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Czytaj książkę: «Die drei Musketiere», strona 34

Czcionka:

IX.
Anjou-Wein

Nachdem man beinahe verzweifelte Nachrichten vom König erhalten hatte, fing das Gerücht von seiner Wiedergenesung an sich zu verbreiten, und da er große Eile hatte, in Person zu der Belagerung zu kommen, so sagte man, er würde abreisen, sobald er wieder zu Pferde steigen könnte.

Monsieur, welcher wußte, daß er jeden Tag durch den Herzog von Angoulême, durch Bassompierre oder durch Schomberg, die sich um das Commando stritten, im Oberbefehl ersetzt werden konnte, that mittlerweile nur wenig, verlor seine Zeit durch Umhertappen und wagte kein großes Unternehmen, um die Engländer von der Insel Ré zu vertreiben, wo sie die Citadelle Saint-Martin und das Fort de la Prée belagerten, während die Franzosen ihrerseits La Rochelle belagerten.

D'Artagnan war, wie gesagt, ruhiger geworden, wie dies stets nach einer überstandenen Gefahr, oder wenn man die Gefahr für verschwunden hält, der Fall ist. Sein einziger Kummer war, daß er keine Nachricht von seinen Freunden erhielt.

Aber eines Morgens wurde ihm durch folgenden aus Villeroy datirten Brief Alles klar:

»Herr d'Artagnan,

»Die Herren Athos, Porthos und Aramis machten, nachdem sie bei mir ein gutes Mahl eingenommen hatten, einen so gewaltigen Lärm, daß ihnen der Herr Schloßrichter, ein sehr strenger Mann, einige Tage Zimmerarrest gab. Ich vollziehe ihre Befehle, indem ich Euch zwölf Flaschen von meinem Anjou-Wein schicke, dem sie großes Lob spenden; sie wünschen, Ihr möget ihren Lieblingswein auf ihre Gesundheit trinken.

»Ich bin, mein Herr, mit der größten Achtung

Euer

ergebenster und gehorsamster Diener
Godeau, Gastwirth der Musketiere.«

»Vortrefflich!« rief d'Artagnan, »sie gedenken mein bei ihren Vergnügungen, wie ich ihrer bei meinem Kummer gedachte. Ich werde gewiß auf ihre Gesundheit trinken, und zwar von ganzem Herzen und nicht allein.«

Und d'Artagnan lief zu zwei Garden, mit denen er mehr Freundschaft geschlossen hatte, als mit den andern, und lud sie ein, den köstlichen Wein mit ihm zu trinken, der von Villeroy angekommen war. Der Eine von ihnen war für denselben Abend, der Andere für den folgenden eingeladen; so wurde also die Zusammenkunft auf den zweiten Tag festgesetzt.

D'Artagnan schickte seine zwölf Flaschen Wein in die Trinkstube der Garden, mit dem Befehle, sie sorgfältig aufzubewahren. Als der Tag des Festes erschien, mußte Planchet schon um neun Uhr sich an Ort und Stelle begeben, um die nothwendigen Vorbereitungen zu treffen, während die Stunde zum Mittagsmahle auf ein Uhr festgesetzt war.

Stolz, zur Würde eines Haushofmeisters erhoben worden zu sein, war Planchet darauf bedacht, sich seiner Aufgabe als ein gescheidter Kerl zu entledigen. Er nahm zu diesem Ende noch einen Bedienten von einem der Gäste seines Herrn, Namens Fourreau, zu sich, nebst Baisemout, dem falschen Soldaten, der unsern Helden hatte tödten wollen und, da er zu keinem Korps gehörte, in den Dienst d'Artagnans oder vielmehr Planchets getreten war, seitdem ihm d'Artagnan das Leben geschenkt hatte.

Zu der für das Mahl bestimmten Stunde erschienen die zwei Gäste, nahmen Platz und die Gerichte wurden aufgetragen; Planchet wartete mit der Serviette unter dem Arm auf, Fourreau öffnete die Flaschen, und Baisemout, der Rekonvalescent, goß den Wein, der durch das Schütteln einen Satz bekommen zu haben schien, in gläserne Karaffen über. Die erste Flasche von diesem Wein war etwas trüb, Baisemout goß den Satz in ein Glas und d'Artagnan erlaubte ihm, dasselbe zu trinken, denn der arme Teufel hatte noch nicht viel Kraft.

Die Gäste hatten die Suppe gegessen und waren gerade im Begriff, das erste Glas an die Lippen zu setzen, als plötzlich die Kanone im Fort Louis und im Fort Neuf ertönte. Die Garden glaubten, es handle sich um einen unvorhergesehenen Angriff von Seiten der Engländer und von Seiten der Belagerten, und liefen nach ihren Degen; d'Artagnan machte es ebenso und alle drei eilten an ihre Posten.

Aber kaum waren sie außerhalb der Trinkstube, als sie sich durch ein gewaltiges Getöse gefesselt sahen. Von allen Seiten ertönte der Ruf: »Es lebe der König! Es lebe der Herr Cardinal!« und die Trommler schlugen in allen Richtungen.

Der König hatte wirklich in seiner Ungeduld zwei Etapen verdoppelt und traf in diesem Augenblick mit all seinen Haustruppen und einer Verstärkung von zehntausend Mann ein. Vor und hinter ihm zogen die Musketiere. D'Artagnan hatte mit seiner Kompagnie Spalier zu machen, und begrüßte mit einer ausdrucksvollen Geberde seine Freunde und Herrn von Treville.

Sobald die Empfangsceremonie vorüber war, versammelten sich die vier Freunde.

»Bei Gott!« rief d'Artagnan, »Ihr hättet nicht besser ankommen können; das Fleisch hat gewiß noch nicht Zeit gehabt, kalt zu werden. Nicht wahr, meine Herren,« fügte der junge Mann gegen die zwei Garden bei, die er seinen Freunden vorstellte.

»Ah! ah! es scheint, wir bankettiren,« sprach Porthos.

»Ich hoffe, es ist keine Frauensperson bei dem Mahle?« sagte Aramis.

»Gibt es trinkbaren Wein in Eurer Schenke?« fragte Athos.

»Ei! bei Gott den Eurigen, lieber Freund,« antwortete d'Artagnan.

»Unseren Wein?« rief Athos.

»Ja den Wein, welchen Ihr mir geschickt habt.«

»Wir haben Euch Wein geschickt?«

»Ihr wißt doch von dem köstlichen Wein von den Rebhügeln von Anjou? . . .«

»Ja, ich weiß wohl, von welchem Weine Ihr sprecht.«

»Von dem Wein, welchem Ihr den Vorzug gebt.«

»Allerdings, wenn ich weder Champagner noch Chambertin habe.«

»Nun! in Ermanglung des Champagners und des Chambertin werdet Ihr Euch mit diesem begnügen.«

»Wir haben also Anjou-Wein kommen lassen, wir Leckermäuler?« sprach Porthos.

»Nein, es ist der Wein, den man mir in Eurem Auftrage geschickt hat.«

»In unserem Auftrag?« riefen die Musketiere.

»Aramis, habt Ihr den Wein geschickt?« fragte Athos.

»Nein, und Ihr Porthos?«

»Nein.«

»Ganz wohl, aber Euer Wirth, Godeau, der Wirth der Musketiere.«

»Meiner Treu, er mag kommen, woher er will, daran ist nichts gelegen,« sagte Porthos, »wir wollen ihn versuchen und wenn er gut ist, trinken.«

»Nein,« entgegnete Athos, »wir wollen den Wein nicht trinken, der aus einer unbekannten Quelle kommt.«

»Ihr habt Recht, Athos,« sprach d'Artagnan. »Niemand von Euch hat den Gastwirth Godeau beauftragt, mir den Wein zu schicken?«

»Nein: und dennoch ist er Euch in unserem Auftrage zugeschickt worden?«

»Hier ist der Brief,« erwiderte d'Artagnan, und übergab seinen Kameraden das Billet.

»Das ist nicht seine Handschrift,« rief Athos; »ich kenne sie, denn ich habe vor dem Abgang die Rechnungen der Brüderschaft geordnet.«

»Ein falscher Brief,« sagte Porthos, »wir hatten keinen Zimmerarrest.«

»D'Artagnan,« sprach Aramis im Tone des Vorwurfs, »wie konntet Ihr glauben, wir hätten Lärm gemacht? . . .«

D'Artagnan erbleichte, und ein krampfhaftes Zittern schüttelte seine Glieder.

»Du jagst mir Schrecken ein,« sagte Athos, der ihn nur bei bedeutenden Gelegenheiten duzte; »was ist denn vorgefallen?«

»Rasch, laßt uns laufen, meine Freunde!« rief d'Artagnan, dessen Geist ein furchtbarer Verdacht durchzuckte: »sollte es abermals eine Rache von dieser Frau sein?«

Athos erbleichte ebenfalls.

D'Artagnan stürzte nach der Trinkstube; die drei Musketiere und die zwei Garden folgten ihm.

Das Erste was d'Artagnan beim Eintritt in den Speisesaal ins Auge fiel, war Baisemout, der sich in furchtbaren Convulsionen auf dem Boden wälzte.

Bleich wie der Tod suchten ihm Planchet und Fourreau Hilfe zu leisten, aber jeder Beistand war offenbar fruchtlos; alle Züge des Sterbenden waren im Todeskampfe zusammengezogen.

»Ah!« rief er, als er d'Artagnan gewahr wurde; »ah! das ist abscheulich: Ihr gebt Euch das Ansehen, als wolltet Ihr mich begnadigen, und Ihr vergiftet mich.«

»Ich!« rief d'Artagnan, »ich, Unglücklicher! Was sagst Du da?«

»Ich sage, daß Ihr mir diesen Wein gegeben habt; ich sage, daß Ihr mich habt trinken heißen, ich sage, daß Ihr Euch an mir rächen wolltet, ich sage, daß dies abscheulich ist.«

»Glaubt es nicht, Baisemout,« rief d'Artagnan, »glaubt es nicht: ich schwöre Euch . . .«

»Aber es lebt ein Gott! Gott wird Euch bestrafen! Mein Gott, laß ihn einen Tag leiden, was ich leide.«

»Beim heiligen Evangelium,« sprach d'Artagnan, sich auf den Sterbenden stürzend, »ich schwöre Euch, ich wußte nicht, daß dieser Wein vergiftet war, und wollte so eben selbst davon trinken.«

»Ich glaube Euch nicht,« sagte der Soldat und verschied unter doppelten Qualen.

»Schändlich! schändlich!« murmelte Athos, während Porthos die Flaschen zerbrach und Aramis etwas spät den Befehl gab, einen Beichtiger zu holen.

»Oh! meine Freunde,« sprach d'Artagnan, »Ihr habt mir abermals das Leben gerettet, und zwar nicht allein mir, sondern auch diesen Herren. Meine Herren,« fuhr er, sich an die Garden wendend, fort, »ich bitte, dieses ganze Abenteuer zu verschweigen; hohe Personen könnten in einer Beziehung zu dem, was Ihr gesehen habt, stehen, und das Schlimme von Allem dem würde auf uns zurückfallen.«

»Ach! gnädiger Herr,« stammelte Planchet, mehr todt als lebendig, »ach, gnädiger Herr, da bin ich schön durchgeschlüpft.«

»Wie, Schurke!« rief d'Artagnan, »Du wolltest also meinen Wein trinken?«

»Auf die Gesundheit des Königs, gnädiger Herr; ich wollte eben ein armseliges Gläschen leeren, als Fourreau mir sagte, man rufe mich.«

»Ach!« sprach Fourreau, dem die Zähne vor Schrecken klapperten, »ich wollte ihn entfernen, um allein trinken zu können.«

»Meine Herren,« sagte d'Artagnan, »Ihr begreift, daß ein solches Mahl nach dem, was vorgefallen ist, nur sehr traurig sein könnte: entschuldigt also gütigst, und wollt mich, ich bitte, an einem anderen Tag mit Eurer Gesellschaft beehren!« Die zwei Garden nahmen die Entschuldigungen d'Artagnan's höflich auf und entfernten sich, da sie wohl begreifen mochten, daß die vier Freunde allein zu sein wünschten.

Als der junge Garde und die drei Musketiere ohne Zeugen waren, schauten sie sich mit einer Miene an, aus der hervorging, daß sie die ernste Bedeutung ihrer Lage begriffen.

»Vor Allem,« sprach Athos, »wollen wir dieses Zimmer verlassen; ein Todter ist eine schlechte Gesellschaft.«

»Planchet,« sagte d'Artagnan, »ich empfehle Dir, über den Leichnam des armen Teufels zu wachen; er soll in geweihter Erde begraben werden. Allerdings hat er ein Verbrechen begangen, aber er bereute es.«

Die vier Freunde entfernten sich aus dem Zimmer und überließen Planchet und Fourreau die Sorge, Baisemout die letzte Ehre zu erweisen.

Der Wirth gab ihnen eine andere Stube, in die man ihnen weich gesottene Eier und Wasser brachte, das Athos selbst aus dem Brunnen schöpfte. Mit ein paar Worten wurden Porthos und Aramis über die Lage der Dinge in Klare gesetzt.

»Nun! wohl,« sagte d'Artagnan zu Athos, »Ihr seht, es ist ein Krieg auf Leben und Tod.«

Athos schüttelte den Kopf und erwiderte:

»Ja, ja, ich sehe es wohl, aber glaubt Ihr, sie sei es?«

»Ich bin es fest überzeugt.«

»Doch, ich muß Euch gestehen, daß ich noch daran zweifle.«

»Aber die Lilie auf der Schulter . . .«

»Es ist eine Engländerin, welche irgend ein Verbrechen in Frankreich begangen haben wird, wofür man sie gebrandmarkt hat.«

»Athos, es ist Eure Frau, sage ich Euch,« antwortete d'Artagnan; »erinnert Ihr Euch nicht, wie sehr sich die zwei Signalements gleichen?«

»Ich glaubte, die andere müßte todt sein, ich hatte sie so gut gehenkt!«

Nun war die Reihe an d'Artagnan, den Kopf zu schütteln.

»Aber was läßt sich am Ende machen?« sprach der junge Mann.

»Offenbar kann man nicht ewig mit einem Schwert über dem Haupte bleiben,« sagte Athos, »und man muß aus dieser Lage herauskommen.«

»Aber wie?«

»Hört: versucht es irgendwo mit ihr zusammen zu kommen und zu einer Erklärung mit ihr zu gelangen. Sagt ihr: ›Krieg oder Friede. Ich gebe Euch mein Ehrenwort als Edelmann, nie etwas von Euch zu sagen, nie etwas gegen Euch zu thun. Von Eurer Seite fordere ich einen feierlichen Eid, neutral in Beziehung auf meine Person zu sein; wollt Ihr dies nicht, so suche ich den Kanzler, den König, den Henker auf: ich bringe den ganzen Hof gegen Euch in Aufruhr, ich gebe Euch als Gebrandmarkte an: ich stelle Euch vor Gericht und wenn man Euch freispricht, nun wohl! dann tödte ich Euch, so wahr ich ein Edelmann bin, an dem nächsten besten Eckstein, wie ich einen wüthenden Hund umbringen würde.‹

»Dieses Mittel gefällt mir,« erwiderte d'Artagnan, »aber wie mit ihr zusammenkommen?«

»Die Zelt, mein theurer Freund, die Zeit führt die Gelegenheit herbei; die Gelegenheit ist die Martingale; je höher man spielt, desto mehr gewinnt man, wenn man zu warten weiß.«

»Ja; aber umgeben von Mördern und Giftmischern zu warten . . .«

»Bah!« rief Athos, »Gott hat uns bis daher bewahrt, Gott wird uns auch fernerhin bewahren.«

»Allerdings uns. Doch wir sind im Ganzen genommen Männer, und es liegt in unserem Stande, unser Leben zu wagen; aber sie . . .« fügte er mit halber Stimme bei.

»Wer, sie?« fragte Athos.

»Constance.«

»Madame Bonacieux? Ah! das ist richtig,« sprach Athos. »Armer Freund! Ich vergaß, daß Ihr verliebt seid.«

»Ei, wohl!« sagte Aramis; »aber habt Ihr nicht aus dem Briefe, der sich bei dem Schurken fand, welcher Euch ermorden wollte, ersehen, daß sie in einem Kloster ist? Man befindet sich ganz wohl in einem Kloster, und sobald die Belagerung vorüber ist, erkläre ich Euch meines Theils . . .«

»Gut, gut,« rief Athos. »Ja, mein lieber Aramis, wir wissen, daß Eure Wünsche auf die Religion abzielen.«

»Ich bin nur einstweilen Musketier,« sagte Aramis demüthig.

»Er scheint lange Zeit keine Briefe mehr von seiner Geliebten empfangen zu haben,« sagte Athos leise; »aber merke nicht darauf, wir kennen das.«

»Mir scheint, es gibt ein ganz einfaches Mittel,« rief Porthos.

»Welches?« fragte d'Artagnan.

»Sie ist in einem Kloster, sagt Ihr?«

»Ja.«

»Nun, sobald die Belagerung vorüber ist, entführen wir sie aus diesem Kloster.«

»Aber man muß auch wissen, in welchem Kloster sie sich befindet.«

»Das ist richtig,« versetzte Porthos.

»Doch, wenn ich bedenke,« sprach Athos, »behauptet Ihr nicht, mein liebes d'Artagnan, die Königin habe das Kloster für sie ausgewählt.«

»Ja, ich glaube es wenigstens.«

»Gut! da kann uns Porthos helfen.«

»Wie dies, wenn ich bitten darf?«

»Durch Eure Marquise, durch Eure Herzogin, Eure Prinzessin; sie muß einen langen Arm haben.«

»Stille!« erwiderte Porthos und legte einen Finger auf seine Lippen; »ich halte sie für eine Cardinalistin und sie darf nichts davon wissen.«

»Dann übernehme ich es, Kunde von ihr zu erhalten,« sagte Aramis.

»Ihr! Aramis?« riefen die drei Freunde; »Ihr, und wie dies!«

»Durch den Almosenier der Königin, mit dem ich befreundet bin,« antwortete Aramis erröthend.

Die vier Freunde hatten ihr bescheidenes Mahl zu sich genommen und trennten sich auf diese Versicherung, mit dem Versprechen, sich am Abend wieder zu sehen. D'Artagnan kehrte nach Hause zurück, und die Musketiere begaben sich nach dem Quartiere des Königs, wo sie sich ihre Wohnungen einrichten zu lassen hatten.

X.
Die Wirtschaft zum Rothen Taubenschlag

Kaum in dem Lager angelangt, wollte der König, welcher so große Eile hatte, dem Feinde gegenüber zu stehen, und den Haß des Cardinals gegen Buckingham theilte, alle Vorkehrungen treffen, einmal um die Engländer von der Insel Ré zu verjagen, und dann um die Belagerung von La Rochelle kräftiger zu betreiben; aber er wurde gegen seinen Willen durch die feindselige Art aufgehalten, womit die Herren Bassompierre und Schomberg dem Herzog von Angoulême entgegentraten.

Herr von Bassompierre und Schomberg waren Marschälle von Frankreich und forderten ihr Recht, das Heer unter dem Befehle des Königs zu commandiren; aber Richelieu, welcher befürchtete, Bassompierre, der im Innern seines Herzens ein Hugenotte war, möchte die Engländer und die Rocheller, seine Religionsbrüder, nur wenig bedrängen, suchte im Gegentheil den Herzog von Angoulême zu begünstigen, den der König auf seinen Antrieb zum General-Lieutenant ernannt hatte. Wenn also die Herren Bassompierre und Schomberg nicht die Armee verlassen sollten, so mußte man jedem von ihnen ein besonderes Kommando übergeben. Bassompierre nahm seine Quartiere im Norden der Stadt von Lalen bis Dompierre, der Herzog von Angoulême nahm die seinigen im Osten von Dompierre bis Perigny, und Herr von Schomberg im Süden von Perigny bis Angoulin.

Die Wohnung Monsieurs war in Dompierre, die des Königs bald in Estré, bald in la Jarri.

Die Wohnung des Cardinals war auf den Dünen bei dem Pont de la Pierre in einem einfachen Hause ohne alle Verschanzung.

Monsieur überwachte auf diese Weise Bassompierre, der König den Herzog von Angoulême und der Cardinal Herrn von Schomberg.

Sobald diese Anordnung getroffen war, beschäftigte man sich damit, die Engländer von der Insel zu vertreiben.

Die Conjucturen waren dazu günstig. Die Engländer, welche vor Allem guter Lebensmittel bedürfen, um gute Soldaten zu sein, hatten viele Kranke in ihrem Lager, da sie nur gesalzenes Fleisch und schlechten Zwieback zu essen bekamen. Das Meer war um diese Jahreszeit an allen östlichen Küsten sehr gefährlich, und das Gestade war von der Spitze des Aiguillon bis zu den Laufgräben buchstäblich bei jeder Fluth mit zertrümmerten Pinassen, Robergen und Felucken bedeckt; daher kam es, daß sich die Leute des Königs in ihrem Lager hielten, und Buckingham. der aus Halsstarrigkeit noch auf der Insel Ré verweilte, mußte eines Tages genöthigt werden, die Belagerung aufzugeben.

Aber da Herr von Toiras melden ließ, im feindlichen Lager bereite sich Alles zu einem neuen Sturme vor, so meinte der König, man müsse der ganzen Sache ein Ende machen, und gab die nöthigen Befehle zu einem entscheidenden Affaire.

Es war nicht unsere Absicht, ein Tagebuch der Belagerung zu schreiben, sondern wir wollten im Gegentheil nur die Ereignisse berichten, welche mit der Geschichte, die wir erzählen, in besonderem Zusammenhang stehen, und wir begnügen uns also, mit zwei Worten zu bemerken, daß das Unternehmen zur großen Zufriedenheit des Königs und zum großen Ruhme des Cardinals glückte. Fuß für Fuß zurückgetrieben, bei jedem Zusammentreffen geschlagen, mußten sich die Engländer mit Zurücklassung von zweitausend Todten auf der Wahlstätte wieder einschiffen; unter diesen Todten waren fünf Obersten, drei Oberst-Lieutenants, zweihundert und fünfzig Kapitäne und zwanzig Edelleute von hohem Rang; ferner verloren die Engländer viele Feldstücke und sechzig Fahnen; die letzteren wurden von Claude von Saint-Simon nach Paris gebracht und mit großem Gepränge in den Gewölben von Notre-Dame aufgehängt.

Im Lager ertönten Te Deum, die sich von da durch ganz Frankreich verbreiteten.

Dem Cardinal blieb es also überlassen, die Belagerung fortzusetzen, ohne daß er, wenigstens für den Augenblick, von den Engländern etwas zu befürchten hatte.

Aber die Ruhe war, wie gesagt, nur eine augenblickliche. Es war ein Abgesandter des Herzogs von Buckingham, Namens Montaigu, aufgefangen worden, und man hatte den Beweis eines Bündnisses zwischen dem Reiche, Spanien, England und Lothringen erlangt.

Dieses Bündniß war gegen Frankreich gerichtet.

Außerdem hatte man in der Wohnung des Herzogs von Buckingham, die er in großer Eile verlassen gemußt, Papiere gefunden, welche dieses Bündniß bestätigten, wie der Herr Cardinal in seinen Memoiren versichert, und Frau von Chevreuse, und folglich auch die Königin bedeutend kompromittirten.

Auf dem Cardinal lastete die ganze Verantwortlichkeit, denn man ist nicht unumschränkter Minister, ohne verantwortlich zu sein. Auch waren alle Quellen und Mittel seines umfassenden Genies Tag und Nacht in Anspruch genommen, um das geringste Geräusch zu vernehmen, das sich in einem der großen Reiche Europas erhob.

Der Cardinal kannte die Thätigkeit und besonders den Haß Buckinghams; triumphirte das Bündniß, von dem Frankreich bedroht wurde, so war sein ganzer Einfluß verloren. Die spanische und die österreichische Politik hatte ihre Repräsentanten im Louvre. Er, Richelieu, der französische, der vorzugsweise nationale Minister, war verloren. Der König, der ihm wie ein Kind gehorchte, haßte ihn, wie ein Kind seinen Lehrmeister haßt, und überließ ihn der vereinigten Rache Monsieurs und der Königin. Er war verloren und Frankreich vielleicht auch; dem Allem mußte man zuvorkommen.

Jeden Augenblick waren die Eilboten zahlreicher, und man sah sie einander Tag und Nacht in dem kleinen Hause am Pont de la Pierre folgen, wo der Cardinal seine Residenz aufgeschlagen hatte.

Es waren Mönche, welche die Kutte so schlecht trugen, daß man leicht erkennen konnte, sie gehören hauptsächlich der streitenden Kirche an; Frauen, die in ihren Pagen-Kleidern etwas beengt waren, und deren weite Hosen die gerundeten Formen nicht völlig verbergen konnten: Bauern endlich mit geschwärzten Händen, aber zarten Beinen, in denen man den Mann von Stand auf eine Meile in der Runde erkannte.

Dann kamen noch andere minder angenehme Besuche, denn wiederholt verbreitete sich das Gerücht, der Cardinal wäre beinahe ermordet worden.

Allerdings behaupteten die Feinde Seiner Eminenz, sie selbst habe ungeschickte Mörder in das Feld geschickt, um vorkommenden Falls das Recht zu Repressalien zu haben, aber man muß weder das, was die Minister, noch das, was ihre Feinde sagen, glauben.

Dies hielt jedoch den Cardinal, dem seine erbittertsten Verläumder den Muth nicht abgesprochen haben, nicht ab, viele nächtliche Ritte zu machen, bald um dem Herzog von Angoulême wichtige Befehle zu eröffnen, bald um sich mit dem König, bald um sich mit irgend einem Boten zu besprechen, den man nicht in seinem Hause sehen sollte.

Die Musketiere, welche bei der Belagerung nicht viel zu thun hatten, waren nicht streng gehalten uns führten ein lustiges Leben. Dies war hauptsächlich unsern drei Genossen um so leichter, als sie, mit Herrn von Treville befreundet, von diesem ohne Schwierigkeit die Erlaubniß erhielten, länger auszubleiben und auch nach Schließung des Lagers außen zu verweilen.

Eines Abends, als d'Artagnan, der den Dienst in den Laufgräben hatte, sie nicht begleiten konnte, kamen Athos, Porthos und Aramis auf ihren Schlachtrossen, in ihre Kriegsmäntel gehüllt, eine Hand auf dem Kolben ihrer Pistole, aus einer Schenke, zum Rothen Taubenschlag genannt, zurück, welche zwei Tage vorher von Athos auf der Straße nach Jarri entdeckt worden war. Sie verfolgten den Weg, der nach dem Lager führte, und waren dabei aus Furcht vor einem Hinterhalt wohl auf ihrer Hut, als sie ungefähr eine Viertelstunde von dem Dorfe Boisneau das Geräusch von Pferden zu hören glaubten, welche auf sie zukamen. Sogleich hielten alle Drei stille und schlossen sich, die Mitte der Straße behauptend, eng an einander an. Nach einem Augenblick, als der Mond eben unter einer Wolke hervortrat, sahen sie wirklich an der Biegung der Straße zwei Reiter, welche, sobald sie unsere Freunde erblickten, ebenfalls stillhielten und mit sich zu Rathe zu gehen schienen, ob sie ihren Weg fortsetzen oder umkehren sollten. Dieses Zögern erregte Verdacht bei den Musketieren; Athos rückte einige Schritte vor und rief mit fester Stimme:

»Wer da?«

»Wer da, Ihr selbst?« erwiderte einer von den Reitern.

»Das ist keine Antwort!« sprach Athos. »Wer da? oder wir feuern.«

»Besinnt Euch wohl, ehe Ihr dies thut, meine Herren,« entgegnete eine vibrirende Stimme, welche zu befehlen gewohnt zu sein schien.

»Das ist ein Oberoffizier, der diese Nacht seine Runde macht,« sprach Athos, sich gegen seine Freunde umwendend. »Was wollen wir thun, meine Herren?«

»Wer seid Ihr?« rief dieselbe Stimme mit demselben befehlenden Tone; »antwortet oder Ihr dürftet Euch schlecht bei Eurem Ungehorsam befinden.«

»Musketiere des Königs!« erwiderte Athos, immer mehr überzeugt, daß der, welcher sie fragte, auch das Recht hierzu hatte.

»Welche Kompagnie?«

»Kompagnie von Treville.«

»Rückt vor und gebt mir Rechenschaft, was Ihr zu dieser Stunde hier zu machen habt.«

Die drei Musketiere rückten etwas verblüfft vor, denn alle drei waren überzeugt, daß sie es mit einem Mächtigern zu thun hatten. Man überließ indessen Athos die Sorge, das Wort zu führen.

Einer von den zwei Reitern war ungefähr zehn Schritte von seinem Gefährten entfernt; Athos gab Porthos und Aramis ein Zeichen, ebenfalls zurückzubleiben, und ritt allein vorwärts.

»Um Vergebung, mein Offizier,« sprach Athos, »aber wir wußten nicht, mit wem wir es zu thun hatten, und Ihr könnt sehen, wir halten gute Wache.

»Euer Name?« fragte der Offizier, der einen Theil seines Gesichtes mit dem Mantel verhüllte.

»Ihr selbst, mein Herr,« sagte Athos, den dieses Verhör zu empören anfing, »gebt mir, ich bitte Euch, den Beweis, daß Ihr das Recht habt, mich so zu fragen?«

»Euer Name?« wiederholte der Reiter, und ließ den Mantel so fallen, daß sein Gesicht entblößt war.

»Der Herr Cardinal!« rief der Musketier erstaunt.

»Euer Name?« fragte Seine Eminenz zum dritten Male.

»Athos,« antwortete der Musketier.

Der Cardinal gab dem Stallmeister ein Zeichen und dieser näherte sich.

»Die drei Musketiere werden uns folgen,« sprach er mit leiser Stimme; »man soll nicht erfahren, daß ich das Lager verlassen habe, und wenn sie uns folgen, sind wir sicher, daß sie Niemand etwas davon sagen.«

»Wir sind Edelleute, Monseigneur,« sprach Athos; »verlangt unser Ehrenwort und seid unbesorgt. Wir wissen, Gott sei Dank! ein Geheimniß zu bewahren.«

Richelieu heftete seine durchdringenden Augen auf den kühnen Redner.

»Ihr habt ein feines Ohr, Herr Athos,« sprach der Cardinal. »Aber nun hört: ich bitte Euch, nicht aus Mißtrauen, sondern meiner Sicherheit wegen, mir zu folgen. Ohne Zweifel sind Eure zwei Gefährten die Herren Porthos und Aramis.«

»Ja, Ew. Eminenz,« antwortete Athos, während die zwei zurückgebliebenen Musketiere, den Hut in der Hand, sich näherten.

»Ich kenne Euch, meine Herren,« sagte der Cardinal, »ich kenne Euch. Ich weiß, daß ich Euch nicht ganz zu meinen Freunden zu zählen habe, und das thut mir leid. Ich weiß aber auch, daß Ihr brave, wackere Edelleute seid, und daß man sich Euch anvertrauen kann. Herr Athos, erweist mir die Ehre, mich nebst Euren zwei Freunden zu begleiten, und ich werde dann eine Eskorte haben, um welche mich Seine Majestät beneiden müßte, wenn wir ihr begegnen würden.«

Die drei Musketiere verbeugten sich bis auf den Hals ihrer Pferde.

»Ei, bei meiner Ehre!« rief Athos, »Euere Eminenz hat Recht, uns mitzunehmen. Wir stießen unterwegs auf abscheuliche Gesichter, und hatten sogar mit vier von diesen Gesichtern einen Zank im Rothen Taubenschlag.«

»Einen Zank! und warum, meine Herren,« sagte der Cardinal. »Ich liebe die Zänkereien nicht, wie Ihr wißt.«

»Gerade deßhalb habe ich die Ehre, Euere Eminenz von dem Vorfall in Kenntniß zu setzen; denn sie könnte es von Andern erfahren und uns auf einen falschen Bericht hin schuldig glauben.«

»Und was war das Resultat dieses Streites?« fragte der Cardinal die Stirne faltend.

»Mein Freund Aramis, den Ihr hier seht, hat einen kleinen Degenstich in den Arm bekommen, was ihn jedoch nicht abhalten wird, wie Ihr wohl bemerken möget, morgen den Sturm mitzumachen, wenn Euer Eminenz dazu Befehl geben sollte.«

»Aber Ihr seid nicht die Menschen, die sich auf diese Art Degenstiche geben lassen?« sagte der Cardinal. »Sprecht offen, meine Herren, Ihr habt sicherlich einige zurückgegeben! Beichtet, Ihr wißt, ich habe das Recht, Absolution zu ertheilen.«

»Ich, gnädiger Herr,« sagte Athos, »ich habe nicht einmal den Degen gezogen, aber ich nahm denjenigen, mit welchem ich zu schaffen hatte, um den Leib und warf ihn zum Fenster hinaus. Es scheint,« fuhr Athos mit einigem Zögern fort, »daß er beim Fallen den Schenkel gebrochen hat.«

»Ah! ah!« rief der Cardinal, »und Ihr, Herr Porthos?«

»Ich, Monseigneur, ergriff, da ich wußte, daß das Duell verboten ist, eine Bank und versetzte einem von diesen Schurken einen Streich, der ihm, glaube ich, die Schulter zerschmettert hat.«

»Gut,« sagte der Cardinal, »und Ihr, Herr Aramis?«

»Ich, Monseigneur, da ich ein sehr sanftes Gemüth habe und überdies, was Monseigneur vielleicht nicht weiß, in den geistlichen Stand einzutreten im Begriffe bin, wollte meine Kameraden trennen, als einer von diesen Elenden mir verrätherischer Weise einen Degenstich durch den linken Arm beibrachte. Da ging mir die Geduld aus und ich zog meinen Degen ebenfalls, und als er wieder angriff, glaube ich bemerkt zu haben, daß er sich, indem er sich auf mich warf, meine Klinge durch den Leib rannte. Ich weiß nur, daß er fiel, und es schien mir, als ob man ihn mit seinen zwei Genossen fortgetragen hätte.«

»Teufel, meine Herren!« sprach der Cardinal, »drei Menschen wegen einer Wirthshauszänkerei wehrlos zu machen! Ihr scheint mir keine faule Hände zu haben! Und worüber entspann sich der Streit?«

»Die Elenden waren berauscht und wollten, da sie wußten, daß diesen Abend eine Frau in der Schenke angekommen war, die Thüre sprengen.«

»Diese Frau war wohl jung und hübsch?« fragte der Cardinal mit einiger Unruhe.

»Wir haben sie nicht gesehen, Monseigneur,« sagte Athos.

»Ihr habt sie nicht gesehen? Ah! sehr gut!« versetzte der Cardinal lebhaft. »Ihr habt wohl daran gethan, die Ehre einer Frau zu vertheidigen, und da ich gerade selbst zur Herberge zum Rothen Taubenschlag gehe, so werde ich erfahren, ob Ihr die Wahrheit gesprochen habt.«

»Monseigneur,« sagte Athos stolz, »wir sind Edelleute und würden uns keine Lüge erlauben, und wenn wir damit unser Leben retten könnten.«

»Auch zweifle ich nicht einen Augenblick an dem, was Ihr mir sagt, Herr Athos, ich zweifle nicht im Mindesten daran. Doch,« fügte er bei, um dem Gespräch eine andere Wendung zu geben, »doch diese Dame war wohl allein?«

»Sie hatte einen Kavalier bei sich eingeschlossen,« sagte Athos. »Da sich dieser Kavalier jedoch, trotz des Lärmens, nicht zeigte, so läßt sich annehmen, daß er ein Feiger ist.«

»Richtet nicht vorlaut, sagt das Evangelium,« entgegnete der Cardinal.

Aramis verbeugte sich.

»Und nun, meine Herren, ist es gut,« fuhr Seine Eminenz fort; »ich weiß, was ich wissen wollte, folgt mir.«

Die drei Musketiere ritten hinter dem Cardinal, der wieder das Gesicht in seinen Mantel hüllte, sein Pferd in Marsch setzte und sich acht bis zehn Schritte vor seinen vier Gefährten hielt.

Man gelangte bald zu der einsamen, stillen Herberge. Ohne Zweifel wußte der Wirth, welcher erhabene Besuch erscheinen würde, und hatte deßhalb die Lästigen weggeschickt.