollte erst morgen Abend zum werke schreiten, da Eure Eminenz erst übermorgen kommen wollte; doch eure Eminenz hat ihren willen geändert, und ich habe sobald ich sie auf dem Wege nach der Rue Saint-Claude erblickte, den Ofen angezündet und die Mischung gemacht; in Folge hievon arbeitet der Ofen und in zehn Minuten werden Sie Ihr Gold haben. Erlauben Sie, daß ich das Fenster öffne, um einen Luftzug zu bekommen.«

»Wie! Diese auf den Ofen gestellten Schmelztiegel  . . .«

»Werden in zehn Minuten Gold so rein als die Zechinen von Venedig und die Gulden von Toscana geben.«

»Man kann es doch wohl sehen.«

»Ganz gewiß; wir wollen nur einige unerläßliche Vorsichtsmaßregeln nehmen.«

»Welche?«

»Binden Sie auf Ihr Gesicht diese Asbestmaske mit gläsernen Augen, ohne welche Ihnen das Feuer, so glühend ist es, wohl das Gesicht verbrennen könnte.«

»Pest! Wir wollen uns in Acht nehmen; ich halte etwas auf meine Augen und würde sie nicht für die hundert tausend Thaler geben, die Sie mir versprochen haben.«

»Das dachte ich, Monseigneur; die Augen Eurer Eminenz sind schön und gut.«

Dies Compliment mißfiel keines Wegs dem auf seine persönlichen Vorzüge sehr eitlen Prinzen.

»Ah! Ah!« machte er, indem er die Maske befestigte, »wir sagen also, wir werden Gold sehen.«

»Ich hoffe es, Monseigneur.«

»Für hundert tausend Thaler?«

»Ja, Monseigneur; vielleicht gibt es ein wenig mehr, denn ich habe die Mischung reichlich gemacht.«

»Sie sind in der That ein edler Zauberer,« sprach der Prinz mit einem freudigen Herzklopfen.

»Weniger, als Eure Hoheit, die mir dies zu sagen die Gnade hat. Nur wollen Sie ein wenig auf die Seite treten, Monseigneur, damit ich die Platte des Tiegels öffnen kann.«

Balsamo zog ein kurzes Asbesthemd an, ergriff mit kräftigem Arme eine eiserne Zange und hob einen durch die Hitze des Feuers gerötheten Deckel auf, wodurch vier Tiegel von ähnlicher Form entblößt wurden, von denen die einen eine zinnoberrothe Mischung, die andern eine bereits weiß werdende Materie, jedoch mit einem Reste von purpurner Durchsichtigkeit, enthielten.

»Ah!das ist Gold,« sagte der Prälat mit halber Stimme, als hätte er durch ein zu lautes Wort das Geheimniß, welches vor ihm in Erfüllung ging, zu stören befürchtet.

»Ja, Monseigneur, diese vier Tiegel sind etagirt: die einen kochen zwölf Stunden, die andern eilf. Die Mischung, und dies ist ein Geheimniß, das ich einem Freunde der Wissenschaft enthülle, wirft sich erst in dem Augenblick der Aufwallung in die Materie. Aber der erste Tiegel hier wird weiß, wie Eure Eminenz sehen kann; es ist Zeit, die bei dem Punkte angelegte Materie umzugießen. Wollen Sie zurückweichen, Monseigneur.«

Der Prinz gehorchte mit derselben Pünktlichkeit wie ein Soldat einem Befehle seines Anführers. Balsamo ließ die bereits durch die Berührung der rothen Tiegel heiße eiserne Zange los und näherte dem Ofen eine Art von Amboß mit Röllchen, worauf in eisernen Formen acht cylindrische Model von demselben Umfang eingefügt waren.

»Was ist das, lieber Zauberer?« fragte der Prinz.

»Monseigneur, das ist der gewöhnliche, einförmige Model, in welchen ich Ihre Goldstangen gießen will.«

»Ah! ah!« machte der Prinz.

Balsamo breitete auf dem Boden ein Lager von Werg ans. Er stellte sich zwischen den Amboß und den Ofen, öffnete ein großes Buch, sprach, ein Stäbchen in der Hand, eine Anrufung und nahm sodann eine riesige Zange, welche den Schmelztiegel in ihre gekrümmten Arme fassen sollte.

»Das Gold wird herrlich sein, Monseigneur/,und von der besten Qualität,« sagte er.

»Wie,« fragte der Prinz, »Sie heben diesen Topf vom Feuer?«

»Ja, Monseigneur, und er wiegt fünfzig Pfund; oh! ich erkläre Ihnen, wenige Gießer haben meine Muskeln und meine Geschicklichkeit; fürchten Sie also nichts.«

»Wenn jedoch der Tiegel zerspränge  . . .«

»Das ist mir einmal begegnet, Monseigneur; es war im Jahre 1399; ich machte einen Versuch mit Nicolaus Flamel, in seinem Hause in der Rue des Ecrivins, bei der Kapelle Saint-Jacques-la-Boucherie. Der arme Flamel hätte beinahe das Leben eingebüßt, und ich verlor sieben und zwanzig Mark von einer Substanz, welche kostbarer war, als Gold.«

»Was Teufels sagen Sie mir da, Meister?«

»Die Wahrheit.«

»Im Jahr 1399 verfolgten Sie das große Werk?«

»Ja, Monseigneur?«

»Mit Nicolaus Flamel?«

»Mit Nicolaus Flamel; wir fanden das Geheimniß mit einander fünfzig oder sechzig Jahre früher, als wir mit Peter Bonus in der Stadt Pola arbeiteten. Er verstopfte den Tiegel nicht schnell genug, und mein rechtes Auge war auf zehn bis zwölf Jahre durch die Ausdünstung verloren.«

»Peter Bonus?«

»Derjenige welcher das berühmte Werk von der Margarita pretiosa verfaßte, ein Werk, das Sie ohne Zweifel kennen.«

»Ja, es hat die Jahreszahl 1330.«

»So ist es, Monseigneur.«

»Und Sie haben Peter Bonus und Flamel gekannt?«

»Ich war der Schüler von dem einen und der Meister von dem andern.«

Und während sich der Cardinal erschrocken fragte, ob der Mann an seiner Seite nicht eher der Teufel in Person, als einer von seinen Helfershelfern wäre, tauchte Balsamo seine Zange mit den langen Armen in den Ofen.

Das Zusammendrücken war sicher und rasch. Der Alchemist umfaßte den Tiegel vier Zoll unter dem Rand, versicherte sich, indem er ihn nur einige Zoll in die Höhe hob, daß er ihn gut hielt, machte durch eine kräftige Anstrengung seine Muskeln starr, und nahm den furchtbaren Topf aus seiner Gluth; die Hände der Zange rötheten sich alsbald; dann sah man über den Thon weiße Furchen wie Blitze in einer schwefligen Wolke hinlaufen. Hierauf verdunkelten sich die Ränder des Tiegels in Rothbraun, während der conische Grund noch rosenfarbig und silbern auf dem Halbschatten des Ofens erschien; endlich zischte das rieselnde Metall, auf welchem sich ein violetter, von Goldfalten überkräuselter Rahm gebildet hatte, durch die Rinne des Tiegels und fiel in flammenden Güssen in den schwarzen Model, an dessen Mündung, wüthend und schäumend, die goldene Masse erschien, welche durch ihr Beben des gemeinen Metalles spottete, das sie umschloß.

»Nun zum zweiten,« sagte Balsamo, indem er zu einem andern Model überging.

Und der zweite Model wurde mit derselben Geschicklichkeit und derselben Kraft gefüllt.

Der Schweiß fiel in großen Tropfen von der Stirne des Operateur: der Zuschauer bekreuzte sich im Schatten.

In der That, es war eine Gemälde von wilder, schreckensvoller Majestät. Von den rothgelben Reflexen der metallischen Flamme beleuchtet, glich Balsamo den Verdammten, welche Michael Angelo und Dante im Grunde ihrer Kessel drehen.

Balsamo athmete nicht zwischen den zwei Operationen, die Zeit drängte.

»Es wird hier einen kleinen Verlust geben,« sagte er, nachdem er den zweiten Model gefüllt hatte; »ich habe die Mischung eine Hundertstelsminute zu lang kochen lassen.«

»Eine Hundertstelsminute!« rief der Cardinal, der sein Erstaunen nicht länger zu verbergen suchte.

»Das ist ungeheuer in der Hermetik, Monseigneur,« versetzte Balsamo naiv; »doch mittlerweile, Eminenz, sind hier zwei Tiegel leer und hier zwei Tiegel voll und hundert Pfund feines Gold.«

Und er ergriff mit Hülfe seiner mächtigen Zange den ersten Model, warf ihn in das Wasser, das lange Zeit schäumte und rauchte, öffnete ihn sodann und zog ein Stück tadelloses Gold heraus, das die Form eines kleinen, an beiden Polen abgeplatteten Zuckerhutes hatte.

»Wir haben beinahe eine Stunde auf die zwei andern Tiegel zu warten,« sagte Balsamo; »will Eure Eminenz einstweilen sich setzen oder frische Luft schöpfen?«

»Ist das Gold?« versetzte der Cardinal, ohne auf die Frage des Operateur zu antworten.

Balsamo lächelte. Der Cardinal war wohl in seinen Händen.

»Sollten Sie daran zweifeln, Monseigneur?«

»Hören Sie, die Wissenschaft hat sich so oft getäuscht  . . .«

»Sie sagen nicht Ihren ganzen Gedanken, mein Prinz,« sprach Balsamo, »Sie glauben, ich täusche Sie, und zwar wissentlich, Monseigneur, ich wäre sehr wenig in meinen Augen, wenn ich so handelte, denn mein Ehrgeiz ginge nicht über die Mauern meines Cabinets, das Sie ganz erstaunt verlassen würden, um Ihre Bewunderung bei dem ersten dem besten Goldschläger zu verlieren. Erweisen Sie nur mehr Ehre, mein Prinz, und glauben Sie mir, daß, wenn ich Sie täuschen wollte, dies geschickter und in einem höhern Zwecke geschehen würde. Überdies weiß Eure Eminenz, wie man das Gold prüft?«

»Allerdings, mit dem Probierstein.«

»Monseigneur hat unfehlbar selbst den Versuch gemacht, und wäre es nur mit den im Spiele sehr häufig vorkommenden spanischen Unzen, welche von dem feinsten Golde sind, das man finden kann, unter denen man aber häufig falsche trifft?«

»Das ist mir in der That begegnet.«

»Nun, Monseigneur, hier ist ein Stein und Säure.«

»Nein, ich bin überzeugt.«

»Monseigneur, machen Sie mir das Vergnügen, versichern sie sich, daß diese Stangen nicht nur Gold, sondern auch Gold ohne Beimischung sind.«

Es schien dem Cardinal zu widerstreben, daß er diesen Beweis von Ungläubigkeit geben sollte; doch er war sichtbar noch nicht überzeugt.

Balsamo rieb selbst die Stange und unterwarf das Resultat dem Versuche seines Gastes.

»Acht und zwanzig Karate,« sagte er, »ich will die zwei andern gießen.«

Zehn Minuten nachher waren die zweihundert Pfund Gold in vier Stangen auf dem durch die Berührung erwärmten Werg ausgebreitet.

»Monseigneur ist im Wagen gekommen, nicht wahr, wenigstens habe ich ihn im Wagen kommen sehen.«

»Ja.«

»Monseigneur wird seinen Wagen nahe an die Thüre fahren lassen und mein Lackei trägt die Stangen in die Carrosse.«

»Hundert tausend Thaler,« murmelte der Cardinal, indem er seine Maske abnahm, als wollte er mit seinen eigenen Augen das Gold zu seinen Füßen liegen sehen.

»Und von diesem, Monseigneur, können Sie sagen, woher es kommt, nicht wahr, denn Sie haben es machen sehen?«

»Oh! Ja, und ich werde es bezeugen.«

»Nein, nein,« sprach rasch Balsamo, »man liebt die Gelehrten in Frankreich nicht: bezeugen Sie nichts, Monseigneur. Oh! wenn ich Theorien machen würde, statt Gold, das wäre etwas Anderes.«

»Was kann ich denn für Sie thun?« sagte der Prinz, während er mühsam eine Stange von fünfzig Pfund mit seinen zarten Händen aufhob.

Balsamo schaute ihn fest an, und brach dann mit Hintansetzung aller Achtung in ein Gelächter aus.

»Was ist denn Lächerliches an dem, was ich Ihnen sage?« fragte der Cardinal.

»Eure Eminenz bietet mir, glaube ich, ihre Dienste an?«

»Allerdings.«

»Wäre es in der That nicht geeigneter, ich würde Ihnen die meinigen anbieten?«

Das Gesicht des Cardinals verdüsterte sich.

»Sie verbinden mich, mein Herr,« sagte er, »und ich beeile mich, dies anzuerkennen; sollte jedoch die Dankbarkeit, die ich für Sie hege, schwerer sein, als ich glaube, so würde ich sie nicht annehmen; es gibt, Gott sei Dank, in Paris noch Wucherer genug, daß ich halb auf Pfand, halb auf meine Unterschrift von heute bis übermorgen, hundert tausend Thaler finde, und schon mein Bischofsring ist vierzig tausend Livres werth.«

Und der Prälat streckte seine frauenartig weiße Hand aus, an deren Fingerring ein Diamant so groß wie eine Haselnuß glänzte.

»Mein Prinz,« sagte Balsamo, sich verbeugend, »Sie haben unmöglich einen Augenblick glauben können, es sei meine Absicht, Sie zu beleidigen.«

Dann fuhr er fort, als ob er mit sich selbst spräche:

»Es ist seltsam, daß die Wahrheit diese Wirkung auf Jeden macht, der sich Prinz nennt.«

»Wie so?«

»Ei! ganz gewiß; Eure Eminenz trägt mir seine Dienste an; ich frage Sie selbst, Monseigneur, von welcher Art können Dienste sein, die mir Eure Eminenz zu leisten im Stande ist.«

»Vor Allem mein Credit bei Hofe.«

»Monseigneur, Monseigneur, Sie wissen wohl, daß Ihr Credit sehr erschüttert ist, und der von Herrn von Choiseul wäre mir beinahe ebenso lieb, obgleich er vielleicht nicht vierzehn Tage mehr Minister zu bleiben hat. Mein Prinz, was den Credit betrifft, wollen wir uns an den meinigen halten. Hier ist schönes und gutes Gold. So oft Eure Eminenz davon will, wird sie es mir den Tag vorher oder an demselben Morgen sagen lassen, und ich werde ihr nach ihrem Wunsche liefern; und mit Gold hat man Alles, nicht wahr, Monseigneur?«

»Nicht Alles,« murmelte der Cardinal, der in den Rang des Schützlings herabgefallen war und nicht einmal seine Beschützerstellung wieder zu erringen suchte.

»Ah! das ist wahr,« sagte Balsamo. ,Ich vergaß, daß Monseigneur noch etwas Anderes wünscht, als Gold; ein kostbareres Gut, als alle Reichthümer der Welt; doch das geht die Wissenschaft nichts an, das gehört zum Ressort der Magie. Monseigneur, sprechen Sie ein Wort, und der Alchemist wird dem Magier Platz machen.«

»Ich danke, mein Herr, ich brauche nichts mehr und wünsche nichts mehr,« sagte traurig der Cardinal.

Balsamo näherte sich ihm und sprach:

»Monseigneur, ein junger, schöner, glühender, reicher Prinz, der sich Rohan nennt, kann einem Magier keine solche Antwort geben.«

»Und warum dies?«

»Weil der Magier im Grunde des Herzens liest und das Gegentheil weiß.«

»Ich verlange nichts, ich will nichts, mein Herr,« versetzte der Cardinal beinahe erschrocken.

»Ich hätte im Gegentheil geglaubt, die Wünsche Seiner Eminenz wären so, daß Monseigneur sie sich selbst nicht zu gestehen wagte, anerkennend, daß es Wünsche eines Königs sind.«

»Mein Herr,« sprach der Cardinal bebend, »Sie spielen, glaube ich, auf ein paar Worte an, die Sie schon bei der Prinzessin gesagt haben?«

»Ja, ich gestehe es, Monseigneur.«

»Mein Herr, dann haben Sie sich getäuscht, und Sie täuschen sich jetzt abermals.«

»Vergessen Sie, Monseigneur, daß ich ebenso klar sehe, was in Ihrem Herzen in diesem Augenblick vorgeht, als ich klar Ihren Wagen aus dem Kloster der Carmeliterinnen in Saint-Denis herauskommen, durch die Barrière und über das Boulevard fahren und unter den Bäumen fünfzig Schritte von meinem Hause anhalten sah.«

»Dann erklären Sie sich und sagen Sie mir etwas, was mich schlagend berührt.«

»Monseigneur, die Prinzen Ihres Hauses mußten immer eine große, abenteuerliche Liebe haben; Sie arten nicht aus, das ist das Gesetz.«

»Ich weiß nicht, was Sie damit sagen wollen, Graf,« stammelte der Prinz.

»Im Gegentheil, Sie begreifen mich vortrefflich. Ich hätte mehrere Saiten berühren können, die in Ihnen vibriren, doch warum das Unnöthige? Ich bin gerade auf die losgegangen, welche ich angreifen mußte; oh! diese vibrirt tief, dessen bin ich sicher.«

Der Cardinal erhob das Haupt und befragte mit einer letzten Anstrengung des Mißtrauens den so klaren und sichern Blick von Balsamo.

Balsamo lächelte mit einem solchen Ausdruck von Ueberlegenheit, daß der Cardinal die Augen niederschlug.

»Oh! Sie haben Recht, Monseigneur, Sie haben Recht, schauen Sie mich nicht an; denn ich sehe zu klar, was in Ihrem Herzen vorgeht; denn Ihr Herz ist wie ein Spiegel, der die Form der Gegenstände behaupten würde, die er wiedergestrahlt hat.«

»Stille, Graf von Fönix, stille!« sagte der Cardinal unterjocht.

»Ja, Sie haben Recht, stille; denn der Augenblick ist noch nicht gekommen, eine solche Liebe sehen zu lassen.«

»Noch nicht, haben Sie gesagt?«

»Noch nicht.«

»Diese Liebe hat also eine Zukunft?«

»Warum nicht?«

»Und Sie könnten mir sagen, ob diese Liebe nicht wahnsinnig ist, wie ich geglaubt habe, wie ich noch glaube, wie ich bis zu dem Augenblick glauben werde, wo mir ein Beweis vom Gegentheil gegeben sein wird?«’

»Sie verlangen viel, Monseigneur; ich kann Ihnen nichts sagen, ohne in Berührung mit der Person, welche Ihnen diese Liebe einflößt, oder mit irgend einem Gegenstande, der von ihr kommt, gesetzt zu sein.«

»Und was für ein Gegenstand müßte das sein?«

»Zum Beispiel eine Flechte von ihren schönen goldenen Haaren, so klein sie auch wäre.«

»Oh! ja, Sie sind ein tiefer Mann! Ja, Sie haben es gesagt, Sie lesen in den Herzen, wie ich in einem Buche lesen würde.«

»Ach! das sagte mir Ihr armer Urgroßoheim der Chevalier Louis von Rohan, als ich auf der Plattform der Bastille am Fuße des Blutgerüstes, das er so muthig bestieg, von ihm Abschied nahm.«

»Er sagte Ihnen das  . . . er sagte Ihnen, Sie seien ein tiefer Mann?«

»Und ich lese in den Herzen. Ja, denn ich hatte ihn vorher davon in Kenntniß gesetzt, der Chevalier von Bréault würde ihn verrathen. Er wollte mir nicht glauben, und der Chevalier von Bréault verrieth ihn.«

»Was für eine sonderbare Vergleichung machen Sie zwischen meinem Ahnherrn und mir?« sagte der Cardinal unwillkührlich erbleichend.

»Das geschieht einzig und allein, um Sie daran zu erinnern, daß Sie vor Allem klug sein sollen, Monseigneur, wenn Sie sich Haare verschaffen wollen, die Sie sich sollen unter einer Krone abschneiden müssen.«

»Gleichviel, wo sie genommen werden müssen, Sie werden sie bekommen, mein Herr.«

»Gut, hier ist Ihr Gold, Monseigneur; ich hoffe, Sie sollen nicht mehr daran zweifeln, daß es gewiß Gold ist?«

»Geben Sie mir eine Feder und Papier.«

»Wozu, Monseigneur?«

»Damit ich Ihnen einen Empfangsschein für die hundert tausend Thaler ausstellen kann, die Sie mir so freundlich leihen.«

»Was denken Sie, Monseigneur? Mir einen Empfangsschein, und warum dies?«

»Ich entlehne häufig, mein lieber Graf,« sprach der Cardinal; »doch ich sage Ihnen, daß ich nie annehme.«

»Wie es Ihnen beliebt, mein Prinz.«

Der Cardinal nahm eine Feder vom Tisch und schrieb mit einer ungeheuren, unleserlichen Schrift einen Schein, dessen Orthographie der Haushälterin eines Meßners in unsern Tagen Angst machen würde.

»Ist es so?« fragte er, indem er ihn Balsamo bot.

»Vollkommen,« versetzte der Graf und steckte den Schein in seine Tasche, ohne nur einen Blick darauf zu werfen.

»Sie lesen ihn nicht, mein Herr?«

»Ich hatte das Wort Eurer Eminenz und das Wort der Rohan ist mehr werth, als ein Pfand.«

»Herr Graf von Fönix,« sprach der Cardinal mit einer von Seiten eines Mannes von diesem Range sehr bezeichnenden Halbverbeugung, »Sie sind äußerst galant, und wenn ich nicht machen kann, daß Sie mein Verpflichteter werden, so erlauben, Sie, daß ich mich glücklich schätze, der Ihrige zu bleiben.«

Balsamo verbeugte sich ebenfalls und zog eine Glocke, bei deren Geräusch Fritz erschien.

Der Graf sagte ein paar Worte deutsch zu ihm.

Fritz bückte sich und hob wie ein Kind, das acht Orangen wegtragen würde, die acht Goldstangen in ihrer Wergumhüllung auf.

»Aber das ist ja ein Hercules?« rief der Cardinal.

»Er ist ziemlich stark, ja, Monseigneur,« erwiederte Balsamo; »doch um die Wahrheit zu sagen, seitdem er in meinem Dienste ist, lasse ich ihn jeden Morgen drei Tropfen von einem Elixir trinken, das mein gelehrter Freund der Doctor Althotas bereitet; er fängt auch an, Nutzen daraus zu ziehen; in einem Jahr wird er die hundert Mark mit einer Hand tragen.«

»Wunderbar! unbegreiflich!« murmelte der Cardinal. »Oh! ich werde dem Verlangen, von Allem dem zu sprechen, nicht widerstehen können.«

»Thun Sie das, Monseigneur, thun Sie das,« versetzte Balsamo lachend; »doch vergessen Sie nicht, daß Sie, wenn Sie von Allem dem sprechen, zugleich die Verbindlichkeit übernehmen, die Flamme meines Scheiterhaufens auszulöschen, sollte das Parlament zufällig Lust bekommen, mich auf der Grève rösten zu lassen.«

Und nachdem er seinen erhabenen Gast bis unter den Thorweg geleitet hatte, nahm er mit einer ehrfurchtsvollen Verbeugung von ihm Abschied.

»Doch Ihr Bedienter, ich sehe ihn nicht?« sagte der Cardinal.

»Er hat das Gold in Ihren Wagen getragen, Monseigneur.«

»Er weiß also, wo er ist?«

»Unter dem vierten Baume rechts, wenn man sich um das Boulevard wendet, das habe ich ihm auf Deutsch gesagt, Monseigneur.«

Der Cardinal hob die Hände zum Himmel empor und verschwand im Schatten.

Balsamo wartete, bis Fritz zurückgekehrt war, und stieg dann, alle Thüren verschließend, wieder in seine Wohnung hinauf.