Czytaj tylko na LitRes

Książki nie można pobrać jako pliku, ale można ją czytać w naszej aplikacji lub online na stronie.

Czytaj książkę: «Die drei Musketiere», strona 13

Czcionka:

»Gut! gut! Rochefort, es ist noch nicht Alles verloren und vielleicht . . . vielleicht steht Alles auf's Beste.«

»Ich zweifle allerdings nicht, daß das Genie Ew. Eminenz . . . «

»Die Thorheiten meines Agenten wieder gut macht, nicht wahr?«

»Das war ich im Begriff zu sagen, wenn Euere Eminenz mich hätte meinen Satz vollenden lassen.«

»Wißt Ihr nun, wo sich die Herzogin von Chevreuse und der Herzog von Buckingham verborgen hielten?«

»Nein, Monseigneur, meine Leute konnten mir nichts Bestimmtes hierüber sagen.«

»Ich weiß es.«

»Ihr, Monseigneur?«

»Wenigstens vermuthe ich es. Die eine von diesen zwei Personen hielt sich in der Rue de Vaugirard No. 25, die andere in der Rue de la Harpe No. 75 auf.

»Befehlen Ew. Eminenz, daß ich beide verhaften lasse?«

»Es ist ohne Zweifel zu spät, sie werden abgereist sein.«

»Gleichviel, man kann sich Gewißheit verschaffen.«

»Nehmt zehn Mann von meinen Wachen und durchsucht die zwei Häuser.«

»Ich gehe, Monseigneur.«

Rochefort eilte aus dem Zimmer.

Als der Cardinal allein war, dachte er einen Augenblick nach und läutete zum dritten Male.

Derselbe Offizier erschien.

»Laßt den Gefangenen eintreten,« sprach der Cardinal.

Meister Bonacieux wurde abermals eingeführt und der Offizier zog sich auf ein Zeichen des Cardinals zurück.

»Ihr habt mich getäuscht,« sprach der Cardinal mit strengem Tone.

»Ich!« rief Bonacieux, »ich Ew. Eminenz täuschen!«

»Wenn Euere Frau in die Rue de Vaugirard und in die Rue de la Harpe ging, ging sie nicht zu Leinwandhändlern.«

»Wohin ging sie denn, gerechter Gott!«

»Sie ging zu der Herzogin von Chevreuse und zu dem Herzog von Buckingham.«

»Ja,« sagte Bonacieux, alle seine Erinnerungen in sich sammelnd, »ja, so ist es, Ew. Eminenz haben Recht. Ich bemerkte meiner Frau wiederholt, es sei sonderbar, daß Leinwandhändler in solchen Häusern wohnen, die gar keine Schilder haben, und da lachte sie jedes mal laut auf. Ach! Monseigneur,« fuhr Bonacieux sich dem Richelieu zu Füßen werfend fort, »ach! Ihr seid wohl der Cardinal, der große Cardinal, der Mann von erhabenem Geiste, den alle Welt verehrt!«

So geringfügig auch der Sieg war, den er über einen so gewöhnlichen Menschen, wie Bonacieux, davon getragen hatte, so freute sich doch der Cardinal nichtsdestoweniger einen Augenblick darüber; aber sogleich, als wäre ein neuer Gedanke in ihm aufgetaucht, spielte ein Lächeln um seine Lippen, und er sprach, dem Krämer die Hand reichend:

»Steht auf, mein Freund, Ihr seid ein braver Mann.«

»Der Cardinal hat meine Hand berührt! ich habe die Hand des großen Mannes berührt!« rief Bonacieux. »Der große Mann hat mich seinen Freund genannt.«

»Ja, mein Freund, ja,« sprach der Cardinal mit dem väterlichen Tone, den er zuweilen anzunehmen wußte, wodurch aber nur diejenigen hintergangen wurden, sie ihn nicht kannten; »und da man Euch ungerechter Weise im Verdacht gehabt hat, so verdient Ihr eine Entschädigung. Nehmt diesen Sack mit hundert Pistolen und vergebt mir.«

»Ob ich Euch vergebe, Monseigneur!« sagte Bonacieux, zögerte jedoch, den Sack zu nehmen, ohne Zweifel aus Furcht, das angebliche Geschenk möchte nur ein Scherz sein. »Es stand Euch ganz frei, mich verhaften zu lassen, es steht Euch vollkommen frei, mich foltern, mich hängen zu lassen, Ihr seid der Herr, und ich hätte kein Wörtchen darüber zu sagen gehabt. Euch verzeihen, Monseigneur? Geht, Ihr denkt nicht an dergleichen.«

»Ah! mein lieber Herr Bonacieux, Ihr wollt Großmuth üben, wie ich sehe, und ich danke Euch dafür. Ihr nehmt also diesen Sack und geht, ohne zu sehr unzufrieden zu sein?«

»Ich gehe entzückt, Monseigneur.«

»So lebt wohl, oder vielmehr auf Wiedersehen, denn ich hoffe, wir werden uns wieder sehen.«

»So oft es Monseigneur haben will, ich stehe ganz Eurer Eminenz zu Befehlen.«

»Seid ruhig, das wird oft vorkommen, denn Eure Unterhaltung hat mich in hohem Maße ergötzt.«

»Ah! Monseigneur!«

»Auf Wiedersehen, Herr Bonacieux, auf Wiedersehen.«

Der Cardinal machte ein Zeichen mit der Hand, das Bonacieux mit einer Verbeugung bis zur Erde erwiederte. Dann entfernte er sich rückwärts, und als er im Vorzimmer war, hörte ihn der Cardinal aus vollem Halse schreien: »Es lebe Monseigneur! Es lebe Seine Eminenz! Es lebe der große Cardinal!«

Der Cardinal vernahm mit einem Lächeln die geräuschvolle Kundgebung der enthusiastischen Gefühle von Meister Bonacieux; als sich das Geschrei in der Ferne verloren hatte, sagte er:

»Das ist nunmehr ein Mensch, der sich für mich todtschlagen ließe.«

Und der Cardinal betrachtete mit der größten Aufmerksamkeit die Karte von la Rochelle, welche, wie gesagt, auf seinem Schreibtische ausgebreitet lag, und zog mit dem Bleistift eine Linie, wo sich der bekannte Damm sich hinziehen sollte, der achtzehn Monate später den Hafen der belagerten Stadt schloß.

Als er ganz in seine strategischen Betrachtungen vertieft war, öffnete sich die Thüre wieder und Rochefort trat ein.

»Nun?« sprach der Cardinal, sich mit einer Schnelligkeit erhebend, die verrieth, welch hohes Gewicht er auf den Auftrag legte, den er dem Grafen ertheilt hatte.

»Nun,« sprach dieser, »eine junge Frau von sechs- bis achtundzwanzig Jahren und ein Mann von fünfunddreißig bis vierzig Jahren haben wirklich, die eine vier Tage, der andere fünf, in den von Ew. Eminenz bezeichneten Häusern gewohnt; aber die Frau ist in der vergangenen Nacht und der Mann diesen Morgen abgereist.«

»Sie waren es!« rief der Herzog auf die Pendeluhr schauend; »und nun,« fuhr er fort, »ist es zu spät, um ihnen nachzusetzen; die Herzogin ist in Tours, der Herzog in Boulogne. Man muß sie in London treffen.«

»Was sind Ew. Eminenz Befehle?«

»Kein Wort verlaute von dem, was vorgefallen ist. Die Königin verharre in vollkommener Sicherheit; sie darf nicht erfahren, daß wir ihr Geheimniß wissen; sie soll glauben, wir forschen irgend einer Verschwörung nach. Schickt mir den Siegelbewahrer Seguier.«

»Und dieser Mensch? was hat Ew. Eminenz mit ihm gemacht?«

»Was für ein Mensch?« fragte der Cardinal.

»Dieser Bonacieux?«

»Ich habe Alles aus ihm gemacht, was man aus ihm machen konnte. Ich habe ihn zum Spion seiner Frau gemacht.«

Der Graf von Rochefort verbeugte sich als ein Mann, der die große Ueberlegenheit seines Herrn anerkennt, und ging ab.

Wieder allein setzte sich der Cardinal abermals, schrieb einen Brief, den er mit seinem Privatsiegel verschloß, und läutete. Der Offizier trat zum vierten Male ein.

»Laßt mir Vitray kommen,« sprach er, »und sagt ihm, er solle sich zur Reise bereit halten.«

Einen Augenblick nachher stand der verlangte Mann gestiefelt und gespornt vor ihm.

»Vitray,« sagte der Cardinal, »Ihr geht sogleich nach London. Ihr haltet Euch nicht einen Augenblick unterwegs auf; diesen Brief übergebt Ihr Mylady; hier ist eine Anweisung von zweihundert Pistolen; geht zu meinem Schatzmeister und laßt sie Euch ausbezahlen. Eben so viel erhaltet Ihr, wenn Ihr in sechs Tagen zurück seid und Euern Auftrag gut vollzogen habt.«

Ohne ein Wort zu erwiedern, verbeugte sich der Bote, nahm den Brief und die Anweisung von zweihundert Pistolen und ging ab.

Der Brief enthielt Folgendes:

»Mylady!

»Findet Euch auf dem ersten Balle ein, den der Herzog von Buckingham besucht. Er wird an seinem Wamms zwölf Diamantnestelstifte tragen. Nähert Euch ihm und schneidet zwei davon ab.

»Sobald diese Nestelstifte in Euren Händen sind, gebt mir Nachricht.«

XV.
Civildiener und Kriegsdiener

Als am Tage nach diesen Ereignissen Athos nicht erschien, wurde Herr von Treville durch d'Artagnan und Porthos von seinem Verschwinden in Kenntniß gesetzt.

Aramis hatte sich einen Urlaub von fünf Tagen erbeten und befand sich, der Sage nach, in Familienangelegenheiten in Rouen.

Herr von Treville war der Vater seiner Soldaten. Der Geringste und Unbekannteste unter ihnen war, sobald er die Uniform seiner Kompagnie trug, seiner Hilfe und seines Beistandes so sicher, als es nur sein eigener Bruder hätte sein können.

Er begab sich also sogleich zu dem Kriminalunterrichter. Man ließ den Offizier kommen, der den Posten an der Croix-Rouge commandirte, und aus den Nachrichten, die man nach und nach erhielt, ging hervor, daß Athos für den Augenblick im Fort-l'Evêque einquartirt war.

Athos hatte alle Prüfungen durchgemacht, denen Bonacieux unterworfen gewesen war.

Wir haben der Konfrontationsscene zwischen den zwei Gefangenen beigewohnt. Athos, welcher bis dahin nichts gesagt hatte, weil er dachte, d'Artagnan könnte ebenfalls beunruhigt worden sein und die nöthige Zeit nicht gefunden haben, erklärte von diesem Augenblick an, er heiße Athos und nicht d'Artagnan. Uebrigens kenne er weder Herrn noch Dame Bonacieux; er habe noch nie weder mit dem einen noch mit der andern gesprochen, er sei gegen zehn Uhr Abends gekommen, um Herrn d'Artagnan, seinen Freund, zu besuchen, aber bis zu dieser Stunde sei er bei Herrn von Treville gewesen, wo er zu Mittag gespeist habe; zehn Zeugen könnten, fügte er bei, diese Thatsache beweisen, und er nannte mehrere ausgezeichnete Edelleute, worunter den Herrn Herzog de la Tremouille.

Der zweite Kommissär wurde nicht minder verwirrt. als der erste, durch die einfache und feste Erklärung des Musketiers, an dem er, wie Civilbeamte Kriegsmännern gegenüber zu thun lieben, so gerne sein Müthchen gekühlt hätte, aber die Namen des Herrn von Treville und des Herrn Herzogs verdiente Beachtung.

Athos wurde ebenfalls zu dem Cardinal geschickt, aber zum Unglück befand sich dieser bei dem König im Louvre.

In demselben Augenblick traf Herr von Treville, der von dem Kriminalrichter und dem Gouverneur des Fort-l'Evêque kam, ohne Athos gefunden zu haben, bei dem König ein.

Als Kapitän der Musketiere hatte Herr von Treville zu jeder Stunde Eintritt bei dem König.

Man kennt die Vorurtheile des Königs gegen die Königin, welche auf eine geschickte Weise durch den Cardinal genährt wurden, der im Punkte der Intriguen Frauen viel mehr mißtraute, als Männern. Eine der bedeutendsten Ursachen dieser Vorurtheile war die Freundschaft Annas von Oesterreich für Frau von Chevreuse. Diese zwei Frauen bereiteten ihm mehr Unruhe, als die Kriege mit Spanien, die Streitigkeiten mit England und die Finanzverlegenheiten. In seinen Augen und nach seiner Ueberzeugung unterstützte Frau von Chevreuse die Königin nicht nur in ihren politischen Intriguen, sondern auch, was ihn noch viel mehr quälte, in ihren Liebeshändeln.

Bei dem ersten Wort des Cardinals, daß Frau von Chevreuse, die man an ihrem Verbannungsorte Tours glaubte, nach Paris gekommen sei und der Polizei zum Trotz fünf Tage hier verweilt habe, gerieth der König in furchtbaren Zorn. Launisch und ungetreu, wollte der König Ludwig der Gerechte und Ludwig der Keusche heißen. Der Nachwelt wird es schwer werden, diesen Charakter zu begreifen, den die Geschichte nur durch Thatsachen und nie durch Urtheile erklärt.

Als aber der Cardinal beifügte, Frau von Chevreuse sei nicht nur nach Paris gekommen, sondern auch mittelst einer der geheimnißvollen Korrespondenzen, die man damals eine Kabale nannte, mit der Königin in Verbindung getreten; als er versicherte, er, der Cardinal, sei nahe daran gewesen, die verborgensten Fäden dieser Intrigue zu enthüllen, aber in dem Augenblick, wo man die Abgeordnete der Königin bei der Verbannten mit allen Beweisen auf der That hätte ertappen können, habe ein Musketier sich unterstanden, den Gang der Gerechtigkeit gewaltsam zu unterbrechen und mit dem Degen in der Hand über ehrliche Männer des Gesetzes herzufallen, welche beauftragt gewesen, die ganze Angelegenheit unparteiisch zu untersuchen, um sie dem Könige vor Augen zu legen, da konnte Ludwig XIII. nicht mehr an sich halten: er machte einen Schritt gegen das Gemach der Königin, mit jener bleichen, stummen Entrüstung, die diesen Fürsten, wenn sie zum Ausbruch kam, bis zur kalten Grausamkeit führte.

Und dennoch hatte der Cardinal in der ganzen Sache noch nicht ein Wort von dem Herzog von Buckingham gesprochen.

Jetzt trat Herr von Treville ein, kalt, höflich und in tadelloser Haltung.

Durch die Gegenwart des Cardinals und durch die Entstellung in den Gesichtszügen des Königs genugsam über das Vorgefallene unterrichtet, fühlte sich Herr von Treville stark, wie Simson vor den Philistern.

Ludwig XIII. legte bereits die Hand an den Knopf der Thüre. Bei dem Geräusche, das Herrn von Treville's Eintritt verursachte, drehte er sich um.

»Ihr kommt zu gelegener Zeit, mein Herr,« sprach der König, der, wenn seine Leidenschaften einen gewissen Grad erreicht hatten, sich nicht mehr zu verstellen wußte, »und ich erfahre schöne Dinge von Euren Musketieren.«

»Und ich,« sprach Herr von Treville kalt, »ich habe Ew. Majestät schöne Dinge von Ihren Civildienern zu melden.«

»Wenn es gefällig wäre?« fragte der König stolz.

»Ich habe die Ehre, Ew. Majestät zu benachrichtigen,« fuhr Herr von Treville in demselben Tone fort, »daß eine Anzahl von Prokuratoren, Kommissären und Leuten von der Polizei – sehr schätzenswerthe Leute, aber, wie es scheint, sehr erbittert gegen die Uniform, sich erlaubt hat, einen meiner Musketiere in einem Hause zu verhaften, über die offene Straße zu führen, und auf einen Befehl, den man mir zu zeigen sich weigerte, in's Fort-l'Evêque zu werfen, und Alles dies, sage ich, ist einem meiner Musketiere, oder vielmehr Eurer Musketiere, Sire, einem Mann von tadellosem Benehmen, von beinahe erhabenem Ruf, einem Mann, der Ew. Majestät vortheilhaft bekannt ist, Herrn Athos, widerfahren.«

»Athos,« sprach der König maschinenmäßig; »ja, in der That, ich kenne diesen Namen.«

»Euere Majestät belieben sich seiner zu erinnern,« sagte Herr von Treville, »Athos ist der Musketier, der bei dem ärgerlichen Duelle, das Ihr kennt, Herrn von Cahusac schwer zu verwunden das Unglück hatte. Apropos, Monseigneur,« fuhr Herr von Treville sich gegen den Cardinal wendend fort, »Herr von Cahusac ist völlig wiederhergestellt, nicht wahr?«

»Ich denke,« sagte der Cardinal, sich vor Zorn in die Lippen beißend.

»Herr Athos wollte also einen seiner Freunde besuchen, welcher gerade nicht zu Hause war, einen Bearner, der als Kadett bei den Garden Seiner Majestät, Kompagnie des Essarts steht; aber kaum befand er sich im Zimmer seines Freundes und hatte in Erwartung desselben ein Buch genommen, als ein Haufen von Schergen und Soldaten das Haus belagert und mehrere Thüren einstößt.«

Der Cardinal machte dem König ein Zeichen, welches bedeuten sollte:

»Es geschah in der Angelegenheit, von der ich gesprochen habe.«

»Wir wissen Alles, was Ihr uns da sagt, denn es ist Alles in unserem Dienste geschehen,« sagte der König.

»Dann geschah es wohl auch im Dienste Ew. Majestät, daß man einen meiner Musketiere ganz unschuldig ergriff, wie einen Missethäter zwischen zwei Wachen stellte und mitten durch einen frechen Pöbelhaufen diesen ehrenfesten Mann hindurchführte, der zehnmal sein Blut im Dienste Seiner Majestät vergossen hat und noch zu vergießen bereit ist.«

»Bah!« sprach der König erschüttert, »ist die Sache wirklich so gegangen?«

»Herr von Treville,« versetzte der Cardinal mit dem größten Phlegma, »verschweigt, daß dieser unschuldige Musketier, dieser ehrenfeste Mann, eine Stunde vorher vier Instruktions-Kommissäre, welche ich zur Untersuchung einer sehr wichtigen Angelegenheit abgeschickt, mit dem Degen in der Faust angegriffen und in die Flucht geschlagen hatte.«

»Ich fordere Ew. Eminenz auf, dies zu beweisen,« rief Herr von Treville mit seiner ganzen gascognischen Freimüthigkeit und mit seiner vollen militärischen Derbheit; »denn Herr Athos, ein Mann von vortrefflichen Eigenschaften, erzeigte mir eine Stunde vorher, nachdem er bei mir zu Mittag gespeist hatte, die Ehre, sich im Salon meines Hotels mit dem Herrn Herzog de la Tremouille und dem Herrn Grafen von Chalus zu unterhalten.«

Der König schaute den Cardinal an.

»Ein Protokoll beglaubigt, was ich sagte,« antwortete der Cardinal ganz laut auf die stumme Frage Seiner Majestät, »und die Mißhandelten haben folgende Urkunde abgefaßt, die ich Eurer Majestät zu überreichen die Ehre habe.«

»Ist ein Protokoll von Beamten so viel werth, als das Ehrenwort eines Kriegsmanns?« erwiederte Herr von Treville mit stolzer Betonung.

»Ruhig, ruhig, Treville! schweigt,« sagte der König.

»Hegt Seine Eminenz einen Verdacht gegen einen meiner Musketiere,« sprach Treville, »so ist die Gerechtigkeit des Herrn Cardinals so weltbekannt, daß ich selbst eine Untersuchung verlange.«

»In dem Hause, wo diese gerichtliche Besichtigung vorgenommen wurde,« fuhr der Cardinal leidenschaftslos fort, »wohnt, wie ich glaube, ein Bearner, ein Freund des Musketiers.«

»Ja, Ew. Eminenz, so ist es.«

»Glaubt Ihr nicht, daß dieser junge Mensch schlimmen Rath gegeben hat . . . «

»Herrn Athos, einem Manne, der doppelt so alt ist,« unterbrach ihn Herr von Treville; »nein, Monseigneur, überdies hat Herr d'Artagnan den Abend bei mir zugebracht.«

»Ah! es scheint in der That, die ganze Welt brachte den Abend bei Euch zu?« erwiederte der Cardinal.

»Sollte Euere Eminenz an meinem Worte zweifeln?« sprach Herr von Treville, dessen Stirne der Zorn roth färbte.

»Nein, davor soll mich Gott bewahren!« sagte der Cardinal; »aber es handelt sich nur darum, zu welcher Stunde er bei Euch war?«

»Ah! das kann ich Euerer Eminenz genau sagen, denn als er eintrat, sah ich auf der Uhr, daß es halb zehn war, obschon ich glaubte, es müßte später sein.«

»Und um welche Zeit hat er Euer Hotel verlassen?«

»Um halb elf Uhr, gerade eine Stunde nach dem Vorfall.«

»Aber,« fuhr der Cardinal fort, »der nicht einen Augenblick an der Redlichkeit des Herrn von Treville zweifelte und gewahr wurde, daß der Sieg seinen Händen entschlüpfen wollte; »aber Athos ist doch in dem Hause der Rue des Fossoyeurs verhaftet worden.«

»Ist es einem Freunde verboten, einen Freund zu besuchen? ist es einem Musketier von meiner Compagnie verboten, mit einem Gardisten von der Compagnie des Essarts Brüderschaft zu halten?«

»Ja, wenn das Haus, wo man mit diesem Freunde Brüderschaft pflegt, verdächtig ist.«

»Weil dieses Haus verdächtig ist, Treville,« sprach der König; »vielleicht wußtet Ihr das nicht?«

»In der That, Sire, ich wußte es nicht. Jedenfalls kann es überall verdächtig sein, nur ziehe ich in Abrede, daß es in dem Theile, welchen Herr d'Artagnan bewohnt, verdächtig ist, denn ich darf wohl im Vertrauen auf seine eigenen Aeußerungen versichern, daß es keinen ergebenern Diener Ew. Majestät, keinen innigern Bewunderer des Herrn Cardinals gibt.«

»Ist das nicht jener d'Artagnan, welcher eines Tags bei dem unglücklichen Streit in der Nähe des Klosters der Karmeliter-Barfüßer Jussac verwundete?« fragte der König und schaute dabei den Cardinal an, der vor Aerger im ganzen Gesicht roth wurde.

»Und am andern Tage Bernajoux. Ja, Sire, ja, es ist derselbe, Ew. Majestät haben ein gutes Gedächtniß.«

»Nun, was wollen wir beschließen?« sagte der König. – »Ich werde die Schuld beweisen.«

»Und ich leugne sie. Aber Seine Majestät hat Richter und diese Richter sollen entscheiden.«

»Ganz gut,« versetzte der König, »übergeben wir den ganzen Prozeß den Richtern; es ist ihre Sache zu urtheilen, und sie werden urtheilen.«

»Nur ist es sehr traurig,« sprach Herr von Treville, »daß in den gegenwärtigen unglücklichen Zeiten ein Mann beim reinsten Leben, bei der vorwurfsfreiesten Tugend, der Bosheit und Verfolgung nicht entgeht. Die Armee wird auch ganz sicherlich sehr unzufrieden sein, wenn sie sieht, daß sie bei Polizei-Angelegenheiten der strengsten Behandlung preisgegeben wird.«

Das Wort war unklug, aber Herr von Treville hatte es ausgesprochen, weil er mit dem Stand der Dinge genau vertraut war. Er wollte eine Explosion herbeiführen, denn bei dieser Gelegenheit gibt eine Mine Feuer und Feuer erleuchtet.

»Polizei-Angelegenheiten!« rief der König, Herrn von Treville's Worte aufnehmen». »Polizei-Angelegenheiten!« und was wißt denn Ihr davon, mein Herr? Kümmert Euch um Euere Musketiere und macht mich nicht toll. Hört man Euch, so sollte man glauben, Frankreich wäre in Gefahr, wenn unglücklicherweise ein Musketier verhaftet wird! Ei! was für ein Lärm um einen Musketier! Ich lasse zehn verhaften, bei Gott, hundert, ja, die ganze Compagnie, und man soll nicht mucksen.«

»Die Musketiere sind schuldig, sobald Ew. Majestät einen Verdacht gegen sie hegen,« entgegnete Herr von Treville, »auch seht Ihr mich bereit, Sire, Euch meinen Degen zu übergeben; denn ich zweifle nicht daran, daß der Herr Cardinal, nachdem er meine Soldaten verklagt hat, am Ende auch mich verklagen wird, und es ist somit besser, daß ich mich selbst in Verhaft gebe, mit Herrn Athos, der bereits verhaftet ist, und mit Herrn d'Artagnan, den man noch verhaften wird.«

»Gascogner-Kopf, wollt Ihr schweigen!« rief der König.

»Sire,« antwortete Treville, ohne die Stimme im Geringsten zu dämpfen, »befehlt, mir meinen Musketier zurückzugeben oder ein Urtheil über ihn zu fällen.«

»Man wird Urteil über ihn fällen,« sagte der Cardinal.

»Nun, desto besser, in diesem Falle werde ich Seine Majestät bitten, für ihn plaidiren zu dürfen.«

Der König fürchtete ein großes Aufsehen und sprach:

»Wenn Seine Eminenz nicht persönliche Motive hätte . . . «

Der Cardinal sah den König kommen und ging ihm entgegen.

»Um Vergebung,« sagte er, »wenn Seine Majestät in mir einen Richter von vorgefaßter Meinung erblicken, so ziehe ich mich zurück.«

»Hört,« sprach der König, »schwört Ihr mir bei meinem Vater, daß Herr Athos während des Vorfalls bei Euch gewesen ist und keinen Theil daran genommen hat?«

»Bei Eurem glorreichen Vater und bei Euch selbst, der Ihr das seid, was ich auf der Welt am innigsten liebe und verehre, schwöre ich!«

»Wollt bedenken, Sire,« sprach der Cardinal, »wenn wir den Gefangenen so entlassen, wird man nie mehr die Wahrheit erfahren.«

»Herr Athos wird stets vorhanden und bereit sein, den Gerichten Rede und Antwort zu stehen, wenn sie ihn zu befragen Lust haben,« entgegnete Herr von Treville. »Er wird nicht desertiren, dafür stehe ich.«

»Gewiß, er wird nicht desertiren,« sprach der König, »man kann ihn immer wieder finden, wie Herr von Treville sagt. Ueberdies,« fügte er mit gedämpfter Stimme und einem flehenden Blick auf Seine Eminenz hinzu, »überdies wollen wir sie sicher machen, das ist Politik.«

Diese Politik Ludwigs XIII. machte Richelieu lächeln.

»Befehlt, Sire,« sprach er, »Euch steht das Recht der Begnadigung zu.«

»Das Recht der Begnadigung ist nur auf Schuldige anwendbar,« entgegnete Treville, der das letzte Wort haben wollte, »und mein Musketier ist unschuldig. Ihr laßt also nicht Gnade, sondern Gerechtigkeit widerfahren, Sire.«

»Er ist im Fort-l'Evêque?« sagte der König.

»Ja, Sire, und in engem Gewahrsam, in einem Kerker, wie der gemeinste Verbrecher.«

»Teufel! Teufel!« murmelte der König, »was soll man da thun?«

»Den Freilassungsbefehl unterzeichnen und Alles ist abgemacht,« sprach der Cardinal; »ich halte, wie Ew. Majestät, die Gewährschaft des Herrn von Treville für mehr als genügend.«

Treville verbeugte sich ehrfurchtsvoll und mit einer Freude, die nicht ohne alle Beimischung von Furcht war; er hätte einen hartnäckigen Widerstand diesem plötzlichen Nachgeben vorgezogen.

Der König unterzeichnete den Freilassungsbefehl, den Herr von Treville ohne Verzug forttrug.

Im Augenblick seines Abgangs lächelte ihm der Cardinal freundschaftlich zu und sagte zu dem König:

»Es herrscht bei Euren Musketieren eine schöne Harmonie zwischen den Führern und Soldaten, das ist sehr ersprießlich für den Dienst und sehr ehrenvoll für Alle.«

»Er wird mir demnächst einen schlimmen Streich spielen,« dachte Treville. »Man hat nie das letzte Wort bei einem solchen Menschen. Aber eilen wir; dem König kann gleich wieder ein anderer Kopf wachsen; denn im Ganzen ist es schwieriger, einen Menschen, der einmal herausgekommen ist, wieder nach der Bastille oder dem Fort-l'Evêque zu bringen, als einen Gefangenen zu bewachen, den man eingekerkert hat.«

Herr von Treville hielt triumphirend seinen Einzug im Fort-l'Evêque, wo er den Musketier befreite, den seine Ruhe nicht einen Augenblick verlassen hatte.

Als er zum ersten Mal d'Artagnan wieder sah, sprach er:

»Ihr kommt gut weg. Euer Degenstich gegen Jussac ist nun bezahlt. Es bleibt noch der gegen Bernajoux, aber seid immerhin auf Eurer Hut!«

Herr von Treville hatte übrigens Recht, dem Cardinal zu mißtrauen und zu glauben, es sei noch nicht Alles vorbei; denn kaum hatte der Kapitän der Musketiere hinter sich geschlossen, als Seine Eminenz zu dem König sagte:

»Nun, da wir allein sind, wollen wir ernsthaft sprechen, wenn es Ew. Majestät gefällig ist. – Sire, der Herzog von Buckingham war fünf Tage lang in Paris, und ist erst diesen Morgen abgereist.«

Gatunki i tagi
Ograniczenie wiekowe:
0+
Data wydania na Litres:
06 grudnia 2019
Objętość:
880 str. 1 ilustracja
Właściciel praw:
Public Domain