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Czytaj książkę: «Die drei Musketiere», strona 47

Czcionka:

Eines jedoch erschreckte Mylady, das Andenken an ihren Gatten, den Grafen La Fère, den sie todt, oder wenigstens aus dem Vaterland entfernt geglaubt hatte, nun aber in Athos, dem besten Freund d'Artagnans, wiederfand.

Aber wenn er der Freund d'Artagnans war, so mußte er ihm auch in allen seinen Handlungen, wodurch er den Plan Seiner Eminenz vereitelt hatte, Beistand geleistet haben; wenn er der Freund d'Artagnans war, so war er der Feind des Cardinals, und ohne Zweifel würde es ihr gelingen, ihn in dasselbe Rachewerk zu verstricken, in welchem der junge Musketier seinen Untergang finden sollte.

Alle ihre Aussichten waren angenehme Gedanken für Mylady. Sanft von diesen gewiegt, entschlummerte sie bald.

Sie wurde durch eine weiche Stimme erweckt, die am Fuße ihres Bettes ertönte. Mylady öffnete die Augen und sah die Aebtissin in Begleitung einer jungen Person mit blonden Haaren und zartem Teint, welche einen Blick voll wohlwollender Neugierde auf sie heftete.

Das Gesicht dieser jungen Person war ihr völlig unbekannt. Beide schauten sich prüfend und mit ängstlicher Aufmerksamkeit an, während sie die üblichen Höflichkeiten austauschten. Beide waren sehr schön, aber von verschiedenartiger Schönheit. Mylady lächelte jedoch, als sie erkannte, daß sie bei Weitem den Sieg über die junge Frau in Vornehmheit des Aussehens und des aristokratischen Manieren davon trug. Allerdings ist das Novizenkleid, in welchem die junge Frau erschien, nicht sehr vortheilhaft, um einen Streit dieser Art auszuhalten.

Die Aebtissin stellte sie einander vor, und nachdem dieser Förmlichkeit Genüge geleistet war, ließ sie die beiden jungen Frauen allein, durch ihre Pflichten nach der Kirche gerufen, allein.

Da die Novize sah, daß Mylady im Bette lag, so wollte sie der Superiorin folgen; aber Mylady hielt sie zurück.

»Wie, Madame,« sprach sie, »kaum habe ich Euch erblickt, und Ihr wollt mich bereits wieder Eurer Gegenwart berauben, auf die ich, ich gestehe es, für die Dauer meiner Anwesenheit an diesem Orte ein wenig rechnete.«

»Nein, Madame,« antwortete die Novize, »ich glaubte nur, die Zeit schlecht gewählt zu haben. Ihr schlieft, Ihr seid müde.«

»Wohl,« erwiderte Mylady, »was können schlafende Menschen Besseres erwarten, als ein gutes Erwachen? Dieses Erwachen habt Ihr mir gegeben. Laßt es mich nach meinem Wohlgefallen genießen.«

Und hierauf nahm sie die junge Person bei der Hand und zog sie auf einen Stuhl, der in der Nähe ihres Bettes stand.

Die Novize setzte sich.

»Mein Gott,« sprach sie, »wie unglücklich ich bin! Ich befinde mich nun sechs Monate hier ohne einen Schatten von Zerstreuung; Ihr kommt; Eure Gegenwart sollte für mich eine liebliche Gefährtin sein, und wahrscheinlich habe ich nun in den nächsten Augenblicken das Kloster zu verlassen.«

»Wie?« sprach Mylady, »Ihr geht also bald von hier?«

»Wenigstens hoffe ich es,« erwiderte die Novize mit einem freudigen Ausdruck, den sie nicht im Mindesten zu verbergen bemüht war.

»Ihr habt, wie ich höre, durch den Cardinal gelitten,« fuhr Mylady fort. »Das ist ein weiterer Grund der Sympathie zwischen uns.«

»Also ist das, was mir unsre gute Mutter gesagt hat, eine Wahrheit? Ihr seid ebenfalls ein Opfer des Cardinals?«

»Still,« entgegnete Mylady, »selbst hier dürfen wir nicht so von ihm sprechen. Mein ganzes Unglück kommt davon her, daß ich ungefähr das, was ihr so eben sagtet, in Gegenwart einer Frau äußerte, die ich für meine Freundin hielt und die mich verrieth. Und Ihr, seid Ihr auch ein Opfer des Verraths?«

»Nein,« antwortete die Novize, »sondern meiner Anhänglichkeit an eine Frau, die ich liebte, für die ich das Leben hingegeben hätte, für die ich es noch hingeben würde.«

»Und die Euch verlassen hat, nicht wahr?«

»Ich war so ungerecht, dies zu glauben; aber seit ein paar Tagen habe ich den Beweis vom Gegenteil erlangt und danke Gott dafür. Es würde mich das Leben gekostet haben, wenn ich hätte glauben müssen, ich sei ganz und gar von ihr vergessen worden. Aber Ihr, Madame,« fuhr die Novize fort, »es scheint mir, Ihr seid frei, und wenn ihr fliehen wolltet, so würde es nur von Euch abhängen.«

»Wohin soll ich gehen, ohne Freunde, ohne Geld, in einer Gegend von Frankreich, die ich nicht kenne, wo . . .«

»Oh! rief die Novize, was die Freunde betrifft, Ihr werdet sie überall finden, wo Ihr wollt, denn ihr scheint so gut zu sein, und seid so schön!«

»Darum bin ich nicht minder allein und verfolgt,« fügte Mylady bei und versüßte ihr Lächeln, so daß es einen wahrhaft englischen Ausdruck annahm.

»Hört,« sprach die Novize, »man muß die Hoffnung auf den Himmel nicht aufgeben. Seht, es kommt immer ein Augenblick, wo das Gute, was wir gethan haben, vor Gott für unsre Sache spricht, und es ist vielleicht ein Glück für Euch, daß Ihr, so niedrig auch meine Stellung ist, so wenig ich Macht besitze, mich getroffen habt, denn wenn ich diesen Ort verlasse, nun, dann werde ich einige mächtige Freunde haben, die, nachdem sie für mich in's Feld gezogen sind, auch für Euch zu Felde ziehen können.«

»Oh! wenn ich sagte, ich sei allein,« erwiderte Mylady, in der Hoffnung, die Novize zum Sprechen zu bringen, »so äußerte ich dies nicht, als ob ich nicht auch einige hohe Bekanntschaften hätte, sondern weil diese Bekanntschaften vor dem Cardinal zittern. Die Königin selber wagt es nicht, mir gegen diesen furchtbaren Minister beizustehen, und ich habe den Beweis, daß Ihre Majestät trotz ihres vortrefflichen Herzens mehr als einmal genöthigt gewesen ist, die Personen, welche ihr Dienste geleistet hatten, dem Zorne seiner Eminenz preiszugeben.«

»Glaubt mir, Madame, es kann bei der Königin den Anschein haben, als hätte sie diese Personen verlassen, aber man muß dem Schein nicht glauben; je mehr sie verfolgt werden, desto mehr denkt Ihre Majestät an sie, und in dem Augenblick, wo sie wähnen, die Königin denke am wenigsten an sie, erhalten sie oft den Beweis einer herzlichen Erinnerung.«

»Ach! ich glaube es wohl,« sprach Mylady. »Die Königin ist so gut!«

»Ihr kennt sie also, diese schöne und edle Königin, da Ihr so von ihr sprecht!« rief die Novize begeistert.

»Das heißt,« versetzte Mylady, in ihren Verschanzungen bedrängt, »ich habe nicht die Ehre, sie persönlich zu kennen, aber ich kenne viele von ihren vertrautesten Freunden. Ich kenne Herrn von Putange; ich habe in England Herrn Dujart kennen gelernt; ich kenne Herrn von Treville.«

»Herrn von Treville!« rief die Novize, »Ihr kennt Herrn von Treville?«

»Ja vollkommen, sehr gut sogar.«

»Den Kapitän der Musketiere des Königs?«

»Den Kapitän der Musketiere des Königs.«

»Oh! nun werdet Ihr sehen,« sprach die Novize, »daß wir sogleich ganz gut mit einander bekannt, ja beinahe Freundinnen sein werden. Wenn Ihr Herrn von Treville kennt, so müßt Ihr in seinem Hause gewesen sein.«

»Oft,« antwortete Mylady, welche die Lüge bis zum Ende führen wollte, als sie bemerkte, daß sie auf diesem Weg zum Ziele kam.

»Ihr müßt bei ihm einige von seinen Musketieren gesehen haben?«

»Alle diejenigen, welche er gewöhnlich empfängt,« erwiderte Mylady, für welche dieses Gespräch ein wirkliches Interesse zu gewinnen anfing.

»Nennt mir einige von denen, die Ihr kennt, und Ihr werdet sehen, daß sie zu meinen Freunden gehören.«

»Ich kenne,« sprach Mylady etwas verlegen, »ich kenne Herrn von Louvigny, Herrn von Courtivon, Herrn von Ferussac.«

Die Novize ließ sie aussprechen; als sie aber sah, daß Mylady inne hielt, so fragte sie:

»Kennt Ihr nicht einen Edelmann Namens Athos?«

Mylady wurde so bleich, wie die Leintücher, in denen sie lag, und konnte sich, so sehr sie sich auch zu beherrschen wußte, eines Schreies nicht enthalten, während sie die Novize bei der Hand faßte und mit dem Blicke verschlang.

»Wie? was habt Ihr? Oh! mein Gott,« fragte die arme junge Frau, »habe ich etwas gesagt, was Euch verletzte?«

»Nein, aber der Name ist mir aufgefallen, weil ich diesen Mann ebenfalls kenne, und weil es mir seltsam vorkommt, daß ich Jemand finde, der so genau mit ihm bekannt ist.«

»O ja, sehr genau bekannt, und zwar nicht allein mit ihm, sondern auch mit seinen Freunden, den Herren Aramis und Porthos.«

»In der That? Auch sie kenne ich,« rief Mylady, welche eine eisige Kälte in ihr Herz dringen fühlte.

»Nun, wenn Ihr sie kennt, so müßt Ihr wissen, daß es gute und brave Kameraden sind. Warum wendet Ihr Euch nicht an sie, wenn Ihr der Hilfe bedürft?«

»Das heißt,« stammelte Mylady, »ich stehe mit keinem von ihnen in einer wirklichen Verbindung. Ich kenne sie, weil ich einen von ihren Freunden, Herrn d'Artagnan, von ihnen sprechen hörte.«

»Ihr kennt also Herrn d'Artagnan!« rief die Novize, die nun ihrerseits Mylady bei der Hand faßte und sie mit ihren Augen verschlang.

Dann sagte sie, als sie den seltsamen Ausdruck in Myladys Blick gewahr wurde: »Um Vergebung, Madame, in welcher Eigenschaft kennt Ihr ihn?«

»Wie meint Ihr?« sprach Mylady verlegen. »In der Eigenschaft eines Freundes.«

»Ihr täuscht mich, Madame,« versetzte die Novize, »Ihr seid seine Geliebte gewesen!«

»Ihr seid es gewesen, Madame,« entgegnete Mylady.

»Ich!« rief die Novize.

»O ja, Ihr; ich kenne Euch jetzt. Ihr seid Madame Bonacieux.«

Die junge Frau wich voll Staunen und Schrecken zurück.

»Oh! leugnet nicht, antwortet,« sprach Mylady.

»Nun ja, Madame, ich liebe ihn. Sind wir Nebenbuhlerinnen?«

Das Gesicht Myladys beleuchtete sich mit einem so wilden Feuer, daß Madame Bonacieux unter allen andern Umständen voll Angst entflohen wäre; aber jetzt wurde sie einzig und allein durch die Eifersucht beherrscht.

»Sprecht, laßt hören, Madame,« fuhr Frau Bonacieux mit einer Energie fort, deren sie gar nicht fähig schien. »Seid Ihr seine Geliebte gewesen?«

»O! nein!« rief Mylady mit einer Betonung, die keinen Zweifel an der Wahrheit dessen, was sie sagte, übrig ließ. »Nie! nie!«

»Ich glaube Euch,« sprach Madame Bonacieux, »aber warum dieser Schrei?«

»Wie, Ihr begreift nicht?« sagte Mylady, welche sich von ihrer Unruhe erholt und ihre ganze Geistesgegenwart wieder gewonnen hatte.

»Wie soll ich begreifen? ich weiß nichts.«

»Ihr begreift nicht, daß d'Artagnan, der mein Freund war, mich zu seiner Vertrauten gewählt hatte?«

»Wirklich?«

»Ihr begreift nicht, daß ich Alles weiß. Eure Entführung aus dem kleinen Hause in St. Germain, seine und seiner Freunde Verzweiflung, ihre Nachforschungen seit jenem Augenblick? Und ich soll nicht staunen, wenn ich mich so unvermuthet in Eurer Nähe befinde, nachdem wir so oft mit einander von Euch gesprochen haben, die er mit der ganzen Macht seiner Seele liebt, so daß auch ich Euch lieben mußte, noch ehe ich Euch gesehen hatte? Ach! theure Constance, endlich, endlich finde ich Euch!«

Und Mylady streckte ihre Arme nach Madame Bonacieux aus, welche nunmehr überzeugt war, und in dieser Frau, die sie einen Augenblick vorher für ihre Nebenbuhlerin gehalten hatte, nur noch eine ergebene und aufrichtige Freundin erblickte.

»Oh! vergebt mir! vergebt mir!« sagte sie und sank auf ihre Schulter, »ich liebe ihn so sehr!«

Die zwei Frauen hielten sich einen Augenblick umarmt. Wenn Myladys Kräfte ihrem Haß gleichgekommen wären, so würde diese Umarmung nur mit dem Tode von Madame Bonacieux geendigt haben. Aber da sie die junge Frau nicht ersticken konnte, so lächelte sie ihr zu.

»Oh! theure, schöne Kleine,« sagte Mylady, »wie glücklich bin ich. Euch zu sehen. Laßt mich Euch anschauen.« Und bei diesen Worten verschlang sie die Novize wirklich mit ihren Blicken. »Ja, Ihr seid es. Nach dem, was er mir von Euch gesagt hat, erkenne ich Euch zu dieser Stunde, ich erkenne Euch vollkommen.«

Die arme junge Frau konnte nicht ahnen, wie schrecklich es hinter dem Wall dieser reinen Stirne, hinter diesen schönen Augen, worin sie nur das Interesse des Mitleids las, zuging.

»Ihr wißt also, was ich gelitten habe,« sprach Madame Bonacieux, »da er Euch sein Leiden mitgetheilt hat. Aber für ihn dulden ist Glück.«

Mylady wiederholte mechanisch:

»Ja, das ist Glück.«

Sie dachte an etwas Anderes.

»Und dann,« fuhr Madame Bonacieux fort, »ist mein Unglück seinem Ende nahe: morgen, diesen Abend vielleicht werde ich ihn wiedersehen, und dann besteht die Vergangenheit nicht mehr für mich.«

»Diesen Abend? morgen?« rief Mylady, durch diese Worte aus ihrer Träumerei gerissen. »Was wollt Ihr damit sagen? Erwartet Ihr vielleicht Nachrichten von ihm?«

»Ich erwarte ihn selbst.«

»Ihn selbst! D'Artagnan hier!«

»Ihn selbst.«

»Das ist unmöglich! Er befindet sich mit dem Cardinal bei der Belagerung von La Rochelle und wird erst nach der Einnahme der Stadt nach Paris zurückkehren.«

»Ihr glaubt dies, aber sagt: ist meinem d'Artagnan, diesem trefflichen und loyalen Edelmanns, etwas unmöglich?«

»Ah! ich kann es nicht glauben.«

»Nun, so lest doch,« sprach die unglückliche junge Frau, im Uebermaß ihrer Freude und ihres Stolzes, indem sie Mylady den Brief überreichte.

»Die Handschrift der Frau von Chevreuse!« sagte Mylady zu sich selbst. »Ich war überzeugt, daß mit dieser ein Einverständniß stattfand.«

Und sie las mit gierigen Blicken folgende Zeilen:

»Mein liebes Kind, haltet Euch bereit. Unser Freund wird Euch bald besuchen, und zwar nur, um Euch dem Gefängnisse zu entreißen, wo Ihr Euch Eurer Sicherheit wegen verborgen halten mußtet. Trefft Eure Vorkehrungen zur Reise und verzweifelt nie an uns.

»Unser vortrefflicher Gascogner hat sich so eben wieder brav und getreu gezeigt, wie immer. Sagt ihm, daß man ihm irgendwo für den Rath, den er ertheilt, sehr dankbar sei.«

»Ja, ja,« sprach Mylady, »ja, dieser Brief ist genau. Wißt Ihr vielleicht, worin dieser Rath besteht?«

»Nein; ich vermuthe nur, daß er die Königin von irgend einer Machination des Cardinals benachrichtigt hat.«

»Ja, so ist es ohne Zweifel,« erwiderte Mylady, gab den Brief Madame Bonacieux zurück und ließ ihr nachdenkendes Haupt auf die Brust sinken.

In diesem Augenblick hörte man den Galopp eines Pferdes.

»Oh!« rief Madame Bonacieux, an das Fenster stürzend, »sollte er es sein?«

Mylady war vor Erstaunen in Stein verwandelt im Bette geblieben. Es begegneten ihr plötzlich so viele unerwartete Dinge, daß sie zum ersten Male den Kopf verlor.

»Er! er!« murmelte sie, »sollte er es sein?« Und sie verharrte mit starren Augen in ihrem Bette.

»Ach! nein,« sprach Madame Bonacieux, »es ist ein Mann, den ich nicht kenne. Es scheint, er kommt hierher; er reitet langsamer – er hält vor der Thüre – er läutet.«

Mylady sprang aus dem Bette.

»Seid Ihr gewiß, daß er es nicht ist?« sagte sie.

»O ja, ganz gewiß.«

»Ihr habt vielleicht schlecht gesehen?«

»Oh! ich würde ihn erkennen, wenn ich nur die Feder seines Hutes, das Ende seines Mantels erblickte.«

Mylady kleidete sich fortwährend an.

»Gleich viel, Ihr sagt, dieser Mann komme hierher?«

»Ja, er ist bereits in das Kloster eingetreten.«

»Das geschieht entweder Euret- oder meinetwegen.«

»O mein Gott! wie aufgeregt seht Ihr aus!«

»Ja, ich gestehe, ich hege nicht Euer Vertrauen, ich fürchte Alles von dem Cardinal!«

»Stille!« sagte Madame Bonacieux, »man kommt.«

Die Thüre öffnete sich wirklich und die Aebtissin trat ein.

»Kommt ihr von Boulogne?« fragte sie Mylady.

»Allerdings,« antwortete diese, indem sie ihre Kaltblütigkeit wieder zu erlangen suchte. »Wer fragt nach mir?«

»Ein Mann, der seinen Namen nicht nennen will, aber von dem Cardinal kommt.«

»Und mich sprechen will?« sagte Mylady.

»Der eine Dame sprechen will, welche von Boulogne eingetroffen sein soll.«

»Dann laßt ihn eintreten, Madame!«

»Oh! mein Gott, mein Gott!« rief Madame Bonacieux, »sollte es eine schlimme Kunde sein?«

»Ich befürchte es.«

»Ich lasse Euch mit diesem Fremden allein; aber sobald er sich entfernt hat, kehre ich mit Eurer Erlaubniß wieder zurück.«

»Ich bitte Euch darum.«

Die Aebtissin und Madame Bonacieux verließen das Zimmer.

Mylady blieb, die Augen auf die Thüre geheftet, allein. Bald hörte man Sporengeklirr auf der Treppe. Dann näherten sich Tritte: die Thüre wurde geöffnet und ein Mann erschien.

Mylady stieß einen Freudenschrei aus. Dieser Mann war der Graf von Rochefort, die ergebenste Seele Seiner Eminenz.

XXIX.
Zwei Varietäten von Teufeln

»Ah!« riefen Rochefort und Mylady zugleich, »Ihr seid is?«

»Ja, ich bin es.«

»Und Ihr kommt?« fragte Mylady.

»Von La Rochelle. Und Ihr?«

»Von England.«

»Buckingham?«

»Todt oder gefährlich verwundet. Als ich abreiste, ohne etwas von ihm erlangen zu können, ermordete ihn ein Fanatiker.«

»Ah,« sprach Rochefort lächelnd, »das ist ein äußerst glücklicher Zufall, worüber sich Seine Eminenz ungemein freuen wird. Habt Ihr ihn davon in Kenntniß gesetzt?«

»Ich habe ihm von Boulogne aus geschrieben. Aber wie kommt Ihr hierher?«

»Seine Eminenz war in Unruhe, und schickte mich aus, um Euch zu suchen.«

»Ich bin erst gestern hier angekommen.«

»Und was habt Ihr seit gestern gemacht?«

»Ich habe meine Zeit nicht verloren.«

»Oh! das kann ich mir wohl denken.«

»Wißt Ihr, wen ich hier getroffen habe?«

»Nein.«

»Rathet!«

»Wie soll ich?«

»Die junge Frau, welche die Königin dem Gefängniß entrissen hat.«

»Die Geliebte des kleinen d'Artagnan?«

»Ja, Madame Bonacieux, deren Zufluchtsstätte der Cardinal nicht kannte.«

»Nun,« sprach Rochefort, »das ist abermals ein Zufall, der dem andern die Stange halten kann. Der Herr Cardinal ist in der That ein vom Glücke begünstigter Mann.«

»Könnt Ihr Euch mein Erstaunen denken,« fuhr Mylady fort, »als ich mich dieser Frau gegenüber fand?«

»Kennt sie Euch?«

»Nein.«

»Dann hält sie Euch für eine Fremde?«

Mylady lächelte. »Ich bin ihre beste Freundin.«

»Bei meiner Ehre!« sprach Rochefort, »nur Ihr, meine liebe Gräfin, könnt solche Wunder bewirken.«

»Es geschah zur rechten Zeit, Chevalier,« sagte Mylady; »denn wißt Ihr, was vorgeht?«

»Nein.«

»Man will sie morgen oder übermorgen mit einem Befehl der Königin holen.«

»Wirklich? und wer dies?«

»D'Artagnan und seine Freunde.«

»In der That? Sie treiben es so arg, daß wir sie in die Bastille schicken müssen.«

»Warum ist dies nicht bereits geschehen?«

»Was wollt Ihr? Der Herr Cardinal hat für diese Menschen eine mir ganz unbegreifliche Vorliebe.«

»Wirklich? nun so sagt ihm Folgendes, Rochefort: sagt ihm, daß unsere Unterredung in der Herberge zum Rothen Taubenschlag von diesen vier Menschen gehört worden ist; sagt ihm, daß einer von ihnen nach seinem Abgang heraufkam und mir mit Gewalt den Geleitsbrief entriß, den er mir gegeben hatte; sagt ihm, daß sie Lord Winter von meiner Fahrt nach England benachrichtigen ließen; daß sie auch diesmal beinahe meine Sendung vereitelt hätten, wie sie die mit den Nestelstiften vereitelten. Sagt ihm, daß von diesen vier Menschen nur zwei, d'Artagnan und Athos, zu fürchten sind; sagt ihm, daß der dritte der Liebhaber der Frau von Chevreuse ist; man muß diesen leben lassen; man weiß sein Geheimniß, er kann von Nutzen sein; der vierte, Porthos, ist ein Einfaltspinsel, ein alberner Geck, mit dem man sich nicht zu beschäftigen braucht.«

»Aber diese vier Menschen müssen in dieser Stunde bei der Belagerung von La Rochelle sein.«

»Ich glaubte dies, wie Ihr, aber ein Brief, den Madame Bonacieux von Frau von Chevreuse erhalten und mir unkluger Weise mitgetheilt hat, gibt mir die Ueberzeugung, daß diese vier Menschen vielmehr in das Feld gezogen sind, um sie zu entführen.«

»Teufel, was ist da zu machen?«

»Was hat Euch der Cardinal in Beziehung auf mich aufgetragen?«

»Eure geschriebenen oder mündlichen Depeschen in Empfang zu nehmen und mit Postpferden zurückzukehren. Sobald er weiß, was Ihr gethan habt, wird er Befehl geben, was Ihr thun sollt.«

»Ich muß also hier bleiben?«

»Hier oder in der Umgegend.«

»Ihr könnt mich nicht mitnehmen?«

»Nein, der Befehl ist streng. In der Gegend des Lagers könntet Ihr erkannt werden, und Eure Gegenwart würde, wie Ihr wohl begreift. Seine Eminenz besonders nach dem, was da drüben vorgefallen ist, compromittiren. Doch sagt mir jetzt schon, wo Ihr Nachrichten vom Cardinal erwarten wollt, damit ich stets weiß, wo ich Euch treffen kann.«

»Wahrscheinlich bin ich nicht im Stande hier zu bleiben.«

»Warum?«

»Ihr vergeßt, daß meine Feinde jeden Augenblick ankommen können.«

»Das ist wahr, aber dann wird diese kleine Frau Seiner Eminenz entschlüpfen.«

»Bah!« sprach Mylady mit einem Lächeln, das nur ihr eigenthümlich war, »Ihr vergeht, daß ich ihre beste Freundin bin.«

»Ah! das ist wahr; ich darf also dem Cardinal sagen, in Beziehung auf diese Frau. . .«

»Könne er ruhig sein.«

»Nicht mehr? Weiß er, was dies zu bedeuten hat?«

»Er wird es errathen.«

»Was soll ich nun thun?«

»Sogleich abreisen. Es scheint mir, die Nachrichten, welche Ihr bringt, sind wohl werth, daß man sich beeilt.«

»Mein Wagen ist in Lilliers gebrochen.«

»Vortrefflich!«

»Wie vortrefflich?«

»Ja, ich brauche Euern Wagen.«

»Und wie soll ich dann reisen?«

»Zu Pferde.«

»Ihr habt gut sprechen, hundertundachtzig Meilen!«

»Was ist das?«

»Sie sollen gemacht werden. Und hernach?«

»Wenn Ihr durch Lilliers kommt, schickt Ihr mir den Wagen und gebt Eurem Bedienten Befehl, sich mir zur Verfügung zu stellen.«

»Gut.«

»Ihr habt ohne Zweifel einen Befehl des Cardinals bei Euch?«

»Ich habe eine Vollmacht bei mir.«

Ihr zeigt sie der Aebtissin, und sagt ihr, man werde mich heute oder morgen abholen, und ich habe der Person zu folgen, die sich in Eurem Namen einfinde.«

»Sehr gut!«

»Vergeht nicht, über mich loszuziehen, wenn ihr mit der Aebtissin von mir sprecht.«

»Wozu soll das nützen?«

»Ich bin ein Opfer des Cardinals und muß wohl dieser armen kleinen Madame Bonacieux Vertrauen einflößen.«

»Das ist richtig. Wollt Ihr mir nun einen Bericht von Allem dem machen, was vorgefallen ist?«

»Ich habe Euch die Ereignisse erzählt, Ihr besitzt ein gutes Gedächtniß. Wiederholt die Dinge, wie ich sie Euch mittheilte; ein Papier geht verloren.«

»Ihr habt Recht. Nur damit ich weiß, wo ich Euch finden kann und nicht unnütz in der Gegend umherlaufe.«

»Das ist richtig; wartet!«

»Wollt Ihr eine Karte?«

»Oh! ich kenne diese Gegend vortrefflich.«

»Ihr? wann seid Ihr hier gewesen?«

»Ich bin hier erzogen worden.«

»Wirklich!«

»Seht, irgendwo erzogen worden zu sein, nützt doch zu etwas.«

»Ihr werdet mich also erwarten? . . .«

»Laßt mich einen Augenblick nachdenken . . . halt, ja in Armentières?«

»Was ist das, Armentières?«

»Eine kleine Stadt an der Lys. Ich habe nur über den Fluß zu setzen, und bin in einem fremden Lande.«

»Vortrefflich! aber wohlverstanden, Ihr geht nur im Fall einer großen Gefahr über den Fluß.«

»Natürlich.«

»Wie soll ich aber dann erfahren, wo Ihr seid?«

»Ihr bedürft Eures Bedienten nicht?«

»Nein.«

»Es ist ein sicherer Mann?«

»Unter jeder Bedingung.«

»Gebt ihn mir; niemand kennt ihn, ich lasse ihn an dem Orte zurück, von dem ich mich entferne, und er führt Euch dahin, wo ich bin.«

»Und Ihr sagt, Ihr werdet mich in Armentières erwarten?«

»In Armentières.«

»Schreibt mir diesen Namen auf ein Stückchen Papier, damit ich ihn nicht vergesse. Der Name einer Stadt kann unmöglich kompromittiren, nicht wahr?«

»Wer weiß? doch gleich viel,« sagte Mylady und schrieb den Namen auf ein Blättchen Papier; »ich gefährde mich dadurch.«

»Gut,« sprach Rochefort, nahm das Papier Mylady aus den Händen, faltete es zusammen, und steckte es in das Futter seines Hutes. »Seid übrigens unbesorgt, ich mache es wie die Kinder und wiederhole den Namen den ganzen Weg entlang, wenn ich das Papier verliere. Nun, ist das Alles?«

»Ich glaube.«

»Wir wollen einmal untersuchen: Buckingham todt oder schwer verwundet: Eure Unterredung mit dem Cardinal von den vier Musketieren gehört; Lord Winter von Eurer Ankunft in Portsmouth benachrichtigt: d'Artagnan und Athos in die Bastille: Aramis der Liebhaber der Frau von Chevreuse; Porthos ein Gimpel; Madame Bonacieux wieder gefunden; Euch den Wagen so bald als möglich schicken; Euch meinen Bedienten zur Verfügung stellen; ein Opfer des Cardinals aus Euch machen, damit die Aebtissin keinen Verdacht schöpft; Armentières an den Ufern der Lys; ist es so?«

»In der That mein lieber Chevalier, Ihr seid ein wahres Wunder von Gedächtniß. Doch fügt noch bei . . .«

»Was?«

»Ich habe ein sehr hübsches Wäldchen gesehen, das an den Klostergarten stoßen muß. Sagt, es sei mir erlaubt, in diesem Wäldchen spazieren zu gehen. Wer weiß, ich muß vielleicht durch eine Hinterpforte von hier fort.«

»Ihr denkt an Alles.«

»Und Ihr, Ihr vergeßt etwas.«

Was denn?«

»Zu fragen, ob ich Geld brauche.«

»Das ist richtig. Wie viel wollt Ihr?«

»Alles, was Ihr an Gold bei Euch habt.«

»Ich habe ungefähr fünfhundert Pistolen bei mir.«

»Ich etwa eben so viel. Mit tausend Pistolen kann man Allem Trotz bieten. Leert Eure Taschen.«

»Hier.«

»Gut. Und Ihr reist?«

»In einer Stunde. Ich bleibe nur so lange, um einen Bissen zu essen, und schicke mittlerweile nach einem Postpferd.«

»Vortrefflich. Adieu, Graf!«

»Adieu, Gräfin.«

»Empfehlt mich dem Cardinal.«

»Empfehlt mich dem Satan.«

Mylady und Rochefort tauschten ein Lächeln und trennten sich.

Eine Stunde nachher sprengte Rochefort im stärksten Galopp aus Bethune. Nach fünf Stunden kam er durch Arras.

Unsre Leser wissen bereits, wie er von d'Artagnan wiedererkannt wurde, wie dieses Wiedererkennen den vier Musketieren Furcht einflößte und sie zur größten Eile trieb.