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Czytaj książkę: «Die Dame von Monsoreau», strona 23

Czcionka:

»Ein Gedanke,« sagte er.

Das Erwachen eines Gedankens in dem entschlummerten Gehirn des Mönches, war ein solcher Fortschritt, dass er selbst darüber staunte, als ihm dieser Gedanke kam; doch man sagte sich schon in jener Zeit: Die Notdurft ist die Mutter der Gewerbstätigkeit.

»Ein Gedanke,« wiederholte er, »und zwar ein ziemlich geistreicher Gedanke.«

»Ich werde ihm sagen: ›Mein Herr, jeder Mensch hat seine Pläne, seine Wünsche, seine Hoffnungen; ich werde für Eure Pläne beten, gebt mir etwas.‹ Sind seine Pläne schlecht, wie ich gar nicht bezweifle, so ist es ein doppeltes Bedürfnis, dass man für ihn betet, und in dieser Hinsicht wird er mir ein Almosen geben. Und ich unterwerfe die Frage dem ersten Doktor, der mir begegnet … nämlich, ob wir für Pläne, die uns unbekannt sind, beten dürfen, wenn wir einen schlimmen Zweifel über dieselben gefasst haben. Was der Doktor mir sagt, werde ich tun; folglich bin ich nicht mehr verantwortlich, sondern er, und wenn ich keinen Doktor finde, so werde ich mich, insofern ein Zweifel obwaltet, des Gebetes enthalten. Mittlerweile habe ich mit dem Almosen des Mannes mit den schlechten Absichten gefrühstückt.«

In Folge dieser Entscheidung drückte sich Gorenflot an die Mauer und wartete.

Fünf Minuten nachher öffnete sich die Türe abermals und Ross und Reiter erschienen wieder.

Gorenflot näherte sich und sprach:

»Mein Herr, wenn fünf Pater und fünf Ave Euch zum Gelingen Eurer Pläne angenehm wären …«

Der Reiter wandte den Kopf gegen den Mönch um und rief:

»Gorenflot!«

»Herr Chicot,« murmelte der Mönch ganz verwundert.

»Wohin des Teufels gehst Du denn, Gevatter?« fragte Chicot.

»Ich weiß es nicht, und Ihr?«

»Das ist etwas Anderes, ich weiß es, ich gehe gerade vor mich hin.«

»Sehr weit?«

»Bis ich anhalte. Doch Du, Gevatter, da Du mir nicht sagen kannst, in welcher Absicht Du Dich hier befindest, so vermute ich Etwas.«

»Was?«

»Du bespähst mich.«

»Mein Jesus! ich Euch bespähen, der Herr bewahre mich; ich habe Euch gesehen, und mehr nicht.«

»Gesehen, was?«

»Ich sah Euch bei dem Vorüberziehen der Maultiere lauern.«

»Du bist ein Narr.«

»Doch wohl, hinter jenen Steinen, mit aufmerksamen Augen …«

»Höre, Gorenflot, ich will mir ein Haus außerhalb der Stadt bauen lassen; jene Bruchsteine gehören mir, und ich versicherte mich, ob sie von guter Qualität wären.«

»Ah! das ist etwas Anderes,« versetzte der Mönch, der nicht das kleinste Wort von dem glaubte, was ihm Chicot antwortete, »ich täuschte mich.«

»Doch Du, was machst Du außerhalb der Barriere?«

»Ach! Herr Chicot, ich bin geächtet,« erwiderte Gorenflot mit einem ungeheuren Seufzer.

»Wie!« rief Chicot.

»Geächtet, sage ich Euch.«

Und sich in seine Kutte hüllend, richtete Gorenflot seine kurze Gestalt auf und wiegte seinen Kopf von vorn nach hinten, mit dem gebieterischen Blicke des Menschen, dem eine große Katastrophe ein Recht verleiht, das Mitleid von seines Gleichen zu fordern.

»Meine Brüder verstoßen mich aus ihrem Schoße,« fuhr er fort, »ich bin excommunicirt, anathematisirt

»Bah! und warum dies?«

»Hört, Meister Chicot,« sprach der Mönch, die Hand auf sein Herz legend, »Ihr mögt mir glauben oder nicht glauben, ich weiß es nicht.«

»Sollte man Euch etwa diese Nacht in irgend einem Winkel mit öffentlichen Dirnen begegnet haben, Gevatter?«

»Abscheulicher Scherz, Ihr wisst gar wohl, was ich seit gestern Abend getan habe.«

»Das heißt, von acht Uhr bis zehn Uhr weiß ich es, aber nicht von zehn Uhr bis drei Uhr.«

»Wie, von zehn Uhr bis drei Uhr?«

»Ja, um zehn Uhr seid Ihr weggegangen.«

»Ich,« rief Gorenflot, den Gascogner mit weit aufgerissenen Augen anschauend.

»So sehr weggegangen, dass ich Euch fragte, wohin Ihr ginget.«

»Wohin ich ginge, habt Ihr mich gefragt?«

»Ja!«

»Und ich antwortete Euch?«

»Ihr antwortetet mir, Ihr wolltet eine Rede halten.«

»Es liegt etwas Wahres in Allem dem, jedoch …« murmelte Gorenflot erschüttert.

»Bei Gott! es ist so wahr, dass Ihr mir Eure Rede zum Teil vorsagtet, sie war sehr lang.«

»Sie hatte drei Abteilungen, das ist die Form, Welche Aristoteles empfiehlt.«

»Es waren furchtbare Dinge gegen den König Heinrich III. in Eurer Rede.«

»Bah!« rief Gorenflot.

»So furchtbar, dass ich nicht erstaunen würde, wenn man Euch als Urheber von Unruhen verfolgte.«

»Herr Chicot, Ihr öffnet mir die Augen; sah ich wirklich ganz wach aus, als ich mit Euch sprach?«

»Ich muss Euch sagen, Gevatter, dass Ihr mir seltsam vorkamet, Euer Blick besonders war von einer Starrheit, die mich erschreckte; man hätte glauben sollen, Ihr wäret erwacht, ohne es zu sein, und Ihr sprächet im Schlafe.«

»Ich weiß jedoch ganz gewiss, dass ich diesen Morgen im Füllhorn erwacht bin, und der Teufel soll mich holen, wenn das nicht wahr ist.«

»Was ist darüber zu staunen?»

»Wie! was darüber zu staunen sei, da Ihr mir sagt, ich sei, um zehn Uhr aus dem Füllhorn weggegangen!«

»Ja, doch Ihr seid um drei Uhr Morgens zurückgekehrt, und zum Beweise sage ich Euch, dass Ihr die Türe offen ließet und dass ich sehr kalt hatte.«

»Und ich auch,« versetzte Gerenflot, »ich erinnere mich dessen.«

»Ihr seht wohl!«

»Wenn das, was Ihr mir sagt, wahr ist …«

»Wie! Gevatter, das ist die reine Wahrheit. Fragt nur Meister Bonhomet.«

»Meister Bonhomet?«

»Allerdings, er hat Euch die Türe geöffnet. Ich muss Euch sogar bemerken, Ihr wart sehr vom Stolze aufgeblasen, und ich sagte zu Euch: ›Pfui, Gevatter! der Stolz steht einem Manne schlecht, besonders wenn dieser Mann ein Mönch ist.‹

»Und worauf war ich denn stolz?«

»Auf den Erfolg Eurer Rede, auf die Complimente des Herzogs von Guise, des Kardinals und des Herzogs von Mayenne, welche Gott erhalten möge,« fügte der Gascogner den Hut lüpfend bei.

»Dann ist mir Alles klar,« sagte Gorenflot.

»Das ist ein Glück … Ihr gesteht also, dass Ihr bei dieser Versammlung gewesen seid; wie Teufels nennt Ihr sie? Wartet doch? die Versammlung der heiligen Union. So ist es.«

Gorenflot ließ sein Haupt auf seine Brust sinken, stieß einen Seufzer aus und sprach:

»Ich bin ein Nachtwandler … schon längst vermutete ich es.«

»Nachtwandler, was soll das bedeuten?«

»Das bedeutet, Herr Chicot, dass bei mir der Geist die Materie beherrscht, so daß, während die Materie schläft, der Geist wacht, und dass dann der Geist der Materie befiehlt, welche, obgleich völlig eingeschlummert, zu gehorchen genötigt ist.«

»Ei, Gevatter,« rief Chicot, »das gleicht sehr irgend einer Zauberei; wenn Ihr besessen seid, so sagt es offenherzig; ein Mann, der im Schlafe geht, der schlafend sich gebärdet, der, immer schlafend, Reden hält, in denen er den König angreift …. bei Gott! das geht nicht mit natürlichen Dingen zu; zurück Beelzebub, vade retro Satanas

Und Chicot ließ sein Pferd einen Seitensprung machen.

»Auch Ihr verlasst mich, Herr Chicot,« sprach Gorenflot, »Tu quoque Brute. Ah! ah! das hätte ich nie von Euch geglaubt.«

Und der Mönch suchte, ganz in Verzweiflung, ein Schluchzen zu modulieren.

Chicot hatte Mitleid mit dieser ungeheuren Verzweiflung, welche um so furchtbarer erschien, als sie auf einem Punkte zusammengedrängt war.

»Laß hören,« sprach er, »was hast Du mir gesagt?«

»Wann?«

»So eben.«

»Ach! ich weiß es nicht, mein Kopf ist voll und mein Magen ist leer; bringt mich wieder auf den rechten Weg, Herr Chicot.«

»Du hast mir von Reisen gesprochen.«

»Es ist wahr, ich sagte Euch, der ehrwürdige Prior habe mich aufgefordert, eine Reise zu machen.«

»Wohin?« fragte Chicot.

»Wohin es mir belieben würde,« antwortete der Mönch.

»Und Du gehst?«

»Ich weiß es nicht.« Gorenflot hob seine Hände zum Himmel auf und fuhr fort: »Um der Gnade Gottes Willen, Herr Chicot, leiht mir zwei Thaler, damit ich meine Reise machen kann.«

»Ich werde etwas Besseres tun,« sagte Chicot.

»Ah! was werdet Ihr tun?«

»Ich habe Dir auch gesagt, ich reise.«

»Das ist wahr, das habt Ihr mir gesagt.«

»Nun wohl! ich nehme Dich mit.«

Gorenflot schaute den Gascogner misstrauisch und wie ein Mensch an, der nicht an eine solche Gunst zu glauben wagt.

»Doch unter der Bedingung, dass Du sehr vernünftig bist, bist Du dies, so erlaube ich Dir, sehr gottlos zu sein. Nimmst Du meinen Vorschlag an?«

»Ob ich ihn annehme,« rief der Mönch, »ob ich ihn annehme … doch haben wir auch Geld zum Reisen?«

»Seht,« sprach Chicot, eine lange, anmutig vom Halse an gerundete Börse aus der Tasche ziehend.

Gorenflot machte einen Freudensprung.

»Wie viel?« fragte er.

»Hundert und fünfzig Pistolen.«

»Und wohin gehen wir?«

»Du wirst es sehen, Gevatter.«

»Wann frühstücken wir?«

»Sogleich.«

»Doch auf was soll ich reiten?« fragte Gorenflot unruhig.

»Nicht auf meinem Pferde, bei Gott! denn Du würdest es umbringen.«

»Was ist dann zu machen?« versetzte Gorenflot mit trübseligem Auge.

»Nichts ist einfacher. Du hast einen Bauch wie Silen, Du bist ein Trunkenbold wie er. Nun, damit die Ähnlichkeit vollkommen ist, kaufe ich Dir einen Esel.«

»Ihr seid mein König, Herr Chicot, Ihr seid meine Sonne. Nehmt einen etwas starken Esel; Ihr seid mein Gott. Doch sagt, wo werden wir frühstücken?«

»Hier, bei Gott! hier an dieser Stelle. Schau über diese Türe und lies, wenn Du lesen kannst.«

Man war in der Tat vor eine Art von Herberge gelangt. Gorenflot folgte der von dem Finger von Chicot angegebenen Richtung und las: »Hier gibt es Schinken, Eier, Aalpastete und weißen Wein.«

Es wäre schwer zu sagen, welche Revolution in dem Gesicht von Gorenflot bei diesem Anblick vorging. Seine Züge dehnten sich aus, seine Augen funkelten, sein Mund schlitzte sich, um eine doppelte Reihe weißer, hungriger Zähne zu zeigen. Endlich hob er seine Arme als Zeichen freudigen Dankes in die Luft, wiegte seinen ungeheuren Leib mit einem gewissen Takte und sang folgendes Lied, für welches nur sein Entzücken zur Entschuldigung dienen konnte:

 
»Riecht der Esel nur die Weid,
Spitzt er stracks das lange Ohr,
Ist die Flasch vom Kork befreit,
Spritzet wilder Wein empor.
Doch ist nichts so ausgelassen,
Als der Mönch vom Wein erhitzt,
Der sich tollt in Schenk und Gassen,
Wenn die Freiheit ihm geblitzt.«
 

»Gut gesagt!« rief Chicot, »und um keine Zeit zu verlieren, setzt Euch zu Tische, mein lieber Bruder; ich will Euch auftragen lassen und einen Esel suchen.«

Zehntes Kapitel
Wie Bruder Gorenflot auf einem Esel, genannt Panurgos reiste und auf seiner Reise viele Dinge erfuhr, von denen er nichts wusste

Was Chicot so gleichgültig gegen die Sorge für seinen eigenen Magen machte, für den er, obgleich er ein Narr war, oder ein Narr zu sein sich rühmte, sonst eben so viel Achtung hegte, als nur ein Mönch hegen konnte, war der Umstand, dass Chicot, ehe er das Gasthaus zum Füllhorn verließ, reichlich gefrühstückt hatte.

Dann sättigen die großen Leidenschaften, wie man behauptet, und Chicot hatte gerade in diesem Augenblick eine große Leidenschaft.

Er setzte also Bruder Gorenflot an einen Tisch des kleinen Hauses und man brachte ihm Schinken, Eier, Wein, was er mit seiner gewöhnlichen Schnelligkeit und Beharrlichkeit expedierte.

Mittlerweile ging Chicot in die Nachbarschaft, um den von seinem Gefährten verlangten Esel zu kaufen; er fand bei Bauern von Sceaux, zwischen einem Ochsen und einem Pferde, diesen friedlichen Esel, den Gegenstand der Wünsche von Gorenflot. Er war vier Jahre alt, spielte ins Braune und hielt einen ziemlich fetten Leib auf vier spindeldürren Beinen. In jener Zeit kostete ein solcher Esel zwanzig Livres, Chicot gab zweiundzwanzig und wurde für seine Großmuth gesegnet.

Als Chicot mit seiner Eroberung zurückkam und in Begleitung derselben in das Zimmer trat, in welchem Gorenflot zu Mittag speiste, stürzte Gorenflot, der so eben die Hälfte einer Aalpastete verschlungen und seine dritte Flasche geleert hatte, begeistert durch den Anblick seines Tieres und überdies durch die Dünste eines edlen Weines zu allen zärtlichen Gefühlen geneigt, stürzte Gorenflot, sagen wir, seinem Esel um den Hals und steckte ihm, nachdem er denselben auf den einen und auf den andern Kinnbacken geküsst hatte, eine lange Brotkruste zwischen die Zähne, wobei der Esel vor Vergnügen schrie.

»Oh! oh!« sagte Gorenflot, »dieses Tier hat eine schöne Stimme, wir werden zuweilen mit einander singen. Meinen Dank, Freund Chicot, meinen Dank!«

Und er taufte sogleich seinen Esel mit dem Namen Panurgos.

Chicot warf einen Blick auf den Tisch und sah, dass er ohne Tyrannei von seinem Gefährten fordern konnte, er möge bei seinem Mahle da stehen bleiben, wo er war. Er sprach also mit jenem Tone, dem Gorenflot nichts entgegenzusetzen wusste:

»Vorwärts, Gevatter, aufgebrochen. In Melun nehmen wir Vesperbrot.«

Die Stimme von Chicot war so gebieterisch und Chicot hatte mitten in den etwas harten Befehl ein so süßes Versprechen einschlüpfen lassen, dass Gorenflot, statt irgend eine Bemerkung zu machen:

»In Melun! in Melun!« wiederholte.

Und ohne Verzug hisste sich Gorenflot mit Hilfe eines Stuhles auf seinen Esel, der nur mit einem ledernen Polster bekleidet war, von welchem zwei Riemen in Form von Steigbügeln herabhingen. Der Mönch steckte seine Sandalen in die Riemen, nahm die Leine des Esels in seine rechte Hand, stützte seine linke Faust auf seine Hüfte, und verließ das Wirtshaus majestätisch wie der Gott, mit welchem er, wie Chicot mit Recht behauptete, einige Ähnlichkeit hatte.

Chicot schwang sich auf sein Pferd mit der Gewandtheit eines vollendeten Reiters, und die zwei Gefährten schlugen unverzüglich im kurzen Trabe ihrer Tiere den Weg nach Melun ein.

So machte man vier Lieues in einem Zuge, dann hielt man einen Augenblick an. Der Mönch benützte einen schönen Sonnenschein, um sich auf dem Grasboden auszustrecken und zu schlafen. Chicot machte seinerseits eine Berechnung der Tagesmärsche, aus der er ersah, dass er, um hundert und zwanzig Lieues, zu zehn Lieues im Tag, zurückzulegen, im Ganzen zwölf Tage brauchen würde.

Panurgos fraß mit dem Ende seiner Lippen ein Büschel Disteln ab.

Zehn Lieues waren vernünftiger Weise Alles, was man von den vereinigten Kräften eines Esels und eines Mönches erwarten konnte.

Chicot schüttelte den Kopf.

»Es ist nicht möglich,« murmelte er, Gorenflot betrachtend, der auf dem Rande seines Grabens nicht mehr und nicht minder schlief, als auf den weichsten Eiderdaunen, »es ist nicht möglich, wenn der Kuttenmann mir folgen will, so muss er wenigstens fünfzehn Lieues im Tage machen.«

Bruder Gorenflot war, wie man sieht, seit einiger Zeit für Alpträume bestimmt.

Chicot stieß ihn mit dem Ellenbogen, um ihn aufzuwecken und ihm, wenn er wach wäre, seine Bemerkung mitzuteilen.

Gorenflot öffnete die Augen und rief: »Sind wir in Melun? Ich habe Hunger.«

»Nein, Gevatter,« versetzte Chicot, »noch nicht, und das ist es gerade, warum ich Euch wecke; es ist dringend, dass wir dahin kommen, und wir reisen zu langsam, beim Teufel! viel zu langsam.«

»Ah! es ist ärgerlich für Euch, lieber Herr Chicot, so sachte zu marschieren? Die Straße des Lebens steigt in die Höhe, da sie im Himmel ausmündet, und das Steigen ist ermüdend. Wer drängt uns übrigens? Je mehr wir Zeit brauchen, um den Weg zurückzulegen, desto länger bleiben wir beisammen. Reise ich nicht für die Verbreitung des Glaubens, und für Euer Vergnügen? Nun! je weniger schnell wir gehen, desto besser wird der Glaube verbreitet werden; je weniger schnell wir gehen, desto besser werdet Ihr Euch unterhalten. Meine Ansicht, zum Beispiel, wäre es, wir würden einige Tage in Melun bleiben; man bekommt dort, wie man mich versichert, vortreffliche Aalpasteten, und ich möchte gern eine vernünftige und gewissenhafte Vergleichung zwischen den Aalpasteten von Melun und denen anderer Gegenden anstellen. Was sagt Ihr dazu, Herr Chicot?«

»Ich sage,« erwiderte der Gascogner, »dass es im Gegenteil meine Ansicht ist, so schnell als möglich zu reiten und erst in Montereau zu Nacht zu speisen, um die verlorene Zeit wieder einzubringen.«

Gorenflot schaute seinen Reisegefährten wie ein Mensch an, der nicht begreift.

»Vorwärts, aufgebrochen!« sagte Chicot.

Der Mönch, welcher der Länge nach ausgestreckt lag und seine Hände hinter seinem Kopfe gekreuzt hielt, setzte sich nur auf und stieß einen Seufzer aus.

»Wenn Ihr übrigens,« fuhr Chicot fort, »wenn Ihr zurückbleiben und nach Eurer Bequemlichkeit reisen wollt, so steht es Euch frei.«

»Nein,« sagte Gorenflot, erschrocken über diese Vereinzelung, der er nur durch ein Wunder entgangen war, »nein, ich folge Euch, Herr Chicot, ich liebe Euch zu sehr, um Euch zu verlassen.«

»Also aufgesessen, Gevatter, aufgesessen.«

Gorenflot zog seinen Esel an einen Weichstein, und so gelang es ihm, sich darauf festzusetzen; aber diesmal nicht mehr rittlings, sondern auf die Seite, nach Art der Frauen; er behauptete, es wäre ihm dies bequemer, um zu plaudern. Doch der Mönch hatte eine Verdopplung der Geschwindigkeit in dem Marsche seines Tieres vorhergesehen, und bei dieser Anordnung der Dinge besaß er zwei Stützpunkte: die Mähne und den Schweif.

Chicot ließ sein Pferd einen starken Trab gehen; der Esel folgte schreiend.

Die ersten Augenblicke waren furchtbar für Gorenflot; zum Glücke hatte derjenige Teil, auf welchem er ruhte, eine solche Oberfläche, dass es ihm minder schwierig wurde, als einem Andern, seinen Schwerpunkt zu behaupten.

Von Zeit zu Zeit erhob sich Chicot in seinen Steigbügeln, und als er am Horizont nicht sah, was er suchte, verdoppelte er seine Geschwindigkeit.

Gorenflot ließ diese ersten Zeichen des Forschens und der Ungeduld, ganz allein darauf bedacht, sich auf seinem Tiere zu erhalten, vorübergehen, ohne nach der Ursache zu fragen. Als er sich aber allmählich etwas beruhigt, als er unter seiner Anstrengung gehörig zu athmen gelernt und bemerkt hatte, dass Chicot dasselbe Spiel fortsetzte, sagte er:

»Ei, was sucht Ihr denn, lieber Chicot?«

»Nichts,« erwiderte dieser, »ich schaue nur, wohin wir gehen.«

»Mir scheint, wir gehen nach Melun; Ihr habt es selbst gesagt, und Ihr fügtet sogar Anfangs bei …«

»Wir gehen nicht, Gevatter, wir gehen nicht,« sagte Chicot sein Pferd spornend.

»Wie! wir gehen nicht!« rief der Mönch, »wir kommen doch nicht aus dem Trab.«

»Im Galopp! Im Galopp!« rief der Gascogner, indem er sein Pferd diesen Gang nehmen ließ.

Durch das Beispiel fortgerissen, schlug Panurgos ebenfalls einen Galopp an, jedoch mit einer schwer verkleideten Wut, welche nichts Gutes für seinen Reiter versprach.

Chicot glaubte wiederholt ersticken zu müssen.

»Sagt doch, sagt doch, Herr Chicot,« rief er, sobald er sprechen konnte, »Ihr nennt das eine Vergnügensreise; ich belustige mich dabei nicht im Geringsten.«

»Vorwärts! vorwärts!« antwortete Chicot.

»Die Anhöhe ist steil.«

»Gute Reiter galoppieren nur bergan.«

»Ja, doch ich bilde mir entfernt nicht ein, ich sei ein guter Reiter.«

»So bleibt zurück.«

»Nein, beim blauen Teufel! um keinen Preis der Welt,« rief Gorenflot.

»Also vorwärts! vorwärts! wie Ich Euch sagte.«

Und Chicot trieb sein Pferd zu noch einem Grade mehr Schnelligkeit an.

»Panurgos röchelt! Panurgos bleibt stehen!« schrie Gorenflot.

»Dann lebt wohl, Gevatter,« sagte Chicot.

Gorenflot hatte einen Augenblick Lust, auf dieselbe Weise zu antworten; doch er erinnere sich, dass das Pferd, welches er aus dem Grunde seines Herzens verfluchte, und das einen so phantastischen Menschen trug, zugleich auch die Börse trug, welche in der Tasche dieses Menschen war. Er ergab sich also in sein Schicksal, schlug mit seinen Sandalen an die Seiten des wütenden Esels und zwang ihn, sich wieder in Galopp zu setzen.

»Ich werde meinen armen Panurgos umbringen,« rief auf eine klägliche Weise der Mönch, um einen entscheidenden Schlag dem Interesse von Chicot beizubringen, da er keinen Einfluss auf die Empfänglichkeit seines Gemüts zu haben schien. »Ich werde ihn sicherlich umbringen.«

»Nun, so bringt ihn um, Gevatter,« antwortete Chicot, ohne dass ihn diese Bemerkung, welche Gorenflot für so wichtig hielt, nur im Mindesten langsamer zu reiten veranlasste, »bringt ihn um, und wir kaufen ein Maultier.«

Der Esel, als hätte er diese bedrohlichen Worte begriffen, verließ die Mitte der Straße und sprang auf einen kleinen, sehr schmalen Seitenweg, auf welchem Gorenflot nicht zu Fuße zu gehen gewagt hätte.

»Zu Hilfe!« schrie der Mönch,«zu Hilfe, ich stürze in den Fluss.«

»Es ist keine Gefahr,« sagte Chicot, »wenn Ihr in den Fluss fallt, so bürge ich Euch dafür, dass Ihr allein schwimmt.«

»Oh! ich werde sicherlich sterben,« murmelte Gorenflot, »und wenn man bedenkt, dass mir Alles dies widerfährt, weil ich ein Nachtwandler bin!«

Und der Mönch schlug zum Himmel einen Blick auf, welcher sagen wollte:

»Herr! Herr! welches Verbrechen habe ich begangen, dass Du mich mit einer solchen Krankheit schlägst.«

Oben auf der Anhöhe angelangt, hielt Chicot sein Pferd so plötzlich und so kurz an, dass es sich auf seinen Hinterbeinen bog, und dass sein Kreuz beinahe den Boden berührte.

Gorenflot, ein minder guter Reiter als Chicot, der überdies statt eines Zaumes nur eine Leine hatte, Gorenflot setzte seinen Weg fort.

»Halt an, halt beim Teufel an!« rief Chicot.

Doch der Esel hatte den Gedanken, zu galoppieren, und der Gedanke eines Esel ist etwas Hartnäckiges.

»Wirst Du anhalten?« rief Chicot, »oder so wahr ich ein Edelmann bin, ich sende Dir eine Pistolenkugel nach.«

»Welch ein Teufel von einem Menschen ist das!« sagte Gorenflot zu sich selbst, »und was für ein Tier hat ihn gebissen?«

Als die Stimme von Chicot immer furchtbarer klang und der Mönch bereits die Kugel, mit der man ihn bedrohte, pfeifen zu hören glaubte, führte er ein Manœuvre aus, für welches ihm die Art und Weise, wie er saß, die größte Leichtigkeit verlieh: er ließ sich nämlich von seinem Tiere auf die Erde herabgleiten.

»Hier bin ich,« sprach er, während er mutig auf sein Hinterteil sank und sich mit beiden Händen an die Leine des Esels anklammerte, der ihn so ein paar Schritte machen ließ, endlich aber stille stand.

Hiernach suchte Gorenflot Chicot, um auf seinem Gesicht die Zeichen der Zufriedenheit zu ernten, welche unfehlbar bei dem Anblick eines so geschickt ausgeführten Manoeuvre darauf ausgeprägt sein müssten.

Doch Chicot war hinter einem Felsen verborgen und setzte von hier seine Signale und Drohungen fort.

Diese Vorsicht machte dem Mönche begreiflich, dass etwas unter seinem Spiele verborgen war. Er schaute vorwärts und gewahrte in einer Entfernung von fünfhundert Schritten auf der Straße drei Männer, die sich ruhig auf ihren Maultieren fortbewegten. Mit dem ersten Blicke erkannte er die Reisenden, welche am Morgen durch die Porte Bordelle ausgelitten und von dem hinter einem Baume lauernden Chicot mit so glühenden Augen verfolgt worden waren.

Chicot wartete in derselben Stellung, bis die drei Reisenden aus dem Gesicht waren; dann erst kam er zu seinem Gefährten, welcher noch auf derselben Stelle saß, auf die er gefallen war, und immer noch die Leine von Panurgos in den Händen hielt.

»Hört, Freund,« sprach Gorenflot, der die Geduld zu verlieren anfing, »erklärt mir doch ein wenig, was für einen Handel wir treiben, Herr Chicot: so eben noch mussten wir reiten, was die Tiere nur immer laufen konnten, und nun sollen wir plötzlich hier am Platze bleiben.«

»Höre, Freund, ich wollte wissen, ob Euer Esel von guter Race wäre, und ob man mich nicht betrogen hätte, als man mich denselben mit zwei und zwanzig Livres bezahlen ließ; die Probe ist nun gemacht, und ich bin im höchsten Grade zufrieden.»

Der Mönch ließ sich, wie man leicht begreift, nicht betören, und er schickte sich an, dies seinem Freunde bemerkbar zu machen, als seine natürliche Trägheit die Oberhand gewann und ihm den Rat zuflüsterte, sich in keine weiteren Streitigkeiten einzulassen.

Er begnügte sich daher, ohne dass er seine schlimme Laune verbarg, Chicot zu erwidern:

»Gleichviel, ich bin sehr müde und habe Hunger.«

»Nun, das ist mir ganz lieb,« versetzte Chicot, dem Kuttenmann lustig auf die Schulter klopfend. »Ich bin auch müde, ich habe auch Hunger, und bei dem ersten Wirtshause, das wir auf unserer Straße treffen …

»Nun?« fragte Gorenflot, der kaum an den Umschlag, den diese Worte ankündigten, glauben konnte.

»In dem ersten Wirtshaus, sage ich, lassen wir uns Schweinsrippchen auf dem Rost gebraten, ein paar frikassierte Hühner und eine Schleifkanne besten Weines geben, der sich im Keller findet.«

»Wirklich,« versetzte Gorenflot, »ist es diesmal gewiss?«

»Ich verspreche es Euch.«

»Wohl,« sagte der Mönch sich erhebend, »so wollen wir sogleich nach diesem beseligenden Wirtshaus forschen. Komm, Panurgos, du sollst Kleie bekommen.«

Der Esel schrie vor Vergnügen.

Chicot stieg wieder zu Pferde, Gorenflot führte seinen Esel an der Leine.

Das so sehr ersehnte Wirtshaus erschien bald vor den Augen der Reisenden; es stand zwischen Corbeil und Melun; doch, zum großen Erstaunen von Gorenflot, der aus der Ferne das erquickliche Aussehen desselben bewunderte, befahl Chicot dem Mönch, wieder seinen Esel zu besteigen, und schlug einen Umweg auf der linken Seite ein, um hinter dem Hause vorbeizukommen. Gorenflot, dessen Fassungskraft reißende Fortschritte machte, gab sich übrigens mit einem Blicke Rechenschaft von dieser Sonderdarkeit; die drei Maultiere, deren Spur Chicot zu verfolgen schien, hatten vor der Türe angehalten.

»Nach dem Belieben dieser verfluchten Reisenden,« dachte Gorenflot, »richten sich also die Ereignisse unserer Fahrt und ordnen sich die Stunden unserer Mahle? Das ist traurig.«

Und er stieß einen tiefen Seufzer aus.

Als Panurgos sah, dass man sich von der geraden Linie entfernte, welche, wie Jedermann und selbst jeder Esel weiß, die kürzeste ist, hielt er plötzlich an und stemmte sich auf seine vier Füße, als wäre er entschlossen, auf der Stelle, wo er sich befand, Wurzel zu fassen.

»Seht,« sagte Gorenflot mit kläglichem Tone, »selbst mein Esel kann nicht mehr weiter gehen.«

»Ah! er will nicht mehr weiter gehen,« versetzte Chicot, »warte! warte!«

Und er näherte sich einer Kornelkirschehecke und schnitt einen fünf Fuß langen, etwa einen Daumen dicken, zugleich festen und biegsamen Stock ab.

Panurgos war keines von den albernen vierfüßigen Tieren, die sich nicht um das bekümmern, was um sie her vorgeht, und die Ereignisse erst ahnen, wenn sie ihnen auf den Rücken fallen.

Er hatte das Manoeuvre von Chicot verfolgt, schien die Achtung vor demselben zu fühlen, die er verdiente, machte, sobald er seine Absichten zu bemerken glaubte, die Beine wieder gelenkig, und entfernte sich, die Füße gut aufhebend.

»Er geht, er geht!« rief der Mönch Chicot zu.

»Gleichviel,« erwiderte dieser, »wenn man in Gesellschaft eines Mönches und eines Esels reist, ist ein Steck nie überflüssig.«

Und der Gascogner schnitt sich den seinigen vollends zurecht.

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Data wydania na Litres:
06 grudnia 2019
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